Volltext Prokla 26
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edingungen fUr das Kapital im Inneren gewahrleisten wiederum relativ annehmbare<br />
Arbeits- und Lebensbedingungen fUr Lohnabhlingige und Mittelstand. Sie befordern<br />
die okonomische und schlieBlich die politische Integration in die bestehende Gesellschaftsordnung.<br />
Der Basiskonsens ist also Voraussetzung und Ergebnis der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung der Bundesrepublik. Insofern miiEte eine zunehmend krisenhaftere<br />
Entwicklung auch zu einer Erosion dieses Basiskonsens ftihren. Politische und<br />
okonomische Entwicklungen wtirden dann zwar nicht gerade synchron verlaufen,<br />
sich aber dochkurz- bzw. mittelfristig entsprechen. Die konstatierte Diskrepanz zwischen<br />
okonomischen und politischen Verhiiltnissen in der Bundesrepublik ware also<br />
so eigentlich nicht moglich.<br />
Nun haben wir bei der Darstellung der Entwicklung des Basiskonsens im ersten<br />
Teil dieses Aufsatzes deutlich zu machen versucht, daB dieser mehr als nur Voraussetzung<br />
und Ergebnis der wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik ist. Er<br />
ist zugleich Produkt historischer Entwicklungen und Erfahrungen der Klassen in<br />
Deutschland seit spatestens 1933 und insofern auch in gewissem MaBe unabhlingig<br />
von zyklischen Schwankungen der Akkumulationsraten. Diese relative Unabhlingigkeit<br />
mindert aber auch den EinluB konjunktureller Faktoren auf eine mogliche Zerstorung<br />
des Konsens, wenn sie diesen EinfluB auch nicht aufheben kann. Dadurch<br />
gewinnt das Kapitaljedoch einen gewissen Schu tz vor okonomischen und politischen<br />
Konflikten gerade in der Krise. Die Vernichtung von Kapital kann reibungsloser, der<br />
Wiederbeginn der Akkumulation kann schneller erfolgen. Diese historische Dimension<br />
des Basiskonsens, .sein quasi iiberzyklischer Charakter, diirfte die Ursache fUr<br />
die gegenwartig bestehende Diskrepanz zwischen wirtschaftlicher und politischer<br />
Elltwicklung sein.<br />
Eine okonomische Krise wtirde sich mithin erst dann als politische Krise auswirken,<br />
wenn der Basiskonsens langerfristig fur die Durchsetzung von Interessen der<br />
Lohnabhlingigen respektive des Kapitals hinderlich ware, wenn sich diese Interessen<br />
also nicht mehr auf dem Wege konsenshafter Verteilungskonflikte realisieren lieBen.<br />
Dann miiBten sich die Produktionsverhliltnisseandere Formen politischer Herrschaft<br />
schaffen, um die Reproduktion der Gesarntgesellschaft zu gewahrleisten.<br />
Anzeichen fUr eine Erosion des Basiskonsens konnten bei der Analyse von<br />
Wahlerstrukturen und -bewegungen im Zusammenhang mit Bundestagswahlen nicht<br />
beobachtet werden. Gleichwohl sollte nicht iibersehen werden, daB die Krisenstrategie<br />
der reaktionaren Krafte innerhalb der Union auf eine Beseitigung des Basiskonsens<br />
hinauslauft, auch wenn dieser nicht allein durch eine einseitige Konfrontationsstrategie<br />
von Teilen des Biirgertums zerstort werden kann. Zweifellosbetrachtet gegellwartig<br />
die Mehrheit des christlich-konservativen (wie die Analyse von Kaltefleiter<br />
erwies) und des liberalen Biirgertums den Basiskonsens als geeignetes Klassenverhiiltnis<br />
zur Durchsetzung ihrer okonomischen und politischen Interessen. Aber es fehlt<br />
ihr an einer iiber den Basiskonsens hinausreichenden Krisenstrategie. Und daher steht<br />
es ebenso auBer Zweifel, daB sich die soziale Basis der reaktionaren Konservativen<br />
besonders im Biirgertum in dem MaBe ausweiten wird, wie sich zyklische und stmkturelle<br />
Krisen vertiefen und sich die Sozialdemokratie als unfahig erweist, die Arbeiterklasse<br />
zur Legitimation einer Wirtschafts- und Finanzpolitik zu bewegen, die<br />
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