Handout Dr. G. Dammann - Psychiatrische Universitätsklinik Zürich
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02.03.2012<br />
Neuere psychotherapeutische<br />
Behandlungsformen und differentielle<br />
Behandlungsindikationen bei schweren<br />
Persönlichkeitsstörungen<br />
<strong>Psychiatrische</strong>s Kolloquium<br />
<strong>Psychiatrische</strong> <strong>Universitätsklinik</strong> <strong>Zürich</strong><br />
2. März 2012<br />
<strong>Dr</strong>. Gerhard <strong>Dammann</strong><br />
<strong>Psychiatrische</strong> Klinik Münsterlingen
Aufbau<br />
• Psychotherapieforschung<br />
• Störungsspezifische Psychotherapie<br />
• Wichtigste Therapieverfahren der Borderline-Störung<br />
• Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />
• Indikation zur stationären Therapie<br />
• Fokus in der stationären Behandlung<br />
• Narzisstische Persönlichkeitsstörungen<br />
• Differentielle Indikationsstellung<br />
• Komorbiditäten<br />
• Gefahren in der Behandlung<br />
<strong>Dr</strong>. G. <strong>Dammann</strong>
Prämissen der<br />
Psychotherapie-Forschung I<br />
• Therapeutische Erfahrung ist bei der Behandlung nicht<br />
weniger Störungsbilder nicht so wichtig (Beutler et al. 2004)<br />
• Das ist zwar richtig für leichtere Störungen (z.B. Behandlung<br />
einer Phobie nach Manual (etwa Exposition), gilt jedoch nicht<br />
für Persönlichkeitsstörungen<br />
• Hier sind die Fähigkeit zur Flexibilität d.h. Improvisation sowie<br />
der Umgang mit Gegenübertragungen von entscheidender<br />
Bedeutung. Dies entsteht nur durch Erfahrung<br />
� Notwendige Flexibilität bei gleichzeitiger Strukturiertheit des<br />
Settings.
Prämissen der<br />
Psychotherapie-Forschung<br />
II<br />
• Umgang mit «Feindseligkeit» (hostility) der<br />
Patienten, die sich in (mehr oder weniger subtilen)<br />
Entwertungen und Angriffen der Therapie oder des<br />
Therapeuten zeigen können.<br />
• Die Vanderbilt-II-Studie (Binder und Strupp, 1997)<br />
hat gezeigt, dass auch sehr erfahrene Therapeuten<br />
mit diesen Aspekten, wie sie vor allem Patienten<br />
mit Persönlichkeitsstörungen zeigen, umgehen<br />
können.
Prämissen der<br />
Psychotherapie-Forschung<br />
III<br />
• Häufige (konfrontative) Übertragungsdeutungen<br />
tragen u.U. eher zu einem schlechteren<br />
Behandlungs-Outcome bei (Ogrodniczuk & Piper,<br />
2004).<br />
• Die berühmte Menninger-Studie in Topeka, Kansas<br />
(Wallerstein, 1989) zeigt jedoch im Langzeitverlauf<br />
eher einen differenzierteren Zusammenhang<br />
• Je persönlichkeitsgestörter die Patienten waren, um<br />
so eher hatten sie von einer psychoanalytischorientierten<br />
Behandlung profitiert<br />
• Hypothese: Massive Beziehungsprobleme und<br />
Aggressivität brauchen ein Ventil in der Behandlung
Prämissen der<br />
Psychotherapie-Forschung<br />
IV<br />
• Die Technik-Variable erklärt nur ca. 20% des Outcomes.<br />
Wesentlich wichtiger sind die Güte der therapeutischen<br />
Arbeitsbeziehung (alliance) und Patientenbezogene<br />
Faktoren (Motivation, «psychological mindedness» etc.)<br />
• Vermutlich verschiebt sich diese Relation mit der<br />
Behandlung schwerer Störungen erheblich<br />
• Es könnte gelten: Je schwerer (persönlichkeits-) gestört<br />
ein Patient strukturell erscheint, um so wichtiger wird<br />
die Technik-Variable (und auch die Therapeuten-<br />
Variable)
Probleme der<br />
Psychotherapie-Forschung<br />
• Psychotherapieforschung in diesem Bereich<br />
erscheint besonders schwierig:<br />
• Volatilität der deskriptiven DSM- bzw. ICD-Kriterien<br />
• Meist zahlreiche Einflussfaktoren (Partnerschaften<br />
etc.)<br />
• Ist Destabilisierung immer nur negativ?<br />
• Wie misst man strukturelle Veränderung?<br />
• Nachhaltigkeit der Veränderungen etc.<br />
• Kombination verschiedener Elemente
Behandlungsschwierigkeiten<br />
� Hohe Abbruchquote (bis zu 60-70 %)<br />
� Hohe Suizidalität (8-12 % Life-Time)<br />
