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<strong>AD</strong>(H)S<br />
kennen kann, die Gegenfrage, von welchem<br />
Erklärungsmodell der Fragende<br />
wie der Befragte ausgehen: Reicht die<br />
Zusammenstellung der Symptome nach<br />
vorgegebenen Auswertungskriterien zur<br />
Definition <strong>AD</strong>(H)S und zählen begleitende<br />
Probleme (etwa Depressivität<br />
oder aggressives Verhalten) lediglich als<br />
„komorbide Störungen“ (s. Marginalspalte<br />
Seite 9) oder werden solche<br />
Symptome als Signal für Probleme in<br />
wechselseitigen, möglicherweise generationsübergreifendenBeziehungskonstellationen<br />
und sozialer Verunsicherung<br />
verstanden?<br />
Keine charismatischen Heiler<br />
Die Klärung dieser – in der Regel nicht<br />
thematisierten – Voraussetzungen stellt<br />
sich erneut bei der Frage nach den Hilfen.<br />
Hier gilt in besonderem Maße, Kinder<br />
wie Familien dort abzuholen, wo sie<br />
10 Erziehung und Wissenschaft 5/2009<br />
Im Mittelpunkt aller Maßnahmen<br />
sollte zum einen die<br />
Frage der Entlastung der Eltern<br />
stehen, zum anderen die<br />
nach einer passenden Hilfe<br />
für das Kind.<br />
stehen. Dabei sind keine charismatischen<br />
Heiler gefragt, sondern vor allem<br />
die enge Kooperation der vor Ort beteiligten<br />
Professionellen, um zu vermeiden,<br />
dass die Kommunikationsprobleme<br />
der Familie sich im weiteren Umfeld,<br />
insbesondere in Kindergarten oder<br />
Schule, wiederholen. Gefragt sind alle,<br />
die sich um einen verstehenden Zugang<br />
bemühen, seien es Kinderärzte, Kinderund<br />
Jugendpsychiater, Psychotherapeuten,<br />
Erzieherinnen und Lehrkräfte, gelegentlich<br />
auch Mitarbeiter des Sozialamts.<br />
Das Vertrauensverhältnis ist dabei<br />
wichtiger als die Fachspezifität. Ein psychodynamisch<br />
orientiertes Vorgehen<br />
heißt nicht, dass von Müttern und Vätern<br />
die „Aufarbeitung“ all ihrer Probleme<br />
erwartet wird. Zunächst muss Vertrauen<br />
zwischen Eltern, Therapeutinnen<br />
und Ärzten entwickelt werden. Dazu<br />
gehört neben dem Erkennen der<br />
Störung auch der Blick auf vorhandene<br />
emotionale und psychische Ressourcen<br />
in der Familie, aber auch das Ernstnehmen<br />
von Grenzen der Belastbarkeit.<br />
Nachuntersuchungen konnten belegen,<br />
dass bei einem psychodynamisch und familienbezogenen<br />
Therapiekonzept auch<br />
erfahrungs- und übungsbezogene Interventionen<br />
wie Heilpädagogik oder<br />
Kunsttherapie sinnvoll sein können.**<br />
Bei einer medikamentösen Behandlung<br />
ist zu fragen, ob diese als Therapie zur<br />
Behebung einer Hirnstoffwechselstörung<br />
verstanden wird oder ob auch das<br />
Medikament in den gemeinsamen Hilfeund<br />
Entwicklungsprozess integriert ist.<br />
Seine Anwendung sollte die akute Not<br />
lindern, im weiteren Verlauf jedoch immer<br />
wieder neu in seiner Funktion überprüft<br />
werden. Dabei ist nicht nur die aktive<br />
Mitwirkung der Mütter und Väter,<br />
sondern ebenso die der betroffenen Kin-