Die Herrschaft Pöhlberg - geschichte-ana.de

Die Herrschaft Pöhlberg - geschichte-ana.de Die Herrschaft Pöhlberg - geschichte-ana.de

geschichte.ana.de
von geschichte.ana.de Mehr von diesem Publisher
25.01.2013 Aufrufe

dessen Gut, auf der anderen jedoch an den Weg stieß, „der do gheet von Geyersdorff biß ghen Fronawe“, am 11. November (an Sanct Martinus tage) 1397 zu Lehen reichte. 8 Hieraus ergeben sich demnach die urkundlich ältesten Namensformen der drei Nachbarorte Annabergs, die am Ausgange des 14. Jahrhunderts den Meißner Burggrafen bereits zustanden. Aber aus dem bisher Aufgeführten ergeben sich uns nunmehr verschiedene Fragen, die wir im folgenden beantworten wollen, soweit wir dazu imstande sind. Wir formulieren dieselben: 1) War die Herrschaft Pöhlberg ein selbständiges Gebiet? 2) Welche Lehnsqualität besaß dieselbe? 3) War ihr Bestand vordem einmal größer? 4) Wann gelangte sie in den Besitz der Meißner Burggrafen? Wir erledigen diese Fragen der Reihe nach. Man könnte an der S e l b s t ä n d i g k e i t der Herrschaft Pöhlberg zweifeln, hielte man sich allein an die Angabe Burggraf Heinrichs I. aus dem Hause Plauen beim Abschluß des Arnshauger Vertrags (1428), wonach auch sie zur Grafschaft Hartenstein gehören sollte. Dagegen ist vor allem als Hauptbedenken zu erheben, daß in dem Pfandbriefe über die ganze Grafschaft Hartenstein, der wohlgemerkt vom 2. Juli 1406 stammt, von der Herrschaft Pöhlberg gar nicht geredet wird. Dennoch hätte sie unbedingt gleichwie die Herrschaft Wildenfels, deren Lehnshoheit sich Burggraf Heinrich I. von Meißen ausdrücklich vorbehielt, genannt werden müssen, wenn sie wirklich ein Pertinenzstück der Grafschaft Hartenstein gewesen wäre. Wie hätte sie sonst im J. 1411 an die Herzöge von Sachsen versetzt werden können? (s. o.) Hätte sie zu jener Grafschaft irgendwie in einem Abhängigkeitsverhältnis gestanden, so wäre sie ja schon im J. 1406 an deren Pfandherren, die Herren von Schönburg, gekommen. Nun aber ist das n i c h t der Fall, wie die Versetzung an die Wettiner bloß ein Jahrfünft später beweist, also bildete sie kein Annex besagter Grafschaft, sondern eine besondere Allodialherrschaft, „alz vnser eldern vnd wir die bis her gehabt vnd besessen habin“, wie Burggraf Heinrich I. (der Meinheringer) bemerkt. Es ließe sich übrigens die obige Angabe, daß die Herrschaft Pöhlberg zur Grafschaft Hartenstein gehört habe, aus einer ungenauen Ausdrucksweise verstehen, wobei, wie schon Märcker (a. a. O.) bemerkt hat, man nicht streng zwischen den wesentlich verschiedenen Begriffen „Grafschaft Hartenstein“ und „Besitzungen der Grafen zu Hartenstein“ unterschied. Eine Besitzung der Meißner Burggrafen, die zugleich Grafen von Hartenstein waren, ist freilich die Herrschaft Pöhlberg gewesen. Allein von dem eigentlichen Gebiete jener Grafschaft, das uns aus dem Pfandbriefe vom J. 1406 sehr gut bekannt ist, trennte sie ja die Gemarkung des Ortes H e r m a n n s d o r f, welcher dem Cisterzienserkloster Grünhain bis zu dessen Säkularisierung zustand. Dazu kommt noch, daß die Grafschaft Hartenstein und die Herrschaft Pöhlberg in zwei verschiedene Diözesen, jene in der Naumburger, diese in der Meißner, lagen. Wir wissen aber, daß die Sprengel der Bistümer sich an die p o l i t i s c h e n Grenzen anlehnten. Da nun in hiesiger Gegend keine sorbischen Gaue existierten, sondern ein weiter Urwald sich ausdehnte, der erst durch fränkische Kolonisation gelichtet ward, so liegen eben die Grenzen der deutschen Grundherrschaften den kirchlichen zugrunde. Dieselben machen es auch im höchsten Grade wahrscheinlich, daß Hermannsdorf ebenfalls früher zur Herrschaft Pöhlberg gezählt werden darf. 8 H. St. A. Lok. 9827 (abschriftlich). Zum ersten Male gedruckt in d i e s e n Mitteilungen V, 13. 4

