E&W Oktober 2009 - GEW
E&W Oktober 2009 - GEW
E&W Oktober 2009 - GEW
- TAGS
- oktober
- www.gew.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Foto: <strong>GEW</strong> Niedersachsen<br />
AUF EINEN BLICK<br />
Eberhardt Brandt,<br />
Vorsitzender<br />
der <strong>GEW</strong> Niedersachsen<br />
Signal für inklusives Schulsystem<br />
Zum ersten Mal ist in Berlin der Jakob-Muth-Preis<br />
für ein inklusives Schulsystem verliehen worden. Er<br />
geht an drei gleichberechtigte Preisträger: die Erika-<br />
Mann-Grundschule in Berlin, die Sophie-Scholl-<br />
Schule in Gießen und die Integrierte Gesamtschule<br />
Hannover-Linden. Für ihren vorbildlichen gemeinsamen<br />
Unterricht von behinderten und nichtbehinderten<br />
Kindern erhalten die drei Schulen jeweils ein<br />
Preisgeld von 3000 Euro. Die <strong>GEW</strong> sieht in der<br />
Preisverleihung ein wichtiges und notwendiges Signal<br />
gegen Aussonderung und für ein inklusives<br />
Schulsystem. <strong>GEW</strong>-Schulexpertin Marianne Demmer<br />
nahm die Preisverleihung zum Anlass, an kommunale<br />
Schulträger und Landesregierungen zu appellieren,<br />
mit ihrer „halbherzigen Politik Schluss zu<br />
machen und endlich mutige Schritte zum gemeinsamen<br />
Lernen“ zu unternehmen. Die <strong>GEW</strong> werde<br />
nicht locker lassen, so Demmer, bis die UN-Konvention<br />
für die Rechte Behinderter auch im Bildungswesen<br />
umgesetzt sei. Dazu müssten die Bildungseinrichtungen<br />
barrierefrei eingerichtet werden<br />
und sich die Ausbildung des pädagogischen Personals<br />
am Ziel der Inklusion orientieren. „Mindestens<br />
ebenso wichtig ist, dass die Barrieren in den Köpfen<br />
fallen“, betonte Demmer. Die gute Praxis der drei<br />
Preisträgerschulen könne als Vorbild dienen.<br />
Brandt gewinnt Disziplinarverfahren<br />
Das Disziplinarverfahren gegen den niedersächsischen<br />
<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzenden Eberhardt Brandt<br />
ist eingestellt worden. Damit ist der Gewerkschafter<br />
von dem Vorwurf eines Dienstvergehens, den<br />
die niedersächsische Kultusministerin Elisabeth<br />
Heister-Neumann (CDU) erhoben hatte, freigesprochen.<br />
Die Opposition warf der Landesregierung<br />
vor, das Verfahren aus politisch motivierten Gründen<br />
eingeleitet zu haben, um einen unbequemen<br />
Kritiker mundtot zu machen. Sie forderte den<br />
Rücktritt Heister-Neumanns. Ministerpräsident<br />
Christian Wulff (CDU) stellte sich vor seine Ministerin.<br />
Er hielt Brandt u. a. vor, ständig die Schulpolitik<br />
in Niedersachsen zu kritisieren und vor Unterrichtsausfall<br />
zu warnen, als Lehrer aber selbst keinen<br />
Unterricht erteilen zu wollen. Hintergrund<br />
von Wulffs Attacke ist Brandts teilweise Freistellung<br />
von seiner Unterrichtspflicht, weil er als Personalrat<br />
und <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzender tätig ist.<br />
Auch dies hatte Wulff angeprangert. Der Steuerzahler,<br />
so der Christdemokrat, habe einen Anspruch<br />
darauf, dass ein vom Land ausgebildeter<br />
und bezahlter Lehrer auch unterrichte. Der Aufforderung,<br />
sich nach dieser Entgleisung öffentlich zu<br />
entschuldigen, kam Wulff nicht nach. Wulff habe<br />
mit seinen Äußerungen das Verhältnis zu den Gewerkschaften<br />
„erheblich“ belastet, stellte der DGB<br />
Niedersachsen fest. Sie seien „ein Angriff auf die<br />
Arbeit der Gewerkschaften, der Betriebs- und Personalräte<br />
sowie auf die Mitbestimmung insgesamt“.<br />
