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Architekten- und Ingenieursrecht - Anwaltskanzlei Merz - Dresden

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von Rechtsanwalt Dieter <strong>Merz</strong><br />

1


Zur Person: Dieter <strong>Merz</strong><br />

Rechtsanwalt <strong>Merz</strong> ist seit 1985 als Rechtsanwalt zugelassen <strong>und</strong> seit<br />

1991 in <strong>Dresden</strong> tätig. Er ist Gründer von zahlreichen Organisationen,<br />

Verbänden <strong>und</strong> Vereinen <strong>und</strong> ist ferner Herausgeber zahlreicher<br />

Fachpublikationen <strong>und</strong> Ratgeber, so zum Beispiel von dem Online-<br />

Portal www.sz-jobs.de/Ratgeber. Zudem hält er vielfach Fachvorträge,<br />

leitet Workshops <strong>und</strong> ist Referent im Expertenteam der <strong>Dresden</strong><br />

International University.<br />

Als Fachanwalt für Arbeitsrecht betreut er schwerpunktmäßig mittelständische Unternehmen<br />

unterschiedlicher Branchenbereiche, vom kleinen Einzelunternehmerbetrieb bis hin zu<br />

Kapitalgesellschaften, Kommunen, soziale Träger sowie Angehörige freier Berufe. Weiterhin vertritt er<br />

Verkehrsunternehmen, Automobilhäuser <strong>und</strong> deren K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> verfügt über große Erfahrungen im<br />

Verkehrsunfallrecht.<br />

Ferner kann Herr Rechtsanwalt <strong>Merz</strong> auf erfolgreiche Beratungen bis hin zu zahlreichen, auch<br />

b<strong>und</strong>esweiten Prozessvertretungen verweisen.<br />

Zur Rechtsanwaltskanzlei <strong>Merz</strong><br />

Oberste Priorität der Rechtsanwaltskanzlei <strong>Merz</strong> ist das problemorientierte, effiziente <strong>und</strong><br />

wirtschaftlich durchdachte Handeln im Umgang mit den Anliegen der Mandantschaft. Hierbei erfolgt<br />

eine umfassende <strong>und</strong> zielorientierte Betreuung der Mandantschaft sowohl im außergerichtlichen, als<br />

auch im gerichtlichen Bereich. Neben der Vertretung der Mandantschaft hat es sich die<br />

Rechtsanwaltskanzlei <strong>Merz</strong> zur Aufgabe gemacht, durch intensive <strong>und</strong> sorgfältig abgestufte Beratung<br />

die Mandantschaft zu präventiven Denken zu verhelfen <strong>und</strong> somit frühzeitig juristische<br />

Problemschwerpunkte zu vermeiden.<br />

2


Inhaltsverzeichnis<br />

I. ARCHITEKTENRECHT / INGENIEURRECHT ...................................................................... 4<br />

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen ................................................................. 5<br />

2. Honorarrecht ................................................................................................6<br />

a) Honorarrecht- HOAI ............................................................................................................. 6<br />

b) HOAI - Honorarvereinbarung unterhalb der Mindestsätze:............................................... 7<br />

3. Haftungsrecht .............................................................................................. 8<br />

a) Planungsfehler des <strong>Architekten</strong> – im Schadensfall kann bauüberwachender Architekt<br />

Mitverschulden des Bauherrn einwenden! .......................................................................... 9<br />

b) Haftung <strong>und</strong> Bauüberwachung: Arglistiges Verschweigen von Mängeln bei der<br />

Bauüberwachung ................................................................................................................... 9<br />

c) Zu enge Tiefgaragenplätze: Haftet der Architekt oder der Tragwerksplaner? ................. 10<br />

II. DER SACHVERSTÄNDIGE ................................................................................................... 10<br />

1. Die Ablehnung des gerichtlich bestellten Sachverständigen wegen<br />

Befangenheit ................................................................................................11<br />

2. Die Haftung des Sachverständigen ............................................................... 13<br />

3. Die Haftung des beauftragten Sachverständigen (Privatgutachter) ............... 15<br />

a) Haftung gegenüber dem Auftraggeber ............................................................................... 15<br />

b) Haftung gegenüber Dritten ................................................................................................. 17<br />

3


I. <strong>Architekten</strong>recht / Ingenieurrecht<br />

Das <strong>Architekten</strong>- <strong>und</strong> Ingenieurrecht regelt die Rechte <strong>und</strong> Pflichten von <strong>Architekten</strong> (auch<br />

Landschaftsarchitekten) <strong>und</strong> am Bau beteiligten Ingenieuren (u.a. Statikern, Bauphysikern,<br />

Ingenieuren für Schallschutz <strong>und</strong> Vermessungsingenieuren). Wesentliche Rechtsgr<strong>und</strong>lage für dieses<br />

nicht einheitlich geregelte Rechtsgebiet ist neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) <strong>und</strong> den<br />

jeweiligen standesrechtlichen Regelungen der <strong>Architekten</strong>- <strong>und</strong> Ingenieurkammern insbesondere die<br />

Honorarordnung für <strong>Architekten</strong> <strong>und</strong> Ingenieure (HOAI).<br />

Die in der Praxis relevantesten Teilgebiete sind das Vertragsrecht, das Honorarrecht, das<br />

Haftpflichtrecht, das Urheberrecht <strong>und</strong> das Berufsrecht.<br />

Im Vertragsrecht stehen die Rechte <strong>und</strong> Pflichten von Architekt/Ingenieur einerseits <strong>und</strong><br />

Bauherr/Auftraggeber andererseits aus einem bestimmten Vertrag im Zentrum der rechtlichen<br />

Beurteilung. Die vom <strong>Architekten</strong> oder Ingenieur zu erbringende Leistung kann dabei sowohl<br />

planenden als auch bauleitenden oder -überwachenden Charakter haben. Rechtliche Gr<strong>und</strong>lage für<br />

die Beurteilung strittiger Rechtsverhältnisse sind neben den einzelnen vertraglichen Regelungen, für<br />

die gr<strong>und</strong>sätzlich Vertragsfreiheit besteht, das BGB. Eng verwandt mit dem Vertragsrecht ist das<br />

Honorarrecht. Hier steht die Vergütung des <strong>Architekten</strong>/Ingenieurs für die von ihm zu erbringenden<br />

Leistungen im Vordergr<strong>und</strong>. Verbindliche rechtliche Gr<strong>und</strong>lage hierfür ist die HOAI, die<br />

Vergütungsregelungen <strong>und</strong> -vereinbarungen zwingend zugr<strong>und</strong>e zu legen ist.<br />