� Hohes Inanspruchnahme-Verhalten<br />
(Kriseninterventionen, stationäre Behandlungen<br />
trotz Therapie)<br />
� Viele Patienten bleiben dysfunktional (Arbeits- und<br />
Beziehungsfähigkeit)
Parameter-Diskussion<br />
• Kurt R. Eissler (Aufsatz von 1953)<br />
• Abweichungen von der Standardtechnik und Rückkehr<br />
sobald möglich zu ihr<br />
• Im Grunde kann die gesamte Entwicklung von<br />
Abweichungen der Standardtechnik (Vereinbarungen,<br />
Abweichungen von der technischen Neutralität,<br />
Hierarchien, behaviorale Elemente etc.) als Variation des<br />
Parameter-Themas verstanden werden<br />
• Cave: Je mehr Abweichung von der «Standard-Technik»<br />
um so mehr besteht immer die Gefahr, dass es nur noch<br />
ein Mitagieren mit dem Patienten wird oder die<br />
Behandlung sehr pädagogisch wird
Gegenübertragung<br />
� Spielen bei der Behandlung von PS eine besonders<br />
grosse Rolle<br />
� Nicht jeder Impuls sollte als Gegenübertragung<br />
bezeichnet werden<br />
� Gegenübertragungen sind im Grundsatz teilweise<br />
auch (zunächst) unbewusst<br />
� Typische Gegenübertragungen sind die konkordante<br />
und die komplentäre (nach Racker, 1968)
Self Disclosure und<br />
«Prinzip Antwort»<br />
� Mit Selbstoffenbarungen sollte man vorsichtig sein<br />
� Man überschätzt dabei leicht die Fähigkeit zum<br />
Perspektivewechsel von Pat. mit<br />
Persönlichkeitsstörungen<br />
� Etwas anderes ist es, was eher selten geschieht,<br />
dass ein Pat. von einem eine authentische Antwort<br />
benötigt<br />
� Patient-centered versus analyst-centered<br />
interpretations (Brenman)
Störungsspezifische<br />
Psychotherapien<br />
� Pessimistische Therapieeinschätzungen bis in die 80er Jahre<br />
� Erfolgreiche Studien in den 90er Jahren (Linehan et al., 1991;<br />
1993; Stevenson & Meares, 1992; Bateman & Fonagy, 1999;<br />
2001)<br />
� Entwicklung neuerer, manualgeleiteter und empirisch<br />
gestützter Psychotherapieverfahren zur Behandlung der<br />
Störung
Manualisierte Therapieverfahren<br />
für die<br />
Borderline-Störung<br />
• TFP (J.F. Clarkin; F. Yeomans, O.F. Kernberg)<br />
• MBT (A. Bateman & P. Fonagy)<br />
• Interaktionelle Therapie (A. Heigl-Evers; Streeck)<br />
• Strukturbezogene Therapie (G. Rudolf)<br />
• Kognitiv-behaviorale Therapie (A.T. Beck, J. Young)<br />
• Schematherapie (J. Young)<br />
• DBT (M. M. Linehan)<br />
• Interpersonelle Therapie (L. S. Benjamin)
Setting I<br />
• Ambulante Behandlung<br />
• Psychotherapie steht im Vordergrund<br />
• Pharmakotherapie kann den Prozess unterstützen (es ist<br />
jedoch die «Dynamik» der Pharmakotherapie zu<br />
beachten)<br />
• Involvierte Behandlungspersonen sollten miteinander<br />
kommunizieren<br />
• Mehrjährige Behandlungen (z.B. 2-3 Jahre)<br />
• Frequenz: Zweimal in der Woche erscheint als eine ideale<br />
Frequenz<br />
• Metaanalyse von Leichsenring & Rabung, JAMA. 2008;<br />
300(13) : 1551-65<br />
• Setting: Besser im Sitzen als im Liegen<br />
• Gruppentherapie kann sehr hilfreich sein
Wirkfaktoren<br />
• Korrigierende Beziehungserfahrung<br />
(Bindungstheorie; Übertragungsbeziehung)<br />
• Symptomatologische Stabilisierung (Skills,<br />
Lernen am Modell, pädagogisch-strukturiende<br />
Element (Therapievereinbarungen) und Medikation)<br />
• Einsicht (durch Klärungen und Deutungen;<br />
Verstehen von psychodynamischen<br />
Zusammenhängen und unbewusste Prozesse)<br />
→ Internalisierende Veränderungen
Störungsspezifische<br />
Therapieverfahren<br />
Gemeinsamkeiten I<br />
� Umgang aktiver (Aufgrund der Tendenz zu<br />
projektiven Mechanismen, Verzerrungen und<br />
Problemen bei der Realitätstestung)<br />
� Betonung der Stabilität des Behandlungsrahmens<br />
(Therapievereinbarungen)<br />
� Selbstschädigende Verhaltensweisen werden durch<br />
Klärung und Konfrontation «ich-dyston» gemacht<br />
� Verfahren können als kognitiv-affektive Techniken<br />
bezeichnet werden.
