Obernsees - Geschichte des Ortes an der Grenze ... - Mistelgau
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Glasperle zusammengehalten, läßt den<br />
oberen Theil <strong>des</strong> Hemdkragens noch sichtbar.<br />
Aehnliche in Tombak gefaßte Glasknöpfe<br />
dienen, das Hemd um den Hals und<br />
vorne <strong>an</strong> den Aermeln zusammen zu halten.<br />
An diesen Kleinigkeiten hängt <strong>der</strong> <strong>Mistelgau</strong>er<br />
mit aller Entschiedenheit. Ein<br />
schmales, abgenähtes Unterleibchen von<br />
buntem Perse, bisweilen mit Goldschnüren<br />
besetzt, reicht bis zur Hälfte <strong>der</strong> Brust, so<br />
daß <strong>der</strong> obere Theil <strong>des</strong> Hem<strong>des</strong><br />
sichtbar bleibt, und vertritt die<br />
Stelle <strong>der</strong> Weste. Darüber wird <strong>der</strong><br />
le<strong>der</strong>ne Hosenträger gelegt, ein<br />
Hauptstück <strong>des</strong> Gew<strong>an</strong><strong>des</strong>, <strong>der</strong><br />
nicht <strong>an</strong>geknöpft, son<strong>der</strong>n mit<br />
h<strong>an</strong>dfesten Hacken am Beinkleide<br />
befestigt wird. An die vor<strong>der</strong>e Quergurte<br />
<strong>des</strong>selben ist <strong>der</strong> „Brusterfleck“<br />
<strong>an</strong>gesteppt, eine le<strong>der</strong>ne<br />
Zunge von <strong>der</strong> Größe einer <strong>der</strong>ben<br />
H<strong>an</strong>dfläche, welche just über <strong>der</strong><br />
Herzgrube den größten Theil <strong>des</strong><br />
Unterleibchens deckt. Was <strong>der</strong><br />
schmucke Le<strong>der</strong>gurt dem bayerischen<br />
Hochlän<strong>der</strong> und Tyroler, das<br />
ist <strong>der</strong> Brusterfleck dem Hummelbauern.<br />
Zierlich durchschlagen,<br />
gesteppt, mit Seide und Pfauenfe<strong>der</strong>n<br />
gestickt, gilt er als Hauptzier<br />
<strong>des</strong> g<strong>an</strong>zen Anzuges, als son<strong>der</strong>liches<br />
Augenmerk <strong>des</strong> ländlichen Stutzers<br />
und zumeist auch als Dokument bäuerlichen<br />
Wohlst<strong>an</strong><strong>des</strong>. Es liegt ein ausgesprochenes<br />
Selbstgefühl schon in <strong>der</strong> Art,<br />
wie <strong>der</strong> <strong>Mistelgau</strong>er das Wort „Brusterfleck“<br />
mit dem vollen Gewicht seiner<br />
Consen<strong>an</strong>ten herausstößt!<br />
Als Kirchenstaat gilt <strong>der</strong> kurze, kaum bis <strong>an</strong><br />
die Kniee reichende Rock von schwarzem<br />
Bei<strong>der</strong>gem<strong>an</strong>g o<strong>der</strong> „Weschert“, wie <strong>der</strong><br />
Stoff hie zu L<strong>an</strong>de heißt. Grünes Futter und<br />
gleicher Vorstoß ist unerläßlich. Die Taille<br />
<strong>des</strong> Rockes steht kaum eine Sp<strong>an</strong>ne vom<br />
Halse ab, und die Falteneinschläge <strong>der</strong> beiden<br />
Schöße sitzen schier unter <strong>der</strong> Achsel.<br />
Knopf und Knopfloch sind durch Häkkelchen<br />
und Schlinge wie beim Menoniten<br />
vertreten. Im Wirthshause o<strong>der</strong> sonst, wo<br />
<strong>der</strong> Bauer nicht mit allem Aufw<strong>an</strong>de <strong>des</strong><br />
II<br />
Respektes zu erscheinen hat, vertauscht er<br />
den Rock mit dem hellblauen Tuch<strong>an</strong>ker<br />
(Schal) mit weißem Futter und Vorstoß und<br />
einer doppelten Reihe engzusammengestellter,<br />
halbkugelförmiger Metallknöpfe.<br />
Die schwarzle<strong>der</strong>nen weiten Pumphosen<br />
sind unterm Kniee zusammengezogen und<br />
mit den Hosenriemen gebunden, welche zugleich<br />
als Strumpfbän<strong>der</strong> gelten. Weiß ausgenähte,<br />
ziemlich stramm <strong>an</strong>gezogene<br />