Im Haftpflichtrecht werden die Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> der Umfang der Einstandspflicht des<br />

<strong>Architekten</strong>/Ingenieurs für Fehler bei der Erbringung von Leistungen geregelt. So verfügt der<br />

Architekt/Ingenieur, soweit er am Bau tätig ist, zwingend über eine Berufshaftpflichtversicherung, die<br />

mögliche Haftungsrisiken für fehlerhafte Leistungen, die sich im Baubereich schnell auf hohe Beträge<br />

summieren können, abdecken soll. Typische Streitigkeiten in diesem Bereich brechen dabei nicht nur<br />

zwischen dem Bauherren <strong>und</strong> dem für ihn tätigen <strong>Architekten</strong>/Ingenieur aus, sondern auch zwischen<br />

letzterem <strong>und</strong> seinem Haftpflichtversicherer, da es wegen der hohen Schadenssummen schnell zu<br />

Auseinandersetzungen über dessen Eintrittspflicht kommen kann.<br />

Urheberrecht <strong>und</strong> Standesrecht r<strong>und</strong>en diese Rechtsmaterie als Nebengebiete ab. Im Zentrum des<br />

Urheberrechts stehen Streitigkeiten über die künstlerische Gestaltung von Bauwerken <strong>und</strong> deren<br />

nachträgliche Veränderbarkeit durch Bauherren; Inhalt des Standesrechts sind insbesondere<br />

Zulassungsvoraussetzungen <strong>und</strong> die Regelungen zur Ausübung des Berufes.<br />

Wir vertreten Sie in allen diesen Bereichen, insbesondere<br />

4


· beim Entwurf <strong>und</strong> der Prüfung von Verträgen mit <strong>Architekten</strong>/Ingenieuren,<br />

· bei der rechtlichen Beratung <strong>und</strong> Vertretung in Konflikten jeder Art (etwa der<br />

Kündigung eines Vertrages oder bei Honorarfragen), sowohl außergerichtlich als auch<br />

vor Gerichten in ganz Deutschland,<br />

· bei der Abwehr bzw. Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen,<br />

beispielsweise wegen Planungs- oder Überwachungsfehlern,<br />

· bei der prozessualen Sicherung <strong>und</strong> Durchsetzung von Ansprüchen im Rahmen von<br />

Beweis- oder Klageverfahren.<br />

Wir sind für Sie in der Vorbereitung, Gestaltung, Verhandlung, Begleitung & Abwicklung von<br />

· <strong>Architekten</strong>verträgen<br />

· Generalplanerverträgen<br />

· Ingenieurverträgen<br />

· Projektsteuerungsverträgen<br />

· Fachplanerverträgen<br />

· Projektmanagementverträgen<br />

· Berater- <strong>und</strong> Gutachterverträgen<br />

· Projektentwicklungsverträgen<br />

· Gesellschaftsverträgen<br />

tätig. Besondere Bedeutung kommt dabei der Gestaltung dieser Verträge auch unter Berücksichtigung<br />

der für das jeweilige Projekt sinnvollen Organisations- <strong>und</strong> Kooperationsformen zu. Unser Ziel ist es,<br />

eine eindeutige, auf das jeweilige Projekt bezogene umfassende Beschreibung der Aufgaben zu<br />

erreichen, die die <strong>Architekten</strong>, Ingenieure <strong>und</strong> Sonderfachleute wahrzunehmen haben, damit ein<br />

einwandfreies termingerecht realisiertes <strong>und</strong> den vereinbarten Kostenrahmen einhaltendes Bauwerk<br />

entsteht.<br />

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen<br />

Die von einem <strong>Architekten</strong> in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines <strong>Architekten</strong>vertrages<br />

verwandte Klausel „Eine Aufrechnung gegen den Honoraranspruch ist nur mit einer unbestrittenen<br />

oder rechtskräftig festgestellten Forderung zulässig" ist gemäß § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz unwirksam.<br />

Entgegen der ständigen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ist der BGH nunmehr der<br />

Auffassung, dass eine solche Bestimmung unwirksam ist, denn sie benachteiligt den Vertragspartner<br />

des verwendenden <strong>Architekten</strong>/Ingenieurs entgegen den Geboten von Treu <strong>und</strong> Glauben<br />

unangemessen.<br />

5


Denn, so der BGH, „eine solche Benachteiligung liegt vor, wenn der Besteller durch das Verbot der<br />

Aufrechnung in einem Abrechnungsverhältnis eines Werkvertrages gezwungen würde, eine<br />

mangelhafte oder unfertige Leistung in vollem Umfang zu vergüten, obwohl ihm Gegenansprüche in<br />

Höhe der Mängelbeseitigungs- oder Fertigstellungskosten zustehen. Denn hierdurch würde in das<br />

durch den Vertrag geschaffene Äquivalenzverhältnis von Leistung <strong>und</strong> Gegenleistung in für den<br />

Besteller unzumutbarer Weise eingegriffen". Es wäre zudem nach der Auffassung des BGH ein nicht<br />

hinnehmbares Ergebnis, wenn eine aus dem Leistungsverweigerungsrecht erwachse auf Zahlung<br />

gerichtete Gegenforderung dazu führen würde, dass der Werklohn nunmehr durchsetzbar wäre.<br />

Tipp:<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sollten die derzeitig formularmäßig verwendeten <strong>Architekten</strong>- <strong>und</strong><br />

Ingenieurverträge überdacht <strong>und</strong> überarbeitet werden. Vorzeitige Inanspruchnahme<br />

säumiger Auftraggeber sollten in Anbetracht etwaig vorgebrachter Mangelbeseitigungs- oder<br />

Schadensersatzansprüche noch einmal überdacht werden.<br />

BGH vom 07.04.2011,VII ZR 209/07<br />

2. Honorarrecht<br />

Für die Berechnung, Durchsetzung oder Abwehr von <strong>Architekten</strong>- oder<br />

Ingenieurhonorarforderungen verfügen wir über hoch spezialisiertes Fachwissen <strong>und</strong><br />

langjährige Erfahrung, um den komplexen Preisregelungen der HOAI gerecht zu werden.<br />

Nur so lassen sich maßgeschneiderte <strong>und</strong> rechtlich durchsetzbare Rechnungsausstellungen<br />

<strong>und</strong> Rechnungsprüfungen vornehmen. Wir stehen dabei in ständiger Kooperation mit<br />

anerkannten Honorarsachverständigen, die honorarrechtliche Besonderheiten (z. B. zu<br />

anrechenbaren Kosten oder zum erbrachten Leistungsumfang) für uns „gerichtsfest“<br />

begutachten.<br />

a) Honorarrecht- HOAI<br />

„Ein verbindlicher Kostenrahmen für die Planung ist vom Bauherrn darzulegen <strong>und</strong> zu beweisen".<br />

