Das Nürnberger Schwein oder: Wohnungsbau ... - Kunstlexikon Saar
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Fritz Schmoll gen. Eisenwerrth, <strong>Das</strong> <strong>Nürnberger</strong> <strong>Schwein</strong>, Beitrag zur Festschrift J. A. Schmoll gen. Eisenwerth, 2005, S. 19 /<br />
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wurde später, nach dem Ersten Weltkrieg vom Staat verfolgt. Arbeitslose und Kriegsheimkehrer<br />
wurden mit Grundstücken versorgt, auf denen sie sich – soweit möglich – in Eigenarbeit<br />
ein Häuschen errichten und später den Garten zur Eigenversorgung (und evtl. als Nebenerwerb)<br />
bewirtschaften sollten. Dieses Programm wurde mit dem Reichheimstättengesetz von<br />
1920 auch kodifiziert: Die Heimstättengesellschaften errichteten Kleinhäuser auf Grundstücken,<br />
die für gärtnerische Selbstversorgung und Nebenerwerb geeignet waren. Die Bewohner<br />
erwarben diese Häuser nach einem Mietkaufmodell. Bei einem Auszug konnten die Häuser<br />
und Grundstücke aber nicht auf dem freien Markt verkauft werden, sondern mussten zum<br />
Zeitwert an die Heimstättengesellschaft zurückverkauft werden.<br />
Ab 1930 wurden erneut Kleinhaus- und Nebenerwerbssiedlungen verstärkt gefördert, denn<br />
das Konzept passte auch sehr gut sowohl in die Wirtschaftspolitik des nationalsozialistischen<br />
Staates als auch in die Blut- und Boden-Ideologie. Daher wurde es nach 1933 zunächst einfach<br />
weitergeführt. Die überwiegende Orientierung auf den Kleinhausbau wurde vom nationalsozialistischen<br />
Staat aber bereits mit dem neuerlichen Wirtschaftsaufschwung ab Mitte der<br />
dreißiger Jahre wieder aufgegeben. Heimstätten erwiesen sich als ausgesprochene Kinder der<br />
Krise.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es dann in beiden deutschen Staaten darum, den durch die<br />
Kriegszerstörungen und die kriegsbedingten Vertreibungen potenzierten Wohnungsmangel zu<br />
beseitigen: während der rechnerische Wohnungsfehlbestand in den 1920er und 30er Jahren in<br />
ganz Deutschland zwischen 1 Mio und 1,5 Mio Wohnungen betrug, waren es 1950 allein in<br />
der Bundesrepublik 6,3 Mio. Angesichts dieser Lage beschloss bereits der Alliierte Kontrollrat,<br />
die Militärregierung vor der Gründung der beiden deutschen Staaten, die Zwangsbewirtschaftung<br />
der verbliebenen Wohnungen, und aus Mitteln des Marshall-Plans wurde auch<br />
<strong>Wohnungsbau</strong> subventioniert. Die junge Bundesrepublik setzte dann wieder, anknüpfend an<br />
die Vorkriegszeit, mit dem Ersten <strong>Wohnungsbau</strong>gesetz von 1950 zunächst auf den staatlich<br />
subventionierten Mietwohnungsbau.<br />
Mit dem Wohnungseigentumsgesetz von 1952 aber wurde ein zweiter Weg eröffnet, der nun<br />
endlich, nach hundert Jahren wohnungsreformerischer Diskussion, den breiten Schichten Eigentum<br />
an den von ihnen bewohnten vier Wänden ermöglichen sollte. Zuvor war Wohnungseigentum<br />
nur in Form des eigenen Hauses auf eigener Scholle möglich. Zwar konnte das<br />
Kleinhaus, das Reihenhaus, die Heimstätte am Stadtrand <strong>oder</strong> im weiteren Umland hinsichtlich<br />
Wohnfläche, Baukosten und Grundstückspreis minimiert werden, aber innerstädtisches<br />
Wohnen im Eigentum blieb den Reichen vorbehalten.<br />
Die Idee des Eigentums auf der Etage war nicht ganz neu, rechtlich präzise Rahmenbedingungen<br />
bestanden aber vor 1952 nicht. Erst das Wohnungseigentumsgesetz schuf Klarheit<br />
darüber, dass die jeweilige Wohnung mit einem ideellen Bruchteil des Grundstücks eine Einheit<br />
bildet, lieferte Kriterien für die Abgrenzung der individuellen Wohnung von den gemeinschaftlichen<br />
Gebäudeteilen, sicherte die Rechte des einzelnen Eigentümers auf eine ordnungsgemäße<br />
Instandhaltung gerade auch der gemeinschaftlichen Gebäudeteile und definierte<br />
das Wohnungseigentum als grundstücksgleiches Recht mit eigenem Grundbuchblatt. Damit<br />
wurde klar: der Wohnungseigentümer kann ebenso wie der Hauseigentümer mit seinem Eigentum<br />
nach Belieben verfahren, es selber bewohnen <strong>oder</strong> vermieten, es verkaufen, vererben<br />
und – vor allem – es mit Grundpfandrechten belasten. Erst dadurch ist die Grundlage für die<br />
Finanzierung von Eigentumswohnanlagen mithilfe von Hypotheken- <strong>oder</strong> Grundschuld-<br />
Darlehen geschaffen worden. <strong>Das</strong> Wohnungseigentumsgesetz hat seine eigene Erfolgsgeschichte.<br />
Wohnungseigentum stellt einen liberaleren und individualistischeren Mittelweg zwischen<br />
Mietwohnung und Häuschen auf eigener Scholle dar, als das Konzept der Genossenschaftsbewegung.<br />
Im wohnungspolitischen Diskurs wird seit 1952 bis heute Eigenheim und Eigen-