Spannung und Action mit dem RS900 - marina.ch

Technik
Spannung und Action
mit dem RS900
Segelt der «RS900» auf den Olymp? Das schnelle Skiff für Frauen wurde konzipiert und gebaut,
um an den übernächsten olympischen Spielen 2016 in Rio der Janeiro teilzunehmen. «marina.ch»
heuerte ein kompetentes Testteam an – die Reaktionen waren durchwegs positiv.
TexT : Mark rushall /
Daniel B. PeTer lunger
foTos : ToM gruiTT
Die drei frauen des Testteams sind alle gleich
jung: 22 Jahre. als sie noch jünger waren,
segelten sie alle im optimist. Dann folgten
420, europe, laser radial, 470, 29er oder
rs800. hannah Diamond und sophie ainsworth,
beide gBr, sowie hanna klinga
(sWe) sind seit Jahren regattamässig auf
hohem, internationalem niveau unterwegs.
ein ideales Team also, um den neuen rs900,
eine substantielle Weiterentwicklung des
erfolgreichen rs800, unter die lupe zu nehmen.
Wie fühlt sich das skiff auf dem Wasser
an und wie lässt es sich segeln? Trotz eisigem
Winterwetter absolvierten die jungen frauen
an der südküste englands, beim hayling
island sailing Club in der nähe von Portsmouth,
östlich von Cowes, ein umfangreiches
Testprogramm.
Bühne frei für Akrobaten
Doch zuerst: Wie ist der rs900 einzuordnen?
Was ist das für ein segelgerät, das in die
olympische klasse vorstossen und sich für die
spiele 2016 in rio de Janeiro qualifizieren
will? es sei ein kompromissloses skiff für
frauen, sagt Designer Phil Morrison, der zusammen
mit alex southon und nick Peters
den rs900 konstruierte. Der rumpf ähnelt
zwar dem Vorgängermodell rs800, ist aber
kürzer und leichter. gebaut ist er als epoxysandwich-laminat
mit kohlefaser-Verstärkungen.
Dank intensiver Zusammenarbeit mit
komposit-experten in den usa gelang es, die
schale nicht nur fester zu bauen, sondern
auch effizienter in der herstellung – und
damit billiger. Die kosten für einen rs900
sollen sich im Bereich einer klassischen,
selbst redend perfekt regattatauglichen
470-Jolle bewegen. Das Boot ist auf die von
der isaf festgelegte gewichtsspanne der
Crew ausgelegt, also auf zwei frauen mit einem
gesamtgewicht von 110 bis 130 kg.
gesegelt wird mit Doppeltrapez. Der nahezu
gerade karbonmast ist zweiteilig und passt
beim Transport in einen standard-schiffscontainer
von 20 fuss. Der asymmetrische
spinnaker mit seinem langen, ausfahrbaren
Baum aus nylon wird am Masttop gefahren,
um die segelfläche zu maximieren. Der
gleiche ansatz gilt bei der selbstwendefock,
deren hals zuvorderst an der Bugspitze angeschlagen
ist, um das untere Drittel des
Vorsegels mit möglichst grosser fläche auszustatten.
Das Design des oben nahezu quadratisch
geschnittenen und weit ausgestellten
gross segels entspricht dem aktuellen
Trend für einen effizienten antrieb.
Die zwei soliden flügel zum ausreiten, die
Wings des rs900, sind fest mit der schale
verbunden. soll das skiff transportiert werden,
so sind die Wings aber innert Minuten
demontiert, und der fast fünf Meter lange
rumpf wiegt dann gerade mal 55 kilogramm.
Das Cockpit – wenn man denn überhaupt
von einem solchen sprechen kann – ist
eigentlich der Boden des Bootes: es ist eine
durchgängige fläche, auf der die schoten und
leinen verlaufen. Das sieht nicht nur sportlich
aus, es ist zugleich die Bühne für das akrobatische
können der Crew, das dieses schiff
– wie man es von ähnlichen segelgeräten
kennt – durchaus verlangt.
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Technik
Test auf allen Kursen
Beim aufkreuzen war hanna klinga beeindruckt
von der sanftheit der schnellen fahrt
und den sofort Wirkung entfaltenden
Trimmeinstellungen, die effizienter sind als auf
ähnlichen Booten. Doch der wahre spass –
darin waren sich die drei frauen einig – ist vor
allem auf räumlichen kursen unter spi erlebbar.
hannah Diamond: «Das Boot ist schnell, leicht
und bietet jederzeit ein gutes feedback. Das ist
genau, was wir Mädchen wollen!» Bei rund
20 knoten Windgeschwindigkeit und entsprechendem
Wellenbild musste die Testcrew
um die Wasserberge herumsegeln, und vermied
so das eintauchen. Dabei bewährten sich die
fussschlaufen auf den Wings. «ich hatte zwar
nicht das gefühl, dass wir soweit hinten stehen
müssten, doch der sichere stand erleichtert das
steuern», erzählte hanna Diamond. halsen ist
leichter als mit vergleichbaren Booten, die
kontrolle ging nie verloren und es gab keinerlei
Probleme beim setzen oder Bergen des spis.