1. Übersteigen die nach der Entwurfsplanung zu erwartenden Baukosten die Vorgabe eines<br />

verbindlichen Kostenrahmens, kann dies dazu führen, dass der Honoraranspruch für die<br />

Leistungsphase 3 entfällt.<br />

6


2. Enthalten die schriftlichen Unterlagen keine Hinweise auf einen solchen Kostenrahmen hat<br />

der Bauherr substantiiert zu dessen Vorgaben vorzutragen; dazu sind auch Zeit <strong>und</strong><br />

Umstände der Vereinbarung darzulegen.<br />

3. Hat der Architekt schon in der Kostenschätzung zum Abschluss der Leistungsphase 2 höhere<br />

Der Fall:<br />

Kosten angegeben, ohne dass der Bauherr dem ausdrücklich entgegengetreten ist, spricht<br />

dies gegen die Vereinbarung eines verbindlichen Kostenrahmens.<br />

Ein Architekt wird zunächst mit den Leistungsphasen 1 bis 3 beauftragt. Nach Übergabe der<br />

Entwurfspläne klagt er sein bisheriges Honorar ein. Im Rahmen des Prozesses kündigt der Bauherr<br />

den Vertrag außerordentlich <strong>und</strong> beruft sich hierbei auf die angebliche Überschreitung eines<br />

verbindlichen Kostenrahmens. Der <strong>Architekten</strong>vertrag enthält hierzu nichts, der Bauherr trägt vor, dass<br />

mündlich ein Investitionsvolumen von 7 bis 7,5 Mio. € vorgegeben worden sei. Nähere Umstände zu<br />

Zeit <strong>und</strong> Art <strong>und</strong> Weise der Vereinbarung kann er nicht vortragen. Der Architekt hatte schon mit der<br />

Kostenschätzung am Ende der Leistungsphase 2 voraussichtliche Kosten von 9,5 Mio. €<br />

ausgewiesen.<br />

Im Rahmen weiterführender Gespräche zwischen den Parteien gab es auch Diskussionen über die<br />

Frage, ob <strong>und</strong> wann die Wirtschaftlichkeit des Projekts realisiert wird bzw. bis zu welchem Zeitpunkt<br />

der Bauherr über die Wirtschaftlichkeit des Projekts durch den <strong>Architekten</strong> informiert wird. Dabei wies<br />

man auch auf die erforderlichen Bauträgermargen, die letzten Endes bei der Realisierung des Projekts<br />

erzielt werden sollten, hin.<br />

In beiden Instanzen wurde nach Auffassung der Gerichte nicht ausreichend vom Bauherrn<br />

vorgetragen, inwiefern ein verbindlicher Kostenrahmen von 7 bis 7,5 Mio. € vereinbart worden sein<br />

soll, so dass keine Überschreitung vorliegt, die letzten Endes zu einem Schadensersatzanspruch oder<br />

zum Entfall des <strong>Architekten</strong>honorars führen könnte.<br />

Der Bauherr ist in diesem Zusammenhang für die Vereinbarung eines solchen verbindlichen<br />

Kostenrahmens voll beweispflichtig.<br />

BGH vom 23.03.2011, Az. VII ZR 9/09<br />

b) HOAI - Honorarvereinbarung unterhalb der Mindestsätze:<br />

Keine Bindungswirkung zugunsten erfahrener Auftraggeber- In Fällen der Unterschreitung der<br />

Mindestsätze kommt der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung in der Regel jedenfalls für<br />

erfahrene Auftraggeber nicht in Betracht.<br />

7


Der Fall:<br />

Ein Ingenieur schickt seinem AG einen von ihm am 12.01.2000 unterzeichneten<br />

Tragwerksplanervertrag, der eine pauschale Vergütung von 150.000,00 DM vorsieht. Dieser<br />

unterzeichnet den Vertragstext, setzt aber die Unterschrift dem Zusatz „1% Skonto bei Zahlung<br />

innerhalb acht Tagen" hinzu. Wenig später erklärt der Ingenieur, er sei mit einem Skontoabzug nicht<br />

einverstanden. Als es später zum Streit kommt, macht er sein Honorar auf der Gr<strong>und</strong>lage der HOAI<br />

geltend, die deutlich über dem vereinbarten Pauschalsatz liegt. Der Auftraggeber erklärt, er habe am<br />

11.01.2000 telefonisch mit dem Ingenieur über das Skonto verhandelt <strong>und</strong> die handschriftliche<br />

Skontoabrede mit ihm abgestimmt.<br />

Der Ingenieur hat sein Honorar zutreffend auf der Gr<strong>und</strong>lage der HOAI berechnet. Gemäß § 4 Abs. 4<br />

HOAI gelten die Mindestsätze der HOAI als vereinbart, sofern nicht bei Auftragserteilung etwas<br />

anderes schriftlich vereinbart wurde. Eine Honorarvereinbarung über ein Pauschalhonorar von<br />

150.000,00 DM wurde im Zeitpunkt der Auftragserteilung nicht wirksam geschlossen. Es kann<br />

dahinstehen, ob die Honorarvereinbarung vom 12.01.2000, auf die der Auftraggeber die<br />

Skontoabrede erst nach Unterzeichnung durch den Ingenieur aufgesetzt hat, dem<br />

Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 2, 4 HOAI genügt, da jedenfalls ein zur Unterschreitung der<br />

Mindestsätze berechtigender Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2 HOAI nicht festzustellen ist.<br />

Das Vertrauen des Auftraggebers in eine mangels Schriftform unwirksame Honorarvereinbarung ist<br />

nicht schutzwürdig, so dass der Ingenieur an die mündliche Vereinbarung nicht geb<strong>und</strong>en ist.<br />

Vereinbaren die Parteien eines <strong>Architekten</strong>vertrags ein Honorar, das die Mindestsätze in unzulässiger<br />

Weise unterschreitet, verhält sich der Architekt, der später nach den Mindestsätzen abrechnen will,<br />

zunächst widersprüchlich.<br />

Dieses widersprüchliche Verhalten steht nach Treu <strong>und</strong> Glauben einem geltend machen der<br />

