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E&W Oktober 2008 - GEW

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BILDUNGSPOLITIK<br />

Die OECD kritisiert,<br />

dass<br />

Deutschland zu<br />

wenig in die<br />

Ausbildung der<br />

Zuwanderer und<br />

ihres Nachwuchses<br />

investiert.<br />

Es kommt keiner mehr<br />

20 Erziehung und Wissenschaft 10/<strong>2008</strong><br />

OECD-Bericht „Migrationsausblick“ <strong>2008</strong><br />

Die Zahl der Zuwanderer geht in<br />

Deutschland zurück. Das stellt die Organisation<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (OECD)<br />

in ihrem aktuellen Migrationsausblick<br />

fest. Die Bildungsgewerkschaft erwartet<br />

deshalb von der Politik „erheblich<br />

mehr Anstrengungen“, Einwanderung<br />

zu erleichtern und Integration zu<br />

verbessern.<br />

Erinnert sich noch jemand?<br />

Vier Jahre ist es her, dass der<br />

damalige Bundesinnenminister<br />

Otto Schily (SPD) stolz<br />

als Erfolg verkündete: Mit<br />

Beginn des Jahres 2005 träte<br />

in Deutschland das „modernste Zuwanderungsrecht<br />

Europas“ in Kraft.<br />

Mit Blick auf den aktuellen von der<br />

OECD vorgelegten „Internationalen<br />

Migrationsausblick“ („Migration Out-<br />

look“) darf man wohl attestieren: Modern<br />

ist demnach, wenn keiner kommt.<br />

Im Vergleich zum Durchschnitt der Industriestaaten<br />

fällt Deutschland bei der<br />

Zuwanderung immer weiter zurück.<br />

2006 ließen sich noch 216 000 Menschen<br />

aus anderen Ländern in der Bundesrepublik<br />

nieder, 30 000 oder elf Prozent<br />

weniger als im Jahr zuvor. Auf dem<br />

gesamten Gebiet der 30 weltweit führenden<br />

Industriestaaten stieg die Zahl<br />

der Einwanderer in der gleichen Zeit<br />

um fünf Prozent.<br />

Weniger Zuzüge als Deutschland – im<br />

Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl – verzeichneten<br />

lediglich Japan, Portugal,<br />

Finnland und Frankreich. Zuwanderung<br />

nach Deutschland sei „von einem<br />

vergleichsweise niedrigen Niveau noch<br />

weiter gefallen“, kommentierte die<br />

OECD.<br />

Dass sich der Trend als kurzsichtig entpuppen<br />

dürfte, demonstriert eine weitere<br />

Rechnung: Wenn es so weitergeht,<br />

Foto: David Ausserhofer<br />

leben in Deutschland bereits in zwölf<br />

Jahren 2,5 Prozent weniger erwerbsfähige<br />

Bewohner als heute. In 20 von 27<br />

OECD-Staaten wird die Erwerbsbevölkerung<br />

in der gleichen Zeit voraussichtlich<br />

weiter wachsen.<br />

Mehr Saisonarbeiter<br />

Gezählt werden für den jährlichen Bericht<br />

allerdings nur Menschen, die sich<br />

dauerhaft niederlassen. Separat betrachtet<br />

werden jene, die nur für kurze Zeit<br />

kommen: Und da ist Deutschland, wie<br />

in den besten Zeiten der Anwerbung<br />

weitgehend rechtloser „Gastarbeiter“<br />

vor 50 Jahren, Spitze: Mit 380.000 Saison-<br />

und Zeitarbeitern kamen 2006 fast<br />

doppelt so viele wie im OECD-Schnitt.<br />

Das Prinzip, ständig Menschen vor der<br />

Spargelernte oder bei anderen Personalengpässen<br />

ein- und kurze Zeit später<br />

wieder ausreisen zu lassen, bezeichnete<br />

OECD-Generalsekretär Angel Gurría<br />

„als weder effizient noch praktikabel“.<br />

Effizient wäre nach Ansicht der OECD,<br />

Zuwanderer so auszubilden, dass Arbeitgeber<br />

dauerhaft auf erfahrenes Personal<br />

zugreifen können. Das allerdings<br />

koste Geld. Dass in Deutschland weniger<br />

Mittel als in anderen Staaten in Bildung<br />

im Allgemeinen und in die Förderung<br />

von Kindern und Jugendlichen aus<br />

Migrantenfamilien im Speziellen investiert<br />

wird, belegen die einschlägigen<br />

Bildungsstudien der OECD (s. PISA-<br />

Studien 2000, 2003, 2006) ebenfalls.<br />

„Unterkühlte Migrationspolitik“<br />

Die <strong>GEW</strong> forderte anlässlich des Berichts<br />

eine „fremdenfreundliche Einwanderungspolitik“.<br />

Die „unterkühlte<br />

und mit Ängsten besetzte Migrationspolitik“<br />

habe Deutschland im Wettbewerb<br />

um qualifizierte Arbeitskräfte<br />

deutlich ins Hintertreffen gebracht, erklärte<br />

die Leiterin des <strong>GEW</strong>-Organisationsbereichs<br />

Schule, Marianne Demmer.<br />

Zu den geforderten Signalen für eine<br />

offene Gesellschaft gehören demnach:<br />

die (Wieder-)Einführung der doppelten<br />

Staatsangehörigkeit ebenso wie die unbürokratische<br />

Anerkennung im Ausland<br />

erworbener Schulabschlüsse und<br />

Diplome. Außerdem sei es an der Zeit,<br />

Menschen ohne Papiere zu legalisieren<br />

und auch Flüchtlingen die Einbürgerung<br />

anzubieten.<br />

Jeannette Goddar, freie Journalistin

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