Nimm zwei! - BRAK-Mitteilungen
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192 Aus der Arbeit der <strong>BRAK</strong> <strong>BRAK</strong>-Mitt. 4/2011<br />
bei um die vierte Maßnahme, die die Kommission im Rahmen<br />
des Fahrplans der Verfahrensrechte nach der Richtlinie zum<br />
Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen, der Richtlinie<br />
zum Recht auf Belehrung und der Richtlinie zum Recht<br />
auf einen Rechtsbeistand erlassen hat. Mit diesem Grünbuch<br />
will die Kommission herausfinden, wie die Bedingungen der<br />
Untersuchungshaft in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen<br />
Union sind und inwieweit die unterschiedlichen Ausgestaltungen<br />
des Freiheitsentzugs das gegenseitige Vertrauen<br />
und damit die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen<br />
und generell die justizielle Zusammenarbeit<br />
innerhalb der Europäischen Union beeinflussen. Insbesondere<br />
ist die Kommission an Möglichkeiten für einheitliche europäische<br />
Lösungen zu diesen Themen interessiert.<br />
Richtlinienvorschlag zum Recht auf einen Rechtsbeistand in<br />
Strafverfahren<br />
Am 8.6.2011 hat die Europäische Kommission nach der Richtlinie<br />
zu Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen und dem<br />
Richtlinienvorschlag zum Recht auf Belehrung nun die dritte<br />
Maßnahme des sog. Fahrplans der Verfahrensrechte in Strafverfahren<br />
veröffentlicht. Der Richtlinienvorschlag zum Recht auf<br />
einen Rechtsbeistand in Strafverfahren und das Recht auf Kontaktaufnahme<br />
bei der Festnahme soll gewährleisten, dass ein<br />
Verdächtiger ab dem Zeitpunkt seiner Festnahme, noch vor<br />
einer Vernehmung, bis zum Abschluss des Verfahrens einen<br />
Anspruch auf einen Rechtsbeistand hat. Zudem muss der<br />
Rechtsbeistand so rechtzeitig gewährt werden, dass der Verdächtige<br />
seine Verteidigungsrechte wirksam wahrnehmen<br />
kann. Der Rechtsbeistand hat das Recht, bei Vernehmungen<br />
anwesend zu sein, Fragen zu stellen, Erläuterungen zu verlangen<br />
und Erklärungen abzugeben, die nach innerstaatlichem<br />
Recht aufgezeichnet werden. Er hat ebenso das Recht, die Haftbedingungen<br />
des Verdächtigen zu prüfen. Der Richtlinienvorschlag<br />
sieht zudem vor, dass die Verdächtigen das Recht<br />
haben, Angehörige, ihren Arbeitgeber und, wenn sie sich im<br />
Ausland befinden, ihr Konsulat zu kontaktieren und von der<br />
Festnahme zu benachrichtigen, worin bereits ein Vorgriff auf<br />
die vierte Maßnahme liegt, die das Recht auf Kommunikation<br />
mit Angehörigen, Arbeitgeber und Konsularbehörden umfassen<br />
wird. Ohne diesen Vorgriff – hier den Kontakt – wäre das Recht<br />
auf Rechtsbeistand nur unzulänglich wahrnehmbar.<br />
Hervorzuheben ist, dass auch jede andere Person, als der Verdächtigte<br />
oder Beschuldigte einen Rechtsbeistand erhält, wenn<br />
die Person im Verlauf einer Vernehmung oder Verhandlung zu<br />
einem einer Straftat Verdächtigten oder Beschuldigten wird –<br />
somit auch ein Recht auf Beistand für Zeugen, die in Wirklichkeit<br />
verdächtigt werden.<br />
Die <strong>BRAK</strong> wird eine Stellungnahme zum Richtlinienvorschlag<br />
erarbeiten.<br />
Einigung über Verbraucherrechterichtlinie<br />
Nach fast dreimonatigen Verhandlungen haben sich Rat, Kommission<br />
und Parlament auf eine Einigung über alle vier Kapitel<br />
des Richtlinienvorschlags der Europäischen Kommission über<br />
die Rechte der Verbraucher geeinigt. Der Text zielt auf eine<br />
stärkere Harmonisierung der Verbraucherrechte ab, insbesondere<br />
im Bereich der Informationspflichten und der Ausübung<br />
sowie der Folgen des Widerrufsrechts.<br />
Wichtig für die Anwaltschaft sind hierbei insbesondere die<br />
Bestimmungen zum Widerruf bei Verträgen, die außerhalb der<br />
Geschäftsräume geschlossen werden. Die nun verabschiedete<br />
Regelung sieht vor, dass wenn mit einer Dienstleistung noch<br />