Störungsspezifische<br />
Therapieverfahren<br />
Gemeinsamkeiten II<br />
�Betonung der Bedeutung von Diagnostik<br />
�Thematische Prioritäten (Hierarchien)<br />
�Verständnis, dass es sich bei den<br />
dysfunktionalen Verhaltensweisen immer<br />
auch um eine Lösungsstrategie / Abwehr<br />
handelt.<br />
�Kommunikation unter den Behandlern<br />
�Intervision / Supervision als Teil der<br />
Behandlung
Störungsspezifische<br />
Therapieverfahren<br />
Gemeinsamkeiten III<br />
� Alle Verfahren kreisen technisch, trotz unterschiedlicher<br />
Theorie, um die «Integration» nicht integrierter<br />
(abgespaltener) Aspekte des Selbst (<strong>Dammann</strong>, 2001)<br />
� Dissoziierte Ego state, inkompatible Schemata,<br />
oszillierende Teilobjektrepräsentanzen; Dialektik zwischen<br />
Validierungs- und Veränderungsstrategien etc.<br />
� Dies äussert sich auch in der Ansprache des Patienten („…<br />
als würde ein Teil in Ihnen…“)<br />
� Indem der Therapeut selbst mit diesen Balancen arbeitet<br />
– diese selbst aushält und dem Patienten (kognitiv,<br />
deutend, modellhaft, affektiv spürbar) vermittelt – findet<br />
integrie-rende Therapie erfolgreich statt.
Entsteht eine «allgemeine<br />
Psychotherapie» im Sinne<br />
Grawes?<br />
• Strukturbezogene Therapie (psychodynamisch) und<br />
Schematherapie («<strong>Dr</strong>itte Welle» der<br />
Verhaltenstherapie) weisen zahlreiche<br />
Gemeinsamkeiten auf<br />
• Es wird mit halbbewusssten, affektiv-relevanten<br />
Schemata gearbeitet, die insbesondere kognitiv<br />
(weniger im Beziehungsgeschehen) zugänglich<br />
gemacht werden soll (dazu <strong>Dammann</strong> & Fiedler,<br />
2011)<br />
• Kritik aus psychoanalytischer Sicht: Es fehlt eine<br />
fundierte Theorie unbewusster Prozesse<br />
(Objekttheorie etc.)
Störungsspezifische<br />
Therapieverfahren -<br />
Unterschiede<br />
� Mehr oder weniger Übertragungsdeutungen<br />
� Konfrontativer bis supportiver<br />
� Unterschiede werden teils aus «forschungspolitischer»<br />
Sicht überbetont
Mentalisierungsbasierte<br />
Therapie (MBT)<br />
• Theory of Mind und Bindungstheorie als Basis der Mentalsierungsbasierten<br />
Therapie<br />
• Modell für transgenerationale Transmission der Borderline-Störung.<br />
• Im Unterschied zum (Spaltungs-) Modell Kernbergs geht die MBT davon aus,<br />
dass bei diesen Patienten, differenzierte Repräsentanzen nicht ausreichend<br />
ausgebildet wurden (früher hätte man wohl auch von «Symbolisierung»<br />
gesprochen)<br />
• Die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT) weist technisch zahlreiche<br />
Gemeinsamkeiten mit der Selbstpsychologie (Kohut) auf (Triebtheorie ist<br />
weniger ausgebildet)<br />
• Theoretisch unklar erscheint m.E. das Nebeneinander von hochmentalisiert<br />
erscheinenen und nicht-mentalisierten Aspekten im Patienten («Doppelte<br />
Buchführung» beim Betrügen) («Pseudohypermentalisierung»). Ausserdem<br />
wird der sichere Bindungstyp als Modell für psychische Gesundheit<br />
verabsolutiert (Kritik daran <strong>Dammann</strong>, 2003).<br />
• Mentalisierungsorientiertes Vorgehen bildet natürlich in gewisser Weise die<br />
Grundlage aller Therapien (auch Schematherapie oder Übertragungsfokussierte<br />
Psychotherapie würden für sich beanspruchen die «Mentalisierung» zu fördern.
Übertragungsfokussierte<br />
Psychotherapie (TFP) I<br />
• Persönlichkeitsorganisation als «geronnene» Beziehungserfahrung<br />
mit adaptiven und defensiven Aspekten (Internalisierungs- und<br />
Identifikationsprozesse)<br />
• Nicht-integriertes Selbstkonzept (Identitätsdiffusion) und Spaltungen<br />
• Selbst- und Objektrepräsentanzen sind bei der BPS rigide und von<br />
schweren Konflikten beherrscht («Pan-neurotisch»)<br />
• Starke Beachtung destruktiver Aspekte bei pathologischen<br />
Persönlichkeitsorganisationen (Neid etc.) (H. Rosenfeld)<br />
• Integration durch Deutung dieser Seiten, die sich insbesondere auch<br />
in der Übertragung manifestieren<br />
• Technisch: Weitgehender Verzicht auf supportive Techniken;<br />
Übertragungsdeutungen können auch etwas «Verfolgendes»<br />
bekommen
Übertragungsfokussierte<br />
Psychotherapie (TFP) II<br />
� Ziel der Behandlung:<br />
1. Problematik soll / wird sich auch in der<br />
Übertragungsbeziehung manifestieren.<br />
2. Symptome sind beherrschbare<br />
«Epiphänomene».<br />
3. Durch die Techniken von Klärung, Konfrontation<br />
und Deutung soll eine Integration der<br />
Persönlichkeitsorganisation (Verbesserung des<br />
Strukturniveaus) erreicht werden.
