Volltext Prokla 26
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trifft zuvarderst Auslander, Frauen, lugendliche oder die Beschaftigten des affentlichen<br />
Dienstes und die Studenten, also Gruppen, deren Organisationsfahigkeit als<br />
gering eingeschatzt wird oder gegen deren scheinbare Privilegiertheit sich ein KonkurrenzbewuBtsein<br />
der Industriearbeiter aktivieren laBt. Auf dem Gebiet def Sozialstaatlichkeit<br />
hat die SPD aufgrund der praktischen Ergebnisse lirer sozialpoli- ,<br />
tisch-reformistischen Tradition einen schwer einholbaren Vertrauensvorsprung gegentiber<br />
anderen Parteien, def die Wahlbindung def Arbeiter an diese Partei zumindest<br />
Un Sinne einer "Kleineres-Ubel"-Vermutung im zu offenen Unternehmerparteien<br />
erkHirt.<br />
(2.) Die Ebene der Entwicklung der deutschen Arbeiterbewegung<br />
Seit Lassalle ist in def deutschen Arbeiterbewegung eine Tradition der Staatsfixierung,<br />
d.h. def Geringschatzung des scheinbar "nur-okonomischen" direkten Kampfes<br />
der Arbeiter gegen das Kapital und eine Bereitschaft zur Delegation der Arbeiterinteressen<br />
auf den als allein "politisch" angesehenen Kampf urn Positionen in Regierung<br />
und Parlament verankert. Zwar hat sich in def Frage der Gewerkschaftsgrundungen<br />
die Marxsche Position gegen die Lassallesche Theorie von der Nutzlosigkeit<br />
gewerkschaftlichen Kampfs durchgesetzt, jedoch in Form einer Trennung von<br />
"okonomischer" und "politischer" Organisation, bei def die von Marx herausgearbeiteten<br />
politischen Momente des gewerkschaftlichen Kampfes verlorengingen (56).<br />
Wie Zoll zeigt, entspricht die Zuordnung des okonornischen Kampfes zu den<br />
Gewerkschaften und des politischen Kampfes zu den Parteien einem "dogmatischen<br />
MiBverstandnis der Marxschen Theorie im allgemeinen und des Verhaltnisses von<br />
okonomischen und politischen Kampfen im besonderen." (57) Denn politischen<br />
Charakter erhalten Kampfe nicht dadurch, daB sie sich auf den Staat richten und<br />
von der Partei im Parlament ausgetragen werden, sondern vielmehr durch ihre "Verallgemeinerung<br />
zur Konfrontation def Klassen." (58) Diese Verallgemeinerung aber<br />
kann aus scheinbar nur-okonomischen Kampfen entstehen, die durch ihre Wirkung<br />
auf die Kapitalistenklasse und durch das sich in Kampfen verandernde BewuBtsein<br />
politischen Charakter annehmen. Rosa Luxemburg hat die Verengung des Begriffs<br />
"politisch" auf das Handeln der Partei - def eine Verengung des gewerkschaftlichen<br />
Kampfes auf den okonomischen Kleinkrieg entspricht - am scharfsten kritisiert:<br />
"Die Trennung zwischen dem politischen und dem okonomischen Kampf und die<br />
Verselbstandigung beider ist nichts als ein ki.instliches, wenn auch geschichtlich bedingtes<br />
Produkt der pariamentarischen Periode." (59)<br />
Solange die Verengung des Begriffs "politisch" auf die Politik def parlamentarisch<br />
agierenden Partei innerhalb der deutschen Arbeiterbewegung vorherrschte -<br />
56 Vgl. Rainer Zoll: DeI Doppelcharakter der Gewerkschaften, Frankfurt 1976,S. 113 ff.<br />
57 Zoll, S. 113<br />
58 Zoll, S. 117<br />
59 Rosa Luxemburg: Massenstreik, Partei und Gewerkschaften, zit. nach dies.: Scruiften zur<br />
Theorie der Spontaneitiit, hg. v. Susanne Hillmann, Reinbek bei Hamburg 1970, S. 145<br />
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