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Nimm zwei! - BRAK-Mitteilungen

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<strong>BRAK</strong>-Mitt. 4/2011 Aufsätze 171<br />

Keller, Ein Blick zurück auf wichtige berufsrechtliche Entscheidungen des Jahres 2010 – Teil 2<br />

mäß §§ 112a ff. BRAO zur Anwendung. Die Sachnähe der angegriffenen<br />

Maßnahme zu diesem aufsichtsrechtlichen Verfahren<br />

führe zur Zuständigkeit des Anwaltsgerichts. Auf die sofortige<br />

Beschwerde des Antragstellers wurde der Beschluss des<br />

AGH durch den BGH 7 aufgehoben. Für die Bestimmung des<br />

Rechtswegs sei nicht die Sachnähe zu einem Aufsichtsverfahren<br />

maßgebend, da eine Annexkompetenz des Anwaltsgerichts<br />

nicht existiere. Vielmehr sei entscheidend, welchen rechtlichen<br />

Aspekt der Antragsteller zum Gegenstand seines Rechtsschutzbegehrens<br />

gemacht habe. Dieses sei darauf gerichtet, zukünftig<br />

eine Übersendung von Bestandteilen seiner Personalakte an<br />

nicht auskunftsberechtigte Dritte vorläufig zu unterbinden.<br />

Hierfür sei nach §112a Abs. 1 BRAO eine umfassende Zuständigkeit<br />

des Anwaltsgerichtshofs begründet.<br />

III. Gesellschaftsrecht<br />

1. Mehrheitlich anwaltlich<br />

Der Bayerische AGH 8 hatte über die Mehrheitserfordernisse bei<br />

einer Rechtsanwaltsgesellschaft zu entscheiden. Der klagenden<br />

GmbH war die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft mit Verweis<br />

auf §59e Abs. 2Satz 1 BRAO, wonach die Mehrheit der Geschäftsanteile<br />

einer Rechtsanwaltsgesellschaft Rechtsanwälten<br />

zustehen muss, und auf §59f Abs. 1 Satz 1 BRAO, wonach die<br />

Gesellschaft von Rechtsanwälten verantwortlich geführt werden<br />

muss, verwehrt worden. Nach Ansicht des BayAGH sind<br />

die Regelungen nicht verfassungswidrig. Durch eine postulationsfähige<br />

Rechtsanwaltsgesellschaft, die nicht verantwortlich<br />

durch Rechtsanwälte geführt werde, würden der Verbraucherschutz<br />

und die Reibungslosigkeit der Rechtspflege gefährdet.<br />

§59e BRAO sichere den maßgeblichen Einfluss der Rechtsanwälte<br />

auf die Geschicke der Gesellschaft. Dies sei zur Wahrung<br />

wichtiger Belange des Allgemeinwohls erforderlich und daher<br />

verhältnismäßig, da sich nur so ausreichend sicherstellen lasse,<br />

dass die Gesellschaft durch ihre Organe den fachlichen Anforderungen<br />

genüge, die §4BRAO für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft<br />

aufstelle. Das Mehrheitserfordernis verfolge den<br />

legitimen gesetzgeberischen Zweck, den maßgeblichen Einfluss<br />

der Rechtsanwälte auf die Gesellschaft zu sichern, um die<br />

Funktionsfähigkeit und Reibungslosigkeit der Rechtspflege zu<br />

gewährleisten. Auch der Eingriffscharakter des §59f Abs. 1<br />

BRAO sei gerechtfertigt. Es liege in der Natur der Sache, dass<br />

sich eine Rechtsanwaltsgesellschaft primär mit rechtsanwaltlichen<br />

Angelegenheiten befasse. Dieses Primat müsse sich aber<br />

auch bei der Geschäftsführung widerspiegeln. Der Sachverstand<br />

des Rechtsanwalts spiele in der Rechtsanwaltsgesellschaft<br />

eine besonders führende Rolle und müsse daher auch bei der<br />

Verantwortlichkeit für die Geschäfte der Gesellschaft seine Berücksichtigung<br />