War diese also ein selbständiger Bezirk, so fragt sich weiter, von wem sie zu L e h n herrührte. Man hat ohne jedwede Angabe, die zur Begründung herangezogen werden könnte, behauptet, sie habe wie die südwärts gelegene benachbarte Herrschaft Schlettau, bei der allerdings dies zutrifft, unter böhmischer Lehnshoheit gestanden. Allein unter den Gebieten, welche laut des Vertrages von Eger im J. 1459 als böhmische pflichtenlose Lehen an Sachsen übergingen, fehlt die Herrschaft Pöhlberg durchaus. Sie teilte vielmehr mit der Grafschaft Hartenstein die R e i c h s u n m i t t e l b a r - k e i t, ein Umstand, der den Burggrafen Heinrich I. aus dem Hause Plauen bestimmt hat, sie als ein Pertinenzstück derselben zu betrachten. Die Herrschaft Pöhlberg teilte ihre Lehnsqualität mit der Grafschaft Hartenstein und den Herrschaften Schwarzenberg, Stollberg, Lichtenstein, Glauchau und Waldenburg. Diese Herrschaften verwandelten sich im 13. und 14. Jahrhundert in böhmische Reichsafterlehen; die Grafschaft Hartenstein behielt ihre Lehnsqualität bis zum J. 1456, wo sie Kaiser Friedrich III. an Sachsen wies. Die Herrschaft Pöhlberg aber blieb bis zu ihrer Verpfändung ein Reichslehn, woran die böhmische Krone keinerlei Ansprüche besaß. War nun ihr Gebiet einst größer? Wir haben bereits angedeutet, daß wir Hermannsdorf dazu rechnen. Es bestimmt uns zu solcher Annahme nicht nur der Umstand, daß noch heute Hermannsdorf und Dörfel, mit denen bis zum Jahre 1502 9 auch Tannenberg (Pöhlberger Seite) in kirchlicher Verbindung stand, ein Kirchspiel bilden, sondern auch die Tatsache, daß mit der westlichen Flurgrenze von Hermannsdorf eine v i e r f a c h e kirchliche Grenze gegeben ist. Denn hier berühren sich die E l t e r l e i - n e r und die H e r m a n n s d o r f e r Pfarrei, das L ö ß n i t z e r und das W o l - k e n s t e i n e r Landkapitel (sedes), der T r a n s m u l d a n i s c h e und der C h e m n i t z e r Archidiakonat sowie das N a u m b u r g e r und das M e i ß n e r Bistum! Das ist wohl der stärkste Beweis für die ehemalige Zugehörigkeit der Ortschaft Hermannsdorf zu dem Bestande der Herrschaft Pöhlberg. Wie sie von derselben an das Grünhainer Kloster abgekommen ist, werden wir bei Beantwortung der letzten noch übrigen Frage erörtern. Jedenfalls lernen wir hier einen dritten Lokator, nach dem eine Niederlassung benannt ist, einen gewissen Hermann, kennen, und fast will es scheinen, als sei Dörfel, das ja eigentlich gar keinen Namen trägt, als ein rechts der Zschopau gelegenes Anhängsel von Hermannsdorf anzusehen, worauf auch die Gemeinsamkeit der Kirche deuten würde. Allein wir vermissen noch einen innerhalb des Pöhlberger Herrschaftsbezirkes gelegenen Ort. In dem Gnadenbriefe Herzog Georgs für seine Stadt Annaberg vom 27. Oktober 1497 10 heißt es: „So haben Wir auch gemelter Stat das wüste Witzstorff, Borgkwalde genant, wie das In seynen Reynen begriffen ist, Sovil vnns von Recht daran zustehet, oder zustehen magk, … zugeeignet vnnd gegeben.“ Wir erfahren also aus einer ziemlich jungen Urkunde von einer Wüstung, die an die Geyersdorfer Flur grenzte und zwischen der Stadt und dem Pöhlberg gelegen war. Sie kann nicht erst im Hussitenkrieg (1430) entstanden sein, da bereits der Pfandbrief vom J. 1411 den Ort nicht mehr erwähnt. In der Bezeichnung Witzstorff aber dürfte nicht der Gattungsbegriff „Wüstung“ zu finden sein, da hierauf schon das Eigenschaftswort „wüste“ abzielt, sondern es ist der Name der verschwundenen Niederlassung. Derselbe dürfte nicht mit dem H e r z o g als „Dorf des Witigo“, sondern wie Witzschdorf bei Zschopau als „D o r f d e s W e t - z e l “ zu deuten sein. Wetzel (Wicelinus) aber ist die Verkleinerungsform des Namens 9 In diesem Jahre ward die Kapelle zu Tannenberg (links der Zschopau), bis dahin Filial von Geyer, zur Pfarrkirche erhoben und ihr Tannenberg (rechts der Zschopau) damals überwiesen. 10 Archiv f. d. Sächs. Gesch. II, 207. 5

