E&W Oktober 2008 - GEW
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GUTE LEHRE<br />
Der Wissenschaftsratkritisiert<br />
die Hochschulen:<br />
Es fehle<br />
„an institutioneller<br />
und personeller<br />
Verantwortung<br />
für die Lehre“, der<br />
Unterricht<br />
genieße an vielen<br />
Hochschulen<br />
„noch immer<br />
keinen hohen<br />
Stellenwert“.<br />
*Die aktuellen Lehrempfehlungen<br />
des<br />
Wissenschaftsrats<br />
finden Sie im Internet<br />
unter:<br />
http://www.wissenschaftsrat.de/texte/8639-08.pdf<br />
„Bauchladen der<br />
Unverbindlichkeiten“<br />
Kritiker halten WR-Empfehlungen für nicht scharf genug<br />
Lange hat es gedauert, jetzt liegen sie<br />
endlich vor: Die „Empfehlungen zur<br />
Qualitätsverbesserung von Lehre und<br />
Studium“* des Wissenschaftsrats<br />
(WR) – fast eine Generalabrechnung<br />
mit den Lehrleistungen der Hochschulen.<br />
Doch einigen Kritikern ist<br />
das noch nicht scharf genug.<br />
Die Bilanz war vernichtend:<br />
„Es fehlt an institutioneller<br />
und personeller Verantwortung<br />
für die Lehre“, der<br />
Unterricht „genießt an vielen<br />
Hochschulen noch immer<br />
keinen hohen Stellenwert“. Dass<br />
gute Forschung zu guter Lehre führe, sei<br />
ein Trugschluss, so der WR. Zugleich gebe<br />
es jedoch keine Anreize für Professorinnen<br />
und Professoren, gute Seminare<br />
und Vorlesungen anzubieten: „Besondere<br />
Anstrengungen und Leistungen in<br />
der Lehre zahlen sich für den einzelnen<br />
Wissenschaftler karrieremäßig kaum<br />
aus. Sie schaffen weder höhere Reputati-<br />
10 Erziehung und Wissenschaft 10/<strong>2008</strong><br />
on, noch werden sie materiell belohnt.<br />
Auch spielen sie nur eine geringe Rolle<br />
im Rahmen von Berufungsverfahren.“<br />
Das klingt brandaktuell, stammt in<br />
Wirklichkeit aber aus einem anderen<br />
Jahrhundert: Am 19. Januar 1996 verabschiedete<br />
der WR seine Drucksache<br />
Nummer 2365/96 mit dieser niederschmetternden<br />
Bilanz.<br />
„Betreuung verbessern“<br />
Heute, mehr als zwölf Jahre später, fällt<br />
das WR-Urteil in den aktuellen Lehrempfehlungen<br />
keine Spur besser aus:<br />
Die Betreuungsverhältnisse müssten<br />
„dringend verbessert werden“. Das gehe<br />
nur mit deutlich mehr Mitteln, denn der<br />
„erforderliche Ausbau des Lehrangebots<br />
lässt sich in den bisherigen Personalstrukturen<br />
nicht hinreichend effektiv<br />
und effizient umsetzen“. Bessere Betreuung,<br />
einen Ausbau der Studienkapazitäten,<br />
Professuren mit bis zu<br />
zwölf Semesterwochenstunden Lehranteil<br />
sind nicht umsonst zu haben:<br />
Mehr als 1,1 Milliarden Euro, so der<br />
WR, müsse die Bildungspolitik den<br />
Universitäten und Fachhochschulen pro<br />
Jahr zusätzlich zur Verfügung stellen,<br />
„und zwar kontinuierlich und verlässlich,<br />
nicht in Form von Projektmitteln“<br />
– deutlicher hätte die Mahnung kaum<br />
ausfallen können. „Das ist natürlich nur<br />
eine Empfehlung, aber ich hoffe schon,<br />
dass daraus eine klare politische Verbindlichkeit<br />
entsteht“, sagt Peter Strohschneider,<br />
Vorsitzender des Wissenschaftsrats<br />
im E&W-Interview (s. Seite 12).<br />
Dass die Empfehlungen sich wirklich<br />
positiv auswirken, wird jedoch von einigen<br />
Kritikern bezweifelt. „Die Lehre in<br />
den Mittelpunkt des Interesses zu<br />
rücken und dafür mehr Geld zu fordern,<br />
ist grundsätzlich richtig, die Empfehlungen<br />
bleiben aber insgesamt mau“,<br />
sagt Nele Hirsch, bildungspolitische<br />
Sprecherin der Fraktion Die Linke im<br />
Bundestag. Bessere Arbeitsbedingungen<br />
an den Hochschulen und eine gute soziale<br />
Absicherung der Studierenden habe<br />
der WR systematisch vernachlässigt:<br />
„Keine Kritik an den massiven sozialen<br />
Auswirkungen der Studiengebühren,<br />
keine Kritik an prekären Arbeitsverhält-<br />
Foto: Foto: David Ausserhofer