Das Nürnberger Schwein oder: Wohnungsbau ... - Kunstlexikon Saar
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Fritz Schmoll gen. Eisenwerrth, <strong>Das</strong> <strong>Nürnberger</strong> <strong>Schwein</strong>, Beitrag zur Festschrift J. A. Schmoll gen. Eisenwerth, 2005, S. 21 /<br />
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Verfügung. Auf die Eigentumsförderung besteht demgegenüber ein Rechtsanspruch: wer die<br />
Bedingungen erfüllt, erhält die Steuervergünstigung bzw. Zulage.<br />
Auf dieser Grundlage dehnten sich im ländlichen Bereich und im Umland der Städte die Einfamilienhausgebiete<br />
aus, eine Entwicklung, die bis heute ungebrochen ist. Ökologisch und<br />
auch hinsichtlich der Auswirkungen auf die Kernstädte ist dies kritisch zu sehen. Aber die<br />
jeweiligen Umland-Gemeinden sind zuständig für die Bauleitplanung. Deren Organe sind<br />
oftmals Teil eines Interessenkartells für die Ausweisung neuer Baugebiete und für die Schaffung<br />
entsprechender Infrastruktureinrichtungen: die örtlichen Eigentümer ehemals landwirtschaftlicher<br />
Flächen realisieren (zumindest einen Teil) der Grundrentensteigerung; das örtliche<br />
Gewerbe gewinnt mit Einwohnern aus eher zahlungskräftigen Schichten (zumindest Teile<br />
eines) zusätzlichen Nachfragepotentials, die Gemeinde gewinnt zusätzliche Steuerzahler. Die<br />
Kosten für Infrastrukturinvestitionen werden entweder im Rahmen zweckgebundener Finanzzuweisungen<br />
vom Land und Bund mit getragen, <strong>oder</strong> sie werden – zunehmende Praxis – im<br />
Rahmen städtebaulicher Verträge von den Investoren/Bauträgern übernommen. Die baulichen<br />
Wucherungen am Rande der Ballungsgebiete vollziehen sich weitgehend konfliktfrei und<br />
depolitisiert.<br />
VII Sozialer Mietwohnungsbau und große Siedlungen<br />
Der soziale Mietwohnungsbau, der auf die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen<br />
zugeschnitten war, aber auch für Einzeleigentümer innerstädtischer Baugrundstücke (z.B.<br />
kriegszerstörte Gebäude) attraktiv war, wurde im Laufe der 1960er Jahre das zentrale<br />
Finanzierungsinstrument auch für die Entwicklung der Trabantensiedlungen am Rande der<br />
großen Städte. <strong>Das</strong> Konzept des Siedlungsbaus der 1920er Jahre wurde wieder aufgegriffen,<br />
aber in den Dimensionen vervielfacht, Siedlungen in der Größenordnung von 25.000 bis zu<br />
100.000 Einwohner entstanden. Die Namen der neuen Stadtteile – München-Neuperlach,<br />
Köln-Chorweiler, Berlin-Märkisches Viertel – haben heute noch einen ambivalenten Klang.<br />
Die ursprünglichen Bewohner der Großsiedlungen haben vor ihrem Umzug meist bereits in<br />
der jeweiligen Stadt <strong>oder</strong> in deren nahem Umland gewohnt: oft in innenstadtnahen<br />
Altbauquartieren, unter sehr beengten, häufig auch hinsichtlich der Sanitärausstattung<br />
unzureichenden Verhältnissen. Mit Beginn der Innenstadtsanierung in vielen Großstädten in<br />
den 60er Jahren gehörten dann auch vermehrt ”Umsetzmieter” zur ersten<br />
Bewohnergeneration. Zuwanderer von außerhalb waren dagegen selten. Es waren also<br />
hauptsächlich die mittleren Schichten der jeweils ortsansässigen Bevölkerung, die in die<br />
Großsiedlungen umgezogen sind. Sie haben damit ihren Wohnungsversorgungsstandard<br />
hinsichtlich Wohnfläche und Ausstattung erhöht.<br />
Der Bevorzugung einer sozial relativ homogenen Bevölkerungsauswahl entspricht die<br />
Standardisierung der Wohnungen: mit dem sozialen <strong>Wohnungsbau</strong> und insbesondere mit<br />
Großsiedlungsprojekten bot sich für Architekten und <strong>Wohnungsbau</strong>gesellschaften die<br />
Chance, gemäß den im Fachdiskurs bereits entwickelten Kriterien und Vorstellungen vom<br />
”richtigen” Wohnen die Produktion für einen anonymen Markt nun rationell und in großem<br />
Maßstab zu planen und umzusetzen. Auch hierin wird die in den 1920er Jahren begonnene<br />
Entwicklung fortgesetzt und potenziert. Den Bewohnern sollten Wohnungen zur Verfügung<br />
gestellt werden, die m<strong>oder</strong>ne Ansprüche im Hinblick auf Größe, Grundrissgestaltung,<br />
technische Ausstattung und Hygiene erfüllen. Dabei galt Rationalisierung und<br />
Standardisierung der Bauproduktion und Normung von Bauteilen als wesentliches Moment,<br />
um im Rahmen der ökonomischen Restriktionen, denen der Massenwohnungsbau stets<br />
unterlag, die Wohnqualität zu optimieren. Wohnungen und Gebäude des sozialen<br />
<strong>Wohnungsbau</strong>s sind somit häufig als Kombination relativ weniger standardisierter Elemente