Volltext Prokla 26

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25.01.2013 Aufrufe

schnell von Patriotismus auf Kollektivschuldthese und Bejahung territorialer Abtre· tungen Deutschlands umschwenkten. 1m kommunistischen Widerstand, der nach dem tiberfall Deutschlands auf die UdSSR einen Aufschwung nahm und f943/44 in der Lage war, ein reichtibergreifendes Kommunikationsnetz mit regionalen Schwerpunkten in Berlin/Brandenburg, Sachsen und Thiiringen aufzurichten, dominierten KPD·traditionalistische Stromungen, die teilweise mit dem Gedanken spielten, den Krieg gegen die Westmachte nach der erstrebten sozialistischen Umwalzung an der Seite der Roten Armee fortzusetzen. Selbst ein schlieElich verabschiedetes Kompromilldokument wollte eine NKFD-Regierung nur rus kurze Etappe auf dem Weg zur proletarischen Revolution, als eine deutsche Kerenski-Periode, gelten lassen. 1m Zusammeilhang mit dem 20. Jull-Putsch wurde diese letzte bedeutende KPD-Organisation zerschlagen (66). Arbeiterbewegung im Umbruch Die NKFD.Propaganda fUr die Bildung von Volksausschiissen und eine Erhebung des deutschen Volkes wurde fur die Sowjetunion funktionslos, als die Komplizierung der deutschen Situation durch Bildung eigener Organe des werktatigen Volkes den mlli· tarischen Nutzen eines Aufstandes aus sowjetischer Sicht tiberwog. Das war der Fall nach der Jalta-Konferenz mit wer Einteilung von EinfluBspiihren in Europa: Die Aufstands-Propaganda wurde eingesteilt. Zwar ist dieser Schritt bezeichnend fUr die sow· jetische Deutschlandpolltik im und nach dem Zeiten Weltkrieg, aber er war gewill nicht ursachlich verantwortlich fUr das Ausbleiben relevanter Aktionen der deutschen Antifaschisten zur Beendigung des Krieges, sondern reflektierte dieses. Stimmungsberichte sprechen sagar daflir, dafl. - nach einem vorubergehenden AblosungsprozeE der meisten Deutschen vom NS·Regime in der ersten Jahreshiilfte 1943 - die Bindung der Bev6lkerung an die Diktatur wiihrend des Jahres 1944 ehef wieder starker wurde (67). Die ersten Erfahrungen mit der Roten Armee in Ostdeutschland, von den Fltichtlingen im ganzen Reich verbreitet, stachelten die Furcht vor " den Russen" und dem Widerstandswillen der Sol daten an der Ostfront gewaltig an. Die Unfahigkeit des Volkes, namentlich der Arbeiterklasse, zu einer den Krieg beendenden Aktion selbst in der Phase, da seine Fortflihrung ganz aussichtlos geworden war, verweist auf die zugrundeliegenden sozialen Prozesse: Die Integration der Mehrheit der Arbeiter in die Wehrmacht, die aus hier nUI 66 Duhnke, S. 485 ff.; G. Rossmann, Der Kampf der KPD urn die Einheit aller Hitlergegner, Berlin (Ost) 1963; H. Weber (Hg.), Aus dem Kadermaterial der illegalen KPD 1943, in: VfZ 20 (1972) S. 422 ff.; G. Glondajewski/G. Rossmann, Ein bedeutungsvolles politisches Dokument, in: BzG 8 (1966) S. 644 ff. 67 H. Boberach (Hg.), Meldungen aus dem Reich. Auswahl aus den geheimen Lageberichtea des Sicherheitsdienstes de! SS 1939 - 1944, Neuwied/Berlin 1965; M. G. Steinert, Hitlers Krieg und die Deutschen. Stimmung und HaUung de! deutschen Bevolkerung im Zweiten 66 Weltkrieg, Diisseldorf/Wien 1970. Zu dieser Problematik aus Sicht eines ehemaligen sowjetischen Offiziers jetzt die Erinnerungen von L. Kopelew, Aufbewahren fUr alle Zeit, Hamburg 1976, S, 55 ff.

