LESERBRIEF Tote Fische brauchen keine Fischtreppe - Gemeinde ...
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<strong>LESERBRIEF</strong><br />
<strong>Tote</strong> <strong>Fische</strong> <strong>brauchen</strong> <strong>keine</strong> <strong>Fischtreppe</strong> –oder warum Kali & Salz zum<br />
Umdenken gebracht werden muss<br />
Die Kaliwerke an der Werra bringen einem großen Teil der Bevölkerung in unserer Region<br />
schon seit mehr als hundert Jahren ein gesichertes Einkommen. Gleichzeitig prägten sie auch<br />
ganz entscheidend das Gesicht unserer Landschaft. Während die Abraum- und Aschehalden<br />
immer größer wurden, verschwanden jedoch viele Fördertürme, vor allem auf der Thüringer<br />
Seite des Reviers. Trotzdem verdienen neben den hessischen Nachbarn auch noch einige<br />
Thüringer ihren Lebensunterhalt bei K & S –und dabei soll es auch bleiben.<br />
Die Kaliwerke an der Werra bringen seit mehr als hundert Jahren jedoch auch große<br />
Belastungen für unsere Umwelt - und dabei darf es nicht bleiben.<br />
Die technischen Möglichkeiten haben sich enorm weiterentwickelt. Aber Wege zu suchen die<br />
die Belastung der Umwelt verringert und diese auch einzuschlagen kostet Geld, sehr viel<br />
Geld.<br />
Vor der Wende war die Werra ein übel riechender und weitgehend toter Fluss. Selbst bei<br />
minus 20°C zeigte sich nicht die kleinste Eisscholle.<br />
Nach der Wende besserte sich der Zustand spürbar. Der Fluss stinkt nicht mehr, es gibt wieder<br />
<strong>Fische</strong> und der Bootstourismus hat einen enormen Aufschwung erlebt. Nicht auch zuletzt<br />
wegen den vielen neuen Bootsanlege- und –umtragemöglichkeiten. Die Fahrt auf dem die<br />
Werra begleitenden Radwanderweg macht wieder Spaß.<br />
Und es gibt viele weitere Vorhaben die Werra naturnaher und attraktiver zu gestalten. In den<br />
letzten Tagen begann eine Renaturierungsmaßnahme zwischen Sallannshausen und<br />
Lauchröden. Des Weiteren ist der Bau einer <strong>Fischtreppe</strong> um das Wehr in Sallmannshausen<br />
geplant. Es werden hierfür vom Land Thüringen mehrere hunderttausend Euro investiert.<br />
Doch in den letzten Wochen sind zwei Vorhaben von Kali & Salz bekannt geworden, die alle<br />
Bemühungen die Werra und unsere gesamte Umwelt sauberer zu machen in Frage stellen.<br />
Es ist geplant 1.000.000 cbm Haldenabwässer pro Jahr aus dem Raum Fulda<br />
über eine 63 km lange Pipeline in die Werra einzuleiten.<br />
Und es ist geplant in Heringen ein Müllheizkraftwerk mit einer Jahreskapazität<br />
von 270.000 t Müll zu errichten, welches nur die Minimalanforderungen des<br />
Gesetzgebers erfüllt.<br />
Nun könnten einige sagen, der Verfasser hat auch bei Kali gearbeitet. Dies ist richtig. Von<br />
1985 bis 1992 war ich in der Zentralen Grubenleitung der Kali Werra AG tätig. In den letzten<br />
beiden Jahren davon sogar in einer Planungsgruppe die sich mit der Vorbereitung einer<br />
Untertagedeponie auf der Thüringer Seite befasste. Aus diesem Grund weiß ich jedoch<br />
worüber ich hier schreibe.<br />
Heute trage ich Verantwortung für die Wasserver- und die Abwasserentsorgung in der<br />
Einheitsgemeinde Gerstungen. Als ich diese Tätigkeit 2004 aufnahm bestand eine meiner<br />
ersten Aufgaben darin die Wasserversorgung des neuen Ortsteils Lauchröden grundlegend zu<br />
verbessern. Die oberflächennahen Quellen dort lieferte nur eine ungenügende Wasserqualität<br />
und der einzige Brunnen im Ort war versalzen. Sollte da ein Zusammenhang mit der seit 1998<br />
laufenden Kalilaugeversenkung in der Gerstunger Steinau bestehen? Die Geologen sagen die<br />
Versalzung hat eine natürliche Ursache. Trotzdem ist dieser Brunnen Bestandteil der<br />
