MIND Magazin - Das Schweizer MännerLifestyleMagazin Dezember 2012

25.01.2013 Aufrufe

D IE SCHLÜSSELROLLE DER RATINGAGENTUREN EUROPÄISCHES PENDANT ALS GEGENPOL? INVESTITION IM AUSLANDSMARKT ERFORDERT EXPERTISE DER RATINGAGENTUREN Das Länderrisiko ist dem Investor auf seinem Heimatmarkt weitestgehend bekannt. Denn hier kennt er die wirtschaftliche Entwicklung, die Kapitalisierung der Volkswirtschaft, Schuldenstand, Wechselkurse und Rechtsvorschriften. Anders verhält es sich dagegen, wenn ein Investor sich dafür entscheidet, eine Direktinvestition in einem ausländischen Markt zu tätigen. Allein aus Kosten- und Zeitgründen macht es für den Investor Sinn, wenn er dabei auf die Expertise von Fachleuten zurückgreift. Heute übernehmen diese Aufgabe zu 95 Prozent drei Ratingagenturen. Moody‘s, S&P und Fitch dominieren den Markt, obwohl es weltweit ... rund 120 Ratingagenturen gibt. BONITÄTSNOTE ENTSCHEIDET ÜBER DEN RISIKOAUFSCHLAG Ihre Experten bewerten neben individuellen Risiken einzelner Unternehmen auch das Länderrisiko. Durch die Staffelung der Bonitätsnoten von AAA bis D, die bei allen drei Ratingagenturen in ähnlicher Weise praktiziert wird, sollen Kapitalanleger Auskunft 66 MIND`DAS SCHWEIZER MÄNNER-LIFESTYLEMAGAZIN` Die Globalisierung, die im Zuge der Marktöffnung nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Einführung kapitalistischer Strukturen in China rasant an Fahrt aufnahm, führte neben der Zunahme des Welthandelns auch zum Anwachsen des Finanzmarktsektors. Die neuen Marktteilnehmer versprachen hohe Wachstumsraten, niedrige Löhne und weniger Restriktionen. Diese Länder zogen hohe Finanzmittel in Form von Portfolio-Investitionen an, dessen Charakter maßgeblich die Partizipation am Gewinn ist, ohne dabei Einfluss auf die Unternehmensstrategie ausüben zu können. Staats- und Unternehmensanleihen wurden ausgegeben und westliche Unternehmen erwarben Beteiligungen oder eröffneten in einem ersten Schritt Repräsentanzen. über die Ausfallwahrscheinlichkeit erhalten. Je höher die Ausfallwahrscheinlichkeit, desto niedriger die Bonitätsnote und folglich desto höher der Risikoaufschlag, den jetzt beispielsweise eine Reihe von europäischen Staaten bei der Aufnahme von frischem Kapital bezahlen müssen. Die Zinsen, die Staaten für die Platzierung von Staatsanleihen entrichten müssen, richten sich maßgeblich nach den Ratings. Ganze Staaten und wie im Falle der Eurozone, ganze Staatengemeinschaften, sind daher von der objektiven Bewertung der Ratingagenturen abhängig. Ihr Urteil entscheidet letztendlich über die Refinanzierungsfähigkeit einzelner Staaten. Um Zinsaufschläge auszulösen, muss nicht zwangsläufig eine Herabstufung der Bonität erfolgt sein. Allein die Senkung des Ausblicks oder die Aufnahme auf die sogenannte Watchlist, die ausdrückt, dass eine Veränderung der Verhältnisse kurz bevor stehen kann, reichen dem Markt aus, um höhere Zinssätze vom Emittenten zu fordern. Warum die Herabstufung der Bonitätsnote eines Landes auch solide Unternehmen mit ausgezeichneter Bonität hart treffen kann, erfahren Sie im nächsten Teil. ... SO BEEINFLUSSEN RATINGAGENTUREN DIE PRIVATWIRTSCHAFT Im ersten Teil dieses Beitrags wurde deutlich, wie entscheidend ein Rating für die Refinanzierungsmöglichkeiten eines Staates sein kann. Jetzt richten wir den Blick auf die Privatwirtschaft. Denn auch sie ist von einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit ihres Heimatstaates betroffen. Ein Unternehmen, das über volle Auftragsbücher verfügt und hohe Umsätze zu verzeichnen hat, einen satten Gewinn erzielt und dabei eine solide Finanzierungspolitik betreibt, sollte auf den ersten Blick keine großen Probleme haben, Unternehmensanleihen ... am Markt zu platzieren. DAS LÄNDERRATING BILDET DIE OBERGRENZE Sobald jedoch das Unternehmen eine Anleihe in einer Fremdwährung herausgibt, ist nicht mehr allein die Unternehmenssituation maßgeblich für das Rating. Selbst ausgezeichnete Kennzahlen, die jeden Analysten zufriedenstellen sollten, können bei einer bestimmten Konstellation zu einem schlechteren Rating führen, als