Mindestsätze entgegen, sofern der AG auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut hat, vertrauen<br />

durfte <strong>und</strong> sich darauf in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages<br />

zwischen dem vereinbarten Honorar <strong>und</strong> den Mindestsätzen nach Treu <strong>und</strong> Glauben nicht zugemutet<br />

werden kann. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.<br />

Der Auftraggeber hat als Bauherr zahlreicher größerer Bauvorhaben hinreichende Erfahrung mit dem<br />

Vertragsschluss <strong>und</strong> der Abrechnung mit <strong>Architekten</strong> <strong>und</strong> Ingenieuren, so dass ihm die Unwirksamkeit<br />

der Vereinbarung nicht nur wegen der fehlenden Voraussetzung des Ausnahmefalls sondern auch<br />

aufgr<strong>und</strong> des Widerspruchs des Ingenieurs vom 20.01.2010 bekannt war.<br />

BGH vom 02.09.2010 - VII ZR 122/09<br />

3. Haftungsrecht<br />

8


Die Haftung der <strong>Architekten</strong> <strong>und</strong> Ingenieure ist – gerade bei Großprojekten - geprägt von einer<br />

rechtlich f<strong>und</strong>ierten Abgrenzung der Verantwortlichkeit zwischen Bauherrn, Projektsteuerer, Architekt,<br />

Ingenieur, Sonderfachmann <strong>und</strong> Bauunternehmer. Durch gezieltes Vorgehen unter Einbeziehung<br />

bestehender Haftpflichtversicherungen unterstützen wir Sie bei der Durchsetzung <strong>und</strong> der Abwehr von<br />

Haftungsansprüchen, die insbesondere auch in Zusammenhang mit Baukostenüberschreitungen<br />

zunehmend an Bedeutung gewinnen<br />

a) Planungsfehler des <strong>Architekten</strong> – im Schadensfall kann bauüberwachender Architekt<br />

Mitverschulden des Bauherrn einwenden!<br />

Ein Bauüberwacher konnte sich nach älterer Rechtsprechung auf ein mitwirkendes Verschulden des<br />

Bauherrn nicht berufen, wenn ihm dieser fehlerhafte Pläne zur Verfügung stellte <strong>und</strong> nach diesen<br />

Plänen ein mangelhafter Bau entstand. Damit hat der B<strong>und</strong>esgerichtshof in einer gr<strong>und</strong>legenden<br />

Entscheidung (Az. VII ZR 206/06) Schluss gemacht.<br />

Folgende Konstellation lag vor: Der Bauherr nahm den Bauüberwacher wegen Mängeln am Bau einer<br />

Glasfassade auf 1 Mio. EURO in Anspruch. Der planende Architekt war insolvent. Der Bauüberwacher<br />

hatte den Fehler in der Planung übersehen. Eine Mangelbeseitigung konnte nur durch eine<br />

Neuherstellung erfolgen.<br />

Der BGH hat klargestellt, dass der Bauherr im Rahmen seiner Mitwirkungshandlungen dem<br />

Unternehmer <strong>und</strong> dem Bauüberwacher zuverlässige Pläne <strong>und</strong> Unterlagen zur Verfügung zu stellen<br />

hat. Entsteht ein Mangel dadurch, dass gelieferte Pläne mangelhaft waren <strong>und</strong> der Bauüberwacher<br />

dies pflichtwidrig übersieht, muss sich der Bauherr das mitwirkende Verschulden des planenden<br />

<strong>Architekten</strong> entgegenhalten lassen.<br />

Dass dem Bauherrn unter Umständen ein Mitverschulden entgegen gehalten werden kann, darf nicht<br />

darüber hinwegtäuschen, dass dem Bauüberwacher eine herausgehobene Stellung zukommt. Er<br />

bleibt Schutzgarant des Bauherrn. Er hat für die mangelfreie Realisierung des Bauvorhabens zu<br />

sorgen <strong>und</strong> muss deswegen alle Pläne auf Richtigkeit prüfen.<br />

In welcher Höhe die Mitverschuldensquote anzurechnen ist, bleibt eine Frage des Einzellfalls.<br />

b) Haftung <strong>und</strong> Bauüberwachung: Arglistiges Verschweigen von Mängeln bei der<br />

Bauüberwachung<br />

Der Architekt muss dem Auftraggeber bei der Abnahme seines Werkes offenbaren, wenn er Teile der<br />

Ausführung des Bauwerks bewusst vertragswidrig nicht überwacht hat. Unterlässt er dies, so hat er<br />

einen Mangel seines Werkes arglistig verschwiegen. Unerheblich ist, ob er darauf vertraut, dass der<br />

Unternehmer mangelfrei gearbeitet hat.<br />

9


Der Fall:<br />

Der Bauherr nimmt einen <strong>Architekten</strong> auf Schadenersatz in Anspruch, da dieser im Rahmen der<br />

Bauüberwachung mangelhaft gearbeitet habe. Die Bauarbeiten endeten im Jahre 1998. In diesem<br />

Jahr stellte der Architekt auch seine Schlussrechnung. Im Jahr 2006 zeigte sich, dass eine geplante<br />

<strong>und</strong> vom Bauunternehmer auch abgerechnete Dampfsperre nicht eingebaut war, so dass es zu<br />

Feuchtigkeitsschäden kam. Das Berufungsgericht hielt einen Schadenersatzanspruch gegen den<br />

beklagten <strong>Architekten</strong> im Gr<strong>und</strong>e nach für gerechtfertigt, insbesondere nicht für verjährt. Es stellte fest,<br />

dass der Architekt gewusst habe, dass er den Einbau der Dampfsperre überwachen müsse .Der BGH<br />

ist letzten Endes derselben Auffassung: Ein mit der Bauüberwachung beauftragter Architekt<br />

verschweigt einen Mangel seiner Leistung arglistig, wenn er bei der Abnahme seines Werkes nicht<br />

offenbart, dass er keine Bauüberwachung vorgenommen hat (BGH, ibr 2004, Seite 563). Das gilt nicht<br />

nur dann, wenn er überhaupt keine Bauüberwachung vorgenommen, sondern auch dann, wenn er nur<br />

einzelne der überwachungspflichtigen Gewerke nicht überwacht hat <strong>und</strong> dies verschweigt.<br />

Voraussetzung für die Arglist ist allerdings, dass der Architekt das Bewusstsein hat, er habe seine<br />

Bauüberwachungsaufgabe nicht vertragsgerecht wahrgenommen. Ein solches Bewusstsein fehlt,<br />

wenn er nicht erkennt, dass ein Werk überwachungspflichtig ist <strong>und</strong> er deshalb die Aufklärung darüber<br />

unterlässt, dass er eine Überwachung nicht durchgeführt hat.<br />

Voraussetzung für ein arglistiges Verschweigen des Mangels der Bauüberwachung ist nicht, dass der<br />