schnell von Patriotismus auf Kollektivschuldthese und Bejahung territorialer Abtre·<br />

tungen Deutschlands umschwenkten. 1m kommunistischen Widerstand, der nach dem<br />

tiberfall Deutschlands auf die UdSSR einen Aufschwung nahm und f943/44<br />

in der Lage war, ein reichtibergreifendes Kommunikationsnetz mit regionalen Schwerpunkten<br />

in Berlin/Brandenburg, Sachsen und Thiiringen aufzurichten, dominierten<br />

KPD·traditionalistische Stromungen, die teilweise mit dem Gedanken spielten, den<br />

Krieg gegen die Westmachte nach der erstrebten sozialistischen Umwalzung an der<br />

Seite der Roten Armee fortzusetzen. Selbst ein schlieElich verabschiedetes Kompromilldokument<br />

wollte eine NKFD-Regierung nur rus kurze Etappe auf dem Weg zur<br />

proletarischen Revolution, als eine deutsche Kerenski-Periode, gelten lassen. 1m Zusammeilhang<br />

mit dem 20. Jull-Putsch wurde diese letzte bedeutende KPD-Organisation<br />

zerschlagen (66).<br />

Arbeiterbewegung im Umbruch<br />

Die NKFD.Propaganda fUr die Bildung von Volksausschiissen und eine Erhebung des<br />

deutschen Volkes wurde fur die Sowjetunion funktionslos, als die Komplizierung der<br />

deutschen Situation durch Bildung eigener Organe des werktatigen Volkes den mlli·<br />

tarischen Nutzen eines Aufstandes aus sowjetischer Sicht tiberwog. Das war der Fall<br />

nach der Jalta-Konferenz mit wer Einteilung von EinfluBspiihren in Europa: Die Aufstands-Propaganda<br />

wurde eingesteilt. Zwar ist dieser Schritt bezeichnend fUr die sow·<br />

jetische Deutschlandpolltik im und nach dem Zeiten Weltkrieg, aber er war gewill<br />

nicht ursachlich verantwortlich fUr das Ausbleiben relevanter Aktionen der deutschen<br />

Antifaschisten zur Beendigung des Krieges, sondern reflektierte dieses. Stimmungsberichte<br />

sprechen sagar daflir, dafl. - nach einem vorubergehenden AblosungsprozeE<br />

der meisten Deutschen vom NS·Regime in der ersten Jahreshiilfte 1943 - die Bindung<br />

der Bev6lkerung an die Diktatur wiihrend des Jahres 1944 ehef wieder starker<br />

wurde (67). Die ersten Erfahrungen mit der Roten Armee in Ostdeutschland, von<br />

den Fltichtlingen im ganzen Reich verbreitet, stachelten die Furcht vor " den Russen"<br />

und dem Widerstandswillen der Sol daten an der Ostfront gewaltig an. Die Unfahigkeit<br />

des Volkes, namentlich der Arbeiterklasse, zu einer den Krieg beendenden<br />

Aktion selbst in der Phase, da seine Fortflihrung ganz aussichtlos geworden war, verweist<br />

auf die zugrundeliegenden sozialen Prozesse:<br />

Die Integration der Mehrheit der Arbeiter in die Wehrmacht, die aus hier nUI<br />

66 Duhnke, S. 485 ff.; G. Rossmann, Der Kampf der KPD urn die Einheit aller Hitlergegner,<br />

Berlin (Ost) 1963; H. Weber (Hg.), Aus dem Kadermaterial der illegalen KPD 1943, in:<br />

VfZ 20 (1972) S. 422 ff.; G. Glondajewski/G. Rossmann, Ein bedeutungsvolles politisches<br />

Dokument, in: BzG 8 (1966) S. 644 ff.<br />

67 H. Boberach (Hg.), Meldungen aus dem Reich. Auswahl aus den geheimen Lageberichtea<br />

des Sicherheitsdienstes de! SS 1939 - 1944, Neuwied/Berlin 1965; M. G. Steinert, Hitlers<br />

Krieg und die Deutschen. Stimmung und HaUung de! deutschen Bevolkerung im Zweiten<br />

66<br />

Weltkrieg, Diisseldorf/Wien 1970.<br />

Zu dieser Problematik aus Sicht eines ehemaligen sowjetischen Offiziers jetzt die Erinnerungen<br />

von L. Kopelew, Aufbewahren fUr alle Zeit, Hamburg 1976, S, 55 ff.

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