dies zu vermuten wäre. Ist nämlich der Heimatmarkt des Unternehmens vom Länderrisiko betroffen, sodass die Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit des Landes herabstufen, ist diese Bonitätsnote die bestmögliche, die für das dort beheimatete Unternehmen erzielt werden kann. Fachleute sprechen in diesem Fall von dem Sovereign Ceiling. Dieser Ausdruck bedeutet im Grunde, dass das Länderrating die Obergrenze für die in diesem Land ansässigen Unternehmen ... hinsichtlich des Ratings darstellt. VORSICHT BEI FREMDWÄHRUNGSANLEIHEN Hintergrund ist zum einen die negative wirtschaftliche Perspektive der Volkswirtschaft, der sich das dort ansässige Unternehmen nicht entziehen kann. Zum anderen spielt hier die Währungskonvertibilität eine wichtige Rolle. Nimmt ein Unternehmen durch eine Anleihe Finanzmittel in einer Fremdwährung auf, so wird diese auch in der Fremdwährung wieder fällig. Da Währungen Schwankungen unterliegen und mitunter ein hoher Wertverlust durch das Zusammenspiel von Verschuldung, Minuswachstum und der Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Landes eintreten können, könnte die Rückzahlung für das Unternehmen problematisch werden. Wenn sich der Wechselkurs für das Unternehmen verteuert hat, müssen größere Finanzmittel aufgebracht werden, um die Anleihe zurückzuzahlen. Macht das Unternehmen zudem seinen Umsatz in der Heimatwährung, spitzt sich die Lage noch dramatischer zu. ... STAATLICHE RESTRIKTIONEN KÖNNEN URSÄCHLICH SEIN Außerdem können in wirtschaftliche Notlage geratene Staaten Beschränkungen hinsichtlich der Währungskonvertibilität vornehmen. Dies ist insofern problematisch, als das ein Unternehmen über ausreichende Finanzmittel verfügt, diese aber nicht in ausreichendem Maße in andere Währungen umtauschen und somit seine Schulden nicht mehr ... in der vereinbarten Währung bedienen kann. EIN EINBLICK IN DIE MARKTSTRUKTUR DER RATINGAGENTUREN Nach den unzähligen und noch andauernden Debatten über die Macht der Ratingagenturen empfiehlt es sich, den Markt dieser Informationsanbieter genauer zu betrachten. Vor allem die drei großen Ratingagenturen S&P‘s, Moody‘s und Fitch dominieren den Markt. Sie kommen zusammen auf rund 95 Prozent Marktanteil. Während Fitch mit 15 Prozent Marktanteil ein Leichtgewicht unter den drei Ratingagenturen ist, entfallen ... jeweils 40 Prozent auf Moody‘s und S&P. US-AMERIKANISCHE MACHTKONZENTRATION Die Kritik an den Bonitätswächtern ist fast täglich in den Medien zu beobachten. Da ist von einer Macht die Rede, die ganze Staaten in den Abgrund reißen kann, wenn durch eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit die Risikoaufschläge derart steigen, dass einzelne Staaten selbst durch größte Sparbemühungen die gestiegene Zinslast nicht mehr aus eigener Kraft, sondern nur noch durch neue Schulden schultern können. Die europäischen Staaten monieren, dass die Beurteilung der Bonität ausschließlich in US-amerikanischen Händen liegt. Alle drei Ratingagenturen haben ihren Hauptsitz in den USA. Allerdings ist Fitch über den Mutterkonzern mehrheitlich in französischer Hand. Deshalb ist die Aussage dahingehend zu korrigieren, dass eine Machtkonzentration zwar in den USA liegt, diese ... jedoch nicht in Gänze vorhanden ist. DAS AKTUELLE GESCHÄFTSMODELL DER RATINGAGENTUREN IST KRITISCH ZU SEHEN Um der Problematik des Ratingmarktes auf den Grund zu gehen, genügt ein Blick in die Vergangenheit. Das ursprüngliche Geschäftsmodell sah vor, dass die Einnahmen über den Verkauf der Publikationen generiert werden. Es bestand damals also nur eine Geschäftsbeziehung zwischen Ratingagenturen und Unternehmen hinsichtlich der Informationsbasis, auf die die Ratingagenturen angewiesen waren. Heute werden die Umsätze größtenteils durch Gebühren und Entgelte der bewerteten Unternehmen DIE MÄCHTIGSTEN 1Standard & Poor‘s Der Ratingriese ist Teil des Gemischtwarenladens McGraw-Hill - ein börsennotierter Medienkonzern, der unter anderem Schulbücher verlegt. Der US-Konzern soll aufgespalten werden in eine Bildungs- und eine Finanzmarktsparte, zu der dann auch S&P gehört. 2Moody‘s Der härteste Konkurrent von S&P ist selbst börsennotiert. Anteile halten eher unauffällige Investmentfonds, aber auch Investoren-Legende Warren Buffett, der mit seiner Firma Berkshire Hathaway auf mehr als zehn Prozent der Moody‘s-Anteile kommt. Als S&P 2011 die Kreditwürdigkeit der USA von der Topnote AAA auf AA herabstufte, kritisierte Buffett dies scharf. 3Fitch Die kleinere Nummer drei geht ebenfalls auf einen USamerikanischen Gründer zurück, gehört heute aber dem französischen Finanzinvestor Fimalac und dem US-Medienkonzern Hearst („Cosmopolitan“, „Elle“). Hinter Fimalac steht der in Frankreich weit vernetzte Geschäftsmann und Unternehmer Marc Ladreit de Lacharrière. Fitch sitzt in New York und London.

