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Nimm zwei! - BRAK-Mitteilungen

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<strong>BRAK</strong>-Mitt. 4/2011 Pflichten und Haftung des Anwalts 199<br />

sprechende Überprüfung durch den Rechtsanwalt nach sich<br />

ziehen müsste, wenn es einen Sinn haben sollte –, wurde bisher<br />

nicht verlangt. Soweit eine Delegation der Fristberechnung<br />

zulässig ist, würde dieses Erfordernis die angestrebte Arbeitserleichterung<br />

für den Anwalt konterkarieren.<br />

Rechtsanwältin Antje Jungk<br />

„Vorschnelles Aufgeben“ bei belegtem Faxgerät des<br />

Gerichts<br />

1. Scheitert der Versuch, die Berufungsbegründung per Telefax an<br />

das Berufungsgericht zu übersenden, und lässt sich nicht ausschließen,<br />

dass der Grund hierfür ist, dass das Empfangsgerät mit<br />

anderen Telefaxsendungen belegt ist, darf der Berufungsführer<br />

seine Übermittlungsversuche nicht vorschnell aufgeben. (amtlicher<br />

Leitsatz)<br />

2. Ob vom Anwalt im Rahmen des §233 ZPO verlangt werden<br />

kann, die Übermittlungsversuche ggf. bis 24.00 Uhr fortzusetzen,<br />

kann dahinstehen. Denn jedenfalls liegt in dem Umstand, dass der<br />

letzte Übermittlungsversuch per Telefax vor 17.30 Uhr erfolgt<br />

war, ein vorschnelles Aufgeben. (eigener Leitsatz)<br />

BGH, Beschl. v. 6.4.2011 – XII ZB 701/10, DB 2011, 1333 (LS.)<br />

Anmerkung:<br />

Wieder einmal ein Problem mit dem Telefax: Der Anwalt beantragte<br />

Wiedereinsetzung wegen Versäumung einer Berufungsbegründungsfrist.<br />

Eine Übersendung der Berufungsbegründung<br />

per Telefax sei am Tag des Fristablaufs nicht möglich<br />

gewesen. Die Übermittlung habe um 16.28 Uhr erfolgen sollen.<br />

Die Sendeprotokolle hätten „Code 01: Teilnehmer antwortet<br />

nicht“ ausgewiesen. Da der Kontakt nicht zustande gekommen<br />

sei, habe man mehrfach vergeblich versucht, beim Gericht<br />

anzurufen. Der Anwalt sei davon ausgegangen, dass sowohl<br />

die Telefax- als auch die Telefonleitung beim Gericht „zusammengebrochen“<br />

sei bzw. dass jemand versucht habe, „mehrere<br />

hundert Seiten“ per Telefax zu übersenden. Jedenfalls sei der<br />

Anschluss blockiert gewesen. Eine andere Möglichkeit, den<br />

Schriftsatz zu übermitteln, habe der Anwalt gegen 17.30 Uhr<br />

nicht mehr gesehen. Das Berufungsgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag<br />

ab und verwarf die Berufung als unzulässig.<br />

Der BGH verwarf die Rechtsbeschwerde nach §574 Abs. 2<br />

ZPO als unzulässig. Das Berufungsgericht habe zu Recht Wiedereinsetzung<br />

verweigert, weil ein Anwaltsverschulden (§ 85<br />

Abs. 2 ZPO) nicht ausgeschlossen werden könne. Zwar habe<br />

grundsätzlich der Anwalt mit der Wahl einer Telefaxübertragung<br />

bei ordnungsgemäßer Nutzung eines funktionsfähigen<br />

Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer<br />

das Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig<br />

mit der Übertragung beginne, dass unter normalen Umständen<br />

mit deren Abschluss vor 24:00 Uhr zu rechnen sei (BGH, NJW-<br />

RR 2001, 916). Werde die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze<br />

