„Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben“ - Das Programm "Schule ...

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24.01.2013 Aufrufe

Einige offene Fragen Vorträge/ 2.1 Herr Dr. Joachim Ulrich: „Der Verbleib der Schulabgängerinnen und Schulabgänger in qualitativer und quantitativer Hinsicht“ Leider konnten an dieser Stelle nicht alle Fragen behandelt werden, die für die zukünftige Entwicklung des dualen Berufsbildungssystems und seiner qualitativen und quantitativen Integrationsleistung bedeutsam sein dürften. Einige seien hier aber zumindest ohne weitere Kommentierung genannt: Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hatte 2004 eine bundesweite Expertenbefragung zur Zukunft des dualen Systems durchgeführt (vgl. Ehrenthal/Ulrich, 2005). Daran nahmen knapp 1.000 Personen teil. Die Experten wurden gebeten, einzuschätzen, wie sich das berufliche Bildungssystem ihrer Ansicht nach bis zum Jahr 2020 verändern wird. Dabei standen Entwicklungen im Vordergrund, die in einer früheren Expertenbefragung von 1997, dem BMBF-Bildungs-Delphi 1997/98, eher skeptisch, d.h. zu Lasten des dualen Systems, beurteilt wurden. Überprüft werden sollte nun in der Wiederholungsbefragung, ob sich diese skeptische Sicht weiter verstärkt hat. Überraschenderweise war das Gegenteil der Fall. Denn die Fachleute zeigen sich davon überzeugt, dass die Wirtschaft die Vorteile arbeitsplatznahen Lernens im Jahr 2020 offensiv ausspielen wird. Ihrer Meinung nach wird die Arbeit an den meisten Arbeitsplätzen so organisiert sein, dass sie unmittelbar Impulse zur Kompetenzerweiterung gibt. Und dieser Aspekt ist der Schlüssel für ein umfangreiches und durchaus optimistisches Szenario, das die Experten im Anschluss daran entwickeln. Denn wird es tatsächlich zu einer solch fruchtbaren Lernhaltigkeit der Arbeit kommen, hat dies bedeutende Konsequenzen. Die Trennung von Arbeiten und Lernen wird weitgehend verschwinden, und das Lernen am Arbeitsplatz erfährt eine weitere Aufwertung. Wenn aber am besten gelernt wird, indem mitgearbeitet wird, stehen auch den Absolventen einer solchen Ausbildung deutlich bessere Karriereaussichten als heute bevor: Endlich wird 45

Vorträge/ 2.1 Herr Dr. Joachim Ulrich: „Der Verbleib der Schulabgängerinnen und Schulabgänger in qualitativer und quantitativer Hinsicht“ die betriebliche Aus- und Weiterbildung gleichwertig mit anderen Bildungswegen den Aufstieg in Führungspositionen ermöglichen. Ein Rückzug des dualen Systems auf den Handwerksbereich ist bei einem solchem Szenario alles andere als wahrscheinlich. Nicht das simulierende Lernen in verschulten Situationen, sondern das Lernen in der Praxis wird an Bedeutung gewinnen. Es mag erstaunlich klingen, aber so optimistisch dachte im Jahr 2004 eine deutliche Mehrheit der Berufsbildungsfachleute. Nicht befragt wurden die Experten damals zur engen Abhängigkeit des dualen Berufsbildungssystems von der Entwicklung im Beschäftigungssystem. Tatsächlich muss man sich die Frage stellen, wie viel und vor allem welcher subjektiv empfundener Problemdruck/Reformbedarf des dualen Ausbildungssystems eigentlich übrig bleiben würde, wenn unser Arbeitsmarkt besser funktionieren würde. Mit anderen Worten: Wie hoch ist eigentlich der Teil der Verantwortung, den die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik für ein funktionierendes duales System trägt, und wie hoch ist der genuine Teil der Bildungspolitik? Dieser Frage kann man nicht ausweichen, sie muss beantwortet werden. Ansonsten handelt man womöglich wie ein Chirurg, der alternativ das rechte Bein eines Patienten operiert, weil er an das linke Bein nicht herankommt. Literatur: Forschungsarbeiten des BIBB, die diesem Vortrag zu Grunde gelegt wurden: Brandes, Harald (2005): Bildungsverhalten von Jugendlichen. In: In: Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.): Der Ausbildungsmarkt und seine Einflussfaktoren. Dokumentation der Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft Berufsbildungsforschungsnetz vom 01./02. Juli 2004. Bonn: BIBB. S. 97-104. Eberhard, Verena (2005): Das Konzept der Ausbildungsreife – ein ungeklärtes Konstrukt im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen? Unveröffentlichte Diplomarbeit, Universität Bonn. Eberhard, Verena; Krewerth, Andreas; Ulrich, Joachim Gerd (2005a): „Man muss geradezu perfekt sein, um eine Ausbildungsstelle zu bekommen.“ Die Situation aus Sicht der Lehrstellenbewerber. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 34. Jg., Heft 3. S. 10-13. Eberhard, Verena; Krewerth, Andreas; Ulrich, Joachim Gerd (2005b): Wenn Lehrstellen Mangelware sind: Wer hat noch Chancen? In: BIBB-Forschung, 6. Jg., Heft 2/2005. S. 1-2. Eberhard, Verena; Krewerth, Andreas; Ulrich, Joachim Gerd (Hrsg.)(2006): Mangelware Lehrstelle. Zur aktuellen Lage der Ausbildungsplatzbewerber in Deutschland (Berichte zur beruflichen Bildung). Bielefeld: Bertelsmann (erscheint im Herbst 2006). Ehrenthal, Bettina; Eberhard, Verena; Ulrich, Joachim Gerd (2006): Ausbildungsreife aus Sicht der Ausbilder und sonstiger Experten. In: Ausbilder-Handbuch, Kap. 3.1.11, S. 1-35 (83. Erg.-Lfg., März 2006). Ehrenthal, Bettina; Ulrich, Joachim Gerd (2005): Zukunft der Berufsbildung aus Sicht der Ausbilder und sonstiger Experten. In: Ausbilder-Handbuch, 75. Erg.-Lfg., Kap. 3.1.8, März 2005. S. 1-22. Friedrich, Michael (2006): Jugendliche in Ausbildung: Wunsch und Wirklichkeit. Chancen der Jugendlichen 2005 erneut verschlechtert. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 35. Jg., Heft 3. S. 7-11. 46