War diese also ein selbständiger Bezirk, so fragt sich weiter, von wem sie zu L e h n<br />

herrührte. Man hat ohne jedwe<strong>de</strong> Angabe, die zur Begründung herangezogen wer<strong>de</strong>n<br />

könnte, behauptet, sie habe wie die südwärts gelegene benachbarte <strong>Herrschaft</strong> Schlettau,<br />

bei <strong>de</strong>r allerdings dies zutrifft, unter böhmischer Lehnshoheit gestan<strong>de</strong>n. Allein<br />

unter <strong>de</strong>n Gebieten, welche laut <strong>de</strong>s Vertrages von Eger im J. 1459 als böhmische<br />

pflichtenlose Lehen an Sachsen übergingen, fehlt die <strong>Herrschaft</strong> <strong>Pöhlberg</strong> durchaus.<br />

Sie teilte vielmehr mit <strong>de</strong>r Grafschaft Hartenstein die R e i c h s u n m i t t e l b a r -<br />

k e i t, ein Umstand, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Burggrafen Heinrich I. aus <strong>de</strong>m Hause Plauen bestimmt<br />

hat, sie als ein Pertinenzstück <strong>de</strong>rselben zu betrachten. <strong>Die</strong> <strong>Herrschaft</strong> <strong>Pöhlberg</strong> teilte<br />

ihre Lehnsqualität mit <strong>de</strong>r Grafschaft Hartenstein und <strong>de</strong>n <strong>Herrschaft</strong>en Schwarzenberg,<br />

Stollberg, Lichtenstein, Glauchau und Wal<strong>de</strong>nburg. <strong>Die</strong>se <strong>Herrschaft</strong>en verwan<strong>de</strong>lten<br />

sich im 13. und 14. Jahrhun<strong>de</strong>rt in böhmische Reichsafterlehen; die Grafschaft<br />

Hartenstein behielt ihre Lehnsqualität bis zum J. 1456, wo sie Kaiser Friedrich III. an<br />

Sachsen wies. <strong>Die</strong> <strong>Herrschaft</strong> <strong>Pöhlberg</strong> aber blieb bis zu ihrer Verpfändung ein Reichslehn,<br />

woran die böhmische Krone keinerlei Ansprüche besaß.<br />

War nun ihr Gebiet einst größer? Wir haben bereits ange<strong>de</strong>utet, daß wir Hermannsdorf<br />

dazu rechnen. Es bestimmt uns zu solcher Annahme nicht nur <strong>de</strong>r Umstand, daß<br />

noch heute Hermannsdorf und Dörfel, mit <strong>de</strong>nen bis zum Jahre 1502 9 auch Tannenberg<br />

