Ein Maulkorb für den Bürgermeister - Unser Woltersdorf
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Seite 12 Aus dem SV 1919 <strong>Woltersdorf</strong> e.V. Nov./Dez. 2012<br />
Im Trikot des SV <strong>Woltersdorf</strong> zum Sieg beim Spartathlon<br />
Dass beim SV <strong>Woltersdorf</strong> ein Klasse-Läufer aktiv ist,<br />
haben die Mitglieder des Sportvereins spätestens beim<br />
Sportfest am 17. Juni dieses Jahres bemerkt. Da lief<br />
Stefan Thoms sechs Stun<strong>den</strong> lang seine Run<strong>den</strong> um<br />
<strong>den</strong> Platz, immer wieder begleitet von verschie<strong>den</strong>en<br />
Mitgliedern des Vereins, übrigens auch vom Autor dieses<br />
Beitrags. Kurz vor Ende seiner sechs Stun<strong>den</strong>, als<br />
er schon Dutzende Kilometer in <strong>den</strong> Knochen hatte,<br />
bot er <strong>den</strong> Basketballern des Vereins eine Wette an.<br />
Wenn ihm nur einer von ihnen eine Runde abnehmen<br />
würde, gebe er eine Kiste Bier <strong>für</strong> die Korbjäger aus.<br />
Die jungen und zu dem Zeitpunkt frischen Sportler hatten<br />
keine Chance gegen das Laufwunder Stefan Thoms.<br />
Der doppelt so alte Ultraläufer ließ sie tatsächlich stehen.<br />
Man klatschte untereinander ab, und auch mir<br />
wurde klar, welche Leistung Stefan Ulrich Thoms, genannt<br />
„Stu“, erbringt. Fortan verfolgten viele Mitglieder<br />
mehr das läuferische Treiben von „Stu“.<br />
Er hatte bereits Bronze bei <strong>den</strong> Deutschen Meisterschaften<br />
im 24-Stun<strong>den</strong>-Lauf gewonnen und wurde einen<br />
Monat später auch Sieger der „24 Stun<strong>den</strong> von Berlin“.<br />
Beim SV <strong>Woltersdorf</strong> ist er der Gründer des Lauftreffs.<br />
Nun machte sich Stefan Thoms auf nach Griechenland<br />
zum härtesten Ultra-Lauf der Welt, dem Spartathlon.<br />
Es würde seine zweite Teilnahme wer<strong>den</strong>. Im Vorjahr<br />
belegte er als Neuling Platz acht. Nun kannte er die<br />
Unwegsamkeiten des 245,3 km langen Laufes von Athen<br />
nach Sparta. Der Spartathlon ist die historische Strekke,<br />
die 490 v. Chr. der griechische Bote Pheidippides<br />
während der Perserkriege zurücklegte. Ziel ist die Statue<br />
des Königs Leonidas.<br />
Wenn man Stefan Thoms’ Geschichte hört, glaubt man,<br />
dabeigewesen zu sein. So lebhaft, so bildhaft sind seien<br />
Schilderungen. Der Spartathlon ist eben kein moderner<br />
Stadtmarathon, es geht über Schotter und Geröll,<br />
gefährliche Gefälle, harte Steigungen, durch Tag<br />
und Nacht. Man läuft allein, teilweise ohne Zuschauer<br />
und lange mitten in der Nacht. Keiner vor ihm, keiner<br />
hinter ihm. Die aufregendsten Stellen des Laufes sind<br />
die Checkpoints, an <strong>den</strong>en es Verpflegung gibt, oder<br />
das seltene Auflaufen auf einen anderen Läufer, das<br />
Überholen. Nur wenige Informationen kann Stefan Ulrich<br />
Thoms während des Laufes erringen. Wieviel Vorsprung<br />
hat der Führende? In welchem Abstand folgt der<br />
hinter ihm Liegende?<br />
Zur Halbzeit, nach 120 Kilometern, lag er auf Platz fünf.<br />
Abstand zum Führen<strong>den</strong>: <strong>Ein</strong>e Stunde, zehn Minuten.<br />
70 Kilometer vor dem Ziel sah er dann <strong>den</strong> Ersten, <strong>den</strong><br />
Japaner Kiso, vor sich. Ewigkeiten später zog er vorbei.<br />
Der Japaner konstatierte: „German runners are strong!“<br />
Der <strong>Woltersdorf</strong>er entwickelte einen beachtlichen Vorsprung.<br />
Nur: Er wusste es nicht. Er sah, dass keiner<br />
folgte. Kurz vor dem Ziel, es waren nur noch 20 Kilometer,<br />
erfuhr er vom Streckenarzt, dass er 15 Minuten vor<br />
dem Japaner lag. Also 2,5 km Vorsprung oder 45 Sekun<strong>den</strong><br />
