Salzwasser-Eugleninen ~. - Algaebase
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Archiv fiir Mikrobiologie, Bd. 18, S. 149--164 (1953).<br />
(Aus dem Strangeways Research Laboratory, Cambridge, England.)<br />
<strong>Salzwasser</strong>-<strong>Eugleninen</strong> ~.<br />
Von<br />
E. G. PRINGSHEIM.<br />
Mit 11 Textabbfldungen.<br />
(Eingegangen am 1. Oktober 1952.)<br />
GewShnlich werden die <strong>Eugleninen</strong> als SiiBwasserorganismen betrach-<br />
tet (FI~ITSCH 1035, S. 724), und fiir weitaus die meisten Arten ist dies<br />
auch richtig. Es ist jedoch nieht yon vornherein klar, ob das SiiBwasser<br />
ihre urspriingliehe Heimat war, da, wie gezeigt werden wird, ganz nah<br />
verwandte Formen einerseits im SiiB-, andererseits im <strong>Salzwasser</strong> ge-<br />
funden werden. Aus der zusammenfassenden Literatur bekommt man<br />
den Eindruck, dab nur gewisse ,,primitive", aber sehr unvollkommen<br />
beobachtete Formen (ScHILL~I~ 1925) und einige Arten yon Eutreptia in<br />
<strong>Salzwasser</strong> vorkommen; aber gelegentliche Beobachtungen (P~I~GSH~I~I<br />
u. PRINGS]~EI~I 1949, S. 62) und ltere Befunde zeigen, dab die Sachlage<br />
anders sein mul~.<br />
Eutreptia.<br />
Eutreptia viridis Perty ist immer nut aus SfiBwasser besehrieben wor-<br />
den, so sehon von P]~RTY selbst (1852, S. 168), yon FI~OMENTEL (1874,<br />
S. 701), KLEBS (1883, S. 316), LAUTERBORN (1915, S. 442), MASSART<br />
(1920, S. 26) u. a. Wo ersichtlich, war der Standort durch Faulschlamm<br />
gekennzeichnet (z. B. LAUTm~BOI~). Auch ieh land die Art an solchen<br />
Stellen (PRI~GS~I~I~I u. P~INCSI~]~IM 1949, S. 62), wenn auch immer nut<br />
in kleinen Mengen, w~hrend sie in einem der Gezeitenwirkung aus-<br />
gesetzten Wasserlauf bei Flatford Mill Field Centre, nicht weir von<br />
Colchester, in ungeheuren Mengen den Sehlamm griin f~rbte. Ein solches<br />
Vorkommen war bisher nicht beschrieben worden. Von diesem Material<br />
konnte in Erde-Wasser-RShrehen (PI~I~CSH~I~I 1946 a, 1946 b) mit 30 bis<br />
60 ~ igem kfinstlichem Seewasser gute Vermehrung erzielt werden. Ohne<br />
<strong>Salzwasser</strong> hingegen vermehrte sieh diese Eutreptia, wie aueh die gleiche<br />
Art aus einem Graben in Cambridge, nut sehr kfimmerlieh oder gar nicht.<br />
Dies ist die einzige sogenannte SfiBwasser.E,~treptia (SCHILLER 1925,<br />
S. 95). Sia"k verunreinigtes Wasser enth~Llt offenbar zuweilen genug<br />
Salze, um eine Vermehrung dieser Art zu ermSglichen. Sie ist nicht.<br />
selten. Ich land sie in Material von einem Franzensbader Moor (PRI~CS-<br />
1-I~.IlV[ 1936, S. 84), in einem Ententeich und in mehreren Gr~ben. Ffir<br />
* OtTo RE~I~I~ zum 70. Geburtstag gewidmet.<br />
Archiv ffir l~ikrobiologie, Bd. 18. 11
150 E.G. PRr~GsHEIM :<br />
eine gute Vermehrung ist verdiinntes natiirliches oder kiinstliches See-<br />
wasser Voraussetzung. Einzelne Salze, wie Natriumchlorid, Kalium-<br />
chlorid, Natriumnitrat oder Magnesiumchlorid kSnnen das Seewasser<br />
nicht ersetzen, wohl aber eine rohe Nachahmung wie die folgende:<br />
NaCI 3%, MgC12.6 H~O 0,4%, KC1 1%, MgSO4.7 H~O 0,5%,<br />
CaSO 4. 2 H.~O 0,1% (P~I~GSH~I~ 1946a, S. 28). Eine Reinkultur konnte<br />
trotz wiederholter Bemiihungen nicht erzielt werden, ebenso wenig wie<br />
yon den meisten anderen <strong>Eugleninen</strong>.<br />
Eutreptia viridis ist der Typus einer Gattung, in der Artunterscheidung<br />
und Namengebung etwas verwirrt sind. Nach den iiblichen Angaben hat<br />
sie zwei GeiBeln, im Gegen-<br />
satz zu Euglena mit einer<br />
GeiBel, und das soll der<br />
einzige Unterschied sein.<br />
Ob die GeiBeln ungleich in<br />
L~inge und Dicke sind, ist<br />
schwer festzustellen. GroB<br />
kSnnen die Unterschiede<br />
nicht sein. Euglenaceen,<br />
bei denen die zwei GeiBeln<br />
verschieden lang sind, wur-<br />
den yon DA CUNHA (1913)<br />
Eutreptiella und von SCHIL-<br />
LV.R (1925) Gymnastica ge-<br />
nannt. D~ die beiden Gei-<br />
Beln in keinem Falle ganz<br />
Abb, 1. Eutreptia viridis. Paramylonherde. Rechts zwei<br />
Paramylonherde mit Paramylonhfille nach ]:[EIDEI~HAIN-<br />
FStrbung; links verschied. Ansichten der Paramylonhillle.<br />
Vergr. 2500 fach.<br />
gleichwertig zu sein scheinen,<br />
wie etwa bei Chlamydomonas, und da bei den verschiedenen Arten<br />
alle l~berg~nge yon fast gleicher L~nge bis zu einem groBen Unterschied<br />
zwischen einer langen Schwimm- und einer kurzen StummelgeiBel<br />
gefunden worden sind, so liegt es nahe, alle Arten mit zwei GeiBeln<br />
in der Gattung Eutreptia zu vereinen. Dem stehen aber zwei Bedenken<br />
entgegen. In Wirklichkeit haben alle Euglenaceen zwei GeiBeln, wenn<br />
auch die eine meist so kurz bleibt, dab sie nicht aus der KanalSffnung<br />
herausreicht und bei der Fortbewegung nicht mitwirken kann (PI~:NGS-<br />
HEIM U. HOVASSE 1950). Da die Kurzgefl~el gewShnlich innerhalb der<br />
Sammelvakuole mit ihrer Spitze an der langen GeiBel festklebt, hat man<br />
oft yon einer an der Wurzel gegabelten GeiBel gesprochen. Das andere<br />
Bedenken rfihrt daher, dab alle Arten yon Eutreptia auBer E. viridis nur<br />
einmal und nicht genau genug beschTieben oder abgebfldet worden sind.<br />
Eutreptia viridis ist zwar, wie gezeigt werden wird, noch durch andere<br />
Merkmale als die GeiBell~nge yon Euglena verschieden; abet wh" wissen<br />
nicht, ob das ffir alle Arten gilt.
