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Obernsees - Geschichte des Ortes an der Grenze ... - Mistelgau

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Trachten in <strong>der</strong> Fränkischen Schweiz (Folge IX)<br />

Die Hummelgauer Volkstracht<br />

Die <strong>Mistelgau</strong>er Hummelbauern führen die Tradition <strong>der</strong> Hummelgauer Volkstracht fort<br />

Während in <strong>Mistelgau</strong> die Tracht nur<br />

noch von Vereinen zu beson<strong>der</strong>en Anlässen<br />

getragen wird, waren es bereits<br />

um die Jahrhun<strong>der</strong>twende nur noch<br />

zwei, die <strong>an</strong> <strong>der</strong> alten Tracht festhielten:<br />

"Nämlich <strong>der</strong> Altsitzer Joh. Georg<br />

Fichtel, <strong>der</strong> trotz seiner 82 Lebensjahre<br />

noch in einem <strong>der</strong> letzten Sommer für<br />

seinen damals erkr<strong>an</strong>kten Sohn die<br />

g<strong>an</strong>ze L<strong>an</strong>dwirtschaft (Ackern, Heuladen<br />

usw.) besorgte, und sein gegenüberwohnen<strong>der</strong><br />

Nachbar Gg. Goldfuß<br />

(bek<strong>an</strong>nt unter dem Hausnamen<br />

"Fr<strong>an</strong>k"). Für das Verschwinden <strong>der</strong><br />

Tracht führt m<strong>an</strong> verschiedene Gründe<br />

<strong>an</strong>. M<strong>an</strong>che meinen, daß <strong>der</strong> Spott <strong>der</strong><br />

Städter das meiste hierzu beigetragen<br />

habe. Mag sein, daß <strong>der</strong> eine o<strong>der</strong><br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>e sich hierdurch einschüchtern<br />

ließ, aber im Großen und G<strong>an</strong>zen sind<br />

die Hummelbauern keineswegs so zimperlich<br />

<strong>an</strong>gelegt, daß sie sich gerade<br />

durch Städter irre machen ließen, auch<br />

wenn bei einer stark abgenützten<br />

Le<strong>der</strong>hose, die nach innen kein Futter<br />

mehr hat, nach außen aber umso<br />

glänzen<strong>der</strong> geworden ist, das neckische<br />

Rätsel zutreffen mag: ‘Es hat kein Futter<br />

und braucht kein Futter und wird doch<br />

von Tag zu Tag fetter.’<br />

Zum Verschwinden <strong>der</strong> Hummeltracht<br />

hat wohl am meisten die seit dem<br />

15. März 1868 bestehende allgemeine<br />

Wehrpflicht beigetragen.<br />

Wer beim Militär zwei Jahre hindurch<br />

die l<strong>an</strong>gen Beinklei<strong>der</strong> getragen hat, hat<br />

sich <strong>an</strong> diese gar bald gewöhnt, auch<br />

wenn er vorher die kurzen Le<strong>der</strong>hosen<br />

getragen haben sollte. Haben doch die<br />

ersteren gleichfalls ihre Vorzüge. Und<br />

wer zwei Jahre hindurch, wie es beim<br />

Militär doch <strong>der</strong> Fall ist, propere und<br />

saubere Beinklei<strong>der</strong> getragen hat, <strong>der</strong><br />

wird nur mit Wi<strong>der</strong>willen solche tragen,<br />

die mit <strong>der</strong> Zeit ein wenig einladen<strong>des</strong><br />

Aeußere <strong>an</strong>nehmen."<br />

Wie <strong>an</strong> <strong>der</strong> Mundart, so konnte m<strong>an</strong><br />

auch <strong>an</strong> <strong>der</strong> Tracht die Herkunft <strong>der</strong><br />

Bauern ablesen. Damals waren die<br />

Trachten festgelegten Vorschriften unterworfen:<br />

es gab Arbeits-, Sonntags-,<br />

Hochzeits- und Trauerkleidung. Die<br />

Jugend trug überall hell leuchtende<br />

Farben, die Erwachsenen oft braun<br />

o<strong>der</strong> violett, die Alten kleideten sich<br />

meistens schwarz.<br />

Die Kirche verbot den Frauen, ohne<br />

Kopfbedeckung in den Gottesdienst zu<br />

kommen. So entst<strong>an</strong>den Frauenhaube<br />

und Jungfernkränze. Die jungen Mädchen<br />

b<strong>an</strong>den also einen Kr<strong>an</strong>z in ihr<br />

Haar, <strong>der</strong> später zum Wahrzeichen <strong>der</strong><br />

Jungfräulichkeit wurde. Aus diesen<br />

Jungfernkränzen entwickelte sich im<br />

Laufe <strong>der</strong> Zeit ein üppiger Kopfputz mit<br />

Flittergold, Glasperlen, bunten Bän<strong>der</strong>n<br />

und Blumen.<br />

Die ausführlichste Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Hummelgauer<br />

