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MIND Magazin - Das Schweizer MännerLifestyleMagazin Dezember 2012

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und staatlichen Emittenten erzielt. Der<br />

Emittent bezahlt die Ratingagentur im<br />

Gegenzug für die Bewertung. Da sind<br />

Konflikte vorprogrammiert. Denn wie<br />

bei allen Einnahmen entfallen größere<br />

Umsatzanteile auf besonders große<br />

Kunden. Dies könnten beispielsweise<br />

große Konzerne sein, die die Ratingagenturen<br />

beauftragen, gleich alle<br />

Tochtergesellschaften zu bewerten.<br />

Daraus resultiert eine Abhängigkeit,<br />

die zu Gefälligkeitsbewertungen<br />

...<br />

führen kann.<br />

OBJEKTIVE BEWERTUNGEN KÖNNEN NICHT<br />

GARANTIERT WERDEN<br />

Auch sind die Ratingagenturen nicht<br />

davor gefeilt, dass einzelne Mitarbeiter<br />

durch persönliche Interessen,<br />

etwa eine zukünftige Anstellung in<br />

einem Unternehmen oder die private<br />

Aktienspekulation, nicht zu objektiven<br />

Bewertungen gelangen oder Informationen<br />

bewusst zurückhalten. Auch auf<br />

der Länderrisikoebene können Konflikte<br />

dann auftreten, wenn ein Land<br />

und die dort ansässigen Unternehmen<br />

für die Umsätze einer Ratingagentur<br />

besonders wichtig sind. Insbesondere<br />

diese Kritikpunkte führten in der<br />

aktuellen Staatsschuldenkrise Europas<br />

dazu, immer lauter eine unabhängige<br />

europäische Ratingagentur zu fordern.<br />

Wie die Chancen dafür aussehen, welche<br />

Voraussetzungen dafür notwendig<br />

sind und welche Marktchancen eine<br />

solche Ratingagentur haben würde,<br />

lesen sie im vierten Teil.<br />

...<br />

IST EINE GESAMTEUROPÄISCHE RATINGAGENTUR<br />

DIE LÖSUNG?<br />

Im letzten Teil dieser Abhandlung<br />

über die Ratingagenturen wird das im<br />

Raum stehende Modell einer europäischen<br />

Ratingagentur unter die Lupe<br />

genommen. Wenn es nach den Kritikern<br />

an den Ratingagenturen geht,<br />

könnte schon im Laufe des Jahres<br />

<strong>2012</strong> eine solche europäische Agentur<br />

ihre ersten Bewertungen vornehmen.<br />

Mit Glaubhaftigkeit und objektiven<br />

Bewertungen zum Erfolg<br />

Neben der Machtfülle, die in den Händen<br />

der amerikanischen Ratingagentu-<br />

68 <strong>MIND</strong>`DAS SCHWEIZER MÄNNER-LIFESTYLEMAGAZIN`<br />

ren liegt, beklagten sich Kritiker über<br />

die mangelnde Transparenz. Einzelne<br />

Ratings seien nicht nachvollziehbar<br />

und die unterschiedliche Bewertung<br />

bzw. die zeitliche Verzögerung von<br />

Down- und Upgrades seien teilweise<br />

widersprüchlich. Eine europäische<br />

Ratingagentur müsste an diesem Punkt<br />

ansetzen, um das Prädikat „glaubhaft<br />

und objektiv“ für sich beanspruchen<br />

zu können. Eine europäische Ratingagentur<br />

ist nur dann sinnvoll, wenn<br />

sie ein anderes Geschäftsmodell und<br />

transparentere Ratingprozesse vorweisen<br />

kann als die etablierten Agenturen.<br />

Die Vorschläge, die dazu im Raum<br />

stehen, sind auf<br />

...<br />

den ersten Blick vielversprechend.<br />

INTERESSENKONFLIKT ZWISCHEN RATINGAGENTUR<br />

UND EMITTENT AUFLÖSEN<br />

Ein weit fortgeschrittener Ansatz, der<br />

Zuspruch von Ökonomen findet und<br />