<strong>Salzwasser</strong>-<strong>Eugleninen</strong>. 151<br />
Dio Chromatophoren yon Eutreptia viridis werde~ in Beschreibungen<br />
und Abbfldungen als linsen- oder scheibenfSrmig dargestellt. Pyrenoide<br />
~ ~ .<br />
~ ~.~.. ~
152 E.G. PaI~QSHEIM:<br />
yon hohlkugelartig angeordneten ParamylonkSrnern umhiiUt ist (Abb. 1).<br />
Er sehein~ frei im Cytoplasma zu liegen, da eine Lagebeziehung zu<br />
Chromatophoren oft nicht ersichtlich ist. Diese haben aber in gesunden<br />
Zellen eine andere Gestalt als bisher angenommen wurde. Nur in nicht<br />
ganz frischen Exemplaren sehen sie scheibenfSrmig aus. Wenn gut ent-<br />
wickelt, sind die Elemente des Plastidoms keil- bis nagelfSrmig mit nach<br />
innen gehenden Forts~tzen, die sich bei dem pyrenoid~hnlichen KSrper<br />
Abb. 4. Butreptia pertyi nov. sp. Obere Reihe: Schwimmende Zellen in Schnellskizzen. Im un-<br />
gestSrten Zustan4e mit ,,Schwanz" wie die dritte uud vierte ZeUe, zuweilen mit Anschweilung<br />
wie ganz rechts. Die untere Reihe zeigt sK4rkere ~etabolie bei gehemmter Fortbewegung nach<br />
StSrung. Vergr. 500 fach.<br />
treffen, der dadurch als ein Paramylonherd gekennzeichnet ist, wie er<br />
ftir die Plastidome der Euglena viridis-Gruppe bekannt ist (Abb. 2, 3).<br />
Eutreptia Tertyi nov. spec. Die ~hnlichkeit in der Anordnung und Be-<br />
schaffenheit der Zellorgane mit den Verh~ltnissen bei Euglena viridis ist<br />
noch auffallender bei einer etwas gr5i~eren Art, Eutreptia pertyi (Abb. 4<br />
bis 6), die bei Brancaster an der Kiiste yon l~orfolk 5stlich der Miindung<br />
des Wash gefunden wurde. Dort befinden sich Salzmarsehen, in die das<br />
Meer zt~weflen einbricht und Tiimpel hinterl~Bt, yon denen einige, beim<br />
Hause des Goffklubs, sich als reich an <strong>Eugleninen</strong> erwiesen, welche an<br />
<strong>Salzwasser</strong> angepaBt sind. Eutreptia pertyi hat mit Eutreptia viridis die<br />
folgenden Zfige gemein: 1. Der ZellkSrper ist sehr metabolisch, d. h. er<br />
wechselt seine Gestalt schnell und stark, in derselben Weise wie es fiir<br />
Eutreptia viridis oft dargestellt worden ist, und wie es sonst nur ffir Arten<br />
der farb]osen, ungleichgeil3eligen Gattung Distigma bekannt ist, jedoch<br />
f'tir keine andere Euglenacee. 2. Beide GeiBeln sind ungef~hr so lang wie
<strong>Salzwasser</strong>-<strong>Eugleninen</strong>. 153<br />
der KSrper und werden zum Schwimmen benfitzt. Sie haben unabhi~ngige<br />
Blepharoplasten und eine Verdickung in HShe des Augenfleckes. 3. Ein<br />
sich nach Fixierung mit H~matoxylin und Safranin f~rbendes, unregel-<br />
m~ig vieleckiges Gebilde vor dem Kern ist, i~hnlich den Paramylon-<br />
herden yon Euglena viridis und Euglena geniculata, gewShnlich yon polye-<br />
drischen Paramy]onkSrnern umgeben, die best~ndiger sind als die<br />
0<br />
U<br />
d<br />
7 b<br />
Abb. 5. Eu~reptia pertyl nov. sp. a) Die elnen Paramylonherd nmgebenden KOmehen bei mittlerer<br />
Elnstelltmg. Yergr. 1000 faeh. b) Zelle mit Paramylonherd, GeiBeln, Kern und Chromatophoren,<br />
wie sie melst erseheinen. Letztere nut zum Teil eingezeichnet. Vergr. 750fach. c) Zelle in der<br />
h~,ufigen, rlibenf6rmigen Gestalt, Chromatophoren wie bei b). Vergr. 750 fach. d) Hinterende einer<br />
Zelle mit l~lngl|chen Chromatophoren in Sehr~gstellung. Vergr. 1000faeh. e) Gestalt derselben<br />
Zelle mit verdtcktem u and Andeutung yon Torsion. Vergr. 1000 fach.<br />
tibrigen, kleineren KSrnchen. 4. Was bei nicht ganz genauer Unter-<br />
suchung als ein freier, nicht mit Plastiden zusammenh~ngender Par-<br />
amylonherd erscheint, ist in Wirklichkeit ein Zentrum, yon dem Chloro-<br />
plastenb~nder ausstrahlen, die allerdings zerfallen und dann den Eindruck<br />
kleiner, scheiben- bis ellipsenfSrmiger Chloroplasten erwecken kSnnen.<br />
Die Arten sind verschieden durch Gestalt und Dimensionen (S. 163).<br />
Ffir die anderen ]~utreptien ist fiber den inneren Bau wenig bekannt. Gymna~tica<br />
elegans soll wenige grol~e Chloroplasten haben, Eutreptia viridis var, schizochlori8<br />
lanzett- oder rautenf6rmige, Eutreptia pascheri sternfSrmige~ die jedoch in der Ab-<br />
bildung nur leicht lappig erscbeiTmn, E~etreptia thiophila scheibenf6rmige. PS renoide
154 E.O. PanCOSHErM:<br />
werden abgeleugnet oder nicht erwghn$. Vielleiehta sind sie fibersehen worden, so wie<br />