finden. Hierdurch werde die qualitativ hochwertige<br />

Leistungserbringung der Angelegenheiten im Sinne des<br />

§3BRAO gewährleistet.<br />

2. Nichts Neues zur Auseinandersetzung einer Freiberuflersozietät<br />

Der BGH 9 stellte in einem Beschluss klar, dass die maßgeblichen<br />

Grundsätze für die Auseinandersetzung einer Freiberuflersozietät<br />

höchstrichterlich hinreichend geklärt sind. Die Teilung<br />

der Sachwerte und die rechtlich nicht begrenzte Möglichkeit,<br />

um die bisherigen Mandanten zu werben, sei die sachlich<br />

naheliegende und angemessene Auseinandersetzung einer<br />

Freiberuflersozietät. Gingen die Gesellschafter in dieser Weise<br />

7MDR 2011, 575.<br />

8<strong>BRAK</strong>-Mitt. 2010, 214.<br />

9<strong>BRAK</strong>-Mitt. 2010, 232.<br />

vor, sei damit der Geschäftswert abgegolten. Eine weitergehende<br />

Abfindung könne grundsätzlich nicht beansprucht werden<br />

und bedürfe einer entsprechenden Vereinbarung. Dies gelte sowohl,<br />

wenn ein Gesellschafter aus einer Freiberuflersozietät<br />

ausscheide, als auch, wenn eine Gesellschaft nach ihrer Auflösung<br />

auseinandergesetzt werde. Denn nach §738 Abs. 1<br />

Satz 2BGB sei dem ausscheidenden Gesellschafter gerade dasjenige<br />

zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten<br />

würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst<br />

worden wäre.<br />

3. Totum pro parte<br />

Der BGH 10 entschied, dass eine aus Rechtsanwälten und Steuerberatern<br />

bestehende Beratersozietät in der Rechtsform der<br />

GbR auch vor dem Inkrafttreten des RDG selbst Verträge zur Erbringung<br />

anwaltlicher Dienstleistungen schließen konnte. In<br />

Abkehr von seiner Entscheidung vom 26.1.2006 11 urteilte der<br />

Senat, dass seit Einfügung des §59a BRAO Sozietäten von<br />

Rechtsanwälten und Steuerberatern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung<br />

im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse<br />

gesetzlich anerkannt sind. Diese Vorschrift habe Bedeutung im<br />

Schrankensystem der berufsrechtlichen Vertragsfreiheit rechtsberatender<br />

Gesellschaften. Die Sozietätsfreiheit der Angehörigen<br />

rechtsberatender Berufe schließe das Recht zur typischen<br />

Betätigung vom Gesetz zugelassener Rechtsberatersozietäten<br />

ein, sofern diese – wie die GbR – rechtsfähig seien. Diese Betätigung<br />

sei insbesondere der Abschluss und die Erfüllung von<br />

Verträgen über rechtsberatende und rechtsbetreuende Dienstleistung,<br />

wobei die Erbringung allgemeiner Rechtsdienstleistungen<br />

den Gesellschaftern vorbehalten bleibe, die Rechtsanwälte<br />

seien. Hierdurch werde der haftungsrechtliche Schutz<br />

der Mandanten nicht in Frage gestellt, da diese die rechtsfähige<br />

Sozietät als unmittelbaren Haftungsschuldner zusätzlich gewinnen.<br />

Schließlich sei somit schon jetzt §59a BRAO verfassungskonform<br />

dahingehend auszulegen, dass der Gesetzgeber<br />

den Weg zur Übernahme anwaltlicher Mandate durch die gemischte<br />

Rechtsberatersozietät in den gezogenen Grenzen freigemacht<br />

hat.<br />

Die Entscheidung, mit der sich der Senat im Ergebnis der überwiegend<br />

im Schrifttum 12 vertretenen Auffassung anschließt, ist<br />

zu begrüßen, da sie Rechtssicherheit schafft und den Widerspruch<br />

zwischen der Anerkennung der Rechtssubjektivität der<br />

GbR einerseits und der Wirksamkeit abgeschlossener Mandatsverträge<br />

durch Abstellen auf die Befugnisse der einzelnen bzw.<br />

sämtlicher Sozietätsmitglieder andererseits überwindet.<br />

4. Das Aus für die Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG<br />

Der BayAGH 13 bestätigte, dass eine Rechtsanwaltsgesellschaft<br />

nicht in der Rechtsform der GmbH & Co. KG zur Rechtsanwaltschaft<br />

zugelassen werden kann. Die Zulassungsanträge einer<br />

KG und deren Komplementär-GmbH seien in Hinblick auf die<br />

geltende Gesetzeslage zu Recht abgelehnt worden. Die KG<br />

habe keinen Zulassungsanspruch als Rechtsanwaltsgesellschaft,<br />

weil sie zu diesem Zweck nicht wirksam gegründet werden<br />

könne. §161 Abs. 1 HGB setze für eine KG voraus, dass es<br />

sich um eine Gesellschaft handeln muss, deren Zweck auf den<br />

Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma<br />

gerichtet ist. Dies sei bei einer KG als Rechtsanwaltsgesellschaft<br />

nicht gegeben, weil de lege lata nach §2BRAO der Beruf<br />

des Rechtsanwalts nicht gewerblich sei. Im Ergebnis liege<br />

10 <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2011, 74.<br />

11 NJW-RR 2006, 1071.<br />

12 Hartung in Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl., §59a Rdnr. 71; <strong>BRAK</strong>-<br />

Mitt. 2011, 74, 75 m.w.N.<br />

13 <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2011, 81.

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