vor der Widerrufsfrist begonnen wird und der Verbraucher<br />
innerhalb der Frist widerruft, dem Dienstleister seine bereits<br />
erbrachte Leistung entlohnt werden muss.<br />
Dem Vorschlag muss nun noch der Rat formal zustimmen. Die<br />
Mitgliedstaaten haben danach <strong>zwei</strong> Jahre Zeit, die Regelungen<br />
in nationales Recht umzusetzen.<br />
Die <strong>BRAK</strong> hatte zum Entwurf der Verbraucherrechterichtlinie<br />
vor einem Jahr Stellung genommen (Stlln.-Nr. 18/2010)<br />
Grünbuch zur Überarbeitung der Richtlinie über Berufsqualifikationen<br />
Die Europäische Kommission hat am 22.6.2011 ein Grünbuch<br />
zur Überarbeitung der Richtlinie über Berufsqualifikationen<br />
vorgestellt. Die Kommission hatte zuvor um Stellungnahmen<br />
der interessierten Kreise im Rahmen einer öffentlichen Konsultation<br />
zur Berufsqualifikationsrichtlinie (2005/36/EG) und dem<br />
Europäischen Berufsausweis gebeten. Ziel ist eine Vereinfachung<br />
und Verbesserung der Richtlinie, mit der Berufstätigen<br />
die Stellensuche oder die Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeit<br />
in den EU-Mitgliedstaaten erleichtert werden soll.<br />
Für Anwälte ist die Anerkennung und Zulassung von Diplomen<br />
und Berufstätigen durch die Dienstleistungsrichtlinie für<br />
Rechtsanwälte (77/249/EWG) und die Niederlassungsrichtlinie<br />
für Rechtsanwälte (98/5/EG) gut geregelt. Es besteht derzeit<br />
kein Bedarf, dieses System zu ändern. Für Rechtsanwälte gibt<br />
es bereits seit 1978 mit dem CCBE-Rechtsanwaltsausweis einen<br />
europäischen Berufsausweis. Beides hat die <strong>BRAK</strong> bereits in<br />
ihrer Stellungnahme (Stlln.-Nr. 16/2011) zur Konsultation geltend<br />
gemacht.<br />
Europaparlament verabschiedet Bericht zum Datenschutz<br />
Am 6.7.2011 hat das Europäische Parlament den Bericht des<br />
Ausschusses für Bügerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)<br />
zum Gesamtkonzept zum Datenschutz in der EU angenommen.<br />
Das EP fordert eine Stärkung der Datenschutzbehörden und eine<br />
effektive Sanktionierung von Verstößen gegen das Datenschutzrecht.<br />
Hervorzuheben ist, dass das EP die Europäische Kommission<br />
auffordert, dass bei zukünftigen Maßnahmen bezüglich des<br />
Datenschutzes darauf zu achten ist, dass die besondere Situation<br />
bestimmter Berufe, die der Schweigepflicht unterliegen, bei der<br />
Einsetzung eines Datenschutzbeauftragten berücksichtigt werden<br />
muss. Dies entspricht der Forderung der <strong>BRAK</strong> (Stlln.-Nr. 5/<br />
2011), dass der Datenschutz nicht die anwaltliche Schweigepflicht<br />
unterlaufen darf. Die Verschwiegenheit des Rechtsanwalts<br />
als Vertreter des Rechtsuchenden muss auch bei Maßnahmen<br />
des Datenschutzes garantiert bleiben.<br />
Richtlinienvorschlag zur Verknüpfung von Unternehmensregistern<br />
In ihrer Stellungnahme (Stlln.-Nr. 36/2011) zum Richtlinienvorschlag<br />
zur Änderung der Richtlinien in Bezug auf die Verknüpfung<br />
von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern unterstützt<br />
die <strong>BRAK</strong> die Vorgehensweise der Europäischen Kommission,<br />
die praktischen Umstände der bestehenden Regelungen<br />
aufzugreifen und auf dieser Basis zu arbeiten. Dennoch betont<br />
die <strong>BRAK</strong>, dass aus der Sicht der rechtsberatenden und -gestaltenden<br />
Berufe es sehr zu begrüßen wäre, wenn der vorliegende<br />
Richtlinienentwurf nochmals überprüft würde. Dabei sollte der<br />
Gedanke verfolgt werden, auch weitere als bisher vorgesehene<br />
eingetragene Tatsachen zwecks einer grenzüberschreitenden<br />
Kenntnisnahme in die Bestimmungen der Richtlinie aufzunehmen.<br />
Von Bedeutung sind hier insbesondere die Vertretungsregelungen<br />
sowie sonstige Verhältnisse, wie etwa die Stellung<br />
der persönlich haftenden Gesellschafter in den der deutschen<br />
Kommanditgesellschaft entsprechenden Rechtsformen.<br />
Rechtsanwältin Peggy Fiebig, LL.M., <strong>BRAK</strong>, Berlin