bei Eutreptia viridis, ebenso wie der groBe Weehsel im Aussehen dee Plastidoms je<br />
naeh den Lebensumstiinden. Allgemeine Sehlfisse kSnnen also nieht gezogen werden.<br />
Abb. 6. Eutrep~ia pe'ttyi nov. sp. l~eeiats: ~Bei dieser A~ hguflge G~talt~, mit~ Kern, Paramylo~herd,<br />
$t,igma uncl scheinbar einzeln liegenclen Plastidom-Elementen oder CMoroplas~n, die l~ngliehe,<br />
mehr oder weniger sehr~tg gestellte Chloroplasten darstellen. Links: Verkiitztes Exemplar mi~<br />
deul~lieh s~rahlig angeordneten Chloroplasten-Bgudern. ~Iitte: Metabolisehe Zelle mi$ lang-<br />
gedriiektem Kern un3 regellos liegenden Plastidom-Elementen. Vergr. 1000 faeh.<br />
Bei den fibrigen Mitgliedern der Gruppe sind, abgesehen yon der recht<br />
verschiedenen GeiBellgnge, die wesentlichen Merkmale nicht beschrieben,<br />
so dab eine Aufzghlung genfigen muB.<br />
L Geifleln nicht erheblich verschieden lang.<br />
1. Eutreptia viridis Perry 1852<br />
2. ,, viridis var. schizochloris Entz 1883<br />
3. ,, lanowii Steuer 1904<br />
4. ,, pascheri Skvortzow 1925<br />
5. ,, globuli/era van Goor 1925<br />
6. ,, thiophila Skuja 1948<br />
7. ,, pertyi nov. sp.<br />
1I. Eine Geil3el lang, eine sehr kurz.<br />
8. Eutreptiella marina da Cunha 1914<br />
9. Gymnastica elegans Schiller 1925<br />
l O. ,, pa,scheri ,, ] 927<br />
1] .... do/teinii ,, 1.927<br />
Lgnge 49--66 it<br />
106--120/t<br />
25--60 #<br />
60<br />
20--30 tt<br />
40--70 It<br />
45--80 p<br />
70--90/t<br />
30--40 p.<br />
17--27 it
Sa]zwasser-<strong>Eugleninen</strong>. 155<br />
Von den Artender Liste stammt Nr. 2, offenbar eine unabhi~ngige Art,<br />
yon salzhaltigen Teichen in Ungarn, Nr. 3 aus den Kanitlen yon Triest,<br />
Nr. 5 aus Brackwasser in Holland, Nr. 6 aus Litoralwasser der 0stsee,<br />
Nr. 7 ebenfalls aus <strong>Salzwasser</strong> und 8--10 aus dem Adriatisehen Meer.<br />
In wirklichem SfiBwasser scheint demnach nie eine mit zwei Geigeln ver-<br />
sehene Euglenacee gefunden worden zu sein.<br />
Euglena.<br />
Trotz verstreuter Angaben in der Literatur, dag Arten von Euglena<br />
in <strong>Salzwasser</strong> vorkommen (ScHmLE~ 1925, VAN GOOR 1925, BAAS-<br />
BECKING 1925, LACKEY 1936, BIECttELER 1937, N. CARTER 1937, JAHN<br />
1946, 1951, H5FLER U. HSFLER 1952), lebt diese Gattung doch, im Gegen-<br />
satz zu Eutreptia, in der Hauptsache im SfiBwasser.<br />
Die Angaben fiber im Brackwasser lebende Euglenen sind zum Tell<br />
wenig bestimmt. Als Euglena deses wurde yon BRACUER (1919) eine Form<br />
beschrieben, die die schlammigen Ufer des Flusses Avon bei Bristol in<br />
der Gezeitenzone griin fiirbt. Der gleiche Organismus wurde yon GARD<br />
(1919) als E. limosa neu benannt und yon N. CARTER (1933) genauer ge-<br />
schildert. Die Art ist aber yon SCHMITZ schon 1884 aus der NiChe yon<br />
Bonn als E. obtusa (nicht zu verwechseln mit E. obtusa VAN GOOR 1925)<br />
beschrieben worden, wo sie den Schlamm am Ufer eines kleinen Teiches<br />
bewohnte, und wurde auch yon mir unter ahnlichen Umstanden in einem<br />
sehr schmutzigen Tfimpel gefunden. Die Lebensbedingungen miissen eng<br />
begrenzt sein. Es ist dies die einzige Art, die sich trotz vielmaligem Ver-<br />
such nicht ziichten lieB. In groBen Massen wurde sic auf Sehlamm-<br />
bitnken in den G ezeitenzonen an der West- und der Ostkfiste von Eng-<br />
land gefunden, und zwar nieht gemischt mit Eutreptia viridis, obgleieh<br />
beide z. B. bei Flatford Mill keine 100 m voneinander entfernt in Massen<br />
vorkamen. So wie im Falle yon E. limosa, so wurde auch anderen, in<br />
<strong>Salzwasser</strong> gefundenen Formen meist ein neuer Art.name gegeben.<br />
Euglena reticulata SJSSTEDT (1925), nieht zu verwechseln mit E. reti-<br />
culata MAINX (1926), aus der westliehen Ostsee ist naeh der Beschreibung<br />
nieht zu erkennen. E. interrupta (ScnlLLE~ 1925), bestehend aus kranken,<br />
nieht zu bestimmenden Zellen, und E. acus]ormis (ebenda) stammen aus "<br />
der Adria. Die letztere Form ist wahrscheinlich die gleiehe, die N. CA~TEIr<br />
(1937) in Salzmarsehen in England gefunden hat. Naeh ihrer Besehrei-<br />
bung handelt es sich wohl um E. proxima Dang. E. ~alina (LIEBETANZ<br />
1925) aus H~S-haltigem <strong>Salzwasser</strong> in Po]en, welche nach der Abbildung<br />
E. mutabilis gewesen sein dfirfte, wurde yon N. CARTER (1937, S. 61) als<br />
