Rote Liste der Süßwasserfische und Neunaugen als PDF

Rote Liste der Süßwasserfische und Neunaugen als PDF Rote Liste der Süßwasserfische und Neunaugen als PDF

28.01.2013 Aufrufe

Petromyzon marinus LINNAEUS, 1758: Gef.: Meerneunaugen waren in Deutschland schon immer sehr selten. Sie haben positiv auf die verbesserte Wasserqualität reagiert und kommen heute in den meisten Gewässern wieder vor. Beim Meerneunauge ist es unklar, ob die Populationsstärken wie vor ca. 100 – 150 Jahren wieder erreicht wurden. Sicher ist aber, dass viele Gewässer, in denen das Meerneunauge historisch vorgekommen ist, heute durch unpassierbare Querbauwerke für diese Art unerreichbar sind. Rutilus meidingeri (HECKEL, 1851): Gef.: Nach lang anhaltendem Rückgang ist Anfang der 1990er Jahre im Chiemsee die einzige historisch bekannte deutsche Population des Perlfisches erloschen. Seit 1995 werden Perlfische aus Österreich in den Chiemsee besetzt, ohne dass es hier bisher zur Etablierung einer sich selbst tragenden Population gekommen ist. Die Gründe für das Aussterben des Perlfisches im Chiemsee sind unklar. ZAUNER & RATSCHAN (2005) weisen auf eine reproduktive Population des Perlfisches in der österreichischen Donau im Bereich Jochenstein hin. Es ist davon auszugehen, dass sich die Fische in der gesamten Gewässerbreite aufhalten, auch wenn sie am deutschen Ufer noch nicht gefunden wurden. Da die Population in dem untersten deutschen Donauabschnitt sehr klein ist, wird der Perlfisch hier als vom Aussterben bedroht eingeordnet. Diese Art ist in ihrem Weltbestand stark gefährdet (KOTTELAT & FREYHOF 2007) und kommt nur noch in Österreich vor. Komm.: FREYHOF & BRUNKEN (2004) haben den Perlfisch noch als in Deutschland verschollen eingeschätzt und daher keine Verantwortlichkeit für die Art benannt. Durch die neu entdeckte Donau-Population trifft dies nicht mehr zu und die Verantwortlichkeit wird hier als !! eingeschätzt, da die Art nach IUCN als EN klassifiziert wird und die deutsche Population im Hauptareal liegt. Sabanejewia baltica WITKOWSKI, 1994: Nachs.: Vom Goldsteinbeißer liegt nur ein Nachweis aus der Unteren Oder vor (BOHLEN et al. 2005). Da die Art im polnischen Odergebiet weit verbreitet ist, bleibt unklar, ob auch im polnisch/deutschen Grenzgebiet Populationen existieren oder ob nur ab und zu Einzeltiere dorthin abgedriftet werden. Salmo salar LINNAEUS, 1758: Gef.: Der Lachs wird weiterhin als vom Aussterben bedroht eingeschätzt (vgl. BLESS et al. 1998). Bei den in den deutschen Meeresgebieten gefangenen Lachsen handelt es sich überwiegend um Tiere aus den Besatzprogrammen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass sich auch Gäste aus nordeuropäischen Wildpopulationen darunter finden. Die Experten aller Bundesländer mit Ausnahme Sachsens gehen davon aus, dass ihre Lachsbestände ohne Besatz wieder erlöschen würden. Sächsische Experten geben an, dass das Wiederansiedlungsprojekt in der Sächsischen Schweiz zur Etablierung einer sich selbst tragenden Population geführt hat. Obwohl auch in anderen Bundesländern große Anstrengungen unternommen wurden, die Situation für den Lachs zu verbessern, waren die getroffenen Maßnahmen u.a. aufgrund ungenügender Sedimentqualität auf den Laichplätzen und bestehender Wanderhindernisse bisher nicht erfolgreich. Die Anstrengungen v.a. bzgl. Durchwanderbarkeit und Sedimentqualität müssen fortgesetzt werden, um noch mehr Möglichkeiten für wirkliche Wiederansiedlungen zu schaffen. Salmo trutta LINNAEUS, 1758: Tax.: BLESS et al. (1998) trennen innerhalb der Forelle Salmo trutta drei „ökologische Formen“ und ermitteln deren Gefährdung. Bei der Meerforelle, der Seeforelle und Bachforelle handelt es sich aber nicht um Arten oder Unterarten, sondern um unterschiedliche Lebensstrategien einer Art, Salmo trutta, die nicht reproduktiv getrennt sind (siehe für Details z.B. SCHREIBER & DIEFENBACH 2004; WYSUJACK et al. 2009); auch Bezeichnungen wie forma fario, forma lacustris oder forma trutta für die verschiedenen Forellen unter dem International Code of Zoological Nomenclature sind falsch (FREYHOF & HUCKSTORF 2006). Die ökologischen Formen Bachforelle, Meerforelle und Seeforelle werden daher im Rahmen der Gefährdungsanalyse zu einer biologischen Einheit zusammengefasst, der Forelle Salmo trutta. Gef.: Die Forelle ist bundesweit nicht gefährdet, auch wenn 302

