E&W Oktober 2008 - GEW
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„Gute Lehre muss<br />
sich lohnen“, sagt<br />
<strong>GEW</strong>-Hochschulexperte<br />
Andreas<br />
Keller.<br />
Das Positionspapier<br />
„Qualitätsoffensive für<br />
gute Hochschullehre“<br />
der <strong>GEW</strong> ist im Internet<br />
abzurufen unter:<br />
www.gew.de/<strong>GEW</strong>_<br />
Gute_Lehre_ist_ein_<br />
Job_fuer_Profis.html<br />
Ein Job für Profis<br />
Im vierten Anlauf hat der Wissenschaftsrat<br />
(WR) im Juli „Empfehlungen<br />
zur Qualität von Lehre und Studium“<br />
vorgelegt. Ihm ist die <strong>GEW</strong><br />
mit einem Positionspapier für eine<br />
„Qualitätsoffensive für gute Hochschullehre“<br />
zuvorgekommen, das die<br />
Bildungsgewerkschaft unter dem Motto<br />
„Die Lehre in den Mittelpunkt“ in<br />
Fulda verabschiedet hat.<br />
Eins vorweg: Die Debatte um<br />
die Qualität der Hochschullehre<br />
eignet sich nicht für ein<br />
Ablenkungsmanöver. Ein wesentlicher<br />
Grund für zu hohe<br />
Studienabbrecherquoten und<br />
zu lange Studienzeiten ist die anhaltende<br />
Unterfinanzierung der Hochschulen.<br />
Für den Ausbau der Studienplätze<br />
benötigen Universitäten und Fachhochschulen<br />
nach Angaben der Hochschulrektorenkonferenz<br />
(HRK) jährlich zusätzlich<br />
2,6 Milliarden Euro, für die Verbesserung<br />
der Lehre laut WR weitere 1,1<br />
Milliarden Euro.<br />
Mehr als überfällige Debatte<br />
Gleichwohl ist die Debatte um die Qualität<br />
der Lehre mehr als überfällig. Nicht<br />
wer im Hörsaal brilliert, sondern wer<br />
möglichst viele Publikationen mit hohem<br />
„Impact-Faktor“ (dieser gibt an,<br />
18 Erziehung und Wissenschaft 10/<strong>2008</strong><br />
Plädoyer für eine „Qualitätsoffensive für gute Hochschullehre“<br />
wie häufig eine wissenschaftliche Zeitschrift<br />
in der Fachliteratur zitiert wird –<br />
Anm. d. Red.) vorlegt, macht an unseren<br />
Hochschulen heute Karriere. Die<br />
neu gekürten „Exzellenzuniversitäten“<br />
verdanken ihren Titel ausschließlich der<br />
Forschung – ob sie auch gute Lehre für<br />
ihre Studierenden leisten, spielte bei ihrer<br />
Kür keine Rolle. Mit dieser einseitigen<br />
Ausrichtung der Wissenschaftspolitik<br />
an der Forschung muss Schluss sein.<br />
Gute Lehre muss sich lohnen – wir brauchen<br />
eine strukturelle Verankerung von<br />
Anreizen im Hochschulfinanzierungssystem.<br />
Orientierung an Studierenden<br />
Die Lehre gehört in den Mittelpunkt der<br />
Hochschulen, die Studierenden ins<br />
Zentrum der Hochschullehre! Struktur<br />
von Studiengängen und Hochschuldidaktik<br />
dürfen sich nicht länger am Stoff<br />
orientieren, den die Lehrenden in den<br />
Lernprozess einspeisen, sondern an den<br />
Lernergebnissen der Studierenden. Wir<br />
brauchen eine „studierendenzentrierte<br />
Lehre“, in deren Mittelpunkt der Kompetenzerwerb<br />
steht, den die Studierenden<br />
für ihre künftige berufliche und gesellschaftliche<br />
Praxis benötigen – auch<br />
um später den Berufsalltag kritisch reflektieren<br />
zu können.<br />
Doch das lässt sich nicht mit Methoden<br />
des 19. Jahrhunderts verwirklichen. Das<br />
einseitige Sender-Empfänger-Format,<br />
wie wir es aus vielen traditionellen Vorlesungen<br />
kennen, ist seit Erfindung der<br />
Buchdruckerkunst überholt. Wenn das<br />
Studium ein Prozess ist, in dem sich Studierende<br />
Wissen und Kompetenzen aktiv<br />
aneignen, müssen diesem auch innovative<br />
Lehr- und Lernformen Rechnung<br />
tragen – etwa:<br />
● problemorientiertes Lernen als Voraussetzung<br />
dafür, Studium und Lehre<br />
an den in der Praxis benötigten Kompetenzen<br />
auszurichten;<br />
● Projektstudium, um über die scharfe<br />
Abgrenzung von Lehrveranstaltungen<br />
und Semestern hinaus die eigenständige<br />
Problemlösung im Team zu vermitteln;<br />
● forschendes Lernen, um die Studierenden<br />
frühzeitig an die eigenständige<br />
Gestaltung des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses<br />
heranzuführen.<br />
Was im Einzelnen gute Lehre ist, kann<br />
nicht einseitig bestimmt werden – weder<br />
von der Kultusbürokratie noch von<br />
Fachvertretern an den Universitäten.<br />
Sie ist vielmehr das Ergebnis eines Prozesses,<br />
in den unterschiedliche Perspektiven<br />
einfließen müssen: die der<br />
Lernenden ebenso wie die der Lehrenden,<br />
die der beruflichen Praxis wie die<br />
der Wissenschaft, als Berufspraxisvertreter<br />
die der Gewerkschaften wie die<br />
der Arbeitgeber. Die <strong>GEW</strong> versteht<br />
Studienreform und Qualitätssicherung<br />
des Studiums als Aushandlungspro-