ihrer E. vermi/ormis ahnlich angesehen. E. baltica (ScHtiLEtr 1910,<br />
VAN Goo~ 1925) ist nicht nur in der Ostsee, sondern auch in Holland<br />
gefunden worden. BaAs-BEcKING (1925) land verschiedene Euglenen in<br />
amerikanisehen Salztiimpeln, gibt abet keine Namen. LACKEY (1936)
156 E.G. PRINGSHEIM :<br />
z~hlt ffir submarine Standorte der Nordostkfiste der Vereinigten Staatel~<br />
(Woods Hole, Massachusetts) E. gracilis und E. spec. auf. Diejenigen<br />
Stiimme der ersteren, die ich untersucht habe (PRINOSH]~I~ U. PRI~CSH~m<br />
1952), wurden schon durch ein auf das 8--10fache verdfinntes Nordsee-<br />
wasser, also etwa die Konzentration der 5st]ichsten Ostsee, etwas gehemmt.<br />
Genauere morphologische Angaben fiber die yon ihr in Salzmarschen<br />
Siidenglands gefundenen Euglenen sind bei N. CARTER (1937) ZU finden.<br />
Sie erw~hnt E. viridis, E. acus/ormis (vgl. oben) und E. vermi/ormis nov.<br />
sp., offenbar eine der Variet~ten yon E. deses, obwohl die Verfasserin<br />
keine ~hnlichkeit mit dieser Ar~ finder. JAH~ (1946, S. 247, 1951, S. 69)<br />
gibt Zusammenstellungen, wenn auch ohne Artnamen, und betont, dal~<br />
das Vorkommen der gleichen Art in Sfil3- und <strong>Salzwasser</strong> die Frage<br />
nach der Anpassungsfghigkeit nahe legt. FINLEY (1930) will gefunden<br />
haben, dal3 E. oxyuris, E. terrestris und E. spec. an Seewasser angepaBt<br />
werden kSnnen (vgl. auch KL~Bs 1883, S. 288/89). Ohne Kulturen kann<br />
aber diese Frage kaum gelSst werden, und meine Anpassungsversuche<br />
mit Arten des Sfi~wassers, die salzliebenden Verwandten sehr ~hnlich<br />
sind, z. B. E. viridis, E. deses und E. proxima, blieben ohne Erfolg. Halb-<br />
konzentriertes Seewasser wurde auch weder yon E. gracilis noch E. geni-<br />
culata oder E. anabaena vertragen, 25 ~) sch~digte stark, 12,5 ~o deutlich,<br />
w~hrend ohne Seewasser gutes Wachstum eintrat. Auch wenn yon einer<br />
Kultur in stark verdfinntem Seewasser in hShere Konzentrationen fiber-<br />
impft wurde, war keine Anpassung nachzuweisen.<br />
Die yon mir gefundenen Euglena-Arten aus <strong>Salzwasser</strong> konnten, mit<br />
Ausnahme yon E. obtusa, alle in Erde-Wasser-Kulturen mit verdfinntem<br />
natfirlichem oder kfinstlichem Seewasser zu lebhafter Vermehrung ge-<br />
bracht werden. Es sind die folgenden:<br />
1. Euglena viridis vat. maritima nov. var. wurde in einem Material<br />
gefunden, das Sir EDWARD SALISBU~r (Direktor des Botanischen<br />
Gartens in Kew) zur Bestimmung einsandte. Es stammte aus einem<br />
Gartenbecken, das abslchtlieh mit Seewasser geffillt worden war. Die<br />
Probe hatte einen Salzgeha]t yon 1,8~o, stellte also etwa halbkonzen-<br />
triertes Seewasser dar und war wohl dutch Regen verdiinnt. Diese Kon-<br />
zentration war, wie Kulturversuche ergaben, ungef~hr die gfinstigste.<br />
40 und 60% Seewasser erlaubten fast ebenso gute Vermehrung, w~hrend<br />
80 und 20 ~) kein Wachstum aufkommen liel~en. Bei 70 und 25 ~ waren<br />
ungef~hr die Grenzen erreicht. Die Vermehrung war am fippigsten bei<br />
Verwendung einer tonigen Erde. Die Form bevorzugt gute Ern~hrung.<br />
Dutch Zusatz yon Ammoniummagnesiumphosphat wurde ein starkes,<br />
]ang andauerndes Gedeihen der Kulturen erzielt. Auch geringe Mengen<br />
organischer Stoffe wurden gut vertragen.<br />
Diese Variet~t ist fast zylindrisch, gewThnlich schwach metabolisch, kann abet<br />
auf chemische Reize hin ihre Gestalt stark ver~ndern. Sie ist yon gewissen
<strong>Salzwasser</strong>-<strong>Eugleninen</strong>. 157<br />
Sii~wasserformen kaum zu unterscheiden (Abb. 7). Die Gei~el is~ nie so lang wie der<br />
ausgestreekte KSrper. Die 0berfl~che ist bei Betrachtung mit Immersion immer<br />
deutlich, werm aueh zart gestreift. GrSl]e 45--55 zu 15--17 #. Mit Vitalfarbstoffe~<br />
kleine, gef~bte Bli~schen unter der Oberfl~che. Kern hinter dem Paramylonherd.<br />
Bau der Zelle ganz wie bei manchen Sti6wasser-Vertretern der Sammelart E. viridis.<br />
wenn such mehr als iiblich zur Abflachung und Torsion geneigt. N. CA~T~S {1937.<br />
S. 55) Form scheint kleiner gewesen zu sein.<br />
2. Euglena viridis var. halophila nov. var. stammte yon demselben<br />
Standort wie Eutreptia pertyi, einem <strong>Salzwasser</strong>tiimpel bei Brancaster.<br />
bol, . 9<br />