regelmäßigen Untersuchungen von Kali & Salz.<br />
Der Laugespeicher in der Steinau in Gerstungen war von Kali & Salz ursprünglich als<br />
Pufferspeicher geplant. In Zeiten von Niedrigwasser der Werra sollte hier Kalilauge<br />
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zwischengespeichert und bei Hochwasser aus dem Speicher in die Werra gefördert werden.<br />
Meinem Wissen nach ist es technisch nicht möglich die Lauge wieder nach oben zu pumpen<br />
und der Speicher fungiert nun als Endlager.<br />
Die Inbetriebnahme der Anlage erfolgte 1998 durch Kali & Salz gegen den massiven<br />
Widerstand der <strong>Gemeinde</strong> Gerstungen ohne die Übernahme irgendeiner Garantie für unsere<br />
anderen Brunnen in Neustädt, in der Kohlbach und im Lindig. Sollte Kalilauge aus dem<br />
Speicher Gerstungen in die Grundwasser führenden Schichten gelangen, läge das Risiko<br />
einzig und allein bei der <strong>Gemeinde</strong> Gerstungen. Uns bliebe nur die Möglichkeit Trinkwasser<br />
zu einem bedeutend höheren Preis als der heutige Abgabepreis ist, bei anderen Versorgern<br />
einzukaufen. Was dies für unsere Wassergebühren bedeuten würde; mag sich jeder selber<br />
ausmahlen.<br />
Was passiert, wenn die Pläne von K & S verwirklicht werden? Lauge gelangt zusätzlich aus<br />
anderen Kalirevieren über die geplante Pipeline in Größenordnungen in die Werra.<br />
Wer möchte auf einem stinkenden Fluß Boot fahren?<br />
Wer mit dem Fahrrad daran entlang radeln?<br />
Wozu wird dann eine <strong>Fischtreppe</strong> gebaut? <strong>Tote</strong> <strong>Fische</strong> <strong>brauchen</strong> <strong>keine</strong>!!!<br />
Für uns als Abwasserentsorger klinkt dies wie lauter Hohn und Spott.<br />
Unsere umfangreichen und teuren Vorhaben wie die Errichtung von Kläranlagen an Elte und<br />
Werra, der Kanalneubau in allen Ortsteilen und der Anschluss von immer mehr Grundstücken<br />
an die Zentrale Abwasserreinigung soll der Verbesserung der Wasserqualität unsere Flusses<br />
dienen. Wir investieren dafür in Millionenhöhe und der Dreck kommt von anderen die damit<br />
Geld verdienen.<br />
Was passiert, wenn die Werra Niedrigwasser führt und Lauge nicht eingeleitet werden darf,<br />
weil sonst die Grenzwerte überschritten würden? Gelangt dann diese Lauge aus weit<br />
entfernten Kalirevieren auch in den Speicher Gerstungen und vergrößert die Gefährdung<br />
unseres Trinkwassers<br />
Bei jedem Werrahochwasser werden bei K & S die Schleusen geöffnet und Lauge zusätzlich<br />
in Ulster und Werra eingeleitet. Nach dem Rückgang des Hochwassers verbleiben diese<br />
Schadstoffe mit vielen anderen Schadstoffen aus dem Werrawasser auf unseren Wiesen und<br />
Feldern die überflutet waren. Die Schafe und Kühe fressen Sie mit dem Grünfutter, dem Heu<br />
oder der Silage das ganze Jahr über. Und wer trinkt die Milch und isst das Fleisch?<br />
Zu allem Überfluss ist nun auch noch der Bau eines Müllheizkraftwerkes in Heringen durch<br />
Kali & Salz geplant. Bisher gab es ohnehin schon Belastungen der Luft die aus den<br />
Kaligruben herrührt. Wer sich den Kalirevieren nähert erkennt dies schon von weitem am<br />
Geruch der Luft. Zum Abbau des Salzes werden im Werrarevier untertage täglich 75 t<br />
Sprengstoff zur Explosion gebracht. Die Explosionsgase gelangen mit den Dieselabgasen und<br />
Feinstäuben über die Grubenlüfter in die Atmosphäre.<br />
Aber dies gehört zu den Produktionserfordernissen und ist nicht vermeidbar wenn man<br />
Kalisalz fördern will.<br />
Vermeidbar ist dagegen der Bau einer Müllverbrennungsanlage mit dem Ziel billigen Strom<br />
am Standort zu haben. Ja, dies ist das einzige Ziel, kostengünstigeren Strom zur Verfügung zu<br />