Architekt das Bewusstsein hat, der Unternehmer habe mangelhaft gearbeitet.<br />

BGH vom 05.08.2010, VII ZR 46/09<br />

c) Zu enge Tiefgaragenplätze: Haftet der Architekt oder der Tragwerksplaner?<br />

Das OLG Köln entschied am 31.5.2011, Az: 24 U 164/10 : Die Gestaltung der Tiefgarage fällt<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich allein in den Verantwortungsbereich des <strong>Architekten</strong>. Deshalb ist das Werk des<br />

Tragwerkplaners nicht allein deshalb mangelhaft, weil von ihm geplante Stellplätze zwar benutzbar,<br />

aber gemessen an den einschlägigen bauordnungsrechtlichen Vorschriften zu schmal sind.<br />

II. Der Sachverständige<br />

10


1. Die Ablehnung des gerichtlich bestellten Sachverständigen wegen Befangenheit<br />

Der gerichtlich bestellte Sachverständige kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.<br />

Die Darstellung soll einen Überblick geben, wann die Besorgnis der Befangenheit von der<br />

Rechtsprechung angenommen wird. Daneben soll die Frage geklärt werden, ob ein im Zeitpunkt der<br />

erfolgreichen Ablehnung des Sachverständigen bereits erstattetes Gutachten (teilweise) verwertet<br />

werden darf. Angesichts der erkennbar angestiegenen Fälle rechtlicher Auseinandersetzungen zu<br />

diesem für den Sachverständigen so wichtigen Thema soll auf das Schicksal des<br />

Vergütungsanspruchs nach erfolgreicher Ablehnung eingegangen werden.<br />

Die Möglichkeit der Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit ergibt sich aus §§ 406, 42 Abs.<br />

1 ZPO. Der gerichtlich bestellte Sachverständige kann abgelehnt werden aus denselben Gründen, die<br />

zur Ablehnung eines Richters berechtigen, § 406 Abs. 1 ZPO.<br />

Von Besorgnis der Befangenheit ist auszugehen, wenn ein Gr<strong>und</strong> vorliegt, der geeignet ist,<br />

Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen, analog § 42 Abs. 2 ZPO<br />

Dabei wird vorausgesetzt, dass die ablehnende Partei nicht nur ganz unvernünftige Zweifel haben<br />

dürfe, der Sachverständige lasse es ihr gegenüber an der gebotenen Neutralität <strong>und</strong> Unparteilichkeit<br />

fehlen. Aus Sicht des Ablehnenden müssen genügend objektive Gründe vorliegen, die nach Meinung<br />

einer ruhig <strong>und</strong> vernünftig denkenden Partei Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des<br />

Sachverständigen zu zweifeln.<br />

Ein Ablehnungsgr<strong>und</strong> liegt beispielsweise dann vor, wenn der Sachverständige in derselben Sache<br />

ein Privatgutachten gegen Entgelt für eine Partei oder ihre Haftpflichtversicherung erstattet hat, wenn<br />

er Angestellter einer Partei war oder wenn er eine wiederholte frühere Tätigkeit für die Gegenpartei<br />

verschwiegen hat. Ebenso dann, wenn er bei Ermittlungen nur eine Partei hinzugezogen hat, wenn er<br />

Informationen verwertet hat, die er sich nur von einer Partei ohne Wissen der anderen <strong>und</strong> ohne<br />

namentliche Nennung der Auskunftsperson beschafft hat, bei Verstoß gegen gerichtliche Weisungen<br />

oder Überschreitung erteilter Befugnisse sowie bei der Abweichung vom Beweisbeschluss des<br />

Gerichts sowie bei der Häufung von Verfahrensfehlern. In einer aktuellen Entscheidung urteilte das<br />

OLG Koblenz, dass es einen Befangenheitsgr<strong>und</strong> darstellt, wenn der Sachverständige eine Orts- <strong>und</strong><br />

Sachenbesichtigung in Anwesenheit nur einer Partei durchführt, ohne die andere davon zu<br />

benachrichtigen oder ihr Gelegenheit zur Teilnahme zu geben ,zumal im gerichtlichen Auftrag an den<br />

Sachverständigen der ausdrückliche Hinweis auf das Erfordernis der beide Parteien<br />

benachrichtigenden Einladung gegeben wurde.<br />

Hingegen liegt kein Ablehnungsgr<strong>und</strong> vor, wenn der Sachverständige bereits in der Vorinstanz oder in<br />

einem früheren Verfahren ein Gutachten erstattet hatte, selbst wenn dieses für die ablehnende Partei<br />

nachteilig war, wenn er in einem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren bereits in der Streitsache<br />

ein Gutachten erstellt hatte oder wenn er in früheren Verfahren oder in der Vorinstanz als Zeuge<br />

11


vernommen wurde. Ein Ablehnungsgr<strong>und</strong> ist auch nicht anzunehmen, wenn das Gutachten<br />

Rechtsausführungen enthält, ebenso nicht, wenn der Sachverständige keine der beiden Parteien vom<br />

Besichtigungstermin unterrichtet oder wenn er eigene Ermittlungstätigkeiten vorgenommen hat. Auch<br />

die Verwertung von Fotos einer Partei im Sachverständigengutachten begründet keine Befangenheit,<br />

wenn die Aufnahmen lediglich zu Illustrationszwecken eingefügt worden sind, denn dann werden aus<br />

den Aufnahmen keine Schlussfolgerungen gezogen. Dies gilt auch dann, wenn der Sachverständige<br />

die Fotos ohne Beteiligung der anderen Partei angefordert hat.<br />

Eine Kontaktaufnahme des Sachverständigen mit den Parteien bzw. deren Vertretern ist erst dann zu<br />

beanstanden, wenn sie der einseitigen Abstimmung inhaltlicher Fragen dient. Bei der Abstimmung von<br />

Ortsterminen ist der Sachverständige weder verpflichtet noch gehalten, sich nach den persönlichen<br />

Wünschen der Beteiligten zu richten. Die bereits wiederholte Tätigkeit für die beklagte Versicherung,<br />

ohne dass eine wirtschaftliche Abhängigkeit bestünde, stellt keinen Ablehnungsgr<strong>und</strong> dar, gleichfalls<br />

nicht der Verstoß des Sachverständigen gegen die Pflicht zur Erstellung des Gutachtens in eigener<br />

Person, da dann allenfalls beide Parteien gleichermaßen benachteiligt sein können.<br />