Abb. 7. Euglena vlridis vat. maritima nov. ~ar. Die linke Zellc zeigt die h~ufigste Gestalt und die<br />
Paramylonk~irner hohlkugelartig urn den Paramylonherd angeordnet. Die reehte Zelle hat eine<br />
mehr spindelige Gestalt mit etwas zugespitztem Hinterende und, damit im Zusammenhang, einen<br />
l~inglich verformten Kern. Paramylonk~irner unregelm~Big angeordnet. Vergr. 1000 fach.<br />
Abb. 8. Euglena viridis vat. halo~hila nov. vat. Die beiden Zeichnungen gebea ungef~ihr die grfBten<br />
Verschiedenheiten der Gestalt, die bei dieser Variet~t vorkommen. Der Kfrper ist immer spindel-<br />
ffirmig; der dickste Tell kann abet vor oder hinter der ~Iitte liegen. Im letzteren Fall ist das Hinter-<br />
ende nieht so stark ausgezogen. Vergr. 1000 faeh.<br />
Auch diese u gedieh am besten bei der halben Konzentration des<br />
Nordseewassers, konnte sich aber noch bei roller Konzentration und<br />
selbst ohne Meerwasserzusatz vermehren, d. h. also, wenn der genannte<br />
Lchmboden mit See- bzw. Lei~ungswasser iiberschichtet und erhitzt<br />
worden war. )/[it 0,5--3~o Kochsalz war das Wachstum k~'mmerlich,<br />
bei 4 ~ blieb es aus. Zusatz yon Ammoniummagnesiumphosphat, ebenso<br />
yon ganz wenig St~rke, war fSrderlich.<br />
Die Gestalt dieser Variet~t ist verschieden yon der der vorigem Die Zellen sind<br />
spindelig und vorn sowie besonders hinten stark ver]iingt, mit einem fast zylindri-<br />
schen Schwanz (Abb. 8), wie das auch bei Siii~wasservariet~ten anzutreffen ist. Die
158 E.G. PRINGSIIBDI:<br />
sternf6rmige Anordnung der Chlorophyllb/inder ist nicht immer, aber zuweilen sehr<br />
deutlieh zu sehen. Die GeiBel erreieht nieht die L/~nge der Zellen, deren Obedl/~ehe<br />
zart gestrefft zu sein pflegt. Vitalfarbstoffe wirken wie bei der vorigen Variet/~t.<br />
Gr61le der Zellen 60---68 zu 12--17 p.<br />
3. Euglena deses var. carterae nov. var. ist, ebenso wie die beiden<br />
vorigen, zu einer alten Art als Variet~t gestellt worden, weft es unzweck-<br />
m~Big erscheint, jeder der vielen Formen yon Sammelarten einen neuen<br />
Artnamen zu geben. Diese Variet/it stammt vom gleiehen Standort wie<br />
Abb. 9. Euglena deses vat. carterae nov. var. Verschiedene Gestalten der sich wurmartig-kriechend<br />
bewegenden Variet~it. Groi]e scheibenfSrmige, einen grSl]eren Tell des Zellumfanges bedeckende<br />
Chloroplasten mit ,,nackten Pyrenoiden". Die hSchsten Grade der metabolischen Yerzerrung sind<br />
nicht dargestellt, well schwer zu zeichnen. Vergr. 1000 fach.<br />
die vorige und ist gleiehfalls f/~hig, sich in Erd-Wasser-Kulturen in<br />
einem weiten Bereich von Salzkonzentrationen zu vermehren. Sie be-<br />
siedelt zuerst die oberste Schlammschicht und dringt dann in die Erde<br />
ein, die sie gegen das Licht zu hinter dem Glase grtin fi~rbt. Nach einiger<br />
Zeit pflegt der dem Licht zugekehrte Teil der Erde an Euglenen zu ver-<br />
armen, so dab die griine Farbe auf einen hufeisenfSrmigen Streifen be-<br />
schr/~nkt wird. Auch in Erdabkochung und verd/innter mineralischer<br />
N/~hrlSsung mit Seewasser finder ein wenig Vermehrung statt, was bei<br />
den E. viridis-Variet~ten nicht der Fall war.<br />
Diese Variet/~t yon E. deses (Abb. 9) ist nie geifielbeweglich und hat ein auf-<br />
fallend kleines Stigma. Der Kern liegt weir hinter der Mitre. Die Chromatophoren
<strong>Salzwasser</strong>-<strong>Eugleninen</strong>. 159<br />
sind grog und haben sogenannte naekte Pyrenoide, d.h. diehte, sieh mit Kern-<br />
farbstoffen anfarbende linsenfSmige Gebilde in ihrer Mitre wie bei allen Vertretern<br />
der Art. Wo sie im Leben nieht deutlieh sind, kSnnen sie am leiehtesten mit wenig<br />
Jod siehtbar gemaeht werden. Neutralrotzusatz bewirkt das Auftreten yon kleinen<br />
roten Blasehen ohne regelmi~gige Verteilung, aber, wie fiblieh, vorwiegend im vor-<br />
deren Teil tier Zelle.<br />
4. Euglena proxima var. dangeardii nov. var. stammt wiederum aus<br />
den Salztfimpeln bei Brancaster, wo sie in fauligem Wasser, zusammen<br />
mit Eutreptia pertyi, vorkam. Formen, die mit Euglena proxima Dang.<br />
nahe verwandt sind, scheinen in <strong>Salzwasser</strong> h/~ufig zu sein. Die erste<br />
wurde yon SCHILLER (1925,<br />
S. 94, Taf. III, Abb. 7) aus<br />
der Adria als E. acus/ormis<br />
beschrieben, ist aber formver/~nderlich<br />
und daher<br />
nicht mit der starren, auch 0 ,(~<br />
