Nimm zwei! - BRAK-Mitteilungen
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<strong>BRAK</strong>-Mitt. 4/2011 Aufsätze 175<br />
VIII. Umgehungsverbot<br />
Kein guter Umgang<br />
Kempter, Die GmbH & Co. KG als zuzulassende Rechtsanwaltsgesellschaft?<br />
Der AGH Nordrhein-Westfalen 28 befasste sich in seinem Urteil<br />
vom 1.10.2010 mit dem Verbot der Umgehung des Gegenanwalts<br />
gemäß §12 BORA. Das BVerfG lege einen strengen Maßstab<br />
an die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen<br />
der berufsrechtlichen Ahndung von Verstößen gegen dieses<br />
Verbot an. Demzufolge dürften durch die Regelung des §12<br />
Abs. 1 BORA nicht primäre Pflichten des Rechtsanwalts aus<br />
dem Vertragsverhältnis zum Mandanten zurückgedrängt oder<br />
abgeschwächt werden. Insoweit sei §12 Abs. 1 BORA als Beschränkung<br />
des Rechts der Berufsausübung eng auszulegen.<br />
Der Zweck des Umgehungsverbotes bestehe darin, den Mandanten<br />
vor Überrumpelung durch den gegnerischen Anwalt zu<br />
schützen. Jener solle nicht durch Überrumpelung zur Abgabe<br />
etwaiger benachteiligender Erklärungen bewogen werden,<br />
ohne vorherigen anwaltlichen Rat einholen zu können, selbst<br />
wenn im Einzelfall anwaltlicher Beistand entbehrlich sein sollte.<br />
Nicht maßgeblich sei, ob die Gegenseite gar nicht „überrumpelt“<br />
werde. Es komme ferner nicht darauf an, ob die Gegenseite<br />
geschäftserfahren sei oder ob es sich sogar um eine<br />
Firma mit eigener Rechtsabteilung handele. Ob die Gegenseite<br />
zu einer Auskunft verpflichtet oder zu ihr in der Lage sei oder<br />
mit einer Auskunft sogar schnelle Klarheit schaffen könne, sei<br />
nicht relevant. Für die Feststellung eines Verstoßes sei es unerheblich,<br />
ob es auch im Interesse der Gegenseite liegen könne,<br />
dass die unter Umgehung erfragten Dinge geklärt werden. Die<br />
im vorliegenden Fall von dem betroffenen Rechtsanwalt vorgebrachte<br />
Argumentation, insoweit könne kein Interessengegensatz<br />
vorliegen, sei nicht nachvollziehbar. Typischerweise gebe<br />
es zwischen einer Partei, die einen Anwalt einschalte, und ei-<br />
Die GmbH & Co. KG als zuzulassende Rechtsanwaltsgesellschaft?<br />
Der Bayerische Anwaltsgerichtshof 1 musste sich, soweit ersichtlich,<br />
erstmals mit der Zulassung einer GmbH & Co. KG als<br />
anwaltliche Berufsausübungsgesellschaft befassen. Er hat u.a.<br />
den Antrag auf Zulassung der Gesellschaft abgewiesen und<br />
wurde hierfür harsch gerügt. 2 Das ist Anlass, die Problematik<br />
nochmals kurz zusammenzufassen und Lösungswege für den<br />
Gesetzgeber der Zukunft aufzuzeigen:<br />
I. Die KG als Organisationsform für Rechtsanwälte<br />
1. Unstreitig kann eine Kommanditgesellschaft nur ins Handelsregister<br />
eingetragen werden, wenn der Unternehmens-<br />
1Az: BayAGH I-1/10 v. 15.11.2010; NZG 2011, 344; AnwBl. 2011,<br />
68 (LS).<br />
2 Römermann, Anwalts GmbH & Co. KG: Etappen-Sieg der Rechtsformgegner,<br />
AnwBl. 2011, 97 ff.<br />
Rechtsanwalt Dr. Fritz Kempter, München<br />
ner anderen Partei, die sich ebenfalls durch einen Anwalt vertreten<br />
