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AD(H)S: - GEW

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Druck lässt nicht nach<br />

Zur Lage in der Weiterbildung: ein Fallbeispiel<br />

Volker Erd* ist Sozialpädagoge<br />

und arbeitet bei einem großen Bildungsträger<br />

in Nordbayern in einer<br />

Maßnahme der Jugendberufshilfe.<br />

Er erhält jeweils einen auf<br />

ein Jahr befristeten Vertrag – weil<br />

die Agentur für Arbeit (ARGE)<br />

die Träger dieser Maßnahme Jahr<br />

für Jahr neu beauftragt.<br />

In einer <strong>GEW</strong>-Mailingliste<br />

beschreibt Erd, welche Folgen<br />

diese Ausschreibungspraxis<br />

hat: Der günstigste<br />

Träger setze sich durch; das<br />

Personal werde schlecht entlohnt;<br />

auf konzeptionelle Einarbeitung<br />

werde verzichtet; die Infrastruktur<br />

der Einrichtung entspreche<br />

lediglich den von der Arbeitsagentur<br />

verlangten Mindeststandards.<br />

Nach Haustarif bezahlt<br />

Und wenn diese einen Besuch zur<br />

Überprüfung ankündigt, wird „in<br />

aller Hektik alles auf ‚gut’ getrimmt“.<br />

Den Konkurrenz- und<br />

Kontrolldruck gebe die Geschäftsleitung<br />

an die Beschäftigten weiter.<br />

Das hat Erd satt: „Ich möchte<br />

mich stärker gewerkschaftlich engagieren,<br />

habe aber gerade mehr<br />

als genug damit zu tun, mein Leben<br />

auf die Reihe zu kriegen“,<br />

schreibt er. Er will raus aus der Isolation<br />

im Arbeitsalltag, sich mit<br />

anderen, die in einer ähnlichen Situation<br />

sind, austauschen.<br />

Der Sozialpädagoge ist 32 Jahre alt<br />

und wird nach Haustarif bezahlt;<br />

das Entgelt liegt knapp über dem<br />

künftigen Mindestlohn von 2 076<br />

Euro. Erd wird also nicht von der<br />

Veränderung profitieren. Dennoch<br />

findet er es wichtig, dass we-<br />

nigstens der weitere Lohnverfall<br />

nach unten gestoppt wird. Dass so<br />

der Druck nachlässt, der durch die<br />

Bedingungen der ARGE entsteht,<br />

glaubt er nicht: „Das Grundproblem<br />

sind die ständig wechselnden<br />

Ausschreibungen und die engen<br />

Vorgaben.“ Erd treiben vor allem<br />

die Konsequenzen der Maßnahmenpolitik<br />

für die pädagogische<br />

Arbeit um: Unsicherheit, ob die<br />

Jugendlichen mehr als ein Jahr<br />

beim selben Träger betreut werden;<br />

Unklarheit, ob er selbst die<br />

Stelle beim nächsten Durchgang<br />

noch inne hat; beschränkte Zeit,<br />

sich der Klientel zu widmen, weil<br />

Verwaltungsarbeiten überhand<br />

nehmen. „Ich fühle mich ständig<br />

angespannt; meine Gedanken drehen<br />

sich dauernd um die Arbeit;<br />

ich habe Schlafprobleme“, beschreibt<br />

der Sozialpädagoge seine<br />

psychische Verfassung.<br />

Außerdem ist es für ihn oft nicht<br />

leicht, einerseits „Ansprechpartner<br />

für die Sorgen und Nöte der Jugendlichen<br />

zu sein“, andererseits<br />

als „Chef“ agieren und Fehlverhalten<br />

sanktionieren zu müssen. Eine<br />

typische Herausforderung in der<br />

sozialpädagogischen Arbeit also,<br />

bei der es nötig ist, die eigene Haltung<br />

immer mal wieder in einer<br />

Supervision zu überprüfen. Genau<br />

das fordern Erd und seine Kolleginnen<br />

und Kollegen seit langem<br />

von ihrem Arbeitgeber. Doch da<br />

schließt sich der Kreis: Supervision<br />

sei nicht bezahlbar, heißt es.<br />

Sollte man in den Ausschreibungen<br />

der ARGE irgendwann für solche<br />

Extras Kosten ansetzen können,<br />

lasse sich darüber reden.<br />

Sonst nicht.<br />

Helga Ballauf, freie Journalistin<br />

(*Name von der Redaktion geändert)<br />

5/2009 Erziehung und Wissenschaft 23

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