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Volltext Prokla 26

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def Partei und die Einsetzung einer Grundsatzkommission unter Richard von Weizsacker.<br />

Das politisch-strategische Ziel dieser MaBnahmen zur "Modernisierung" def<br />

CDU war sowohl die Riickgewinnung des stadtischen und Besitzbiirgertums von def<br />

FDP als auch der katholischen Arbeiter von def SPD.<br />

Die sozialliberale Regierungskoalition formulierte ihr gegeniiber den Wahlaussagen<br />

schon moderiertes Reformprograrnm: Mitbestimmung, Steuerpolitik und die<br />

Reform der beruflichen Bildung waren zentrale Themen. FUr seine Verwirklichung<br />

war allerdings von Bedeutung, wie sich die FDP zu ihnen stellen wiirde.<br />

Dieser Partei wurde ineiner Analyse nachgesagt, sie stehe im Vergleich mit den<br />

anderen Parteien "an def Spitze def Gesamtbewegung der Gesellschaft". "Sie verkorpert<br />

gewissermaBen die Vorhut des gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses." Diese<br />

Schlu8folgerung beruhte auf einer Interpretation der iiberdurchschnittlichen Zuwachsraten<br />

unter den Beamten, den Wahlern mit iiberdurchschnittlich hoher Ausbildung<br />

sowie beruflichen Aufsteigern (37). Die taktischen Konzeptionen, die aus diesem<br />

Tatbestand abgeleitet wurden, liefen auf einen kalkulierten Konflikt gegeniiber<br />

der "Arbeitnehmer-Strategie" der SPD hinaus und lauteten in einem ihrer Kernsatze<br />

so: "lm Augenblick la8t sich sagen, daB die FDP das ,Arbeitnehmer-Lager' differenzierter<br />

beschreiben mu8 und starker auf die vorhandenen Einzelgruppen und deren<br />

individuelle Interessenlagen Bezug nehmen mul1. Sie mu8, wie sie es bisher stets getan<br />

hat, weiterhin die Einzel- und Minderheitsgruppen, z. B. im Bereich der sozialen<br />

Sicherungssysteme vertreten. Auch das Mitbestimmungsmodell der FDP ist ein wichtiges<br />

Element einer Strategie, die def ,Arbeitnehmer-Strategie' der SPD entgegenzustellen<br />

ware." (38) Damit war die Position der FDP als sozialliberales Gegengewicht<br />

zur Partei des demokratischen Sozialismus, wie sich die SPD im Wahlkampf 1972 ab<br />

und an bezeichnet hatte, formuliert.<br />

Gerade im Jahre 1973, auf dem SPD-Parteitag in Hannover, konnten sich in dieser<br />

Partei reformistische Tendenzen durchsetzen, beispielsweise in der Frage der Investitionskontrolle.<br />

Und tiber dies wurde in den Erfolgen der Jungsozialisten und def<br />

SPD-Linken bei der Besetzung von Positionen im Parteivorstand ein Indiz fUr mogliche<br />

Entwicklungen in Richtung auf eine reformistische Politik def SPD gesehen. Die<br />

Wende kam, sie kam rasch, doch anders als erwartet. Die Energiekrise im Herbst des<br />

Jahres 1973, die Inflation und die steigende Arbeitslosigkeit liel1en die Finanzierung<br />

der geplanten Reformen unmoglich erscheinen. Die mit wachsender Beunruhigung<br />

verbundene wirtschaftliche Entwicklung sowie innerparteiliche Auseinandersetzungen<br />

um die von den Jungsozialisten geforderte Formulierung eines "sozialistischen<br />

Aktionsprogramms", die von den Konservativen zur Bekraftigung ihrer Feindbilder<br />

herangezogen wurden sowie der Vorwurf der "Fiihrungsschwache" gegentiber dem<br />

reformorientierten Bundeskanzler und Parteivorsitzenden ftihrten schlie8lich dazu,<br />

daB Willy Brandt anla8lich der Guillaume-Affaire zurUcktrat.<br />

Der Kanzlerwechsel von Brandt auf Helmut Schmidt im Juni 1974 bedeutete<br />

das Ende der sozialdemokratischen Reformpolitik. Jene Minister, die im Rahmen ih-<br />

37 Institut fUr politische Planung und Kybernetik, Die Bundestagswahl1972, S. 20.<br />

38 Ebd., S. 74.<br />

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