lasse, widerstreitende Interessen. Sonst bedürfte es keiner<br />
anwaltlichen Auseinandersetzung und schon gar nicht eines<br />
Prozessverfahrens. Schließlich sei ein Verstoß gegen §12<br />
BORA auch dann nicht zulässig, wenn ein Rechtsanwalt beim<br />
Anschreiben des Gegenanwalts kein Ergebnis oder sogar ein<br />
„Mauern“ erwarte.<br />
IX. Und sonst …<br />
Auskunftsanspruch gegen Rechtsanwaltskammer wegen der<br />
Berufshaftpflicht<br />
Das VG Hamburg 29 entschied über die Reichweite des Auskunftsanspruchs<br />
eines möglicherweise geschädigten Mandanten<br />
gegen die RAK auf Angabe des Haftpflichtversicherers ihres<br />
Mitglieds. Der ehemalige Mandant stützte sein Auskunftsverlangen<br />
auf §51 Abs. 6 Satz 2 BRAO. Er behauptete, ihm sei<br />
durch eine Pflichtverletzung seines Rechtsanwalts ein Schaden<br />
entstanden, den er gegenüber der Berufshaftpflichtversicherung<br />
geltend machen wolle. Das VG stellte klar, dass §51 Abs. 6<br />
Satz 2BRAO eine Anspruchsgrundlage für den Erlass eines Verwaltungsaktes<br />
darstellt. Der Anspruch hänge von <strong>zwei</strong> Voraussetzungen<br />
ab: Einerseits müsse die begehrte Auskunft zur Geltendmachung<br />
von Schadensersatzansprüchen dienen, andererseits<br />
dürfe der betroffene Rechtsanwalt kein überwiegendes<br />
schutzwürdiges Interesse an der Nichterteilung der Auskunft<br />
haben. Ein Auskunftsanspruch könne regelmäßig nur in den<br />
seltenen Fällen geltend gemacht werden, wenn der Geschädigte<br />
einen Direktanspruch gegenüber dem Versicherer habe und<br />
er diesen nicht kenne, da sein Rechtsanwalt insoweit die Auskunft<br />
verweigert habe. Ein Direktanspruch besteht nach §115<br />
Abs. 1 Nr. 2 und 3 VVG nur, wenn Zahlungsunfähigkeit des<br />
Rechtsanwalts vorliegt oder sein Aufenthalt unbekannt ist.<br />
28 AGH NRW, Urt. v. 1.10.2010 – 2 AGH 43/10, <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2011,<br />
156. 29 <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2011, 97 mit Anm. Huff in <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2011, 56.<br />
gegenstand „auf den Betrieb eines Handelsgewerbes“ gerichtet<br />
ist. 3 Diese strikte Voraussetzung wird über die Verweisung des<br />
§161 Abs. 2 auf §105 Abs. 2 Satz 1HGB modifiziert, wonach<br />
die Eigenschaft als Handelsgesellschaft schon dann bejaht<br />
wird, wenn die Gesellschaft „nur eigenes Vermögen verwaltet“.<br />
Das HGB schreibt also als Voraussetzung für die Eintragung einer<br />
Kommanditgesellschaft ins Handelsregister zwingend vor,<br />
dass gesellschaftsvertraglicher Gegenstand der einzutragenden<br />
Gesellschaft mindestens die Verwaltung eigenen Vermögens<br />
ist. Umgekehrt folgt daraus, dass die Eintragung einer Gesellschaft<br />
als Kommanditgesellschaft dann nicht zulässig ist, wenn<br />
der vertragliche Gegenstand der Gesellschaft nicht mindestens<br />
die Verwaltung eigenen Vermögens umfasst.<br />
3§161 Abs. 1 Satz 1 HGB; auf die Differenzierung zwischen Unternehmensgegenstand<br />
und Unternehmenszweck soll hier nicht näher,<br />
weil nicht entscheidungserheblich, eingegangen werden.