dies zu vermuten wäre. Ist nämlich<br />

der Heimatmarkt des Unternehmens<br />

vom Länderrisiko betroffen, sodass<br />

die Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit<br />

des Landes herabstufen, ist diese<br />

Bonitätsnote die bestmögliche, die für<br />

das dort beheimatete Unternehmen erzielt<br />

werden kann. Fachleute sprechen<br />

in diesem Fall von dem Sovereign<br />

Ceiling. Dieser Ausdruck bedeutet<br />

im Grunde, dass das Länderrating die<br />

Obergrenze für die in diesem Land<br />

ansässigen Unternehmen<br />

...<br />

hinsichtlich<br />

des Ratings darstellt.<br />

VORSICHT BEI FREMDWÄHRUNGSANLEIHEN<br />

Hintergrund ist zum einen die negative<br />

wirtschaftliche Perspektive der<br />

Volkswirtschaft, der sich das dort<br />

ansässige Unternehmen nicht entziehen<br />

kann. Zum anderen spielt hier die<br />

Währungskonvertibilität eine wichtige<br />

Rolle. Nimmt ein Unternehmen durch<br />

eine Anleihe Finanzmittel in einer<br />

Fremdwährung auf, so wird diese<br />

auch in der Fremdwährung wieder<br />

fällig. Da Währungen Schwankungen<br />

unterliegen und mitunter ein hoher<br />

Wertverlust durch das Zusammenspiel<br />

von Verschuldung, Minuswachstum<br />

und der Herabstufung der Kreditwürdigkeit<br />

des Landes eintreten können,<br />

könnte die Rückzahlung für das<br />

Unternehmen problematisch werden.<br />

Wenn sich der Wechselkurs für das<br />

Unternehmen verteuert hat, müssen<br />

größere Finanzmittel aufgebracht werden,<br />

um die Anleihe zurückzuzahlen.<br />

Macht das Unternehmen zudem seinen<br />

Umsatz in der Heimatwährung, spitzt<br />

sich die Lage noch dramatischer zu.<br />

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STAATLICHE RESTRIKTIONEN KÖNNEN<br />

