Nimm zwei! - BRAK-Mitteilungen
Nimm zwei! - BRAK-Mitteilungen
Nimm zwei! - BRAK-Mitteilungen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
204 Berufsrechtliche Rechtsprechung <strong>BRAK</strong>-Mitt. 4/2011<br />
Begründet ist der Befangenheitsantrag,<br />
weil das Schreiben des<br />
Vorsitzenden v. 31.8.2009 in der<br />
Tat nicht erkennen lässt, dass<br />
das Gericht von Amts wegen die<br />
Nachholung des rechtlichen Gehörs gem. §33a StPO erwogen<br />
hat, sondern vielmehr dargetan wird, dass der Vorwurf, Anträge<br />
auf mündliche Verhandlung übersehen zu haben, zutreffe und<br />
gleichwohl lediglich auf die Unanfechtbarkeit des Beschlusses<br />
hingewiesen worden ist. Dies wiegt umso schwerer, als der Bf.<br />
nicht nur im Antrag v. 4.2.2009 die mündliche Verhandlung<br />
begehrt hat, sondern ausdrücklich zuvor bereits mit Schreiben<br />
v. 7.8.2008, sowie später mehrfach u.a. mit Schreiben v.<br />
6.2.2009, 11.2.2009 und 23.2.2009. Dass diese Vielzahl von<br />
Anträgen schlicht „übersehen“ worden sein soll und dem Vorsitzenden<br />
die Vorschrift des §33a StPO nicht bekannt sein<br />
sollte, obwohl er ausweislich des Briefkopfs seiner persönlichen<br />
Schriftsätze zugleich auch Fachanwalt für Strafrecht ist,<br />
begründet einen Anschein, der die Besorgnis rechtfertigt, dass<br />
der Vorsitzende nicht unparteilich ist, weil er nicht uneingeschränkt<br />
bereit erscheint, das Vorbringen des Bf. zur Kenntnis<br />
zu nehmen und es unbefangen zu würdigen.<br />
Soweit der angefochtene Beschluss einen Mangel des Befangenheitsantrages<br />
darin gesehen hat, dass der Befangenheitsgrund<br />
von dem Bf. nicht glaubhaft gemacht worden sei, geht<br />
diese Begründung fehl. Sämtliche Umstände, auf die der Befangenheitsantrag<br />
gestützt ist, sind gerichtsbekannt, nämlich<br />
Gegenstand des Akteninhalts und der eigenen Korrespondenz,<br />
so dass es einer Glaubhaftmachung nicht bedarf (vgl. BGH,<br />
NStZ 2007, 161; Meyer-Goßner, a.a.O., §45 Rdnr. 6m.w.N.).<br />
Zudem bedurfte es auch einer Bezugnahme auf die dienstlichen<br />
Äußerungen des Vorsitzenden nicht, die dem Bg. nicht<br />
bekannt gemacht worden sind, obwohl dies gem. §33 Abs. 2,<br />
Abs. 3 StPO zwingend erforderlich gewesen wäre (vgl. BVerfG<br />
24, 56).<br />
3. Der dritte Befangenheitsantrag des Bf. v. 29.1.2010 gegen<br />
die namentlich benannten Mitglieder der III. Kammer, weil<br />
diese durch den Beschl. v. 30.10.2009 nicht selbst über die<br />
Anhörungsrüge hätten entscheiden dürfen, ist ebenfalls zulässig<br />
und begründet. Denn in der Tat hätten die Richter gem.<br />
§29 Abs.1 StPO nur solche Handlungen vornehmen dürfen,<br />
die keinen Aufschub gestatteten. Die Entscheidung in der<br />
Hauptsache, den Beschl. v. 1.7.2009 aufzuheben, stellt sich<br />
nicht als unaufschiebbare Amtshandlung dar, da keinerlei<br />
Dringlichkeit bis zur Entscheidung der Ersatzrichter (vgl.<br />
BGHSt 48, 264) hierfür bestand.<br />
Dass die Handlung aufschiebbar gewesen wäre, begründet<br />
zwar für sich allein nicht ihre Unwirksamkeit (vgl. BGH, NStZ<br />
2002, 429), sondern die Handlung stellt sich als lediglich fehlerhaft<br />
dar (vgl. KK-Fischer, StPO, 6. Aufl., §29, Rdnr. 5).<br />
Mit der Aufhebung des Beschl. v. 1.7.2009 ist keineswegs die<br />
Verletzung des rechtlichen Gehörs ausgeräumt worden, denn<br />
dieses ist dem Bf. nach wie vor nicht gewährt worden. Eine<br />
Beschwer des Bf. besteht mithin fort.<br />
Aufgrund der nicht veranlassten, nicht unaufschiebbaren<br />
Beschlussfassung v. 30.10.2009, ist durch die Mitglieder der III.<br />
Kammer des AnwG Köln erneut in Verfahrensrechte des Bf.<br />
eingegriffen worden. Angesichts der Vielzahl der Verfahrensverstöße,<br />
die sich zu Lasten des Bf. auswirken, unter Einschluss<br />
auch des schleppenden zeitlichen Ablaufs der Behandlung der<br />