anders geformten E. acus ~F'-'~ (~<br />
verwandt. Eine weitere _~,r-~O~ ~j-~<br />
Form hat N. CARTER in ~"--~)<br />
Salzmarschen der Isle of<br />
Wight gefunden (1937,<br />
S. 59). Im Jahre 1947 wurde<br />
!,, .~,~~ - "0<br />
~"'""U<br />
mir Material vom Loch<br />
Craiglin (Argyll, Schottland)<br />
zur Bestimmung iibergeben,<br />
das in nach Schwefelwasserstoff<br />
riechendem<br />
Schlamm gefunden worden Abb. 10. L'uglena proxima var. dangeardii nov. var. Spinwar.<br />
Das Wasser wechselte<br />
im Salzgehaltvon20-26~<br />
delige Zellen vorherrsehend; doch kommen auch mchr<br />
zylindrische vor, wie links darges~ellt, die jedoch v(m<br />
der folgenden Variet~t deutlich verschieden blcibcn.<br />
Die Euglene wurde damals Vergr. ~000 f~oh.<br />
als E. proxima bestimmt.<br />
Die Form von Brancaster gedieh in Erd-Wasser-g6hrchen wiederum<br />
mit ungefghr halbkonzentriertem Seewasser am besten, aber auch in<br />
viertel- und dreiviertelkonzentriertem. In hSheren Konzentrationen und<br />
ohne Seewasser vermehrte sieh dieser Stamm nicht. Die Sfii~wasserform<br />
yon Euglena proxima vertr~gt dagegen sehr wenig Salz. Auch diese<br />
Variet~t bevorzugt iippige Ern~hrung.<br />
E. proxima var. dangeardii ist spindelf6rmig wie die meisten Euglenen (Abb. 10):<br />
hinten ausgezogen, zart spiralig gestreift, mit stark seitlicher Kanal6ffnung, einem<br />
in der Mitre gelegenen Kern und nicht ganz kSrperlanger Geil~el. Die Chromato-<br />
phoren sind linsenf6rmig, oft etwas polyedrisch und 5--7 # im Durehmesser. Die<br />
Zellen sind 50--60 zu 15/~ groB.
160 E.G. PRINGSHEIM:<br />
5. Euglena proxima var. anglesia erhielt ich durch die Freundlichkeit<br />
von Dr. M. DROOP. Sie stammt aus brackischen Pftitzen bei Treadder<br />
auf der Insel Anglesey vor der englischen Westkiiste. Diese Pffitzen sind<br />
der Spritzwirkung des Meeres ausgesetzt. In Erde-Wasser-Kulturen lag<br />
das Optimum bei ~--3/4 Seewasser, bei voll konzentriertem trat kaum<br />
mehr Vermehrung ein, bei auf ~ verdiinntem Seewasser schwache, ohne<br />
Seewasser gar keine. Auch hier trug iippige Erniihrung sehr zum Gedeihen<br />
bei.<br />
( _ _ ~ ~ Diese Variet~t ist yon der vorigen morphologisch<br />
deutlich verschieden (Abb. 11). Die<br />
Zellen erscheinen fast zylindrisch, vorn ab-<br />
~ gerundet, hinten mit einem kleinen Schw~nz~<br />
chen. Die Formver~nderungen sind langsam<br />
~ und schwach. Die Streffung ist meist d.eutlich,<br />
die Geiflel etwas mehr als kSrperlang.<br />
Der Augenfleck ist grSBer als bei der vorigen<br />
Form, die Chromatophoren sind kleiner und<br />
0 r mehr l~nglich, ungef~hr 5 3/~, dicht ge-<br />
~ ~<br />
lagert, aber nicht polyedrisch, Auffallend sind<br />
einige gr6Bere Paramylonk6rner, die yon einer<br />
/ SeRe 1/inglich, yon der anderen kreisf6rmig<br />
.... ~" aussehen und eine diinne Stelle in der Mitte<br />
- haben.<br />
!<br />
~<br />
~f~l<br />
I Die Metabolle ist auch auf chemische Reize<br />
hin, z. B. auf Zusatz yon Neutralrot, schwach,<br />
~ w~hrend Methylenblau eine Verkiirzung und<br />
/(~ Anschwellung der Mitre bewirkt. Alle Vital-<br />
]/7~ "J farbstoffe bringen das Erscheinen yon kleinen,<br />
~/ runden, gef~rbten Bl~chen hervor, vor-<br />
f wiegend vorn. Der Kern liegt in der Mitre<br />
oder etwas dahinter. Gr6Be 65--70 zu 7--17p.<br />
Abb. 11. Euglena proxima vat. anglesla<br />
nov. var. Die linke Zelle stellt die h~uflgste<br />
Gestalt dar; die rechte ist etwas mehr<br />
spindelig, abet doch stets yon der vorigen<br />
VarietAt versehieden. An ihr ist die<br />
Streifung angedeutet. Hinterende mit<br />
kurzem Sehwanz immer unsymmetrisch.<br />
Paramylonk6rner stab- oder ,,ring"-<br />
f6rmig. Gew6hnlich ein Paramylonkorn<br />
schr~.g vor dem Augenfleck, wie es aueh<br />
bei der nahe verwandten Art Euglena<br />
variabilis :Klebs die Regel ist.<br />
Besprechung.<br />
Durch die gesehilderten Befunde wird<br />
eine Reihe von Fragen nahegelegt. Was<br />
bedeutet phylogenetisch die Gebunden-<br />
heir an Brackwasser, und wo kamen<br />
diese Organismen ursprfinglich her?<br />
In der 0kologie des Brackwassers<br />
mfissen zwei Dinge auseinandergehalten<br />
werden, n~mlich verdiinntes Meerwasser als Standort und ein Wechsel<br />
zwischenMeer- und SiiBwasser. Standorte, an denen dauernd ein ungef~hr<br />
