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Gruppe Oenologie und Kellerwirtschaft Nr. 27 22.12 ... - (DLR) Mosel

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KELLERWIRTSCHAFTLICHER<br />

INFORMATIONS-SERVICE (KIS)<br />

MOSEL 2010<br />

SÄUREMANAGEMENT<br />

<strong>Gruppe</strong> <strong>Oenologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Kellerwirtschaft</strong><br />

Dienstort Bernkastel-Kues 06531 956 –<br />

Börker - 403 wolfram.boerker@dlr.rlp.de<br />

Gindorf - 419 anne.gindorf@dlr.rlp.de<br />

Hess - 414 karl-hans.hess@dlr.rlp.de<br />

Lipps - 402 michael.lipps@dlr.rlp.de<br />

Rosch - 405 achim.rosch@dlr.rlp.de<br />

Fax - 444<br />

Dienstort Mayen 02651 400 –<br />

Schmitt - 322 klaus.schmitt@dlr.rlp.de<br />

Fax -329<br />

<strong>Nr</strong>. <strong>27</strong> <strong>22.12</strong>.2010<br />

Noch immer hält die ungewöhnlich hohe Säure des Weinjahrgangs 2010 die Winzer auf<br />

Trab. Zum Jahresabschluss noch einige aktuelle Anmerkungen aus den Erfahrungen der<br />

oenologischen Beratung:<br />

Der Jahrgang 2010 hat eine besondere Säurestruktur. Besondere Weine bedürfen besonderer<br />

Behandlung. Maßnahmen nach Rezepten aus anderen Jahren sind dieses Jahr nicht<br />

angebracht.<br />

Der Geschmack ist entscheidend!<br />

Vor Durchführung weiterer Entsäuerungsmaßnahmen ist es wichtig, den geschmacklichen<br />

Eindruck etwaiger Analysenergebnissen voranzustellen. Möglicherweise schmeckt ihr Wein<br />

weniger sauer als die Analysenergebnisse der Gesamtsäure glauben machen wollen. Bei zu<br />

starker Entsäuerung schmecken die Weine dann breit.<br />

Fragen Sie im Labor auch nach dem pH-Wert! Der gibt Ihnen an, ob die Säure gut gepuffert<br />

ist oder kernig sauer schmeckt.<br />

Bei der Einstellung der Säure ist auch die Süße von entscheidender Bedeutung. Prüfen Sie<br />

ernsthaft, ob ihre „trocken schmeckenden Weine“ überhaupt diese Bezeichnung tragen müssen<br />

oder ob sie darauf verzichten können <strong>und</strong> auch mit etwas mehr Restsüße die Säure<br />

harmonisch abfangen können. Gleiches gilt für halbtrockene Weine. Hierfür steht der Begriff<br />

„feinherb“ zur Verfügung, der gesetzlich nicht näher definiert ist <strong>und</strong> sich im halbtrockenen<br />

Bereich hin bis zu etwa 25 g Restzucker pro Liter bewegen sollte. Beachten Sie aber auch,<br />

dass sich nach der Filtration der Geschmack nochmals verändert <strong>und</strong> die Säure meist spitzer<br />

schmeckt, wenn die Schutzkolloide entfernt wurden.<br />

Bedenken Sie auch, dass die Weine beim Erwärmen saurer schmecken. Probieren Sie daher<br />

bei Zimmertemperatur <strong>und</strong> nicht im kalten Keller.<br />

Weinsteinausfall beachten!<br />

Die Schutzkolloide sind auch dafür verantwortlich, dass sich der prognostizierte Weinsteinausfall<br />

im Jungwein in Grenzen hält. Dieser wird jedoch nach der Entfernung dieser Kolloide<br />

durch Filtration verstärkt einsetzen <strong>und</strong> die analytisch gemessene Gesamtsäuregehalte senken.<br />

Der pH-Wert wird dabei kaum verändert!<br />

Säurestatus im Jungwein überprüfen!<br />

Um die richtige Entscheidung für eventuell notwendige weitere Entsäuerungsmaßnahmen<br />

treffen zu können, müssen jeweils der Gehalt an Weinsäure <strong>und</strong> Äpfelsäure bekannt sein.<br />

Nur wenn Sie wissen, wie viel Weinsäure noch in Ihrem Jungwein enthalten ist, können Sie<br />

auch entscheiden, ob eine Einfachentsäuerung überhaupt noch möglich ist oder eine Doppelsalzentsäuerung<br />

notwendig wird. Umgekehrt ist eine chemische Entsäuerung jedoch im<br />

derzeitigen Stadium einem BSA in der Regel vorzuziehen – vorausgesetzt, der Jungwein


_____________________________________________________________________ Seite 2<br />

enthält noch genügend Weinsäure <strong>und</strong> der pH-Wert stimmt. Zur Durchführung einer Doppelsalzentsäuerung<br />

lesen Sie unseren KIS 18, 19 <strong>und</strong> 23 aus 2010 <strong>und</strong> den zugehörigen Sonderdruck<br />