Vor allem praktisch relevant sind die Fälle verbaler Fehlreaktionen des Sachverständigen. Evident<br />

unsachliche oder unangemessene sowie herabsetzende oder beleidigende Äußerungen des<br />

Sachverständigen sind gr<strong>und</strong>sätzlich geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. So<br />

führte die Bezeichnung von Parteiäußerungen als "Märchenst<strong>und</strong>e" oder als "rüpelhaft" zur<br />

Befangenheitsbesorgnis. Gleichfalls wurden die zugegebenermaßen gleichsam amüsanten <strong>und</strong><br />

unterhaltenden gutachterlichen Ausführungen über den Prozessbevollmächtigten des Klägers, dessen<br />

Einlassung " einen interessanten Cocktail aus subtiler Faktenverfälschung auf der Basis nachlässiger<br />

Lektüre <strong>und</strong> Verständnisunfähigkeit, geradezu vorsätzlicher Verständnislosigkeit für ausführlich<br />

erläuterte medizinische Zusammenhänge, nicht substantiierte Behauptungen zu medizinischen<br />

Unterlagen <strong>und</strong> einer Argumentation unter der nicht statthaften Anwendung des ex post Wissens<br />

darstelle", als Befangenheitsgr<strong>und</strong> gewertet.<br />

Anders liegt es bei den provozierten Ablehnungsgründen, in denen der Sachverständige<br />

beispielsweise in der Situation des "Kreuzverhörs", durch Abqualifizierung seines Gutachtens als<br />

"außerordentlich oberflächlich <strong>und</strong> lapidar oder Infragestellung seiner fachlichen Qualifikation in die<br />

"Ablehnungsfalle" gelockt werden soll. Es wird eine unsachliche Überreaktion vom Sachverständigen<br />

zum Zwecke der Ablehnung erwartet. In dieser Situation muss eine scharfe Reaktion des<br />

Sachverständigen nicht zwangsläufig zur Besorgnis der Befangenheit führen, wenn der<br />

Sachverständige im Übrigen sachlich Stellung nimmt. Hat die Partei ihrerseits den Sachverständigen<br />

angegriffen <strong>und</strong> sich unsachlich geäußert, so müssen über eine unsachliche Bemerkung des<br />

Sachverständigen hinaus weitere Umstände dafür sprechen, dass er nicht mehr gewillt ist, sich<br />

sachlich mit seinem Gutachtenauftrag zu beschäftigen. Er darf sich gegen Angriffe einer Partei auch<br />

mit angemessener Schärfe verteidigen, muss dabei aber sachlich bleiben <strong>und</strong> darf sprachlich nicht in<br />

einer Weise entgleisen, die von einer vernünftigen Partei nur noch als Ausdruck seiner<br />

Voreingenommenheit interpretiert werden kann.<br />

12


Das OLG <strong>Dresden</strong> bewertete in der Gesamtschau Äußerungen eines Sachverständigen in seinem<br />

Gutachten wie "rhetorische Doubletten", "es geht natürlich völlig an der Sache vorbei", "zwar<br />

engagiert, aber wieder einmal unbrauchbar" <strong>und</strong> "einem aufmerksamen Leser wäre das nicht<br />

entgangen." als Befangenheitsgr<strong>und</strong>. Diese Äußerungen stellten nach Auffassung des OLG keine<br />

adäquate Reaktion auf die von dem Sachverständigen als provokant empf<strong>und</strong>enen Fragestellungen<br />

<strong>und</strong> Vorhaltungen der ablehnenden Partei dar.<br />

Dabei wurden gutachterliche Feststellungen durch die Partei als „versuchte Suggestion",<br />

„Unterstellung" <strong>und</strong> „Spekulation" abqualifiziert, bei denen zudem „die Grenze der Seriosität<br />

überschritten worden wäre".<br />

Wird der Sachverständige durch eine Partei in einer Weise angegriffen, die den Boden sachlicher<br />

Kritik verlässt <strong>und</strong> ihn zu einer Überreaktion veranlassen soll, so sollte der Sachverständige zeitnah<br />

das Gericht bitten, dem Verhalten der Partei entgegen zu wirken. Denn der Gutachter ist Hilfsperson<br />

des Gerichts, so dass es sachgerecht erscheint, dass das Gericht für eine sachliche Umgebung bei<br />

der Erstattung des Gutachtens sorgt <strong>und</strong> herabsetzenden Worten zum Zwecke der Durchsetzung<br />

einer Parteitaktik eine klare Absage erteilt.<br />

2. Die Haftung des Sachverständigen<br />

Dass dem Sachverständigen in Gerichtsprozessen wie auch in der außergerichtlichen<br />

Beratungspraxis eine tragende <strong>und</strong> entscheidungserhebliche Bedeutung, vor allem bei der Erstellung<br />

finanziell bedeutsamer Bau- <strong>und</strong> Immobiliengutachten zukommt, steht außer Frage. Seine Stellung<br />

rückt ihn damit aber auch in offenk<strong>und</strong>ig immer zunehmenderer Art <strong>und</strong> Weise in den Focus<br />

versuchter Inregressnahmen bei missliebigen Prozessausgängen oder bei Haftungsfragen anlässlich<br />

der Erstellung von Privatgutachten. Eine tragende Rolle spielen hierbei etwaige Pflichtverstöße bei<br />

Baumängel- <strong>und</strong> Bewertungsgutachten im gerichtlichen <strong>und</strong> außergerichtlichen Bereich.<br />

Der vom Gericht ernannte Sachverständige haftet gem. § 839 a Abs. 1 BGB. Hat er vorsätzlich oder<br />

grob fahrlässig - einfache oder mittlere Fahrlässigkeit reicht hierbei nicht aus - ein unrichtiges<br />

Gutachten erstattet, hat er einem Verfahrensbeteiligten den Schaden zu ersetzen, der dadurch<br />

entsteht, dass das Gericht eine für ihn nachteilige Entscheidung auf dieses Gutachten stützt. Die<br />

Vorschrift hat im Rahmen ihres Anwendungsbereiches abschließenden Charakter.<br />

Daneben kommt eine Haftung nach § 826 BGB für durch § 839 a Abs. 1 BGB nicht erfasste Schäden<br />

in Betracht; diese kommt allerdings praktisch nie zum Tragen, da Vorsatz <strong>und</strong> Schädigungsabsicht<br />

Voraussetzungen sind. § 839 a BGB ist in zeitlicher Hinsicht nur anwendbar, wenn das schädigende<br />