gleich verdiinntes Meerwasser geboten wird, sind, abgesehen yon der Ostsee,<br />
selten. Auflerdem scheinen die meisten ~eeresorganismen ebensogut wie<br />
bei der Konzentration der Nordsee, bei der halben Konzentration, zu<br />
gedeihen. Ein Wechsel im Salzgehalt am Standort dagegen ist h~iuiig,<br />
nicht nur in FluBmiindungen infolge der Gezeiten, sondern auch in
<strong>Salzwasser</strong>-<strong>Eugleninen</strong>. 161<br />
Seewassertfimpeln und anderen kleinen, salzigen Wasseransammlungen,<br />
die zuzeiten eindunsten und dnrch den Regen wieder verdfinnt werden.<br />
Anpassung an Brackwasser wird also meist mit einer Widerstandsf~hig-<br />
keit gegen Konzentrationswechsel verbunden sein. Wenn freilich eine<br />
der beschriebenen <strong>Eugleninen</strong> plStzlich aus normalem in stark ver-<br />
dfinntes Seewasser fibertragen wird oder umgekehrt, so werden die<br />
Zellen gesch~digt und schrumpfen (HSFLER U. ttSFLER 1952), bzw. sie<br />
platzen und das Protoplasma l~uft aus. Ein langsamer oder geringer<br />
Wechsel dagegen macht ihnen nichts aus.<br />
Im ganzen scheint es, dab die Arten yon Eutreptia durchweg Salz-<br />
organismen sind, bei Euglena dagegen die SfiBwasserformen fiberwiegen<br />
und die in <strong>Salzwasser</strong> lebenden yon solchen des SiiBwassers stammen.<br />
Es ist allerdings auffallend, dab die yon Salz-Euglenen ertragenen Kon-<br />
zentrationen nicht niedriger sind als bei den beiden Eutreptien. Was die<br />
Arten yon Euglena anbelangt, die in <strong>Salzwasser</strong> angetroffen worden sind,<br />
so fehlen, abgesehen yon LACKEYS Angabe fiber Euglena gracilis, solche<br />
mit doppelt beschalten Pyrenoiden, w~hrend Vertreter der untereinander<br />
nicht n~her verwandten Sammelarten Euglena deses, E. proxima und<br />
E. viridis in mehreren Variet~ten aufgefunden worden sind. Phylo-<br />
genetische Schlfisse kSnnen somit nicht gezogen werden, solange nicht<br />
mehr Befunde vorliegen. Auch ist keine Euglenine bisher im eigentlichen<br />
Meer gefunden worden. SCHILLER ffihrt seine Funde in der Adria auf<br />
VerscMeppung aus Kfistengew~ssern zurfick.<br />
Ebenso unsicher sind die Grundlagen zur Beantwortung der l%age,<br />
ob Euglena oder Eutreptia urspriinglicher ist. MAINX (1927, S. 350) h~lt<br />
Eutreptia viridis ffir ein primitives Mitglied der Euglenaceen, und zwar<br />
wegen ihres symmetrischen KSrperbaues und der zwei langen GeiBeln.<br />
Das Vorhandensein der letzteren werden wir auch heute als ein primi-<br />
tives Merkmal ansehen, obwohl sie funktionell nicht gleichartig zu sein<br />
scheinen (ST~uE~ 1904, S. 121; SCHrLL~ 1925, S. 4 und Taft 4, Abb. 19;<br />
PRINGSH~I~ 1936, S. 84; SKVJ~ 1948, S. 204; PRrNCSHEIM U. ttOVASSE<br />
1950, S. 534), um so mehr als dieMeinung yon M~I~x, dab beiden anderen<br />
Engleninen zwar yon 2 BasalkSrnern 2 GeiBeln angelegt werden, diese<br />
aber zu einer einzigen verschmelzen, ebenso wie seine Erwartung, dal~<br />
die sogenannte Amastigatae ELI~lVKII~s (1924) trotz scheinbarem GeiBel-<br />
mangel doch den inneren GeiBel~pparat besitzen, durch spatere Unter-<br />
suchungen besti~tigt worden ist (PRn~GSHEIM U. HOVASSE 1950). Das<br />
andere Merkmal aber kSnnen ~dr nicht verwenden, obgleich es wahr-<br />
scheinlich ist, dab ,,die durch Torsion des KSrpers hervorgerufene<br />
Asymmetrie der iibrigen <strong>Eugleninen</strong> sicher abgeleiteten Charakter hat"<br />
(M~INX, ebenda), und zwar deshalb nicht, well Eutreptia pertyi (Abb. 6)<br />
eine seitlich verschobene KanalSffnung mit Bildung zweier ungleicher<br />
Lippen hat, was auch STEUER (1904, S. 127) bei Eutreptia lanowii schon
162 E.G. PRINGSHEIM :<br />
gesehen hat. Bei Eutreptia viridis ist das freflich nicht so deutlich, so da~<br />
sie durch eine dureh den Augenfleck gelegte Ebene in zwei nahezu<br />
spiegelbildlieh gleiche H~lften zerlegt werden kann, wobei aber die<br />
Sammelvacuole deutlich seitlich liegt. Weiterhin betrachtet MAINX die<br />
pyrenoidfreien, linsenfSrmigen Chromatophoren gegeniiber denen mit<br />
doppelt besehalten pyrenoiden als abgeleRet. Solehe Chromatophoren<br />
werden gew5hnlich auch Eutreptia viridis zugesehrieben, bei der sie<br />
jedoch in Wirklichkeit viel komplizierter gebaut sind (vgl. S. 151).<br />
,,Freie Paramylonherde" sind zuerst yon MAINX (1927, S. 338) fiir<br />
