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Volltext Prokla 26

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Fafbt man die Veranderungen gegenuber 19p9 zusammen, so ergibt sich zunachst<br />

ein bemerkenswerter Bedeutungsverlust des konfessionellen Faktors, der sich<br />

zu Lasten der CDUjCSU auswirkte. So waren es denn auch sozialstrukturelle Faktoren,<br />

und letztendlich materielle Interessen, die zu der deutlichen Verschiebung in<br />

der Wahlerbasis der Parteien fUhrten (35).<br />

1m Zeitraum zwischen 1965 und 1972 hatte sich also (auf der Ebene von Wahlen)<br />

im Parteiensystem der Bundesrepublik eine deutliche, wenn auch insgesamt begrenzte,<br />

Polarisierung entlang .der Klassengegensatze ergeben. Dieser sozialen Polarisierung<br />

entsprach die politische Polarisierung im Wahlkampf der Parteien. Herausragend<br />

und fur die Zuspitzung der Gegensatze von wesentlicher Bedeutung war im Wahlkampf<br />

gewesen, dafb zum ersten Mal Themen aufgetaucht waren, die der Zuordnung<br />

entsprechend der Hauptwiderspriiche (konfessionelles Schisma und Klassengegensatze)<br />

im Parteiensystem entsprachen: die Mitbestimmungundder§ 218. Hinzukamen,<br />

wie erwiihnt, jene von der Bourgeoisie fmanzierten massiven Anzeigenkampagnen<br />

zugunsten der CDUjCSU, die die themenorientierte Konfrontation verstiirkten. Polarisierender<br />

und mobilisierender Wahlkampf und Polarisierung im Wahlerverhalten<br />

entsprachen sich' also.<br />

Die Bundestagswahl 1976<br />

Die politischen Ausgangsbedingungen<br />

Die im Wahlkampf 1972 und im Wahlergebnis deutlich gewordene Poiarisierung<br />

zwischen konservativer Opposition und sozialliberaler Reformpolitik beherrschte<br />

die politische Entwicklung in der Bundesrepublik nur ku.rze Zeit, niimlich bis zum<br />

Kanzlerwechsel von Willy Brandt zu Helmut Schmidt im Juni 1974. Wie schon in<br />

der Nachwahlperiode des Jahres 1972 ging die CDU zunachst daran, ihre Strategie<br />

des Machterwerbs durch die weitere Reorganisation ihres Parteiapparats und die Mobilisierung<br />

zusatzlicher Mitglieder abzusichern.<br />

Zunachst waren die Analysen der Wahlniededage deutlich beherrscht von Erklarungsversuchen,<br />

die eine neuerliche ,,Asymmetrie" im Parteiensystem der Bundesrepublik<br />

entdecktim, und zwar in Form eines womoglich dauerhaften Btindnisses<br />

zwischen SPD und FDP, das langfristig zur absoluten Mehrheit der SPD ftihren konnte<br />

(36). Als Ursache einer solchen Entwicklung wurde eine veranderte gesellschaftliche<br />

Grundstromung, die "Entscheidung zur Modernitat", die sich gegen die CDU ausgewirkt<br />

habe, erkannt; als deren Trager wurden die "urbanisierten Mittelschichten"<br />

ausgemacht. Auch wenn die Einschiitzung der Grundstromung innerhalb der CDU<br />

mehrheitlich nicht geteilt wurde, so war doch die Taktik der Partei auf jene Schicht<br />

ausgerichtet.<br />

Ausdruck dieser Einschiitzung waren personelle Entscheidungen: Die Wahl des<br />

neuen Parteivorsitzenden Helmut Kohl sowie Kurt Biedenkopfs zum Generalsekretar<br />

35 Vgl. Franz Urban Pappi, Parteiensystem und Sozialstruktur, S. 200.<br />

36 Werner Kaltefleiter, Zwischen Konsens und Krise, S. 158 f.<br />

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