haben. Folgerichtig wurde auch eine „kostengünstige“Anlage geplant, welche nur die<br />
Minimalanforderungen des Gesetzgebers erfüllt.<br />
Es geht nicht darum den Müll aus unserer Region zu verbrennen, denn der ist vertraglich für<br />
lange Zeit bei anderen Entsorgern gebunden und es geht auch nicht darum Arbeitsplätze zu<br />
schaffen. Die wenigen neuen Arbeitsplätze stehen in <strong>keine</strong>m Verhältnis zu den schädlichen<br />
Auswirkungen einer Müllverbrennung.<br />
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Die Folgen einer solchen Anlage für unsere Region kann sich wohl noch niemand so richtig<br />
vorstellen.<br />
Internationale Untersuchungen der Europäischen Union, sowie nationale Untersuchungen in<br />
Italien, England, Frankreich und den USA zeigen alle die gleichen Ergebnisse.<br />
In der Nähe von Müllverbrennungsanlagen wurde unter anderem eine Häufung der folgenden<br />
Erkrankungen festgestellt:<br />
Krebserkrankungen, vor allem Bronchialkrebs und Leberkrebs<br />
Erkrankungen der Atemwege<br />
Herz- Kreislauferkrankungen<br />
Missbildung bei Neugeborenen<br />
Hauterkrankungen<br />
Allergien<br />
Erkrankungen des Immunsystems<br />
Wer sich nicht vorstellen kann was es bedeutet, wenn täglich tausend Tonnen Müll<br />
antransportiert und in der Nähe von Ortschaften umgeladen werden, der möge bei dieser<br />
Witterung an seiner Mülltonne schnuppern und das mit dem Faktor 20.000 multiplizieren,<br />
denn so vielen Mülltonnen würde es täglich entsprechen. Wer dies nicht mag, der sollte sich<br />
eine Hausmülldeponie anschauen oder die Müllumladestation in Großenlupnitz besuchen. Ich<br />
garantiere ihnen riesige Geruchserlebnisse.<br />
1000t Müll müssen täglich antransportiert und 300t Verbrennungsrückstände wieder<br />
abtransportiert werden. Dies sind bis zu 100 Fahrzeuge am Tag oder 14 in der Stunde oder<br />
alle 4,5 Minuten ein LKW zusätzlich zum normalen Verkehr.<br />
Die Kleingärtner in der unmittelbaren Nachbarschaft der Müllverbrennung werden schon sehr<br />
bald auf den Anbau ihres Obst und Gemüses verzichten müssen. Die weiter weg etwas später.<br />
Und welchen Einfluss die gefährlichen Feinstäube und giftigen Abgase aus einer<br />
Müllverbrennungsanlage auf den Absatz der Agrarprodukte unserer Landwirte und<br />
Genossenschaften haben werden, sollte man auch bedenken.<br />
Der Presse konnte ich entnehmen, dass die Kali & Salz GmbH die höchsten Gewinne seit<br />
ihrem Bestehen erwirtschaftet hat. Das ist gut, denn Gewinne sind notwendig um das<br />
Bestehen von kleinen wie großen Firmen zu sichern. Sicherer werden dadurch auch die<br />
Arbeitsplätze.<br />
Nicht gut ist das Streben nach Profitmaximierung um jeden Preis –und danach stinkt es hier<br />
gewaltig.<br />
Ich bitte die Verantwortlichen bei Kali & Salz sowie die Abgeordneten der Stadt Heringen<br />
diese Vorhaben im Interesse unserer Umwelt, im Interesse unserer Kinder und im Interesse<br />
von allen Bewohnern des Werratals noch einmal gründlich zu überdenken.<br />
Da dies aber wahrscheinlich nicht ausreicht fordere ich alle verantwortungsbewussten Bürger<br />
auf ihren Widerspruch gegen die geplante Müllverbrennungsanlage bis zum 16.08.2006 zu<br />
dokumentieren. Entsprechende Vordrucke und Informationen erhalten Sie bei den<br />
<strong>Gemeinde</strong>ämtern der Region oder im Internet unter www.gerstungen.de.<br />
Dieses Schreiben wurde von mir nicht als Werkleiter der <strong>Gemeinde</strong>werke Gerstungen<br />
verfasst, sondern als Mitglied der in Gründung befindlichen Bürgerinitiative für ein<br />
lebenswertes Werratal.<br />
Ulf Frank<br />
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