Dialektisch-Behaviorale<br />
Therapie (DBT)<br />
• Eklektische Therapieform für suizidale Borderline-Patienten (und teilweise<br />
andere impulsive Störungen) entwickelt<br />
• Biosoziales Modell (biologisch bedingte Emotionsregulationsstörung mit<br />
sekundärer umweltbedingter Invalidisierung)<br />
• Kombiniert Elemente aus der klassischen Verhaltenstherapie<br />
(Verstärkungsmodelle) (Erlernen alternativer «Fertigkeiten» (skills) mit<br />
Elementen aus dem Zen-Buddhismus («Mindfullness»)<br />
• Dialektik von Verständnis zeigen («radikale Akzeptanz») und Veränderung<br />
fordern steht im Mittelpunkt der Behandlung<br />
• Problem ist die nicht explizit ausgeführte und vorhandene Beziehungstheorie<br />
(Therapeut wird als eine Art unterstützendem und hartnäckigem «Trainer» zu<br />
Selbstbehandlung betrachtet)<br />
• Starke Betonung des Psychoedukativen (Defektmodell analog Diabetes)<br />
• Gegenwärtig schaut es so aus, dass die DBT im wesentlichen als<br />
«Skilltraining» (im stationären Bereich von Pflegefachleuten) angewandt wird
Schematherapie (ST) I<br />
• Weiterentwicklung der kognitiven Theorie<br />
und Therapie um die Bedeutung (zunächst<br />
unbewusster) innerer Schemata<br />
• Hybride Theorie (mit Elementen aus<br />
kognitiver, humanistischer und<br />
psychodynamischer Theorie und Praxis)<br />
• Manualisierung und Studien
Schematherapie (ST) II<br />
� 18 maladaptive Schemata festgestellt, die fünf Schemadomänen<br />
zugeordnet werden:<br />
� 1. Schemadomäne Abgetrenntheit und Ablehnung<br />
� Z.B. Verlassenheit/Instabilität<br />
� 2. Schemadomäne Beeinträchtigung von Autonomie und<br />
Leistung<br />
� Z.B. Abhängigkeit/Inkompetenz<br />
� 3. Schemadomäne Beeinträchtigungen im Umgang mit<br />
Begrenzungen<br />
� Z.B. Anspruchshaltung/Grandiosität<br />
� 4. Schemadomäne Fremdbezogenheit<br />
� Z.B. Selbstaufopferung<br />
� 5. Schemadomäne Übertriebene Wachsamkeit und Gehemmtheit<br />
� Z.B. Negativität/Pessimismus
Schematherapie (ST) III<br />
� 1. Kind-Modi:<br />
� verletzbares Kind (auch: verlassenes, missbrauchtes, misshandeltes, Entbehrung<br />
erlebendes, zurückgewiesenes Kind)<br />
� verärgertes Kind (ist wegen Nichterfüllung seiner Bedürfnisse verärgert; handelt, ohne an<br />
die Folgen zu denken)<br />
� impulsives/undiszipliniertes Kind (handelt im Sinne seiner Wünsche, folgt rücksichtslos<br />
seinen natürlichen Neigungen, ebenfalls ohne an die Konsequenzen zu denken)<br />
� glückliches Kind (zentrale emotionale Bedürfnisse sind im Moment erfüllt)<br />
� 2. Dysfunktionale Bewältigung (entsprechend den drei Bewältigungsstilen):<br />
� bereitwillig Sich-Ergebender (unterwirft sich dem Schema, wird zum passiven, hilflosen<br />
Kind, das anderen nachgeben muss)<br />
� distanzierter Beschützer (löst sich emotional vom Schema, praktiziert Substanzmissbraucht,<br />
meidet andere oder praktiziert andere Formen der Flucht)<br />
� Überkompensierender (wehrt sich, in dem er andere schlecht behandelt oder andere<br />
extreme Verhaltensweisen zeigt, um das Schema zu widerlegen)<br />
� 3. Dysfunktionale Eltern-Modi<br />
� strafender Elternteil (straft den Kind-Modus, weil dieser angeblich "böse" ist)<br />
� fordernder Elternteil (drängt das Kind ständig, übertrieben hohen Anforderungen zu<br />
genügen)<br />
� 4. gesunder Erwachsener (soll in der Therapie gestärkt werden)
Resultate der<br />
Psychotherapie-Forschung<br />
in diesem Bereich I<br />
1. Im Bereich der Borderline-Persönlichkeitsstörungen<br />
sind evidenz-basiert (Wirksamkeit nachgewiesen bzw.<br />
Überlegenheit zu «Treatment as Usual»): DBT,<br />
Schematherapie, Mentalisierungsbasierte Therapie<br />
(MBT) und Übertragungsfokussierte Psychotherapie<br />
(TFP)<br />
2. Die TFP (konfrontativer) weist höhere Abbruchraten auf<br />
3. Auch bei den nicht übenden Therapieverfahren kommt<br />
es (nach etwas längerer Zeit) zu einem Rückgang der<br />
Symptomatologie (Selbstverletzenden Verhalten)<br />
4. Die Kombination verschiedener<br />
Persönlichkeitsstörungen (besonders narzisstisches<br />
Spektrum) erschwert die Behandlung erheblich<br />
(Studien von Clarkin)
Resultate der<br />
Psychotherapie-Forschung<br />
in diesem Bereich II<br />
1. Die DBT weist keine zusätzlichen Effekte auf die<br />
interpersonellen Probleme und die Depressivität auf<br />
(«Dialectical behaviour therapy may be a treatment of choice<br />
for patients with severe, life-threatening impulse control<br />
disorders rather than for BPD per se. There is a lack of<br />
evidence that DBT is efficacious for other core features of<br />
BPD, such as interpersonal instability, chronic feelings of<br />
emptiness and boredom, and identity disturbance. (Verheul<br />
et al., 2003, 138)<br />
2. MBT konnte im ambulanten und teilstationären Setting ihre<br />
Wirksamkeit nachweisen<br />
3. Nur TFP (nicht MBT) konnte bisher Veränderungen im<br />
Bereich des Bindungsstils und des Reflexiven Funktionierens<br />
nachweisen<br />
4. Vergleichsstudien der verschiedenen Methoden sind<br />
schwierig (Effektstärken; Integrative Behandlungstechniken<br />
etc.)