Tracht stammt von Eduard<br />

Fentsch aus <strong>der</strong> Bavaria von 1865:<br />

„Oberfr<strong>an</strong>ken - Volkstrachten.<br />

So treffen wir in <strong>der</strong> Weibertracht noch<br />

Charakter, während die Männerkleidung<br />

eines solchen völlig entbehrt. Nur in einem<br />

kleinen Bezirke hat sich nach dieser Richtung<br />

noch ein achtbarer Grad von Volksthümlichkeit<br />

erhalten. Wir meinen <strong>der</strong><br />

<strong>Mistelgau</strong>. - Ein meist tafelförmiges Getreidel<strong>an</strong>d,<br />

vom Ostabh<strong>an</strong>ge <strong>der</strong> sog. Neubürg<br />

(bei Wohnsgehaig) bis <strong>an</strong> den Sophienberg<br />

und die waldbewachsenen Hügel um Dondorf<br />

zunächst Bayreuth reichend, umfaßt<br />

<strong>der</strong>selbe lediglich die Ortschaften Bärenreuth,<br />

Brenz, Forkendorf, Gesees, Haag,<br />

Mistelbach, <strong>Mistelgau</strong>, Obernschrenz, Pettendorf,<br />

Pittersdorf, Seitenbach, Trebersdorf<br />

und Voitsreuth. Vorzugsweise nur im<br />

Hauptdorfe <strong>Mistelgau</strong> und seiner näheren<br />

Umgebung gilt jene volksthümliche, eigenheitliche<br />

Nationaltracht, <strong>der</strong> wir eine ausführlichere<br />

Schil<strong>der</strong>ung gönnen müssen.<br />

Der <strong>Mistelgau</strong>er streicht sein l<strong>an</strong>ges Haupthaar<br />

nach slawischer Sitte von <strong>der</strong> Stirne<br />

zurück. Unterhalb <strong>des</strong> Wirbels wird es<br />

durch einen halbrunden Kamm, wie wir ihn<br />

bereits oben beschrieben, festgehalten. Ein<br />

breitkrempiger, unaufgestülpter Schlapphut<br />

mit rundem Köpfchen sitzt ihm keck auf<br />

den Ohren. Schnüre, die vom R<strong>an</strong>de <strong>der</strong><br />

Krempe zur Mitte <strong>des</strong> Gupfes laufen, halten<br />

jene, damit sie nicht zu schlaff nie<strong>der</strong>hänge.<br />

An <strong>der</strong> inneren rechten Seite <strong>der</strong> mehr<br />

als schuhbreiten Krempe aber pr<strong>an</strong>gt eine<br />

Rosette von schwarzen Seidenbän<strong>der</strong>n mit<br />

einem golddurchsponnenen Knopf in <strong>der</strong><br />

Mitte, das eigentliche Abzeichen <strong>des</strong><br />

<strong>Mistelgau</strong>ers, dem <strong>der</strong> Volksmund die Bezeichnung<br />

„Hummelnest“ beilegte. Denn<br />

<strong>der</strong> Bauer dieses Gaul<strong>an</strong><strong>des</strong> heißt durchweg<br />

nur „Hummelbauer“, ein Spitzname,<br />

<strong>des</strong>sen Deutung wir bereits gegeben haben.<br />

Nachdem <strong>der</strong> Hummelbauer l<strong>an</strong>ge Zeit hindurch<br />

h<strong>an</strong>dgreiflichen Protest gegen diesen<br />

Gattungsnamen eingelegt und hiedurch<br />

denselben allerwärts nur noch mundgerechter<br />

gemacht hat, bequemt er sich <strong>des</strong>ssen<br />

neuerlich, o<strong>der</strong> zahlt mit gleicher Münze<br />

aus, und heißt seine Nachbarn auf <strong>der</strong><br />

steinreichen Dondorfer Gemarkung und<br />

Umgebung die ,Steinwespen’.<br />

Die Stelle <strong>des</strong> breitkrempigen Filzhutes vertritt<br />

Werktags häufig die grüne Sammtmütze<br />

mit einer Verbrämung von Mar<strong>der</strong>fell,<br />

von gleicher Form, wie sie <strong>der</strong> Bauer im<br />

Waldsassener Stifte trägt, nur daß <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>e<br />

Theil <strong>des</strong> Pelzumschlages bedeutend<br />

höher ist. Die ältere Generation stülpt<br />

selbst den Hut über diese Mütze. Ein<br />

schwarzes, halbseidenes Halstuch, vorne in<br />

einer Masche geschlungen und überdieß<br />

durch eine Art fibula mit gewaltig großer<br />

I

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