(<strong>Pöhlberg</strong>er Seite) in kirchlicher Verbindung stand, ein Kirchspiel bil<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn<br />

auch die Tatsache, daß mit <strong>de</strong>r westlichen Flurgrenze von Hermannsdorf eine<br />

v i e r f a c h e kirchliche Grenze gegeben ist. Denn hier berühren sich die E l t e r l e i -<br />

n e r und die H e r m a n n s d o r f e r Pfarrei, das L ö ß n i t z e r und das W o l -<br />

k e n s t e i n e r Landkapitel (se<strong>de</strong>s), <strong>de</strong>r T r a n s m u l d a n i s c h e und <strong>de</strong>r<br />

C h e m n i t z e r Archidiakonat sowie das N a u m b u r g e r und das M e i ß n e r<br />

Bistum! Das ist wohl <strong>de</strong>r stärkste Beweis für die ehemalige Zugehörigkeit <strong>de</strong>r Ortschaft<br />

Hermannsdorf zu <strong>de</strong>m Bestan<strong>de</strong> <strong>de</strong>r <strong>Herrschaft</strong> <strong>Pöhlberg</strong>. Wie sie von <strong>de</strong>rselben<br />

an das Grünhainer Kloster abgekommen ist, wer<strong>de</strong>n wir bei Beantwortung <strong>de</strong>r letzten<br />

noch übrigen Frage erörtern. Je<strong>de</strong>nfalls lernen wir hier einen dritten Lokator, nach<br />

<strong>de</strong>m eine Nie<strong>de</strong>rlassung benannt ist, einen gewissen Hermann, kennen, und fast will<br />

es scheinen, als sei Dörfel, das ja eigentlich gar keinen Namen trägt, als ein rechts <strong>de</strong>r<br />

Zschopau gelegenes Anhängsel von Hermannsdorf anzusehen, worauf auch die Gemeinsamkeit<br />

<strong>de</strong>r Kirche <strong>de</strong>uten wür<strong>de</strong>.<br />

Allein wir vermissen noch einen innerhalb <strong>de</strong>s <strong>Pöhlberg</strong>er <strong>Herrschaft</strong>sbezirkes gelegenen<br />

Ort. In <strong>de</strong>m Gna<strong>de</strong>nbriefe Herzog Georgs für seine Stadt Annaberg vom 27. Oktober<br />

1497 10 heißt es: „So haben Wir auch gemelter Stat das wüste Witzstorff, Borgkwal<strong>de</strong><br />

genant, wie das In seynen Reynen begriffen ist, Sovil vnns von Recht daran zustehet, o<strong>de</strong>r<br />

zustehen magk, … zugeeignet vnnd gegeben.“ Wir erfahren also aus einer ziemlich jungen<br />

Urkun<strong>de</strong> von einer Wüstung, die an die Geyersdorfer Flur grenzte und zwischen<br />

<strong>de</strong>r Stadt und <strong>de</strong>m <strong>Pöhlberg</strong> gelegen war. Sie kann nicht erst im Hussitenkrieg (1430)<br />

entstan<strong>de</strong>n sein, da bereits <strong>de</strong>r Pfandbrief vom J. 1411 <strong>de</strong>n Ort nicht mehr erwähnt.<br />

In <strong>de</strong>r Bezeichnung Witzstorff aber dürfte nicht <strong>de</strong>r Gattungsbegriff „Wüstung“ zu fin<strong>de</strong>n<br />

sein, da hierauf schon das Eigenschaftswort „wüste“ abzielt, son<strong>de</strong>rn es ist <strong>de</strong>r<br />

Name <strong>de</strong>r verschwun<strong>de</strong>nen Nie<strong>de</strong>rlassung. Derselbe dürfte nicht mit <strong>de</strong>m H e r z o g<br />

als „Dorf <strong>de</strong>s Witigo“, son<strong>de</strong>rn wie Witzschdorf bei Zschopau als „D o r f d e s W e t -<br />

z e l “ zu <strong>de</strong>uten sein. Wetzel (Wicelinus) aber ist die Verkleinerungsform <strong>de</strong>s Namens<br />

9 In diesem Jahre ward die Kapelle zu Tannenberg (links <strong>de</strong>r Zschopau), bis dahin Filial von Geyer,<br />

zur Pfarrkirche erhoben und ihr Tannenberg (rechts <strong>de</strong>r Zschopau) damals überwiesen.<br />

10 Archiv f. d. Sächs. Gesch. II, 207.<br />

5

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!