Differenzierte<br />
Indikationsstellung I<br />
• Hierzu ist noch wenig bekannt<br />
� Differenzierte Behandlungsstrategien je nach Phase der<br />
Behandlung oder Untergruppe möglicherweise sinnvoll.<br />
� Kombination von behavioralen und psychodynamischen<br />
Strategien können äusserst hilfreich sein.<br />
• Persönlichkeiten sind heterogene Gruppen<br />
• Borderline-Persönlichkeitsstörung: Dissoziative<br />
Traumafolgestörungen; agierende Hysterien; impulsive<br />
Persönlichkeiten (incl. Überschneidungen mit der ADHS-<br />
Diagnose); Störungsbilder aus dem schizotypen Spektrum<br />
etc.<br />
• Untergruppenorientierte Behandlung («Endophänotypen»)
Differenzierte<br />
Indikationsstellung II<br />
1. Bei Pat. mit starker dysfunktionaler Symptomatologie<br />
(selbstverletzendes Verhalten), die bisher nie das<br />
Fertigkeitentraining nach DBT vermittelt bekamen, sollte dies in die<br />
Behandlung integriert werden.<br />
2. Patienten mit schweren mentalen Entwicklungsdefiziten<br />
(Persönlichkeitsstörungen, die an leichte Oligophrenien erinnern)<br />
(auf der Basis etwa von schweren Traumatisierungen) sollten von<br />
einer affektdifferenzierenden MBT-Behandlung (oder Elementen<br />
daraus) profitieren.<br />
3. Bei Patienten mit zahlreichen Vortherapien sollte sorgsam geprüft<br />
werden, was eine weitere Behandlung bringen könnte (Fokus<br />
zunächst: Warum haben die früheren Behandlungen so wenig<br />
bewirken können?)<br />
4. Patienten mit narzisstischen Persönlichkeitsstörungen oder stark<br />
narzisstischen Zügen sollten eine psychodynamische Therapie<br />
erhalten (mit längerer Behandlungsmöglichkeit) (ev. auch<br />
Schematherapie)
Setting II<br />
• Stationäre Behandlung<br />
• Sinnvoll sind lediglich kurze stationäre Kriseninterventionen<br />
(etwa bei Suizidalität zu Beginn der Behandlung)<br />
• oder störungsspezifische stationäre Behandlungen<br />
• Von längerdauernden Hospitalisationen auf nicht-spezialisierten<br />
Stationen sollte unbedingt abgeraten werden<br />
(Regressionstendenzen; imitatives Verhalten; Unterschiede in<br />
der Behandlungstechnik im Vergleich zu Schizophrenen etc.)
Indikationen stationäre<br />
Therapie<br />
� Akute oder chronische Suizidalität, andauernde erhebliche<br />
Selbstverletzung<br />
� Erheblicher Suchtmittelkonsum<br />
� Massive Instabilität oder komplexe psychosoziale Probleme<br />
verunmöglichen ambulante Behandlung<br />
� Gelegentlich: Stagnation oder negative therapeutische Reaktion in<br />
der ambulanten Behandlung<br />
� Die stationäre Behandlung dient der Vorbereitung der ambulanten<br />
Behandlung und wird so auch konzeptualisiert<br />
� Es gibt Evidenz, dass bei BPS-Pat. eine stationäre Vorbehandlung<br />
den Erfolg der ambulanten Behandlung verbessern hilft<br />
02.03.2012
Ablauf der stationären<br />
Behandlung<br />
� Vorgespräch(e) und Besichtigung der Station<br />
� Diagnostik und Motivationsphase<br />
� (Informationen; Psychoedukation)<br />
� Therapievereinbarungen (auch im stationären soweit möglich)<br />
� Festlegen der Therapien (Elterlicher Akt)<br />
� Wahl des Fokus (Fallvorstellung nach ca. 4 Wochen)<br />
� Standortbestimmung (ca. 4 Wochen vor Ablauf der 3 Monate)<br />
(stärkerer Einbezug der äusseren Realität)<br />
� Abschiedsphase<br />
02.03.2012
Zum Setting I<br />
Station mit 14 vollstationären Plätzen<br />
•Indikation: Borderline-Persönlichkeitsstörungen, Narzisstische<br />
Persönlichkeitsstörungen, z.T. schwere Neurosen, Bulimien, andere<br />
Persönlichkeitsstörungen (keine schlechten Erfahrungen mit<br />
motivierten Suchtpatienten)<br />
• 12wöchige Behandlung<br />
• Gelegentlich Verlängerungen (ca. 4 Wochen) (eher bei positiven<br />
Verläufen)<br />
• Intervallbehandlungen<br />
<strong>Dr</strong>. G. <strong>Dammann</strong>