Ablehnungsanträge, besteht auch bei vernünftiger und verständiger<br />
Würdigung der Anschein, dass die genannten Richter<br />
dem Bf. nicht unvoreingenommen gegenüberstehen.<br />
Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />
Keine Nachholung des<br />
rechtlichen Gehörs<br />
erwogen<br />
Der Befangenheitsantrag v. 29.1.2010 ist deshalb ebenfalls für<br />
begründet zu erklären.<br />
Soweit der angefochtene Beschluss auch insoweit die mangelnde<br />
Glaubhaftmachung des Ablehnungsgrundes thematisiert<br />
hat, gilt das zuvor unter 2. Gesagte entsprechend.<br />
Der angefochtene Beschluss war daher insoweit aufzuheben,<br />
als die Befangenheitsanträge v. 9.9.2009 und v. 21.1.2010 als<br />
unzulässig verworfen worden sind; diese waren auf die Beschwerde<br />
hin für begründet zu erklären. Hinsichtlich des Befangenheitsantrages<br />
v. 5.8.2009 war die sofortige Beschwerde<br />
dagegen unbegründet.<br />
Fachanwalt – Recht zum Vorlegen von Arbeitsproben in<br />
elektronischer Form<br />
BRAO §50 Abs. 5; FAO §6Abs. 3, §24; BGB §126b<br />
* 1. Ein Fachanwaltsanwärter ist berechtigt, der Rechtsanwaltskammer<br />
Arbeitsproben in elektronischer Form zur Verfügung zu<br />
stellen.<br />
* 2. An einer Spruchreife fehlt es nicht deshalb, weil der Vorprüfungsausschuss<br />
der Rechtsanwaltskammer eine Sache bisher<br />
weder beraten noch entschieden hat.<br />
* 3. Die Entscheidung nach §§ 43c BRAO, 24 FAO ist eine gebundene<br />
Entscheidung, bei der der Kammervorstand, wenn der<br />
Antragsteller die Voraussetzungen nach der Fachanwaltsordnung<br />
erfüllt, keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum hat.<br />
AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.5.2011 – 1 AGH 85/10<br />
Aus den Gründen:<br />
I. Der Kl. begehrt von der Bekl., ihm – im Wege der Untätigkeitsklage<br />
– die Befugnis zum Führen der Bezeichnung „Fachanwalt<br />
für Medizinrecht“ zu verleihen.<br />
Der 38 Jahre alte Kl. ist seit Oktober 2004 RA im Bezirk der<br />
Bekl. mit Kanzleisitz.<br />
Mit Antrag v. 28.4.2010, Eingang bei der Bekl. am 29.4.2010,<br />
stellte der Kl. Antrag auf Gestaltung des Führens der Fachanwaltsbezeichnung<br />
„Fachanwalt für Medizinrecht“. Dem Antrag<br />
beigefügt waren diverse Nachweise der theoretischen Eignung<br />
und eine Fallliste mit den laufenden Nummern 1 bis 70 aus<br />
dem Zeitraum von 3 Jahren vor Antragstellung. Nach eigenen<br />
Angaben verfügt der Kl. über weitere fundierte Kenntnisse<br />
durch wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Medizin- und<br />
Gesundheitsrecht. So hat der Kl. vor seinem rechtswissenschaftlichen<br />
Studium in den Jahren 1993/1994 an der Friedrich-Alexander-Universität<br />
Erlangen/Nürnberg Humanmedizin<br />
studiert. Nach Aufnahme seines rechtswissenschaftlichen Studiums<br />
im Herbst 1994 hat er sich schwerpunktmäßig mit medizin-<br />
und gesundheitsrechtlichen Fragen befasst und auch während<br />
seines Studiums vertiefend Medizinrechtsvorlesungen<br />
besucht; während seines Referendariats hat er als wissenschaftliche<br />
Hilfskraft an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften<br />
der Universität Bielefeld gearbeitet, wurde dort als fachfremder<br />
Kandidat zum Promotionsstudium zugelassen und mit einer<br />
Arbeit auf dem Gebiet der Strahlenschutzepidemiologie im<br />
August 2005 zum Doktor der Gesundheitswissenschaften promoviert.<br />
Ferner hat er in einer Reihe von Fällen im juristischen<br />
und medizinischen Schrifttum zu medizinrechtlichen Fragen<br />
publiziert; mit seinen Veröffentlichungen ist er in der juris-<br />
Datenbank und im Bestandsverzeichnis der Bibliothek des<br />
BGH aufgenommen.<br />
Auf die Eingangsbestätigung der Bekl. v. 29.4.2010 zahlte er<br />
die angeforderte Antragsgebühr ein. Dies bestätigte die Bekl.<br />
ihm mit Schreiben v. 6.5.2010 und am selben Tag versandte sie