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E&W Oktober 2009 - GEW

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HOCHSCHULE<br />

Bologna 2.0 nötig<br />

Ob der Bachelor Studierende krank<br />

mache, sollte u. a. auf der Wissenschaftskonferenz<br />

in Bad Wildbad erforscht<br />

werden. Dass die Bologna-<br />

Reform selbst aber nicht ganz gesund<br />

ist, wissen alle Beteiligten. An was der<br />

Patient krankt, ist auch klar.<br />

War das Zufall oder<br />

Absicht? Die Hochschulexperten<br />

der<br />

Bildungsgewerkschaft<br />

trafen sich im<br />

baden-württembergischen<br />

Kurort Bad Wildbad, um dort<br />

den „Gesundheitszustand“ der Bologna-Reform<br />

zu diskutieren. Kaum hatte<br />

die Wissenschaftskonferenz begonnen,<br />

rauschte der Blätterwald. „Bachelor<br />

macht krank“, hieß die zugkräftige<br />

Schlagzeile. Ein Dutzend Berichte in<br />

Funk und Print, das haben Wissenschaftler<br />

in der <strong>GEW</strong> durch eine Studie<br />

geschafft, welche die Praxis des Bolo-<br />

26 Erziehung und Wissenschaft 10/<strong>2009</strong><br />

<strong>GEW</strong>-Konferenz stellt Reform auf den Prüfstand<br />

gna-Prozesses auf Herz und Nieren<br />

prüfte.<br />

Nicht „tot“<br />

Zur Überraschung vieler Beobachter jedoch<br />

erklärten die vier jungen Gutachter<br />

die „Bologna-Prozess“ genannte Einführung<br />

der gestuften Studiengänge Bachelor<br />

und Master nicht für „tot“. Die im<br />

Auftrag der Max-Traeger-Stiftung arbeitenden<br />

Wissenschaftler Ulf Banscherus,<br />

Annerose Gulbins, Klemens Himpele und<br />

Sonja Staack wollen nicht „den gesamten<br />

Bologna-Prozess rückgängig machen“ –<br />

das wäre in ihren Augen bloß die Umsetzung<br />

einer konservativen Ideologie, die<br />

„Restauration einer unterfinanzierten<br />

und exklusiven Universität“.<br />

Auch Andreas Keller vom <strong>GEW</strong>-Vorstand<br />

fordert ein Bologna 2.0, eine zweite<br />

Phase des Bologna-Prozesses – mit<br />

mehr Chancengleichheit, mehr Berufsqualifizierung<br />

und einer echten qualitativen<br />

Studienreform.<br />

Damit steht die <strong>GEW</strong> gleichzeitig im<br />

Cartoon: Freimut Wössner<br />

Pulk, aber auch an der Spitze einer bologna-kritischen<br />

Bewegung, die spätestens<br />

seit dem Bildungsstreik unübersehbar<br />

geworden ist. Sogar Bundesbildungsministerin<br />

Annette Schavan (CDU)<br />

hat sich dem Reigen der Kritiker angeschlossen<br />

– ob aus taktischen Gründen,<br />

wird man sehen. Jedenfalls erteilte der<br />

zuständige Beamte Schavans einer Quote<br />

beim Übergang vom Bachelor zum<br />

Master eine klare Absage. „Wir wünschen<br />

uns, dass die Studierenden selber<br />

entscheiden können, ob sie den Master<br />

machen wollen“, sagte Peter Greisler<br />

aus dem Bundesbildungsministerium<br />

(BMBF) in Berlin. Das ist wichtig, zumal<br />

in manchen Bundesländern nach<br />

wie vor die Idee vorherrscht, den Übergang<br />

zum Master deutlich zu erschweren.<br />

„Die Mehrheit der Studiengänge<br />

sollte mit dem Bachelor berufsqualifizierend<br />

enden“, meinte vor wenigen Tagen<br />

erst der niedersächsische Wissenschaftsminister<br />

Lutz Stratmann (CDU)<br />

in der ZEIT.<br />

Bei allen Bachelor-Debatten lohnt es<br />

sich, auf die Details zu achten. In Bad<br />

Wildbad bestand grundsätzliche Übereinstimmung:<br />

Nicht die Idee von Bologna<br />

liegt auf dem Krankenbett, sondern<br />

allenfalls krankt ihre Umsetzung –<br />

vor allem in ihrer deutschen Variante.<br />

Das war jedenfalls die Diagnose des<br />

Hauptpanels im Schwarzwald, bei dem<br />

Hochschulrektorenkonferenz (HRK),<br />

Deutsches Studentenwerk (DSW), Kultusministerkonferenz<br />

(KMK), BMBF<br />

und Studierende mit am Tisch saßen.<br />

Schon bei der Frage aber, wie schwer der<br />

Bologna-Prozess erkrankt sei, gingen die<br />

Meinungen weit auseinander.<br />

Alte Probleme<br />

Amin Benaissa vom Bundesausschuss<br />

der Studentinnen und Studenten in der<br />

<strong>GEW</strong> (BASS) sieht „Bologna als ganz<br />

klar gescheitert an, weil kein einziges der<br />

Ziele erreicht wurde“. Die anderen Diskutanten<br />

widersprachen Benaissa leidenschaftlich:<br />

Nein, Bologna sei nicht<br />

gescheitert. Greisler sagte der E&W gegenüber,<br />

„wenn es den Bologna-Prozess<br />

nicht gäbe, müssten wir ihn erfinden“.<br />

Er schaffe keine Probleme, sondern<br />

decke sie auf. Peter Zervakis von der<br />

HRK stellte „eine umfassende Modernisierung<br />

der Studienprogramme“ fest.<br />

Birger Hendriks, der Bologna-Beauftragte<br />

der KMK, mahnte, „die Belange der<br />

Studierenden müssen ernst genommen<br />

werden. Deutschland trägt die rote Laterne<br />

in Europa – beim Anerkennen von<br />

Studienleistungen“.<br />

Die große Frage ist, wie man die erkannten<br />

Defizite in der Praxis beheben kann.

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