„Entsäuerung“ von U. Bamberger.<br />

Die Kenntnis des pH-Wertes ist unbedingt notwendig!<br />

Der pH-Wert ist für verschiedene Faktoren der Weinbereitung unheimlich wichtig. Daher sollten<br />

Sie ihn auf jeden Fall kennen!<br />

• Der pH-Wert beeinflusst die mikrobiologische Stabilität. Bei einem Wert über 3,4 ist<br />

der Wein mikrobiologisch gefährdet, solange er keinen Schwefel bekommen hat.<br />

• Die Wirkung des Schwefels seinerseits ist ebenfalls stark pH-Wert abhängig. Je höher<br />

der pH-Wert, desto geringer ist die Wirkung. Andererseits kann mit einer kleinen<br />

pH-Wert-Anhebung durch Entsäuerung, der Gehalt freien Schwefels (in der Nase)<br />

gesenkt werden!<br />

• Durch Entsäuerungsmaßnahmen wird der pH-Wert angehoben. Bei einer Einfachentsäuerung<br />

gilt die Faustregel, dass pro Gramm Säureminderung der pH-Wert um etwa<br />

0,1 steigt. Bei einer gelungenen Doppelsalzentsäuerung liegt der Anstieg bei etwa<br />

0,06 bis 0,07. Der BSA hebt den pH-Wert um etwa 0,05 pro Gramm Gesamtsäureminderung.<br />

Dies muss bei der Entscheidung zur Entsäuerung ebenfalls berücksichtigt<br />

werden.<br />

• Die Aussage des pH-Wertes zum sauren Geschmackseindruck ist gerade für den<br />

Jahrgang 2010 von Bedeutung. Weine mit hohem pH-Wert zwischen 3,3 <strong>und</strong> 3,5<br />

schmecken bei gleichen analytischen Gesamtsäurewerten weniger sauer als solche<br />

mit pH-Werten zwischen 3,0 <strong>und</strong> 3,2!<br />

Weitere ausführliche Hinweise zur Bedeutung des pH-Wertes entnehmen Sie unserem KIS<br />

18 <strong>und</strong> 21, sowie den KIS mit Entsäuerungsmaßnahmen (s.o.).<br />

Bakterieller Säureabbau ist nun kaum noch eine Alternative!<br />

Der häufig empfohlene <strong>und</strong> sinnvolle Einsatz von Bakterien zum Abbau der Äpfelsäure sollte<br />

im derzeitigen Stadium wohl überlegt sein:<br />

• Einerseits sind bereits viele Weine abgeschwefelt, so dass ein BSA nicht mehr beginnen<br />

wird.<br />

• Andererseits sind die Keller inzwischen kalt <strong>und</strong> die Gebinde müssten auf Starttemperaturen<br />

von ca. 18°C angewärmt werden <strong>und</strong> diese T emperatur auch während des<br />

BSA halten! Dies zu gewährleisten, ist für die meisten Winzer nach wie vor ein logistisches<br />

Problem.<br />

• Darüber hinaus müssen die Weine beim Einsatz der meisten BSA-Kulturen einen<br />

pH-Wert größer 3,2, besser 3,4 aufweisen. Gegebenfalls muss also chemisch entsäuert<br />

werden, um den pH-Wert einzustellen.<br />

• Der Gehalt an vorhandenem Alkohol wirkt als Zellgift ebenfalls dem Bakterienwachstum<br />

entgegen. Der Alkoholgehalt sollte daher unter 13 %-vol. liegen.<br />

• Bei einem BSA nach abgeschlossener Gärung muss der Gehalt an Glucose unter<br />

5 g/L liegen, da durch die Bakterien auch die Glucose unter anderem zu Essigsäure<br />

abgebaut wird. Bei Gehalten über 5 g/L kann die entstehende flüchtige Säure zusammen<br />

mit der bereits vorhandenen flüchtigen Säure schnell die Grenzwerte erreichen.<br />

• Zuletzt kann möglicherweise der Gehalt an vorhandener Äpfelsäure der Säureminderung<br />

entgegen wirken. Dies klingt zwar paradox, aber einige Bakterienstämme können<br />

eventuell nur arbeiten, wenn der Gehalt an vorhandener Äpfelsäure weniger als<br />

6 g/L beträgt oder sie können nur eine bestimmte Menge Äpfelsäure abbauen <strong>und</strong><br />

beenden den BSA, ohne die vorhandene Äpfelsäure vollständig abzubauen. Dies ist<br />

jedoch nicht nachgewiesen, sollte aber bei einer anstehenden Entscheidung berücksichtigt<br />

werden.<br />

Weitere Hinweise zur Durchführung des BSA entnehmen Sie unseren KIS 18,19 <strong>und</strong> 23.