Ereignis nach dem 31.07.2002 erfolgt ist.<br />

13


Schädigendes Ereignis ist dabei das (letztinstanzliche <strong>und</strong> rechtskräftige) Urteil des Gerichts, nicht<br />

das fehlerhafte Gutachten selbst, denn erst das (rechtskräftige) Urteil ermöglicht die Vollstreckung mit<br />

der Folge eines Schadens beim Verletzten. Gerichtlich bestellter Sachverständiger im Sinne von § 839<br />

a BGB ist, wer durch ein staatliches Gericht in einem gerichtlichen Verfahren - gleich welcher Art -<br />

wirksam bestellt ist (ordentliches Verfahren, selbständiges Beweisverfahren). Das Gutachten ist dann<br />

unrichtig, wenn von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen wird oder aus dem Sachverhalt<br />

falsche Schlüsse gezogen werden. Der zugr<strong>und</strong>e gelegte Sachverhalt ist wiederum unzutreffend,<br />

wenn er entweder fehlerhaft oder unvollständig ist, es sei denn, er ist vom Gericht <strong>und</strong> damit u. U.<br />

auch mittelbar durch die Parteien vorgegeben. Die Art der Erstattung des Gutachtens - schriftlich oder<br />

mündlich - ist für die Haftung unerheblich.<br />

Der gerichtliche Sachverständige haftet für ein unrichtiges Gutachten nur den Beteiligten in dem<br />

Verfahren, in dem er bestellt worden ist. Wird sein Gutachten in anderen Verfahren verwertet, kommt<br />

eine Haftung nicht in Betracht.<br />

Die Haftung setzt voraus, dass der Sachverständige die Unrichtigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig<br />

herbeigeführt hat (Haftungsprivileg des Gerichtsgutachters). Die vorsätzlich herbeigeführte<br />

Unrichtigkeit stellt in der Praxis die Ausnahme dar. Umso bedeutsamer ist hingegen die Frage, wann<br />

grobe Fahrlässigkeit anzunehmen ist. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der gängigen zivilrechtlichen<br />

Definition dann vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt<br />

wird, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden <strong>und</strong> dass nicht<br />

beachtet wird, was im Einzelfall jedem einleuchten musste. Zudem ist in subjektiver Hinsicht ein<br />

schweres Verschulden erforderlich.<br />

Wird der Sachverständige nach § 839 a Abs. 1 BGB in Anspruch genommen, so hat der Kläger die<br />

Darlegungs- <strong>und</strong> Beweislast für die Umstände, die die grobe Fahrlässigkeit begründen sollen. Der<br />

Nachweis grober Fahrlässigkeit wird dadurch erleichtert, dass der Tatrichter nach der Rechtsprechung<br />

des BGH vom äußeren Geschehensablauf <strong>und</strong> vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf<br />

innere Vorgänge <strong>und</strong> gesteigerte Vorwerfbarkeit schließen darf. In geeigneten Fällen soll sich deshalb<br />

aus dem objektiv schwerwiegenden Fehler des Gutachtens eine besonders schwere Pflichtverletzung<br />

des Sachverständigen ableiten lassen. Dies gilt jedoch nicht für die Fälle, in denen zwei Vorinstanzen<br />

dem Sachverständigengutachten gefolgt sind. Hier muss der Kläger die grob fahrlässige, also jedem<br />

einleuchtende Fehlerhaftigkeit des Gutachtens eingehend darlegen. Er muss erläutern, weshalb die<br />

Gerichte nicht nur übersehen haben sollen, dass sie ihre Entscheidung auf ein unrichtiges Gutachten<br />

stützen, sondern dass dies auch jedem, also auch den entscheidenden Richtern, aufgr<strong>und</strong><br />

naheliegender Erwägungen hätte einleuchten müssen.<br />

Der Schaden des Verfahrensbeteiligten muss auf der gerichtlichen Entscheidung beruhen. Diese<br />

muss ihrerseits auf dem unrichtigen Gutachten beruhen. Letzteres ist der Fall, wenn die Entscheidung<br />

dem Gutachten jedenfalls teilweise folgt <strong>und</strong> die Möglichkeit besteht, dass ohne das Gutachten die<br />

Entscheidung für den Verfahrensbeteiligten weniger ungünstig ausgefallen wäre.<br />

14


Die Haftung des Sachverständigen wird dadurch ausgeschlossen, dass gegen die gerichtliche<br />

Entscheidung schuldhaft kein Rechtsmittel eingelegt wird, § 839 a Abs. 2 i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB.<br />

Dies gilt auch dann, wenn der Verletzte selbst kein Rechtsmittel einlegen konnte. Rechtsmittel sind<br />

alle Rechtsbehelfe im weiteren Sinn gegen die auf dem fehlerhaften Gutachten beruhende gerichtliche<br />

Entscheidung. Praktisch bedeutet dies v. a. die Einlegung der Berufung, erfasst aber auch die Fälle<br />

der Einholung von Gegengutachten in selbständigen Verfahren wie im Klageverfahren, die die<br />

Unrichtigkeit des Gerichtsgutachtens belegen sollen. Schuldhafte Nichteinlegung bedeutet<br />

Mitverschulden i. S. v. § 254 Abs. 1 BGB mit der Folge der Haftungseinschränkung. Der Geschädigte<br />

muss diejenige Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten wahren, die erforderlich ist, um sich selbst vor<br />

Schaden zu bewahren , wobei als Maßstab die Sorgfalt gilt, die vom Geschädigten zu verlangen bzw.<br />

zu erwarten ist. Regelmäßig wird man vom Geschädigten verlangen können, Rechtsmittel gegen die<br />

Gerichtsentscheidung einzulegen oder den Inhalt des Gerichtsgutachtens durch Gegengutachten zu<br />

erschüttern. Es muss letzten Endes ein Kausalzusammenhang zwischen der Nichteinlegung des<br />

Rechtsmittels <strong>und</strong> dem Eintritt des Schadens bestehen.<br />

Der gerichtliche Sachverständige wiederum hat alle Umstände darzulegen <strong>und</strong> zu beweisen, die seine<br />

Haftung ausschließen. Dazu gehört auch, dass der Geschädigte die Einlegung eines Rechtsmittels<br />

schuldhaft versäumt hat oder keine bzw. unzureichende Versuche unternommen hat, das<br />

Gerichtsgutachten durch Gegengutachten zu erschüttern, <strong>und</strong> dass die Nichteinlegung des<br />

Rechtsmittels ursächlich für den eingetretenen Schaden ist.<br />

3. Die Haftung des beauftragten Sachverständigen (Privatgutachter)<br />

Beim Privatgutachter, worunter im Übrigen auch der Schiedsgutachter zu zählen ist, kann sich eine<br />

