Volltext Prokla 26

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25.01.2013 Aufrufe

An def Vorstellung von Investitionskontrolle lillt sich exemplarisch das politische und strategische Vorgehen def italienischen Arbeiterbewegung ablesen. Auf Produktionskonferenzen arbeiten die Lohnabhangigen eines Unternehmens Investitions- und Produktionsplane aus,' die sowohl die Art def Produkte, wie die Arbeitsorganisation, lahl def Arbeitsplatze, Lohnstruktur wie Standort und dessen Infrastruktur umfassen. Diese Forderungen werden dann innerhalb betriebsnaher Verhandlungen und Kampfe durchgesetzt und in betrieblichen Abkommen fixiert. Statt Luxuswagen zu produzieren, halten die Lohnabhangigen von Alfa Romeo es z. B. flir wichtiger, Lastkraftwagen und Massenverkehrsmittel zu produzieren. Diese Investitionskontrollen wurden bereits 1949 in der Kampagne fur den "Arbeitsplan" (66) entwickelt, wurden vor allem in den letzten Jahren aktualisiert und stehen in engem Bezug zu den Reformkonzepten ftir das Offentliche Verkehrswesen. Als nach 1969 - nicht zuletzt in progressiver Verarbeitung def in autonomen Arbeiterkiimpfen entwickelten politischen Formen und Inhalte - die Gewerkschaften in der Entfaltung ihrer betrieblichen Machtpositionen einen erheblichen Sprung voran gemacht haben, entwickelten sie mehr und mehr ein Ensemble derartig aufeinander bezogener Forderungen, die immer starker die Bediirfnisse und Wiinsche der Lohnabhiingigen zur Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen aufgenommen und strategisch umgesetzt haben und auf neue Formen und Inhalte selbstbewuBter Vergesellschaftung zielen. Da grundsatzlich materielle Forderungen mit solchen nach Verstarkung def Machtpositionen verbunden wurden, konnte die Arbeiterbewegung in einigen Bereichen der italienischen Gesellschaft eine Macht entfalten, die bisher keine sozialitische Bewegung in hochentwickelten kapitalistischen Staaten erreicht hat. Und die Rekonstruktion der Machtpositionen der Arbeiterbewegung ist nach der schwerer Niederlage 1955 in erster Linie durch die Aktion und Politik der Gewerkschaften durchgeftihrt worden. Das wird auch dadurch bestatigt, da8 die Arbeiterparteien einen gro8en Tell ihrer qualiflziertesten Kader an def Gewerkschaftsarbeit beteiligten. Die KPI hat sich zu einem erheblichen Tell ihrer Strategie auf die Dezentralisierung der Verwaltung und die denzentralisierte Planung konzentriert, um auf der Ebene der Kommunen und Regionen die demokratische Beteiligung def Betroffenen bei def Lasung der sozialen, politischen und okonomischen Probleme voranzutreiben. Bologna (67) ist das weitbekannte Paradebeispiel, aber vor allem seit den Ergebnissen def Kommunal- und Regionalwahlen 1975 bei weitem nicht das einzige. Die Strategie besteht insgesamt darin, dezentral demokratische Macht- und Kontrollpositionen innerhalb der gesamten Gesellschaft zu entwickeln und auf diese Weise die hegemoniale Stellung def Arbeiterklasse, nicht nur def eigenen Partei, mit der Perspektive des Sozialismus zu entfalten. Die von Gramsci begrtindete strategische Konzeption der sozialen Emanzipation als einer alternativen Vergesellschaftung findet in dieser Demokratisierungsstrategie ihren Niederschlag. Nicht zufallig ist nach den fUr die Arbeiterbewegung erfolgreichen Kommunal- und Regionalwahlen 1975 und den zentralen Wahlen 1976 die Diskussion tiber Gramsci neu aufgeflammt. Die KPI bildet daher gemaB ihrem Selbstverstandnis keine "Gegengesellschaft" im kapi- 66 Genth, a.a.O., S. 252 ff 67 siehe Max Jaggi u.a., Das rote Bologna, Zurich o. J. 103

