Volltext Prokla 26
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die SPD-gebundenen Gewerkschaften ergeben, liegen fUr beide Organisationen auf<br />
verschiedenen Ebenen.<br />
1. Die SPD<br />
Diese Partei gerat in die Gefahr, den eigenen Machtverlust und die Machtiibernahme<br />
offen reaktionarer, zu staatlicher Repression auch gegen Teile der SPD entschlossener<br />
politischer Krafte vorzubereiten, wenn sie ihre Regierungspolitik der Erzeugung<br />
von Ohnmacht, der kooperativen Disziplinierung der Gewerkschaften und der Entmutigung<br />
von Widerstand der von den Krisenfolgen Betroffenen fortsetzt .. Andererseits<br />
wird die SPD durch die innere Logik ihrer Regierungspolitik verschiirft gerade<br />
auf diesen Kurs gedrangt.<br />
Denn auf Grund der krisenbedingten Verringerung der Staatseinnahmen<br />
kommt sie zunehmend in das Dilemma, auch die von ihr selbst schon heruntergeschraubten<br />
Erwartungen in den Bereichen der sozialen Sicherung und der Beschaftigungspolitik,<br />
ganz zu schweigen von "inneren Reformen", immer wieder enttauschen<br />
zu miissen. Sie wird damit gerade bei denjenigen Wahlern zunehmend unglaubwUrdig,<br />
denen sie sich bei der 76er Wahl noch als effektive und relativ soziale Krisenmanagement-Partei<br />
prasentieren konnte, wie sich an den Rentenauseinandersetzungen Ende<br />
1976/Anfang 1977 zeigte.<br />
Angesichts dieser Perspektive bietet sich fUr die regierende SPD eine Politik, die<br />
auf eine Verschiirfung der vorhandenen Spaltung der Krisenbetroffenen setzt, als<br />
nachstliegender Ausweg an: Unter der Maxime, daB "alle Opfer bringen mtissen",<br />
giilte es, die krisenbetroffenen Gruppen gegeneinander auszuspielen: Arbeitende gegen<br />
Rentner, Lohnarbeiter des Kapitals gegen die des Offentlichen Dienstes, Deutsche<br />
gegen Auslander, Arbeitende gegen Arbeitslose, Arbeiter umweltschiidigender Industrien<br />
gegen Umwelt-Demonstranten etc. Diese durch den Staat zwar nicht hervorgerufene,<br />
aber durch seine Sozial- und Subventionspolitik und seine Funktion als Arbeitgeber<br />
durchaus verschiirfbaren Spaltungen lassen sich fUr eine Politik des Krisenmanagements<br />
durch gleichmiiBige Verteilung von "Opfern" nutzbar machen, wenn<br />
es gelingt, die "Opfer" nacheinander nur einer jeweiligen Minderheitsgruppe aufzubUrden,<br />
die allein keinen effektiven Widerstand zu leisten vermag und die keine Solidaritiit<br />
bei anderen, jeweils gerade nicht betroffenen Gruppen findet.<br />
Eine solche staatliche Spaltungs- und Verohnmachtigungsstrategie lage durchaus<br />
auf der Linie des pervertierten "Solidaritiits"-Begriffs in dem 1975 yom Mannheimer<br />
SPD-Parteitag beschlossenen "Orientierungsrahmen '85". Dort wird "Solidaritat"<br />
tiberwiegend als Gemeinschaftlichkeit aller Gesellschaftsmitglieder und Klassen<br />
verstanden, basierend auf der "Notwendigkeit gesellschaftlicher Arbeitsteilung und<br />
Zusammenarbeit" (1.2.). Folgerichtig erhalt im OR '85 der "Grundwert der Solidaritiit"<br />
vor allem dann "besondere Bedeutung", wenn es urn die Abwehr "gruppenegoistischer<br />
Erpressungsversuche" geht; die "Solidaritat" soIl hier dem Staat gelten,<br />
der diese Abwehr "kraftvoll", mit "Autoritat" und,,harten MaBnahmen" durchzufuhren<br />
hat (2.4.8.) (65).<br />
65 zit. nach P. v. Oertzen, H. Ehmke, h. Ehrenstein (Hg.): Orientierungsrahmen '85, Bonn<br />
Bad Godesberg 1976, S. 6 und 27<br />
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