Vorträge/ 2.1 Herr Dr. Joachim Ulrich:<br />

„Der Verbleib der Schulabgängerinnen und Schulabgänger in qualitativer und quantitativer Hinsicht“<br />

die betriebliche Aus- und Weiterbildung gleichwertig mit anderen Bildungswegen den Aufstieg in Führungspositionen<br />

ermöglichen. Ein Rückzug des dualen Systems auf den Handwerksbereich ist bei einem<br />

solchem Szenario alles andere als wahrscheinlich. Nicht das simulierende Lernen in verschulten Situationen,<br />

sondern das Lernen in der Praxis wird an Bedeutung gewinnen. Es mag erstaunlich klingen, aber so<br />

optimistisch dachte im Jahr 2004 eine deutliche Mehrheit der Berufsbildungsfachleute.<br />

Nicht befragt wurden die Experten damals zur engen Abhängigkeit des dualen Berufsbildungssystems<br />

von der Entwicklung im Beschäftigungssystem. Tatsächlich muss man sich die Frage stellen, wie viel und<br />

vor allem welcher subjektiv empfundener Problemdruck/Reformbedarf des dualen Ausbildungssystems<br />

eigentlich übrig bleiben würde, wenn unser Arbeitsmarkt besser funktionieren würde. Mit anderen Worten:<br />

Wie hoch ist eigentlich der Teil der Verantwortung, den die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik<br />

für ein funktionierendes duales System trägt, und wie hoch ist der genuine Teil der Bildungspolitik? Dieser<br />

Frage kann man nicht ausweichen, sie muss beantwortet werden. Ansonsten handelt man womöglich<br />

wie ein Chirurg, der alternativ das rechte Bein eines Patienten operiert, weil er an das linke Bein nicht<br />

herankommt.<br />

Literatur:<br />

Forschungsarbeiten des BIBB, die diesem Vortrag zu Grunde gelegt wurden:<br />

Brandes, Harald (2005): Bildungsverhalten von Jugendlichen. In: In: Bundesinstitut für Berufsbildung<br />

(Hrsg.): Der Ausbildungsmarkt und seine Einflussfaktoren. Dokumentation der Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft<br />

Berufsbildungsforschungsnetz vom 01./02. Juli 2004. Bonn: BIBB. S. 97-104.<br />

Eberhard, Verena (2005): <strong>Das</strong> Konzept der Ausbildungsreife – ein ungeklärtes Konstrukt im Spannungsfeld<br />

unterschiedlicher Interessen? Unveröffentlichte Diplomarbeit, Universität Bonn.<br />

Eberhard, Verena; Krewerth, Andreas; Ulrich, Joachim Gerd (2005a): „Man muss geradezu perfekt sein,<br />

um eine Ausbildungsstelle zu bekommen.“ Die Situation aus Sicht der Lehrstellenbewerber. In: Berufsbildung<br />

in Wissenschaft und Praxis, 34. Jg., Heft 3. S. 10-13.<br />

Eberhard, Verena; Krewerth, Andreas; Ulrich, Joachim Gerd (2005b): Wenn Lehrstellen Mangelware<br />

sind: Wer hat noch Chancen? In: BIBB-Forschung, 6. Jg., Heft 2/2005. S. 1-2.<br />

Eberhard, Verena; Krewerth, Andreas; Ulrich, Joachim Gerd (Hrsg.)(2006): Mangelware Lehrstelle. Zur<br />

aktuellen Lage der Ausbildungsplatzbewerber in Deutschland (Berichte zur beruflichen Bildung).<br />

Bielefeld: Bertelsmann (erscheint im Herbst 2006).<br />

Ehrenthal, Bettina; Eberhard, Verena; Ulrich, Joachim Gerd (2006): Ausbildungsreife aus Sicht der Ausbilder<br />

und sonstiger Experten. In: Ausbilder-Handbuch, Kap. 3.1.11, S. 1-35 (83. Erg.-Lfg., März<br />

2006).<br />

Ehrenthal, Bettina; Ulrich, Joachim Gerd (2005): Zukunft der Berufsbildung aus Sicht der Ausbilder und<br />

sonstiger Experten. In: Ausbilder-Handbuch, 75. Erg.-Lfg., Kap. 3.1.8, März 2005. S. 1-22.<br />

Friedrich, Michael (2006): Jugendliche in Ausbildung: Wunsch und Wirklichkeit. Chancen der Jugendlichen<br />

2005 erneut verschlechtert. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 35. Jg., Heft 3. S.<br />

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