bereits auf EU-Ebene diskutiert wird,<br />

basiert auf der vollständigen Offenlegung<br />

des gesamten Ratingprozesses<br />

im Internet. Eine noch zu schaffende<br />

Plattform soll das Geschäftsmodell unabhängig<br />

von den Emittenten machen.<br />

Zukünftig sollen die Investoren wieder<br />

für die Ratings bezahlen, sodass der<br />

Interessenkonflikt zwischen Ratingagentur<br />

und Emittent aufgehoben wird<br />

und sich die Bonitätswächter künftig<br />

den Investoren verpflichtet fühlen. Die<br />

Emittenten sollen verpflichtet werden,<br />

ihre Informationen auf der Plattform<br />

zu veröffentlichen. Dies soll garantieren,<br />

dass alle Ratingagenturen mit der<br />

gleichen Informationsbasis arbeiten.<br />

Investoren können nun eines oder<br />

mehrere Ratings<br />

...<br />

erwerben oder auch<br />

eigene Ratings zum Kauf anbieten.<br />

DER GESETZGEBER MUSS DIE VORAUSSETZUNGEN<br />

DAFÜR SCHAFFEN<br />

Die Idee klingt gut und ist ein vielversprechender<br />

Ansatz, der jedoch<br />

nicht ohne die Hilfe der Gesetzgebung<br />

realisiert werden kann. Zwar besteht<br />

bereits heute eine Veröffentlichungspflicht<br />

der Emittenten, allerdings nicht<br />

in Bezug auf eine solche Plattform.<br />

Ein weiterer Punkt ist die Einführung<br />

der Haftbarkeit von Ratingagenturen.<br />

Bisher gelten die Bewertungen als<br />

einfache Meinung und unterliegen der<br />

Meinungsfreiheit. In der Realität sind<br />

die Ratings jedoch viel mehr. Pensionsfonds<br />

haben etwa einen Automatismus,<br />

der zum Verkauf von Papieren<br />

führt, sofern sie kein bestimmtes<br />

Rating (z.B. Investmentgrade) mehr<br />

vorweisen können. Rechtlich könnte<br />

eine europäische Ratingagentur<br />

eine private Non-Profit-Organisation<br />

sein, die sich ihr Startkapital von<br />

verschiedenen Banken holt. Die<br />

Banken haben keinen Einfluss auf die<br />

Ratings und erhalten ihre Investition<br />

binnen weniger Jahre zurück. So ist<br />

auch sichergestellt, dass die Agentur<br />

unabhängig von Steuergeldern ist und<br />

somit keinem Druck einzelner Staaten<br />

nachgeben müsste. <strong>Das</strong> Wegfallen des<br />

Gewinnstrebens würde zu günstigeren<br />

Preisen führen, die auch die großen<br />

drei Ratingagenturen unter Druck<br />

setzen würden. Als Wehrmutstropfen<br />

bleibt, dass es bereits in der Vergangenheit<br />

viele Anläufe zur Gründung<br />

einer europäischen Ratingagentur<br />

gegeben hat. Wie wir wissen, sind sie<br />

bislang alle gescheitert.<br />

WIE FUNKTIONIERT<br />

DAS GANZE SPIEL<br />

Bis zu einem Rating von „BBB-“<br />

spricht man vom „Investment Grade“,<br />

darunter von „Subinvestment<br />

Grade“oder „High Yield-Segment“.<br />

„Fallen Angels“ sind Unternehmen,<br />

die von Investmentgrade ins High<br />

Yield-Segment herabgestuft wurden.<br />

Der Fall einer umgekehrten Entwicklung<br />

ist ein „Rising Star“. Creditwatch<br />

zeigt an, dass ein Rating derzeit<br />

besonders überwacht wird. Es wird<br />

hierbei auf bestimmte Ereignisse und/<br />

oder kurzfristig eingetretene Entwicklungen<br />

Bezug genommen, die zu einer<br />

möglichen Veränderung des Ratings

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