An def Vorstellung von Investitionskontrolle lillt sich exemplarisch das politische<br />

und strategische Vorgehen def italienischen Arbeiterbewegung ablesen. Auf<br />

Produktionskonferenzen arbeiten die Lohnabhangigen eines Unternehmens Investitions-<br />

und Produktionsplane aus,' die sowohl die Art def Produkte, wie die Arbeitsorganisation,<br />

lahl def Arbeitsplatze, Lohnstruktur wie Standort und dessen Infrastruktur<br />

umfassen. Diese Forderungen werden dann innerhalb betriebsnaher Verhandlungen<br />

und Kampfe durchgesetzt und in betrieblichen Abkommen fixiert. Statt<br />

Luxuswagen zu produzieren, halten die Lohnabhangigen von Alfa Romeo es z. B. flir<br />

wichtiger, Lastkraftwagen und Massenverkehrsmittel zu produzieren. Diese Investitionskontrollen<br />

wurden bereits 1949 in der Kampagne fur den "Arbeitsplan" (66)<br />

entwickelt, wurden vor allem in den letzten Jahren aktualisiert und stehen in engem<br />

Bezug zu den Reformkonzepten ftir das Offentliche Verkehrswesen. Als nach 1969<br />

- nicht zuletzt in progressiver Verarbeitung def in autonomen Arbeiterkiimpfen entwickelten<br />

politischen Formen und Inhalte - die Gewerkschaften in der Entfaltung<br />

ihrer betrieblichen Machtpositionen einen erheblichen Sprung voran gemacht haben,<br />

entwickelten sie mehr und mehr ein Ensemble derartig aufeinander bezogener Forderungen,<br />

die immer starker die Bediirfnisse und Wiinsche der Lohnabhiingigen zur<br />

Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen aufgenommen und strategisch<br />

umgesetzt haben und auf neue Formen und Inhalte selbstbewuBter Vergesellschaftung<br />

zielen. Da grundsatzlich materielle Forderungen mit solchen nach Verstarkung<br />

def Machtpositionen verbunden wurden, konnte die Arbeiterbewegung in einigen<br />

Bereichen der italienischen Gesellschaft eine Macht entfalten, die bisher keine sozialitische<br />

Bewegung in hochentwickelten kapitalistischen Staaten erreicht hat. Und die<br />

Rekonstruktion der Machtpositionen der Arbeiterbewegung ist nach der schwerer<br />

Niederlage 1955 in erster Linie durch die Aktion und Politik der Gewerkschaften<br />

durchgeftihrt worden. Das wird auch dadurch bestatigt, da8 die Arbeiterparteien einen<br />

gro8en Tell ihrer qualiflziertesten Kader an def Gewerkschaftsarbeit beteiligten.<br />

Die KPI hat sich zu einem erheblichen Tell ihrer Strategie auf die Dezentralisierung<br />

der Verwaltung und die denzentralisierte Planung konzentriert, um auf der<br />

Ebene der Kommunen und Regionen die demokratische Beteiligung def Betroffenen<br />

bei def Lasung der sozialen, politischen und okonomischen Probleme voranzutreiben.<br />

Bologna (67) ist das weitbekannte Paradebeispiel, aber vor allem seit den<br />

Ergebnissen def Kommunal- und Regionalwahlen 1975 bei weitem nicht das einzige.<br />

Die Strategie besteht insgesamt darin, dezentral demokratische Macht- und Kontrollpositionen<br />

innerhalb der gesamten Gesellschaft zu entwickeln und auf diese Weise<br />

die hegemoniale Stellung def Arbeiterklasse, nicht nur def eigenen Partei, mit der<br />

Perspektive des Sozialismus zu entfalten. Die von Gramsci begrtindete strategische<br />

Konzeption der sozialen Emanzipation als einer alternativen Vergesellschaftung findet<br />

in dieser Demokratisierungsstrategie ihren Niederschlag. Nicht zufallig ist nach<br />

den fUr die Arbeiterbewegung erfolgreichen Kommunal- und Regionalwahlen 1975<br />

und den zentralen Wahlen 1976 die Diskussion tiber Gramsci neu aufgeflammt. Die<br />

KPI bildet daher gemaB ihrem Selbstverstandnis keine "Gegengesellschaft" im kapi-<br />

66 Genth, a.a.O., S. 252 ff<br />

67 siehe Max Jaggi u.a., Das rote Bologna, Zurich o. J.<br />

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