Haftung des Sachverständigen auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 i. V. m. § 631 BGB ergeben. In<br />

Betracht kommt eine Haftung gegenüber dem Auftraggeber als auch gegenüber Dritten.<br />

a) Haftung gegenüber dem Auftraggeber<br />

Die Beauftragung des Sachverständigen durch den Besteller zur Erstellung eines Gutachtens<br />

beinhaltet einen Werkvertrag. Beispielhaft seien genannt Wertgutachten, Baugr<strong>und</strong>gutachten oder<br />

Baumängelgutachten. Erstellt der Sachverständige ein mangelhaftes Gutachten, verletzt er eine<br />

Pflicht aus dem (werkvertraglichen) Schuldverhältnis. Hat er diese Pflichtverletzung verschuldet, so<br />

muss er dem Auftraggeber den Schaden ersetzen, der infolge des mangelhaften Gutachtens entsteht.<br />

15


Die Haftung des Privatgutachters geht gr<strong>und</strong>sätzlich weiter als die des gerichtlich bestellten<br />

Sachverständigen. Während zwischen dem gerichtlichen Sachverständigen <strong>und</strong> den Parteien keinerlei<br />

vertragliche Beziehungen bestehen (der Sachverständige wird durch das Gericht kraft Hoheitsakt<br />

tätig) - auch kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter - besteht zwischen Privatgutachter <strong>und</strong><br />

Auftraggeber ein individueller zivilrechtlicher (Werk-)Vertrag. Während die Haftung des gerichtlichen<br />

Sachverständigen bei schuldhafter Nichteinlegung eines Rechtsmittels durch die geschädigte Partei<br />

nach § 839 a Abs. III BGB entfällt, ist beim Privatgutachter die Haftung gr<strong>und</strong>sätzlich nicht beschränkt.<br />

Für die Frage, ob eine Pflichtverletzung vorliegt, ist hierbei maßgebend, was werkvertraglich<br />

vereinbart wurde, insbesondere, welchen Umfang die Begutachtung haben soll. Wird beispielsweise<br />

ein Gutachten zum Verkehrswert einer Immobilie geschuldet, so wird der Gutachter regelmäßig alle<br />

den Verkehrswert beeinflussenden Umstände einzubeziehen haben. Bei Baumängelgutachten kommt<br />

es darauf an, ob allgemein Baumängel festgestellt werden sollen oder nur bestimmte Mängel<br />

begutachtet werden sollen. Wird in dieser Hinsicht nichts Konkretes vereinbart, so muss die<br />

Begutachtung vollständig sein; der Gutachter hat das Objekt dann auf alle denkbaren Mängel hin zu<br />

untersuchen. Aus der Sicht des Sachverständigen ist es damit praktisch besonders bedeutsam, im<br />

eigenen Interesse den Umfang der Begutachtung im Werkvertrag mit dem Auftraggeber möglichst<br />

genau festzulegen, um bereits an dieser Stelle seine Haftung zu begrenzen. Denn was nicht<br />

geschuldet ist, kann auch nicht Ansatzpunkt einer Pflichtverletzung sein.<br />

Dies gilt in gleichem Maße bei einer Tätigkeit als von Parteien beauftragter Schiedsgutachter, dessen<br />

Festlegungen i. d. R. für die Parteien verbindlicher Natur sein sollen.<br />

Verschulden bei einseitigem Pflichtverstoß bedeutet in diesem Zusammenhang Vorsatz oder<br />

Fahrlässigkeit i. S. § 276 BGB. Anders als bei § 839 a BGB genügt bereits einfache Fahrlässigkeit.<br />

Der Gutachter trägt nach der Fassung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB die Beweislast dafür, dass er die<br />

Pflichtverletzung nicht zu vertreten, d. h. verschuldet hat. Er muss darlegen <strong>und</strong> beweisen, dass er<br />

das Gutachten weder bewusst falsch noch unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen<br />

Sorgfalt erstellt hat.<br />

Der Sachverständige hat die Möglichkeit, seine Haftung für leichte <strong>und</strong> mittlere Fahrlässigkeit durch<br />

Vereinbarung mit seinem Auftraggeber auszuschließen, wobei sich die Verwendung (bereits<br />

vorformulierter) Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) anbietet. Zur rechtlichen Absicherung sei<br />

aber empfohlen, sich hierbei ggf. Rechtsrat einzuholen.<br />

16


) Haftung gegenüber Dritten<br />

Eine Haftung des Gutachters gegenüber Dritten nach den Gr<strong>und</strong>sätzen des Vertrags mit<br />

Schutzwirkung zugunsten Dritter kommt i. d. R. in Betracht, wenn es sich um einen Gutachter handelt,<br />

der über eine durch staatliche Anerkennung oder einen vergleichbaren Akt nachgewiesene<br />

Sachk<strong>und</strong>e verfügt, beispielsweise öffentlich bestellte <strong>und</strong> vereidigte Sachverständige, <strong>und</strong> das<br />

Gutachten erkennbar für einen Dritten bestimmt ist. Demgegenüber sollen freie Sachverständige<br />

Dritten gegenüber nicht haften, da diese nicht mit unzumutbaren <strong>und</strong> nicht mehr überschaubaren<br />

Risiken belastet werden dürfen.<br />

Nach den Gr<strong>und</strong>sätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter haftet der staatliche<br />

anerkannte Gutachter auch Dritten, die infolge des unrichtigen Gutachtens einen Schaden erlitten<br />

haben, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles ergibt, dass der Parteiwille auf Drittschutz<br />

gerichtet ist. Ein solcher Parteiwille ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn das Gutachten für den<br />

Gutachter erkennbar für einen Dritten bestimmt ist. Haftung gegenüber Dritten wurde bereits<br />

angenommen bei potentiellen Käufern , Kreditgebern , oder Bürgen.<br />

Da die Kriterien für eine Haftung gegenüber Dritten mithin unscharf sind, ist dem staatlich anerkannten<br />

Sachverständigen zu empfehlen, mit seinem Auftraggeber zu vereinbaren, die Haftung gegenüber<br />

Dritten zu beschränken.<br />

Dieter <strong>Merz</strong><br />

Rechtsanwalt<br />

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Das Team / Die Kompetenzen<br />

Rechtsanwalt Dieter <strong>Merz</strong><br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

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<strong>Dresden</strong> Handels- <strong>und</strong> Gesellschafts-<br />

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Telefax: +49 351 / 318 41 10<br />

Mobil: +49 174 / 349 30 31<br />

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