Zum Setting II<br />
• (Weibliche) Borderline-Patienten und (männliche) narzisstische<br />
Patienten lassen sich gut kombinieren<br />
• Behandlungsbestandteile:<br />
- Übertragungsfokussierte Psychotherapie (TFP) nach<br />
Clarkin/Kernberg<br />
- Skilltraining und Achtsamkeitsübungen nach de Dialektisch-<br />
Behavioralen Therapie (DBT) (Linehan)<br />
- Mentalisierungsbasierte Elemente (MBT) nach<br />
Bateman/Fonagy<br />
<strong>Dr</strong>. G. <strong>Dammann</strong>
Grundsätzliches<br />
• Regression (Regression im Dienste des Ichs; pathologische<br />
Regressionen)<br />
• Station als „total situation“ (Betty Joseph)<br />
• Bedeutung der Mitpatienten<br />
• Kombination verbaler und nonverbaler Therapien<br />
<strong>Dr</strong>. G. <strong>Dammann</strong>
Milieutherapie<br />
� Das Team „heilt“<br />
� Multimodales Rollenangebot<br />
� Erfahrene Teams verstehen die „Spaltungstendenzen“ und<br />
unterschiedlichen Gegenübertragungen, tragen sie zusammen und<br />
agieren sie nicht aus<br />
02.03.2012
Setting<br />
� Kombination von Einzel- und Gruppentherapie<br />
� Wichtige Gespräche finden mit Einzeltherapeut und Pflegerischer<br />
Bezugsperson zusammen statt<br />
� Umgang mit Geheimnissen<br />
� Zwischen der Berufsgruppen gibt es keine Wertung in der<br />
Wichtigkeit; aber es wird unterschiedlich gearbeitet<br />
02.03.2012
Keine Angst haben vor<br />
heftigem Agieren der<br />
Patienten<br />
� Patienten spüren, wenn das Team sich in seinen<br />
Entscheidungen sicher fühlt<br />
� Sich durch Suizidalität nicht „erpressbar“ machen<br />
(Suizidalität und thematische Hierarchien der<br />
störungsspezifisichen Verfahren)
Fallbesprechung und Fokus<br />
• Gemeinsame Basis des Verständnisses für alle Teammitglieder und<br />
Empowerment des Teams<br />
• Alle arbeiten mit unterschiedlichen Mitteln mehr oder weniger<br />
direkt am gleichen Fokus<br />
• Der psychodynamische Fokus stellt eine Art operationalisierter<br />
Verdichtung der Frage dar, welchem bearbeitbarem Aspekt die<br />
grösste Bedeutung zukommt, um eine ambulant Weiterbehandlung zu<br />
ermöglichen<br />
• Die Technik dabei kann supportiver oder konfrontativer, bewusster<br />
oder unbewusster, handlungs- oder verstehensorientierter etc. sein<br />
<strong>Dr</strong>. G. <strong>Dammann</strong>
Fokus I<br />
• Berücksichtigung bestimmter Aspekte des Strukturniveaus<br />
• Folgt einer Art von Hierarchie (im Hinblick auf Selbst- und<br />
Therapieschädigendem Verhalten)<br />
• Wird interpersonell bzw. in der Übertragungsbeziehung sichtbar<br />
und veranschaulicht<br />
• Die Bearbeitung/Bewusstmachung sollte bei dem Patienten<br />
einerseits zu genügender Stabilisierung führen, für ihn aber auch<br />
„anstrengend“ sein<br />
<strong>Dr</strong>. G. <strong>Dammann</strong>
Fokus II<br />
� Ein zentrales Thema (manchmal auch zwei) wird für die Behandlung<br />
fokussiert<br />
� Dabei wird das Thema gewählt, von dem angenommen wird, das es<br />
am ehesten eine progressive Entwicklung in Gang setzen könnte<br />
� Der Fokus kann ein Konflikt sein, es kann aber auch um das Aufzeigen<br />
einer nicht-integrierten Objektbeziehungsthematik handeln, die sich in<br />
der Beziehung zeigt<br />
� Es wird manchmal an Themen gearbeitet, die zwar mit grossem <strong>Dr</strong>uck<br />
vorgetragen werden, aber sekundär erscheinen (etwa sexueller<br />
Missbrauch bei chronischer Suizidalität)<br />
02.03.2012
Schwerwiegende<br />
Behandlungsfoki<br />
• Chronische Suizidalität (und ihre Funktionalität)<br />
• Nicht integrierte, oszillierende Täter-Opfer-Dynamik<br />
• Zerstörung des eigenen Körpers (z.B. um den Körper für seine<br />
Sexualität, die nicht ganz der eigenen Kontrolle unterliegt, zu<br />
bestrafen)<br />
• Neid auf die eigenen Kinder<br />
