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Das belgische Schadenersatzrecht bei Verkehrsunfällen - SVR

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A U F S ÄT Z E | Lentz, <strong>Das</strong> <strong>belgische</strong> <strong>Schadenersatzrecht</strong> <strong>bei</strong> <strong>Verkehrsunfällen</strong><br />

2.500,00 € liegt (<strong>bei</strong> einem Streitfall vor dem Verkehrsgericht,<br />

d.h. dem so genannten Polizeigericht).<br />

Durch seine Entscheidung vom 2.9.2004 hat der Kassationshof<br />

(der Oberste Gerichtshof in Belgien) entschieden, dass<br />

unter gewissen Umständen die Kosten und Honorare eines<br />

Rechtsanwaltes oder eines technischen Beistandes einen Teil<br />

des Schadens einer geschädigten Person darstellen können, die<br />

somit Anlass zur Erstattung durch die unterliegende Partei geben<br />

können. Es handelt sich hier<strong>bei</strong> um eine isolierte Entscheidung,<br />

die sich vorerst nur auf vertragliche Rechtsstreitigkeiten<br />

bezieht. Angesichts der Tatsache, dass jedoch seit Jahren über<br />

die Schaffung einer Gebührenordnung für Anwälte und einer<br />

Rückerstattung der Anwaltshonorare diskutiert wird, ist damit<br />

zu rechnen, dass der Oberste Gerichtshof diese Entscheidung<br />

auf alle Rechtsstreite ausdehnt. In diesem Zusammenhang<br />

bleibt nur zu hoffen, dass kurzfristig der Gesetzgeber eine entsprechende<br />

Initiative ergreift und die Rückerstattung der Anwaltshonorare<br />

gesetzlich regelt.<br />

2. Die Anspruchsgrundlagen <strong>bei</strong> Personen- und<br />

Sachschäden<br />

2.1. Art. 1382 des Zivilgesetzbuches (ZGB)<br />

Jede Person, die durch eine fehlerhafte Handlung einer anderen<br />

Person einen Schaden zufügt, ist gemäß Art. 1382 des ZGB<br />

entschädigungspflichtig.<br />

Damit die geschädigte Person einen Schadenersatzanspruch<br />

erhält, muss der Beweis erbracht werden, dass:<br />

� die Gegenpartei einen Fehler begangen hat,<br />

� ein Schaden entstanden ist,<br />

� ein ursächlicher Zusammenhang zwischen diesem Fehler<br />

und dem<br />

nachgewiesenen Schaden besteht.<br />

Eine geschädigte Person hat somit als klagende Partei die<br />

Verpflichtung, sowohl einen Fehler des Gegners als auch den<br />

eigenen Schaden nachzuweisen. Die Beweislast liegt <strong>bei</strong> der<br />

klagenden Partei. Es kommt häufig vor, dass das Gericht mangels<br />

objektiver Beweisunterlagen nicht in der Lage ist, die Haftungsfrage<br />

zu klären und somit der klagenden Partei ihre Schadenersatzansprüche<br />

zuzusprechen. In diesem Zusammenhang<br />

ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass ein Unfallopfer immer<br />

Interesse daran hat, die Polizei an den Unfallort zu rufen, damit<br />

ein polizeiliches Unfallprotokoll erstellt wird. In jedem<br />

Fall soll das Unfallopfer die Gegenpartei auffordern, den Europäischen<br />

Unfallbericht auszufüllen. Die Vollständigkeit des<br />

Europäischen Unfallberichts ist unter anderem in Bezug auf<br />

mögliche Augenzeugen des Unfallgeschehens äußerst wichtig,<br />

da im Nachhinein vorgelegte Zeugenaussagen oftmals durch<br />

die <strong>belgische</strong>n Gerichte nicht anerkannt werden.<br />

202 | S VR 6/2005<br />

2.2. Der schwache Verkehrsteilnehmer<br />

Die so genannten „schwachen Verkehrsteilnehmer“ oder<br />

„schwachen Verkehrsopfer“ werden durch Art. 29 des Gesetzes<br />

vom 21.11.1989, abgeändert durch das Gesetz vom 19.1.2001,<br />

für gewisse Schäden unabhängig von der Schuldfrage entschädigt.<br />

Diese Gesetzgebung bezweckt eine garantierte Entschädigung<br />

verschiedener Verkehrsteilnehmer <strong>bei</strong> Körperschäden<br />

und im Todesfall, wie z.B. Beifahrer und Insassen der Fahrzeuge,<br />

Fußgänger, Fahrradfahrer usw. Wir werden in einem späteren<br />

Beitrag ausführlich auf die Schadenersatzansprüche der<br />

schwachen Verkehrsteilnehmer zurückkommen.<br />

2.3. Die Gerichtsbarkeit<br />

Durch das Gesetz vom 11.7.1994 wird den Polizeigerichten<br />

(den Verkehrsgerichten) die ausschließliche Zuständigkeit für<br />

alle Schadenersatzforderungen im Rahmen eines Verkehrsunfalls<br />

gewährt.<br />

Die insgesamt 32 Polizeigerichte des Landes sind auf die verschiedenen<br />

Gerichtsbezirke verteilt und tagen in ihrer jeweiligen<br />

Verfahrenssprache, d.h. entweder in niederländisch, französisch<br />

oder deutsch.<br />

In Belgien ist das so genannte Adhäsionsverfahren gesetzlich<br />

geregelt. Schadenersatzansprüche können somit sowohl im<br />

Strafverfahren vor dem Polizeigericht geltend gemacht als<br />

auch in einem Zivilverfahren getrennt eingefordert werden.<br />

3. Die Sachschäden<br />

3.1. Der Fahrzeugschaden<br />

Obwohl der Oberste Gerichtshof (Kassationshof) durch seinen<br />

Entscheid vom 28.2.2002 mittlerweile entschieden hat,<br />

dass auch die Gutachterkosten als ein Teil des Schadens dem<br />

Unfallopfer zu vergüten sind, weigern sich zahlreiche Versicherungsgesellschaften<br />

in Belgien nach wie vor, die Gutachterkosten<br />

zu erstatten, zumindest in der außergerichtlichen<br />

Schadensabwicklung.<br />

Es ist daher ratsam, vorab lediglich einen Kostenvoranschlag<br />

zu erstellen und diesen dann zwecks Regulierung des Fahrzeugschadens<br />

an die gegnerische Haftpflichtversicherung zu<br />

schicken. Diese hat dann die Möglichkeit, entweder zusätzlich<br />

ein Gutachten zu fordern, oder selbst einen Gutachter zu<br />

beauftragen. Erfahrungsgemäß fallen die Lohn- und Materialkosten<br />

eines deutschen Gutachters höher aus als <strong>bei</strong> einem<br />

<strong>belgische</strong>m Gutachter, so dass <strong>belgische</strong> Versicherungsgesellschaften<br />

oftmals ein ausländisches Gutachten ablehnen und<br />

einen <strong>belgische</strong>n Gutachter beauftragen, den Umfang des<br />

Schadens festzustellen.<br />

Die geschädigte Person ist nicht verpflichtet, das <strong>belgische</strong><br />

Gutachten anzunehmen, und hat die Möglichkeit, vor Gericht<br />

ein Gegengutachten zu beantragen, wo<strong>bei</strong> jedoch der Kostenfaktor<br />

eines derartigen Verfahrens zu berücksichtigen ist. Die<br />

unterliegende Partei muss nicht nur die Gerichtskosten tragen,<br />

sondern auch die Kosten des Gutachters.

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