Weiter berichteten die frauen, dass das layout
der leinen gut gelöst sei und die Vorschoterin
jederzeit fockschot, Baumniederholer oder
Cunningham problemlos bedienen könne. Das
unterstützt gelungene Manöver und man
(respektive frau) kann sich aufs schnelle segeln
konzentrieren. Der rs900 ist ein richtiges
Teamboot, auf dem es sowohl für die steuernde
als auch die Vorschoterin jede Menge
«arbeit» gibt. Die strahlenden gesichter der
Testcrew zeugten vom segelspass. sophie
ainsworth: «es ist ein cooles Boot, schneller
und doch leichter zu segeln als der 29erxx. ich
glaube, ich habe mich in den rs900 verliebt.»
Fazit
Die Testcrew fand keine augenfälligen fehler
beim rs900. Das Boot ist attraktiv, schnell
und dürfte für spannende regatten sorgen.
Die stabilität ist, für skiff-Verhältnisse, gut
und trotzdem sind die anforderungen an die
seglerinnen – um konstant schnell zu segeln
– relativ hoch. Das geschwindigkeitspotenzial
kann nur mit guter segel-grundtechnik
ausgeschöpft werden. Trotz diesem positiven
feedback muss der rs900 noch einige
hürden meistern und der Weg auf den olymp
bleibt steil (siehe kasten).
Weitere Pluspunkte, die für den rs900 sprechen,
sind die langjährige erfahrung von rs
sailing sowie die langlebigkeit eines epoxy-
Bootes. letzteres reduziert einerseits kosten
und dürfte anderseits dazu führen, dass
schon bald erschwingliche gebrauchtboote
für einsteigerteams auf dem Markt erhältlich
sein werden. ein nachteil könnte allenfalls
das ursprungsland england sein, da mit laser
bereits eine andere starke englische Werft
olympia-status hat und mit hobie Cat auch
bei den katamaranen eine aussichtsreiche
kandidatin im rennen ist.
RS900 von RS Sailing, Romsey (GBR)
LüA 4,68 m
Länge Wasserlinie 4,50 m
Breite 2,83 m
Tiefgang 1,46 m
Rumpfgewicht 55 kg (ohne Wings)
Grosssegel 11,8 m2 Fock 6,05 m2 Spinnaker 26,6 m2 Importeur Schweiz:
Duvoisin nautique & Sports
2013 Colombier, Tel. 032 841 10 66
www.duvoisinnautique.ch
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unabhängig davon, welches frauen-skiff
letztlich olympisch wird, ist gerade im hinblick
auf den nachwuchs wichtig, dass die
isaf endlich eine klare langzeit-strategie
verfolgt. Die ständigen Wechsel der Bootsklassen
verunmöglichen jegliche Planungssicherheit.
nachdem Match race bei den
Männern aus dem Programm gekippt wurde,
kam für die olympischen spiele 2012 Match
race bei den frauen ins Programm. 2016 ist
damit aber bereits wieder schluss… Zudem
wird 2016 kein kielboot mehr olympischen
klassenstatus besitzen. Die frage sei erlaubt:
fehlt damit nicht ein wichtiges element des
segelns? Die internationale segelgemeinschaft
muss das gärtchen- respektive
klassendenken zugunsten ganzheitlicher
Über legungen, die den segelsport fördern, in
den hintergrund stellen. Das nächste kapitel
in dieser hinsicht wird am kommenden isaf-
Meeting im Mai in italien geschrieben.
Die Wahl Der Olympischen BOOTe
In den Klassen «Skiff Frauen» sowie «Mehrrümpfer Mixed» wird für die Olym-
pischen Spiele 2016 in Rio (BRA) je ein neues Boot gesucht. Ein vom ISAF-Aus-
rüstungs-Komitee bestelltes Evaluationsteam führt ab Mitte März während
neun Tagen in Santander (ESP) mit den angemeldeten Booten Tests durch. Die
Evaluation erfolgt durch Seglerinnen und Segler, die von ihren nationalen Verbänden
nominiert wurden. Die Erfahrungen mit den zur Auswahl stehenden
Skiffs und Katamaranen werden in einen Bericht einfliessen, der im Mai am
ISAF-Meeting in Stresa (ITA) vorgelegt wird. Dort sollen dann die Olympiaklassen
definitiv bestimmt werden. Die beiden ausgewählten Boote werden ihr
Debüt als Olympiaklasse 2014 ebenfalls vor Santander bei den gemeinsamen
Weltmeisterschaften der Olympischen Klassen geben.
Zur Auswahl stehende Frauen-Skiffs:
- 29erXX (Ovington Boats)
- Arup Skiff (Arup)
- Aura (Ovington Boats)
- Hartley Rebel (Hartley Boats)
- Mackay FX (Mackay Boats)
- RS900 (RS Sailing)
Zur Auswahl stehende Katamarane:
Hobie 16 (Hobie Cat)
Hobie Tiger (Hobie Cat)
Nacra 17 (Nacra Sailing International)
Nacra F16 (Nacra Sailing International)
Spitfire S (Sirena Voile)
Tornado (International Tornado Class Association)
Viper (Australian High Performance Catamarans)
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