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E&W Oktober 2008 - GEW

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Bessere Qualität –<br />

mehr Pädagogen<br />

Ganztagsschulstudie: Individuelle Förderung ausbauen<br />

Die Angebote von Ganztagsschulen<br />

werden stärker genutzt, es müssen aber<br />

mehr personelle Ressourcen für individuelle<br />

Förderung der Schüler bereitgestellt<br />

werden*. Das sind Schlussfolgerungen<br />

aus der zweiten Erhebungswelle<br />

der jetzt veröffentlichten Studie zur<br />

Entwicklung von Ganztagsschulen<br />

(StEG). Das Ganztagsschulprogramm<br />

des Bundes, das den Ausbau<br />

von Ganztagsschulen finanziell fördert,<br />

läuft 2009 aus. Wie es danach<br />

weitergeht, ist unklar.<br />

Obwohl Ganztagsangebote<br />

zunehmend bei allen<br />

sozialen Schichten auf<br />

positive Resonanz stoßen<br />

und Eltern mit dem<br />

Ganztagsbetrieb insgesamt<br />

zufrieden sind, sehen sie Veränderungsbedarf<br />

hinsichtlich der pädagogischen<br />

Qualität: „Eltern wollen, dass<br />

ihre Kinder mehr und besser individuell<br />

gefördert werden“, stellt Eckhard Klieme<br />

vom Deutschen Institut für Internationale<br />

Pädagogische Forschung (DIPF),<br />

Frankfurt am Main, bei der Präsentation<br />

der StEG-Studie in Berlin fest. „Ganztagsschulen<br />

haben zwar erkannt, dass sie<br />

einen Bildungsauftrag haben. Allerdings<br />

setzen sie diese Erkenntnis noch<br />

zu wenig in pädagogische Praxis um“,<br />

folgert Klieme. Qualitätsunterschiede<br />

zwischen offenen und gebundenen<br />

Ganztagsschulformen ließen sich in der<br />

Praxis kaum feststellen. Man müsse<br />

wohl zur Kenntnis nehmen, dass die gebundenen<br />

Ganztagsschulen „ihr Potenzial<br />

bislang nicht ausgeschöpft haben“,<br />

kommentiert der Leiter der Studie dieses<br />

für ihn überraschende Ergebnis. Ein<br />

weiteres konzeptionelles Defizit aller<br />

Ganztagstypen: Unterricht und Nachmittagsangebote<br />

sind auch 2007 noch<br />

zu wenig verzahnt. Von der Möglichkeit,<br />

Zeit flexibler zu gestalten, so Hans-<br />

Günter Holtappels, Institut für Schulentwicklungsforschung<br />

(IFS) in Dortmund,<br />

werde „zu wenig Gebrauch gemacht“.<br />

Unabhängig von der sozialen Herkunft<br />

nutzen vor allem Grundschüler die Förderangebote<br />

heute häufiger als früher.<br />

Trotzdem werden diese – laut StEG – sowohl<br />

in der Primar- als auch in der Sekundarstufe<br />

nur von einem Drittel der<br />

Lernenden in Anspruch genommen.<br />

Zwar sind unter denen, die sich dauerhaft<br />

an den Lernangeboten beteiligen,<br />

sehr viele Kinder aus Migrantenfamilien.<br />

Ob aber Leistungsschwächere insgesamt<br />

intensivere Unterstützung bräuchten,<br />

dazu gebe die Studie, so Klieme,<br />

„derzeit keine Hinweise“. Zumindest<br />

zeigt die Untersuchung, dass es dem<br />

Ganztagsbetrieb vor allem an Personal<br />

mangelt. Ein Großteil der befragten<br />

Schulleitungen ist heute mit der personellen<br />

Ausstattung weniger zufrieden<br />

als bei der ersten Erhebung 2005.<br />

Zusammenarbeit verbessern<br />

Unzufrieden sind auch sozialpädagogische<br />

und externe Fachkräfte. Die meisten<br />

vermissen inhaltlich-konzeptionelle<br />

Absprachen im Schulalltag und plädieren<br />

für längere Anwesenheiten der Lehrkräfte.<br />

„Lediglich bei erzieherischen<br />

Problemen“ habe sich, so Thomas Rauschenbach<br />

vom Deutschen Jugendins-<br />

titut (DJI) in München, „die Zusammenarbeit<br />

verstärkt“. 72 Prozent der befragten<br />

Lehrkräfte sprechen sich für einen<br />

eigenen Arbeitsplatz in der Schule<br />

aus. Würden die finanziellen Mittel<br />

dafür bereitgestellt, könnte sich so auch<br />

die Kooperation zwischen schulischen<br />

und außerschulischen Partnern verbessern.<br />

Ein zusätzlich strukturelles Defizit:<br />

Nur etwas mehr als die Hälfte der<br />

außerschulischen Fachkräfte kooperieren<br />

mit den Schulen auf der Basis eines<br />

gemeinsamen Vertrages.<br />

Zu einer Fortführung des Ganztagsschulprogramms<br />

wollten sich die Bildungsforscher<br />

nicht äußern, das „sei Sache<br />

der Politik“ (s. Kommentar Seite<br />

34). Ob der Bildungsgipfel den Ball aufnimmt?<br />

Man darf gespannt sein, ob aus<br />

der Ankündigung von Bundesbildungsministerin<br />

Annette Schavan (CDU), der<br />

Bund sei bereit, sich am weiteren Ausbau<br />

der Ganztagsschulen – gemeint ist<br />

nicht Beton! – zu beteiligen, am 22. <strong>Oktober</strong><br />

in Dresden etwas anderes folgt als<br />

bloße Weiterfinanzierung des pädagogischen<br />

Begleitprogramms.<br />

Helga Haas-Rietschel, Redakteurin der<br />

„Erziehung &Wissenschaft“<br />

BILDUNGSPOLITIK<br />

* Die Bildungsforscher<br />

Eckhard Klieme, Hans-<br />

Günter Holtappels und<br />

Thomas Rauschenbach<br />

befragten für das Bundesministerium<br />

für Bildung<br />

und Forschung<br />

(BMBF) 323 von ursprünglich<br />

373 Schulen<br />

zu Ausbau, Nutzung<br />

und Entwicklung von<br />

Ganztagsangeboten.<br />

Davon waren 2007 22<br />

Prozent gebundene, 21<br />

Prozent teilgebundene<br />

und 57 Prozent offene<br />

Ganztagsschulen. Interviewt<br />

wurden 53929<br />

Schüler, Eltern, Schulleitungen,<br />

Lehrkräfte<br />

sowie außerschulische<br />

pädagogische Fachkräfte<br />

und Kooperationspartner.<br />

2005 sind die<br />

Ganztagsschuldaten<br />

zum ersten Mal erhoben<br />

worden.<br />

Eltern wollen bessere Qualität der Ganztagsangebote, sozialpädagogische Fachkräfte eine engere Kooperation<br />

mit den Lehrkräften, Lehrkräfte einen Arbeitsplatz in der Schule – Ergebnisse der aktuellen Ganztagsschulstudie<br />

(StEG) .<br />

10/<strong>2008</strong> Erziehung und Wissenschaft 33<br />

Foto: dpa

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