Hummelbauern-Tracht (um 1865).<br />
Wadenstiefel lassen noch einen Theil <strong>der</strong><br />
weißen o<strong>der</strong> grauwollenen Strümpfe unterm<br />
Knie unbedeckt.<br />
Also gew<strong>an</strong>det sich <strong>der</strong> gerechte <strong>Mistelgau</strong>er<br />
vom Schuljungen bis zum ehrwürdigen<br />
Altsitzer, und ob auch Einer hie und da<br />
am Schnitte seines Klei<strong>des</strong> etwas zu tadeln<br />
fände, so muß er doch gestehen, daß die<br />
Tracht im G<strong>an</strong>zen - ungerechnet ihre Originalität<br />
- nicht übel <strong>an</strong>läßt. Im Durchschnitte<br />
sind die Burschen <strong>des</strong> Gaues gelenkig<br />
und geschmeidig, und <strong>der</strong> breitkrempige<br />
Hut, <strong>der</strong> kurze Kittel und die weiten<br />
Beinklei<strong>der</strong> geben ihrer Erscheinung etwas<br />
Keckes und Malerisches, das nur durch die<br />
verschobene Hifte Schaden leidet.<br />
Min<strong>der</strong> kleidsam, aber nicht weniger<br />
eigenthümlich ist die Weibertracht. Die<br />
Hauptrolle am Kopfschmucke spielt das<br />
Schlingtuch. Im Sonntagsstaate ist es von<br />
roth und schwarz gestreiftem Wollenzeuge,<br />
in <strong>der</strong> Trauer weiß mit feinen schwarzen<br />
Streifen. Gleich einem Turb<strong>an</strong> sitzt es, durch<br />
eine Einlage von Pappe gehalten, ziemlich<br />
senkrecht am Vor<strong>der</strong>haupte, wohl schuhhhoch<br />
über die Stirne hinausreichend und die<br />
Haare fast gänzlich verhüllend. Die schmal<br />
und glatt zusammen gelegten Zipfel sind im<br />
Nacken einfach geschlungen, und während<br />
<strong>der</strong> eine über den Rücken hinunter<br />
fällt, wird <strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e mit unverbrüchlicher<br />
Regelmäßigkeit über die<br />
rechte Schulter nach vorne geworfen.<br />
Unter dem Kopftuche sitzt das Neschenhäubchen.<br />
Es gleicht dem<br />
Bayreuther; doch sind die Neschen<br />
am Vor<strong>der</strong>haupte nicht umgeschlagen,<br />
son<strong>der</strong>n stehen aufrecht, und<br />
reichen über die Höhe <strong>des</strong> Kopftuches<br />
hinaus. Das sog. abgestickte<br />
Bödchen ist im Genicke zusammengezogen<br />
und mit schwarzseidenen,<br />
fliegenden, l<strong>an</strong>gen B<strong>an</strong>dmaschen<br />
versehen. Um den Hals schlingt sich<br />
die Paterlschnur o<strong>der</strong> eine silberne<br />
Kette. Das gestickte, dunkelgrüne,<br />
kurztaillige Mützchen (Schoßwams)<br />
mit hellgrüner Einfassung bleibt<br />
vorne <strong>an</strong> <strong>der</strong> Brust gewöhnlich offen,<br />
und läßt das Leibchen sehen, <strong>an</strong> welchem<br />
<strong>der</strong> Rock hängt. Ersteres hat womöglich<br />
eine noch kürzere Taille als das<br />
Schoßwams, ist sehr weit ausgeschnitten,<br />
zumeist von schwarzem Halbseidenstoffe<br />
und häufig mit Silberborten o<strong>der</strong> Goldschnüren<br />
verbrämt.<br />
Darüber ist ein seidenes, meist schwarz und<br />
roth gestreiftes Brusttuch gelegt, welches<br />
den vom Leibchen freigelassenen und blos<br />
mit dem Hemde bedeckten Busen schützt.<br />
Das Hemd selbst ist l<strong>an</strong>gärmelig, am Halse<br />
und <strong>an</strong> den H<strong>an</strong>dbündchen reich mit Spitzen<br />
garnirt. Ein faltenreicher, schwarzer<br />
o<strong>der</strong> dunkelblauer Wollrock, in <strong>der</strong> Hälfte<br />
<strong>der</strong> Höhe mit zwei Reihen hellblauen B<strong>an</strong><strong>des</strong><br />
eingefaßt, wird hart unter <strong>der</strong> Achsel<br />
vom Leibchen festgehalten und reicht bis <strong>an</strong><br />
die Knöchel; darüber <strong>der</strong> grüne Fürfleck,<br />
durch bunte Seidenbän<strong>der</strong> gehalten, die