vor allem in Norddeutschland viele Populationen durch zu hohe Feinsedimentbelastungen stark beeinträchtigt sind. Es gibt Forellenpopulationen, die neben Bach- auch See- bzw. Meerforellen ausbilden, während andere Populationen dazu offenbar nicht in der Lage sind oder dies aufgrund der ökologischen Rahmenbedingungen aktuell nicht tun. Die Erhaltung der ökologischen Formendiversität der Forelle muss ein Anliegen des Schutzes sein. Forellenpopulationen, die aus Bachforellen und Seeforellen oder aus Bachforellen und Meerforellen bestehen, müssen gesondert betrachtet und entwickelt werden. Salvelinus evasus FREYHOF & KOTTELAT, 2005: Gef.: Der im Ammersee endemische Saibling weist offenbar einen stabilen Bestand auf. Siehe auch Salvelinus umbla. Salvelinus monostichus HECKEL, 1851: Tax.: Im Sinne des Vorsorgeprinzips wird der Königssee-Saibling S. monostichus hier wie eine eigene Art betrachtet, obwohl sein taxonomischer Status unklar ist und die Untersuchungen dazu nicht abgeschlossen sind. Gef.: Der Königssee-Saibling ist im Königssee und angrenzenden Ober- und Grünsee endemisch und dort aktuell häufig. Der Bestand könnte durch den Besatz mit Renken heute geringer sein als dies historisch der Fall war, doch liegen keine zuverlässigen Daten vor. Auch kann eine Hybridisierung mit anderen Saiblingen nicht ausgeschlossen werden. Salvelinus profundus SCHILLINGER, 1901: Gef.: Der im Bodensee endemische Tiefseesaibling gilt als weltweit ausgestorben. Siehe auch Salvelinus umbla. Salvelinus umbla (LINNAEUS, 1758): Tax.: Die Diversität der Seesaiblinge ist kaum erforscht und mit Ausnahme der echten Tiefseesaiblinge (S. profundus, S. evasus) ist bisher unklar, wie viele Arten sich unter diesem Namen verstecken. Es ist nicht auszuschließen, dass es sich bei den Saiblingen des Bodensees sowie bei denen der Donau-Seen um verschiedene Arten oder Schutzeinheiten handeln könnte. Thymallus thymallus (LINNAEUS, 1758): Gef.: Nach einer durch vielfältige Probleme in den Gewässern (Gewässerausbau, Verschmutzung, Schwallbetrieb u.a.) verursachten langen Phase des Rückganges im 20. Jahrhundert reagierten vor allem die Äschenpopulationen im Einzug von Rhein, Elbe und Weser regional positiv auf die verbesserte Wasserqualität. BLESS et al. (1994) bewerteten die Bestandsentwicklung der Äsche daher positiv. Aber nicht in allen Regionen Deutschlands fand eine Bestandserholung statt oder verlief diese reibungslos (vgl. BAARS et al. 2001 für Bayern; RAU et al. 1999 für Sachsen) und schon bei der nächsten Roten Liste mussten negative Trends vermerkt werden (BLESS et al. 1998). Zwischen den späten 80er und den mittleren 90er Jahren sind nahezu alle Populationen im ganzen Bundesgebiet dramatisch zurückgegangen. Die Äsche ist zwar noch weit verbreitet, doch sind die Populationen heute meist klein bis sehr klein. 4. Auswertung Die Auswertungen der Roten Liste sind in Tabelle 2 dargestellt. Ein bitteres Fazit dieser Roten Liste ist die Tatsache, dass trotz intensiver Bemühungen im Fischartenschutz drei heimische Arten im 20. Jahrhundert unwiederbringlich weltweit ausgestorben sind. Dies sind der Rhein- Schnäpel Coregonus oxyrinchus sowie die beiden Endemiten des Bodensees, der Kilch Coregonus gutturosus und der Tiefseesaibling Salvelinus profundus (FREYHOF & KOTTELAT 2005). Zwei weitere Arten (Ammerseekilch, Chiemseerenke) stehen sehr wahrscheinlich kurz vor dem weltweiten Aussterben. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf! In dieser Roten Liste wurden aufgrund genauerer Erkenntnisse und veränderter Einschätzungen zehn Arten in die Kategorie „Ausgestorben oder verschollen“ eingruppiert. 303

vor allem in Norddeutschland viele Populationen durch zu hohe Feinsedimentbelastungen<br />

stark beeinträchtigt sind. Es gibt Forellenpopulationen, die neben Bach- auch See- bzw.<br />

Meerforellen ausbilden, während an<strong>der</strong>e Populationen dazu offenbar nicht in <strong>der</strong> Lage sind<br />

o<strong>der</strong> dies aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> ökologischen Rahmenbedingungen aktuell nicht tun. Die Erhaltung<br />