Wulffs Einlassungen werten Beobachter dahingehend,<br />
dass der Angriff auf Brandt von der<br />
Staatskanzlei eingefädelt worden sei.<br />
4 Erziehung und Wissenschaft 10/<strong>2009</strong><br />
„Warum???“ war in Ansbach vor dem Carolinum-Gymnasium<br />
auf einem Brief zu lesen, der zum Gedenken an die Verletzten<br />
des Amoklaufs angebracht wurde.<br />
Amoklauf: Warum so viel Hass?<br />
Die neuerliche Gewalttat nach Winnenden bestürze, mache betroffen und<br />
fassungslos, kommentierte <strong>GEW</strong>-Vorsitzender Ulrich Thöne den Amoklauf<br />
Ende September im mittelfränkischen Ansbach. Der 18-jährige Amokläufer,<br />
Schüler am Carolinum-Gymnasium, war mit mehreren Molotow-<br />
Cocktails, Messern und einer Axt bewaffnet in die Schule gestürmt. Dabei<br />
wurden zwei 16-jährige Schülerinnen schwer verletzt, etliche andere Schülerinnen<br />
kamen mit leichteren Verletzungen davon, der Täter überlebte. „Allen<br />
Betroffenen, den Schülerinnen und Schülern, den Kolleginnen und<br />
Kollegen, den Eltern, Geschwistern und Familien gilt unsere tief empfundene<br />
Anteilnahme“, betonte Thöne. Hass auf die Schule, Hass auf Menschen<br />
und Angst vor der Zukunft waren offenbar die Motive für den Amok<br />
laufenden Gymnasiasten. Der Schüler habe sich ausgegrenzt und nicht anerkannt<br />
gefühlt, so die Oberstaatsanwaltschaft in Ansbach nach der Auswertung<br />
eines vom Täter verfassten Dokuments. Warum so viel Hass? Was<br />
können Pädagoginnen und Pädagogen tun? Fest stehe, so Thöne „nur eine<br />
Kultur der Wertschätzung, des gegenseitigen Respekts und der Toleranz<br />
schaffen ein gesellschaftliches Klima, das Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung<br />
ächtet.“ Schule brauche eine Lernatmosphäre ohne Ablehnung und<br />
Kränkung.<br />
Arbeitszimmer doch absetzbar?<br />
In den Fall „Arbeitszimmer“ kommt Bewegung: Der Bundesfinanzhof<br />
(BFH) äußerte ernsthafte Zweifel daran (Beschluss vom 25. August <strong>2009</strong>),<br />
dass das seit 2007 geltende Verbot zur steuerlichen Absetzbarkeit von Arbeitszimmern<br />
verfassungsgemäß ist. Seit 2007 können Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer das häusliche Arbeitszimmer, sofern es nicht den Mittelpunkt<br />
der beruflichen Tätigkeit darstellt, nicht mehr als Werbungskosten<br />
geltend machen. Der BFH verweist darauf, dass sowohl viele Fachleute als<br />
auch einige Finanzgerichte der Auffassung seien, die Neuregelung sei verfassungswidrig.<br />
Diese Position hat auch die Bildungsgewerkschaft stets vertreten<br />
(s. www.gew.de). Gleichwohl hat der BFH aktuell nur in einem vorläufigen<br />
Rechtsschutzverfahren entschieden. Ein Grundsatzurteil steht weiterhin<br />
aus. Da die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des steuerlichen Abzugsverbots<br />
sowohl dem BFH als auch dem Bundesverfassungsgericht vorliegt,<br />
erreichte die <strong>GEW</strong> inzwischen, dass alle Steuerbescheide, bei denen<br />
ein Arbeitszimmer eingetragen wurde, künftig einen „Vorläufigkeitsvermerk“<br />
erhalten. Das bedeutet, dass diese neu berechnet werden müssen,<br />
wenn Karlsruhe entsprechend entscheidet – wie das auch bei der Pendlerpauschale<br />
praktiziert worden ist. Die Betroffenen müssen nichts weiter veranlassen.<br />
Sie sollten nur auch künftig in ihrer Steuererklärung das Arbeitszimmer<br />
angeben.<br />
Gesa Bruno-Latocha, Referentin im <strong>GEW</strong>-Arbeitsbereich<br />
Angestellten- und Beamtenpolitik<br />
Foto: dpa