URSÄCHLICH SEIN<br />

Außerdem können in wirtschaftliche<br />

Notlage geratene Staaten Beschränkungen<br />

hinsichtlich der Währungskonvertibilität<br />

vornehmen. Dies ist<br />

insofern problematisch, als das ein<br />

Unternehmen über ausreichende Finanzmittel<br />

verfügt, diese aber nicht in<br />

ausreichendem Maße in andere Währungen<br />

umtauschen und somit seine<br />

Schulden nicht mehr<br />

...<br />

in der vereinbarten<br />

Währung bedienen kann.<br />

EIN EINBLICK IN DIE MARKTSTRUKTUR DER<br />

RATINGAGENTUREN<br />

Nach den unzähligen und noch andauernden<br />

Debatten über die Macht<br />

der Ratingagenturen empfiehlt es sich,<br />

den Markt dieser Informationsanbieter<br />

genauer zu betrachten. Vor allem die<br />

drei großen Ratingagenturen S&P‘s,<br />

Moody‘s und Fitch dominieren den<br />

Markt. Sie kommen zusammen auf<br />

rund 95 Prozent Marktanteil. Während<br />

Fitch mit 15 Prozent Marktanteil ein<br />

Leichtgewicht unter den drei Ratingagenturen<br />

ist, entfallen<br />

...<br />

jeweils 40<br />

Prozent auf Moody‘s und S&P.<br />

US-AMERIKANISCHE MACHTKONZENTRATION<br />

Die Kritik an den Bonitätswächtern ist<br />

fast täglich in den Medien zu beobachten.<br />

Da ist von einer Macht die Rede,<br />

die ganze Staaten in den Abgrund<br />

reißen kann, wenn durch eine Herabstufung<br />

der Kreditwürdigkeit die<br />

Risikoaufschläge derart steigen, dass<br />

einzelne Staaten selbst durch größte<br />

Sparbemühungen die gestiegene<br />

Zinslast nicht mehr aus eigener Kraft,<br />

sondern nur noch durch neue Schulden<br />

schultern können. Die europäischen<br />

Staaten monieren, dass die Beurteilung<br />

der Bonität ausschließlich in US-amerikanischen<br />

Händen liegt. Alle drei<br />

Ratingagenturen haben ihren Hauptsitz<br />

in den USA. Allerdings ist Fitch<br />

über den Mutterkonzern mehrheitlich<br />

in französischer Hand. Deshalb ist die<br />

Aussage dahingehend zu korrigieren,<br />

dass eine Machtkonzentration zwar in<br />

den USA liegt, diese<br />

...<br />

jedoch nicht in<br />

Gänze vorhanden ist.<br />

DAS AKTUELLE GESCHÄFTSMODELL DER<br />

RATINGAGENTUREN IST KRITISCH ZU SEHEN<br />

Um der Problematik des Ratingmarktes<br />

auf den Grund zu gehen, genügt<br />

ein Blick in die Vergangenheit. <strong>Das</strong><br />

ursprüngliche Geschäftsmodell sah<br />

vor, dass die Einnahmen über den<br />

Verkauf der Publikationen generiert<br />

werden. Es bestand damals also nur<br />

eine Geschäftsbeziehung zwischen<br />

Ratingagenturen und Unternehmen<br />

hinsichtlich der Informationsbasis, auf<br />

die die Ratingagenturen angewiesen<br />

waren. Heute werden die Umsätze<br />

größtenteils durch Gebühren und Entgelte<br />

der bewerteten Unternehmen<br />

DIE MÄCHTIGSTEN<br />

1Standard & Poor‘s<br />

Der Ratingriese ist Teil des Gemischtwarenladens<br />

McGraw-Hill<br />

- ein börsennotierter Medienkonzern,<br />

der unter anderem Schulbücher<br />

verlegt. Der US-Konzern<br />

soll aufgespalten werden in<br />

eine Bildungs- und eine Finanzmarktsparte,<br />

zu der dann auch<br />

S&P gehört.<br />

2Moody‘s<br />

Der härteste Konkurrent von S&P<br />

ist selbst börsennotiert. Anteile<br />

halten eher unauffällige Investmentfonds,<br />

aber auch Investoren-Legende<br />

Warren Buffett,<br />

der mit seiner Firma Berkshire<br />

Hathaway auf mehr als zehn Prozent<br />

der Moody‘s-Anteile kommt.<br />

Als S&P 2011 die Kreditwürdigkeit<br />

der USA von der Topnote<br />

AAA auf AA herabstufte, kritisierte<br />

Buffett dies scharf.<br />

3Fitch<br />

Die kleinere Nummer drei<br />

geht ebenfalls auf einen USamerikanischen<br />

Gründer zurück,<br />

gehört heute aber dem<br />

französischen Finanzinvestor<br />

Fimalac und dem US-Medienkonzern<br />

Hearst („Cosmopolitan“,<br />

„Elle“). Hinter Fimalac<br />

steht der in Frankreich weit<br />

vernetzte Geschäftsmann und<br />

Unternehmer Marc Ladreit de<br />

Lacharrière. Fitch sitzt in New<br />

York und London.

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