<strong>der</strong> ökologischen Formendiversität <strong>der</strong> Forelle muss ein Anliegen des Schutzes sein. Forellenpopulationen,<br />

die aus Bachforellen <strong>und</strong> Seeforellen o<strong>der</strong> aus Bachforellen <strong>und</strong> Meerforellen<br />

bestehen, müssen geson<strong>der</strong>t betrachtet <strong>und</strong> entwickelt werden.<br />

Salvelinus evasus FREYHOF & KOTTELAT, 2005: Gef.: Der im Ammersee endemische Saibling<br />

weist offenbar einen stabilen Bestand auf. Siehe auch Salvelinus umbla.<br />

Salvelinus monostichus HECKEL, 1851: Tax.: Im Sinne des Vorsorgeprinzips wird <strong>der</strong> Königssee-Saibling<br />

S. monostichus hier wie eine eigene Art betrachtet, obwohl sein taxonomischer<br />

Status unklar ist <strong>und</strong> die Untersuchungen dazu nicht abgeschlossen sind. Gef.: Der Königssee-Saibling<br />

ist im Königssee <strong>und</strong> angrenzenden Ober- <strong>und</strong> Grünsee endemisch <strong>und</strong> dort aktuell<br />

häufig. Der Bestand könnte durch den Besatz mit Renken heute geringer sein <strong>als</strong> dies<br />

historisch <strong>der</strong> Fall war, doch liegen keine zuverlässigen Daten vor. Auch kann eine Hybridisierung<br />

mit an<strong>der</strong>en Saiblingen nicht ausgeschlossen werden.<br />

Salvelinus prof<strong>und</strong>us SCHILLINGER, 1901: Gef.: Der im Bodensee endemische Tiefseesaibling<br />

gilt <strong>als</strong> weltweit ausgestorben. Siehe auch Salvelinus umbla.<br />

Salvelinus umbla (LINNAEUS, 1758): Tax.: Die Diversität <strong>der</strong> Seesaiblinge ist kaum erforscht<br />

<strong>und</strong> mit Ausnahme <strong>der</strong> echten Tiefseesaiblinge (S. prof<strong>und</strong>us, S. evasus) ist bisher unklar,<br />

wie viele Arten sich unter diesem Namen verstecken. Es ist nicht auszuschließen, dass es<br />

sich bei den Saiblingen des Bodensees sowie bei denen <strong>der</strong> Donau-Seen um verschiedene<br />

Arten o<strong>der</strong> Schutzeinheiten handeln könnte.<br />

Thymallus thymallus (LINNAEUS, 1758): Gef.: Nach einer durch vielfältige Probleme in den<br />

Gewässern (Gewässerausbau, Verschmutzung, Schwallbetrieb u.a.) verursachten langen<br />

Phase des Rückganges im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t reagierten vor allem die Äschenpopulationen im<br />

Einzug von Rhein, Elbe <strong>und</strong> Weser regional positiv auf die verbesserte Wasserqualität.<br />

BLESS et al. (1994) bewerteten die Bestandsentwicklung <strong>der</strong> Äsche daher positiv. Aber nicht<br />

in allen Regionen Deutschlands fand eine Bestandserholung statt o<strong>der</strong> verlief diese reibungslos<br />

(vgl. BAARS et al. 2001 für Bayern; RAU et al. 1999 für Sachsen) <strong>und</strong> schon bei<br />

<strong>der</strong> nächsten <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> mussten negative Trends vermerkt werden (BLESS et al. 1998).<br />

Zwischen den späten 80er <strong>und</strong> den mittleren 90er Jahren sind nahezu alle Populationen im<br />

ganzen B<strong>und</strong>esgebiet dramatisch zurückgegangen. Die Äsche ist zwar noch weit verbreitet,<br />

doch sind die Populationen heute meist klein bis sehr klein.<br />

4. Auswertung<br />

Die Auswertungen <strong>der</strong> <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> sind in Tabelle 2 dargestellt. Ein bitteres Fazit dieser <strong>Rote</strong>n<br />

<strong>Liste</strong> ist die Tatsache, dass trotz intensiver Bemühungen im Fischartenschutz drei heimische<br />

Arten im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t unwie<strong>der</strong>bringlich weltweit ausgestorben sind. Dies sind <strong>der</strong> Rhein-<br />

Schnäpel Coregonus oxyrinchus sowie die beiden Endemiten des Bodensees, <strong>der</strong> Kilch Coregonus<br />

gutturosus <strong>und</strong> <strong>der</strong> Tiefseesaibling Salvelinus prof<strong>und</strong>us (FREYHOF & KOTTELAT 2005).<br />

Zwei weitere Arten (Ammerseekilch, Chiemseerenke) stehen sehr wahrscheinlich kurz vor dem<br />

weltweiten Aussterben. Hier herrscht dringen<strong>der</strong> Handlungsbedarf! In dieser <strong>Rote</strong>n <strong>Liste</strong> wurden<br />

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