seine Euglena deses angegeben worden, die sich aber bei Nachpriifung<br />
an dem noch erhaltenen Stamm als eine Form der sehwierigen, poly-<br />
morphen Art Euglena geniculata Dujard. erwiesen hat. Ein weiterer Fall<br />
einer <strong>Eugleninen</strong>zelle mit zentralem Pyrenoid und strahligen Chromato-<br />
phorenb~ndern ist yon CHAD~FAVD (1937, S. 113) als Lepocinclis radiata<br />
beschrieben worden. Diese Form scheint aber mit Lepocinclis nicht viel<br />
mehr gemein zu haben, als dab es sich um eine starre, rundliche Eugle-<br />
nacee handelt, z.B. nieht die Radiiirsymmetrie, die linsenfSrmigen<br />
Chloroplasten und die zwei gro]en Paramylonringe, die ftir diese Gattung<br />
kennzeichnend sein sollen. Wir haben demnaeh einen fast gleichen Bau<br />
des Protoplasten, yon C~ADEFA~D (1937, S. 164) ,,m~soplastidid pro-<br />
eentrique ~ Paramylonherd" genannt, bei Vertretern yon Euglena,<br />
Eutreptia und Lepocinclis. Wie steht es da mit den Gattungen? Sind<br />
nicht die Ausbildung des Plastidoms, die Lage des Kernes und die<br />
Pyrenoide bzw. Paramylonherde ebenso wiehtig fiir die systematische<br />
Einordnung einer Art wie die mehr oder weniger ausgepriigte Starrheit<br />
des Periplasten oder Verschiedenheit in der Liinge der Gei~eln? Jeden-<br />
falls ist die Ahnlichkeit im inneren Bau der drei <strong>Eugleninen</strong> sehr auf-<br />
f~llig und gibt uns neue phylogenetische R~itsel auf. Auch sind die Arten<br />
von Eutreptia, die n~her untersucht werden konnten, keineswegs pri-<br />
mitiv, was immer man bei Euglenaceen als den urspriinglichsten Bau<br />
des Plastidoms ansehen mag, ob mit MAI~x (1927, S. 350) seheiben-<br />
fSrmige oder mit CHAD~FA~D (1937, S. 88) ein einziges, gro~es Chro-<br />
matophor.<br />
Ein weiteres, noeh offenes Problem ist die Versehiedenheit in bezug<br />
auf die giinstigste Salzkonzentration zwischen Variet~ten derselben Art<br />
yon Euglena in ihrer Bedeutung ffir die Phylogenie. Ohne Versuche<br />
h~s man leicht den Trugsehlul] ziehen kSnnen, dal3 die gleiche taxo-<br />
nomische Form sowohl in Sfil~- wie in <strong>Salzwasser</strong> leben kann. Ahnliehes<br />
ist bei anderen Organismen, besonders bei den farblosen Cyanophyceen-<br />
Gattungen Beggiatoa und Achromatium sowie bei Vitreoscilla (vgl.<br />
PRI~-CSHEIM 1949, 1951) ZU bemerken, obgleich noch keine genfigenden<br />
Erfahrungen fiber Anpassungsf~higkeit vorliegen. Sovie! sich sicher-<br />
stellen lieB, sind auch bei Beggiatoa und Vitreoscilla sowie bei gefiirbten
<strong>Salzwasser</strong>-<strong>Eugleninen</strong>. ] 63<br />
Cyanophyceen Siifiwasser- und Salzformen streng geschieden. Der Ur-<br />
sprung dieser Bindung ist nicht bekannt.<br />
Diagnose.<br />
Eutreptia pertyi nov. spec. ZellkSrper im ungest6rten Schwimmen spindelig bis<br />
fast zylindriseh, oft vom verdiekt, mit mehr oder weniger langem schwanzartigem<br />
Hinterende, das aber nieht so lang wird wie bei E. viridis. Bei gehemmter Be-<br />
wegung starke Metabolic, wobei Anschwellungen entstehen, die von vorn nach<br />
hinten laufen. KanalSffnung etwas seitlich. Stigma klein. Zwei, ungef&hr kSrper-<br />
lange Geiileln. Kern hinter der Mitre; davor Paramylonherd, yon dem Chloro-<br />
plastenb~inder nach allen Seiten ausstrahlen, dere n l~ngste nach hinten gerichtet<br />
sind und den Kern umfassen. Durch Zerfall der Chloroplastenbi~nder entstehen oft<br />
zahlreiche, l~ingliche bis rundliche ChlorophyllkSrper.<br />
Yundort: Brackwassertiimpel bei Brancaster, England.<br />
0kologie: Vermehrt sich nur in verdiinntem Seewasser.<br />
Zusammenfassung.<br />
Es wird dargelegt, dab das Vorkommen yon <strong>Eugleninen</strong> in Brack-<br />
wasser keine seltene Erscheinung ist. Die Arten. der Gattung Eutreptia<br />
sind alle an mehr oder weniger salzhaltiges Wasser gebunden. Von<br />
Euglena leben Variet/~ten bekannter Arten in Brackwasser, die meisten<br />
~ber in Sfil~wasser.<br />
Eine Art yon Eutreptia (E. pertyi) und ffinf V~riet/~ten yon Euglena<br />
viridis, Euglena proxima und Euglena deses werdea als neu besehrieben.<br />
Die beiden untersuchten Arten yon JEutreptia haben einen Paramylon-<br />
herd, von dem, wie bei Euglena viridis, Chloroplastenb/~nder ausstrahlen,<br />
welche aber leicht in kleinere Elemente zerfallen.<br />
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