•„Borderline-Lebensstil“ als Ersatzidentität (oft mit ubw.<br />
Gegenidentifikationen einher gehend)<br />
• Gemeinsames Verstehen warum bisherige Behandlungsversuche<br />
nicht fruchten konnten (Machtkampf mit dem Therapeuten u.a.)<br />
<strong>Dr</strong>. G. <strong>Dammann</strong>
Besonderheiten bei der<br />
narzisstischen<br />
Persönlichkeitsstörung I<br />
• Die Behandlung der narzisstischen Persönlichkeitsstörung ist<br />
besonders anspruchsvoll<br />
• Borderline-Patienten sind zwar häufig stark instabil, aber im Grunde<br />
beziehungssuchend<br />
• Narzisstische Patienten haben nicht selten etwas<br />
«beziehungsabweisendes» , tiefgehende und vertrauensvolle<br />
Beziehungen kommen sehr viel langsam in Gang.<br />
• Es braucht oft nur wenig erlebte Zurückweisung oder Kränkung und<br />
der Patient fühlt sich verfolgt (Wechsel von der «psychopathischen»<br />
in die «paranoide Übertragung») (Herbert Rosenfeld, Otto F.<br />
Kernberg)<br />
• Psychotherapie ist gerade für narzisstische Patienten etwas was sie in<br />
gewisser Weise «kränkt»
Besonderheiten bei der<br />
narzisstischen<br />
Persönlichkeitsstörung II<br />
� Kernberg-Kohut-Debatte der 70er Jahre<br />
� Es braucht sowohl «supportive» wie «konfrontative»<br />
Elemente<br />
� Phasenabhängig
Narzisstische Persönlichkeitsstörung<br />
Pathologie der Selbststruktur Ich-<br />
Organisation<br />
+ -<br />
Borderline-Organisation<br />
Instabilität der Ich-Organisation<br />
Neurose / normale<br />
Persönlichkeit<br />
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BPO<br />
NPS NPS und BPO
Maligner Narzissmus<br />
• Kombination von schwerem grandiosem Narzissmus und Über-Ich-<br />
Pathologie<br />
• Therapeutisches Angebot wird entwertet. „Ich brauche dringend<br />
Hilfe, es geht um Leben und Tod bei mir; aber das was ich hier<br />
erhalte, ist ja gar nichts!“)<br />
• Gegenübertragung: Ärger auf den Patienten, Insuffizienzgefühle<br />
• Klinisch: Arroganz, invasive Neugier und Pseudostupidität (Bion)<br />
Schon-, Anspruchs- und Versorgungshaltung<br />
<strong>Dr</strong>. G. <strong>Dammann</strong>
Wichtige Komorbiditäten<br />
• Depressionen (Bei narzisstischen Persönlichkeitsstörungen kann<br />
Depressivität die Therapierbarkeit überhaupt erst ermöglichen; die<br />
Diagnose einer PS kann bei einer schweren Depression verfälscht<br />
werden; immer auf Hoffnungslosigkeit als Vorboten der Suizidalität<br />
achten)<br />
• Essstörungen (Bei stark ausgeprägten Essstörungen bedarf es eines<br />
speziellen Behandlungssettings; leichtere Formen bedürfen keine<br />
speziellen Fokussierung)<br />
• Substanzgebundene Abhängigkeitserkrankungen (Langzeit-<br />
Katamnese von M.H. Stone (1990): Borderline-Patienten mit<br />
Alkoholerkrankung ohne suchtspezifische Behandlung haben weit<br />
schlechtere Prognose)
Traumaspezifische<br />
Techniken?<br />
� In der Regel nicht notwendig<br />
� Traumatisierungen sollten von Anfang an in die Behandlung<br />
einfliessen<br />
� Traumatisierungen sollten sowohl in ihrer allgemeinen<br />
Psychodynamik wie in ihrer Besonderheit verstanden werden
Einschätzung der<br />
Behandelbarkeit I<br />
� Strukturniveau:<br />
1. Realitätstestung (Abgrenzung zur schizotypen<br />
Störung)<br />
2. Abwehrmechanismen (Dominieren z.B.<br />
Verleugnungen)<br />
3. Identitätsdiffusion (wie integriert ist die<br />
Persönlichkeit)
Einschätzung der<br />
Behandelbarkeit II<br />
• Strukturniveau:<br />
1. Qualität der Objektbeziehungen<br />
2. Frustrationstoleranz bzw. –intoleranz (hat jemand schon mal<br />
länger gearbeitet, eine Ausbildung durchgehalten etc.) und<br />
impulshafte Aggressivität<br />
3. Moralische Werte bzw. «Über-Ich-Pathologie» (antisoziales<br />
Verhalten oder kriminelle Handlungen;<br />
Wiedergutmachungsversuche etc.)