pro zu laufendem Kilometer! Bald war die <strong>Ein</strong>-<br />
samkeit beendet. Und endlich ging es bergab nach<br />
Sparta. Die Muskeln brannten, der Aufstieg war zu Ende.<br />
„Es rollte Richtung Tal“, erzählt der <strong>Woltersdorf</strong>er Ultra-<br />
Läufer. Das letzte Stück des Spartathlon beschreibt „Stu“<br />
am besten selbst: „Inzwischen haben mich Hunderte<br />
Autos hupend passiert, gefühlte zwei Stun<strong>den</strong> Filmmaterial<br />
und an die tausend Fotos waren im Kasten. Dann<br />
diese Brücke – ich kenne sie aus dem letzten Jahr.<br />
<strong>Ein</strong>gang Sparta und dieser lange Weg hinauf. Die Straße<br />
entlang die Aufmunterung aus allen Etagen. Auch<br />
hinter dem Anstieg noch kein Abbiegen nach rechts.<br />
Dann setzt der Streifenwagen <strong>den</strong> Blinker. Es sind die<br />
letzten 1.000 Meter!<br />
Da war links die Feuerwehr mit einem kleinen Sirenenkonzert.<br />
Noch ein paar Meter dann rechts herum. Es<br />
ist wahr! Ich sah nur Menschen. Es wurde laut, es wurde<br />
gerufen, es gab Applaus. Rechts im Café der alten<br />
Herren von Sparta erhob sich ein Mann, dem das Stehen<br />
schon schwer fiel. Noch lauter, noch mehr Menschen!<br />
Ich wollte die Schlange hinter mir sehen, und<br />
schon drehte ich mich und lief ein paar Meter rückwärts.<br />
Hunderte Kinder auf Rädern und das entsetzte Gesicht<br />
des radfahren<strong>den</strong> Sanis mit der Frage: ,Ist der noch<br />
ganz dicht?’ Nein! Es lief heraus in Strömen, Tränen,<br />
Rotz und Wasser und war so unglaublich, die Musik,<br />
die Rufe in verschie<strong>den</strong>en Sprachen. Ich sah nieman<strong>den</strong>,<br />
nur die Stufen hinauf zum König. FINISH!!! Nur <strong>den</strong><br />
Fuß des Königs halten, nichts <strong>den</strong>ken, inne halten, atmen...!<br />
Und dann umdrehen, Arme hoch und schreien.<br />
Es wurde niemand wach, es waren alle schon da! Unglaublich!<br />
Nicht zu fassen!“<br />
Stefan Thoms ist in diesem Augenblick der 18. Sieger<br />
in der erst 30jährigen Geschichte des Spartathlons. Er<br />
brauchte 26 Stun<strong>den</strong> und 28 Minuten <strong>für</strong> die 245,3 km<br />
lange Stecke. Acht Minuten später kam der Zweite, der<br />
Japaner Kiso, ins Ziel.<br />
Zum Schluss noch einmal der <strong>Woltersdorf</strong>er Ultraläufer:<br />
„Ich bedanke mich bei allen deutschen Läufern und<br />
Supportern <strong>für</strong> die Party. Sie wurde erst durch euch richtig<br />
schön. Besonderer Dank geht an Vanni <strong>für</strong> die Hilfe<br />
vor, bei und nach dem Rennen, Jens <strong>für</strong> seinen Psychobeitrag<br />
auf der DUV-Seite, Roland, der mich in Sparta<br />
umpflegte, Dietmar <strong>für</strong> die Gespräche und vielen inspirieren<strong>den</strong><br />
Berichte, Carmen – my english teacher, <strong>den</strong><br />
unvergleichlichen Bruno mit Marika, Annett, Herbert,<br />
Jürgen, Ricarda, Andreas, Jens und einfach alle!<br />
<strong>Ein</strong> dicker Kuss geht an meine Ehefreundinfrau. Ohne<br />
Dich, Sanna, wäre es nicht so schön! Danke!“<br />
Und Stefan Thoms, der Mann, der mit seinem Sieg ein<br />
deutschlandweites Echo ausgelöst hat, möchte auch<br />
seinem Verein etwas zurückgeben. Er steht <strong>den</strong> Firmen<br />
der Region als Werbepartner <strong>für</strong> PR-Termine und<br />
dergleichen gern zur Verfügung – gegen eine Spende<br />
an <strong>den</strong> SV 1919 <strong>Woltersdorf</strong>. Kontaktaufnahme über<br />
<strong>den</strong> Vorstand des Vereins: vorstand@svwoltersdorf.de<br />
Dieser Beitrag erschien zuerst in Kümmels Anzeiger 21/12 vom 13.10.2012<br />
www.unser-woltersdorf.de info@unser-woltersdorf.de