durch Telefax durch das Gericht eröffnet, dürften die aus<br />

den technischen Gegebenheiten dieses Kommunikationsmittels<br />

herrührenden besonderen Risiken nicht auf die Nutzer abgewälzt<br />

werden. Dies gelte besonders für Störungen des Empfangsgeräts,<br />

da in diesem Fall die entscheidende Ursache für<br />

die Fristversäumung in der Sphäre des Gerichts liege (BGH, Jur-<br />

Büro 2011, 223).<br />

Dagegen stelle die Belegung des Faxanschlusses durch andere<br />

Sendungen keine Störung dar und sei daher grundsätzlich nicht<br />

als Wiedereinsetzungsgrund zu qualifizieren. Hierbei handele<br />

es sich um einen Umstand, dem der Absender durch geeignete<br />

Vorkehrungen, insbesondere Einplanung einer gewissen Zeitreserve,<br />

Rechnung tragen müsse, um gegebenenfalls durch Wahlwiederholung<br />

einen Zugang vor Fristablauf zu gewährleisten.<br />

Es gereiche ihm deshalb zum Verschulden, wenn er seine<br />

Rechtsprechungsleitsätze<br />

Übermittlungsversuche vorschnell aufgebe und die für ihn<br />

nicht aufklärbare Ursache der Übermittlungsschwierigkeiten<br />

dem Empfangsgericht zuschreibe (BGH, JurBüro a.a.O.).<br />

Zwar sei nicht auszuschließen, dass das Empfangsgerät besetzt<br />

gewesen sei. Die mehrfachen Anrufversuche seien nicht geeignet,<br />

ein Verschulden auszuschließen. Deren Scheitern lasse<br />

keinen sicheren Schluss zu, dass das Faxgerät des Gerichts<br />

nicht funktionsfähig sei, zumal die Telefonzentralen von Gerichten<br />

nach 17.00 Uhr erfahrungsgemäß nicht mehr besetzt<br />

seien. Der Anwalt hätte vielmehr weiter versuchen müssen, das<br />

Fax zu übersenden. Ob von ihm im Rahmen des §233 ZPO<br />

verlangt werden könne, diese Versuche gegebenenfalls bis<br />

24.00 Uhr fortzusetzen, könne dahinstehen. Denn jedenfalls<br />

liege in dem Umstand, dass der letzte Übermittlungsversuch<br />

vor 17.30 Uhr erfolgt war, ein vorschnelles Aufgeben.<br />

Es handelt sich um ein alltägliches Problem, das jede Kanzlei<br />

schon oft erlebt hat. Gerade in den späten Nachmittagsstunden<br />

ist die Gefahr, dass das Gerichtsfax belegt ist, sehr groß, sinkt<br />

aber in den Abendstunden erfahrungsgemäß wieder deutlich<br />

ab. Der BGH hat klargestellt, dass der Anwalt notfalls schlicht<br />

und einfach „nachsitzen“ muss.<br />

Rechtsanwalt Holger Grams<br />

Eintragung des voraussichtlichen Fristendes nach Fristverlängerungsantrag<br />

Die im Rahmen der Organisation einer wirksamen Fristenkontrolle<br />

dem Prozessbevollmächtigten obliegende Pflicht, das beantragte<br />

Fristende nebst Vorfrist bei oder alsbald nach Einreichung<br />

eines Verlängerungsantrags im Fristenkalender einzutragen, hängt<br />

nicht davon ab, in welchem zeitlichen Abstand zum Ende der<br />

ursprünglichen Frist ein Fristverlängerungsantrag gestellt wird.<br />

BGH, Beschl. v. 22.3.2011 – II ZB 19/09, NJW 2011, 1598<br />

Anmerkung:<br />

Die Berufung gegen das am 7.1.2009 zugestellte Urteil wurde<br />

am 15.1. eingelegt, verbunden mit dem Antrag, die Begründungsfrist<br />

bis 7.4. zu verlängern. Anlässlich des Verlängerungsantrags<br />

wurde keine vorläufige Frist auf dieses Datum eingetragen.<br />

Als das Gericht dann dem Antrag stattgab, unterblieb die<br />

Fristeintragung erneut, so dass die Begründung erst verspätet<br />

angebracht wurde.<br />

Der Wiedereinsetzungsantrag scheiterte beim OLG und auch<br />

beim BGH. Der II. ZS erläutert, dass es nicht darauf ankomme,<br />

wie viel Zeit zwischen dem Verlängerungsantrag und dem voraussichtlichen<br />

Fristende liege. Eine – als vorläufig zu bezeichnende<br />

– Fristeintragung müsse davon unabhängig ohne Ausnahme<br />

erfolgen. Wer dem Personal diese Handhabung nicht<br />

vorschreibe, habe seine Kanzleiabläufe nicht ordentlich organisiert,<br />

was den Mandanten zuzurechnen wäre.<br />

Im Wiedereinsetzungsantrag wurde wohl zusätzlich moniert,<br />

dass die Gerichte vom falschen Zustellungsdatum ausgegangen<br />

seien. Das Urteil erster Instanz wurde nämlich zunächst nicht<br />

vollständig leserlich zugestellt; dennoch unterzeichnete der<br />

Prozessbevollmächtigte das Empfangsbekenntnis und bestätigte<br />

somit den Empfang des Urteils als ordnungsgemäß. Er musste<br />

die Zustellung daher als wirksam gelten lassen, obwohl er am<br />

gleichen Tag noch das Gericht per Fax um Zuleitung <strong>zwei</strong>er<br />

lesbarer Exemplare gebeten hatte. Auch wenn dies letztlich<br />

nicht zur Fristversäumung führte, ist daraus die Lehre zu ziehen,<br />

dass eben kein EB unterzeichnet werden sollte, wenn die<br />

jeweiligen Schriftstücke nicht vollständig sind oder sonstige<br />

Zustellungsmängel vorliegen. Vielmehr kann man dann das<br />

leere EB mit den Anlagen wieder ans Gericht zurückgeben.<br />

Andernfalls laufen die Fristen.<br />

Rechtsanwalt Bertin Chab

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