Einschätzung der<br />
Behandelbarkeit III<br />
� Zahlreiche Vorbehandlungen<br />
� Zahlreiche Suizidversuche
Einschätzung der<br />
Behandelbarkeit IV<br />
� Unbehandelbare Patienten (?)<br />
� Negative therapeutische Reaktion (nur ein technisches Problem?)<br />
� André Green «Desobjektalisierung»
Krisenintervention und<br />
Psychotherapie<br />
� Nicht wenige Behandlungen mit Persönlichkeitsgestörten Patienten<br />
scheitern daran, dass sie unentschieden zwischen Psychotherapie<br />
und Krisenintervention bleiben («permanente Blaulicht-<br />
Atmosphäre»)
Häufige Gefahren I<br />
• Strukturdiagnostik zu Beginn und differenzierte<br />
Indikationsstellung erfolgen nur ungenügend<br />
• Es wird zu lange «supportiv» (spiegelnd, ermunternd) gearbeitet<br />
und zu wenig mit «aggressivem Material» (oder in zu grossen<br />
Intervallen etwa 14tägig)<br />
• Der Patient sucht reale Bedürfnisbefriedigung in der Behandlung<br />
(Therapeutin wird zu einer Art «Freundin», statt sich «im<br />
Aussen» neuen Beziehungserfahrungen und -anforderungen zu<br />
stellen<br />
• Der Patient bleibt letztlich passiv bei der Bewältigung seiner<br />
realen Probleme und diese Bereiche (Arbeit, Finanzen etc.)<br />
werden zu wenig in der Psychotherapie fokussiert
Häufige Gefahren II<br />
• Der Patient bleibt letztlich passiv bei der Bewältigung seiner<br />
realen Probleme und diese Bereiche (Arbeit, Finanzen etc.)<br />
werden zu wenig in der Psychotherapie fokussiert<br />
• «Handlungshypertrophie» (agierender Aktivismus in Richtung<br />
sozialer, beruflicher Rehabilitation, Umschulung etc.), welche die<br />
Ebene des Verstehens vernachlässigt, versus<br />
«Verstehenshypertrophie» (z.B. der Therapeut begegnet selbst<br />
dann noch dem Patienten mit reinem Verstehenwollen, wenn die<br />
äussere Lebenssituation desolat ist.). (Dynamik: Alles ist im Aussen<br />
versus Alles ist im Innen)<br />
• Gegenübertragungsphänomene werden zu wenig erkannt
Häufige Gefahren III<br />
� Die Therapie mit persönlichkeitsgestörten Patienten ist eine<br />
Gratwanderung zwischen der Beachtung realer<br />
Verlassenheitsängste einerseits und einer technisch neutralen,<br />
allerdings nicht zu abstinenten Haltung.<br />
� Der Therapeut wird immer in der Versuchung sein, den<br />
Patienten entweder (real) zu nahe an sich herankommen zu<br />
lassen, was eine Verführung, ein Verführtwerden oder eine<br />
Infantilisierung bedeuten könnte, oder aber den Patienten<br />
(real), technisch z.B. mit der Neutralität begründet, zu sehr<br />
auf Distanz zu halten, und dadurch eben kein wirkliches<br />
Gegenüber zu sein (etwa in der Forensik).
Gefahren von Psychotherapie<br />
bei Borderline-Patienten<br />
• Psychotherapie kann gerade bei Borderline-Patienten diese<br />
iatrogen schädigen (Fonagy & Bateman, 2006)<br />
• Hauptverantwortlich:<br />
- Identitätsdiffusion und Beeinflussbarkeit<br />
- Missverständnisse u.ä. werden zu wenig<br />
geklärt<br />
• Der natürliche Verlauf der Störung ist nicht so schlecht (Stone,<br />
1990))<br />
<strong>Dr</strong>. G. <strong>Dammann</strong>
Zitierte Literatur<br />
Beutler, L. E., Malik, M., Alimohamed, S., Harwood, T. M., Talebi, H., Noble, S. &<br />
Wong, E. (2004). Therapist Variables. In Lambert, M. J. Bergin and Garfield’s<br />
Handbook of Psychotherapy and Behavior Change (5th ed.) Wiley, New York,<br />
pp.227-306<br />
<strong>Dammann</strong>, G. (2001) Bausteine einer allgemeinen Psychotherapie der Borderline-<br />
Störung, In G. <strong>Dammann</strong> & P.L. Janssen (Hrsg.) Psychotherapie der Borderline-<br />
Störungen, Thieme, Stuttgart, pp. 232-57<br />
<strong>Dammann</strong>, G. (2003) Borderline Personality Disorder and Theory of Mind: An<br />
Evolutionary Perspective, In: M. Brüne, H. Ribbert, W. Schiefenhövel (Eds.) The<br />
Social Brain: Evolution and Pathology, John Wiley & Sons, Chichester, pp. 373-417<br />
<strong>Dammann</strong>, G., Fiedler, P. (2011) Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen –<br />
Perspektiven integrativer Psychotherapie, In: W. Senf & M. Broda (Hrsg.) Praxis<br />
der Psychotherapie. Ein integratives Lehrbuch , 5. Aufl., Thieme, Stuttgart, pp.<br />
445-465<br />
Ogrodniczuk, J. S. & Piper, W. E. (2004). The evidence: Transference interpretations<br />
and patient outcomes: A comparison of “types” of patients. In D. P. Charman<br />
(Ed.), Core processes in brief psychodynamic psychotherapy: Advancing effective<br />
practice, Lawrence Erlbaum, Mahwah, NJ, 165-184<br />
Verheul R, Van den Bosch LMC, Koeter MWJ, De Ridder MAJ, Stijnen T & Van den Brink<br />
W (2003). Dialectical behaviour therapy for women with borderline personality<br />
disorder. Br J Psychiatry, 182, 135-40.<br />
Wallerstein RS (1989) The Psychotherapy Research Project of the Menninger<br />
Foundation: An overview. J Consulting & Clinical Psychology, 57, 195-205