_____________________________________________________________________ Seite 3<br />

Gefahr erhöhter Calciumgehalte im Wein!<br />

In Unkenntnis des Weinsäuregehaltes oder fehlgelaufener Doppelsalzentsäuerungen ist es<br />

möglich, dass Weine erhöhte Calciumgehalte aufweisen. Hierdurch können die Weine pappig<br />

<strong>und</strong> bitter schmecken. Sofern diese Weine nicht mit säurereichen Weinen oder Süßreserve<br />

verschnitten werden, empfiehlt sich in diesem Fall die Behandlung mit Weinsäure zur<br />

Fällung dieses Calciums. Die genaue Kenntnis des Calciumgehaltes ist jedoch hierfür absolut<br />

notwendig, um die genaue Dosage des homogenen Gemisches vom Labor errechnen<br />

<strong>und</strong> abwiegen zu lassen. Der Einsatz von im Handel erhältlichen Bikaliumtatrat ist hierfür<br />

ebenso möglich. Die Aromaqualität der so behandelten Weine wird durch die extrem intensive<br />

Rührnotwendigkeit jedoch sehr stark geschädigt.<br />

Weinrecht beachten!<br />

Beachten Sie, dass Jungweine bis zum 15.03. des auf die Ernte folgenden Jahres entsäuert<br />

sein müssen. Weine dürfen dagegen nur um 1 g/L in der Summe entsäuert werden. Dies ist<br />

dann allerdings auch ganzjährig möglich. Entsäuern dürfen gr<strong>und</strong>sätzlich nur die Weinerzeuger.<br />

Wer also fertigen Fasswein verkaufen möchte, muss darauf achten, dass dieser schon<br />

entsprechend entsäuert ist oder ihn als Jungwein verkaufen.<br />

Kristallstabilität!<br />

Lassen Sie insbesondere bei „Frühfüllungen“ die Kristallstabilität Ihrer Weine überprüfen. Bei<br />

Entsäuerungen mit Kalk müssen Sie beachten, dass die optimale Temperatur zum Ausfällen<br />

des Calcium-Weinsteins bei 16°C liegt. Kühle Temper aturen führen zu längeren Wartezeiten.<br />

Der sinnvolle Einsatz von Kaliumhydrogencarbonat zur Entsäuerung im Jungwein wiederum<br />

wirkt besser bei sehr niedrigen Temperaturen. Ergänzend wird der Ausfall des entstehenden<br />

„echten“ Weinsteins durch die Zugabe von Kontaktweinstein gefördert. Das Gefüge aus Kalium<br />

<strong>und</strong> Weinstein wird bei der Bildung von Cuvees oder dem Süßreservezusatz wieder verändert.<br />

Daher ist eine Lagerung von 6-8 Wochen des füllfertigen Weines bei niedrigen Temperaturen<br />

zum Weinsteinausfall dringend empfohlen. Calciumtatrat fällt besser bei hohen<br />

Temperaturen um 16°C aus.<br />

Die Weinsteinstabilisierung durch Zusatz von Metaweinsäure oder CMC wirkt bei einer vor<br />

Kurzem durchgeführten Entsäuerung mit Kalk nicht ausreichend. Calciumtatrat kann trotz<br />

vermeintlicher Stabilisierung auf der Flasche ausfallen. Beachten Sie weiterhin unsere veröffentlichten<br />

Empfehlungen zum Einsatz solcher Stabilisierungsmittel im KIS 23 vom<br />

02.12.2009.<br />

Insbesondere ist zu beachten, dass Metaweinsäure nur etwa ein Jahr stabilisiert <strong>und</strong> anschließend<br />

Weinstein vermehrt ausfällt. Je wärmer die Lagertemperaturen des Weines gewählt<br />

werden, desto kürzer ist diese Zeit.<br />

Beim Einsatz von CMC ist auf Eiweißstabilität zu achten, um Trübungen auszuschließen.<br />

Der Einsatz im Rotwein ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht empfehlenswert.<br />

Ältere KIS können Sie im Internet finden unter www.dlr-mosel.rlp.de. Klicken Sie auf Themen/Weinbau<br />

– <strong>Oenologie</strong>/<strong>Oenologie</strong>/<strong>Kellerwirtschaft</strong>liche Informationen <strong>Mosel</strong> <strong>und</strong> wählen<br />

Sie den KIS aus, den Sie noch einmal lesen möchten.<br />

Wir wünschen Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest <strong>und</strong> einen guten<br />

Rutsch in ein erfolgreiches Jahr 2011.<br />

Wir freuen uns auf ein Wiedersehen auf den <strong>Mosel</strong>weinbautagen 2011<br />

am 11. <strong>und</strong> 12. Januar in Leiwen.<br />

Ihr Team <strong>Oenologie</strong> des <strong>DLR</strong> <strong>Mosel</strong>.

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