910 - Philipp Schuster
910 - Philipp Schuster
910 - Philipp Schuster
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TROTTOIR<br />
S K A T E B O A R D I N G<br />
<strong>910</strong> S c h w e d e n - B r a t i s l a v a - W i r n s b e r g e r - S a v o i r v i v r e
<strong>910</strong> Inhalt<br />
6<br />
Inhalt<br />
Editorial / Impressum<br />
Mein Wiener Eck<br />
The Sweden Experience<br />
Bratislava<br />
Mario Wirnsberger Interview<br />
Lyon - savoir vivre<br />
Galerie<br />
Die letzte Runde<br />
6<br />
8<br />
10<br />
12<br />
18<br />
28<br />
38<br />
50<br />
56
Editorial<br />
12<br />
28<br />
Obwohl nun schon acht Ausgaben von<br />
TROTTOIR erschienen sind, konnte sich<br />
bis heute kein Alltagstrott in meine Arbeit<br />
einschleichen. Jedes Heft entpuppt sich als völlig<br />
eigenständige Aufgabe, die sowohl seine Akteure<br />
als auch die Mitwirkenden hinter den Kulissen<br />
vor immer andere Herausforderungen stellt.<br />
So entsteht jedes Mal aufs Neue ein recht<br />
farbenfrohes Werk mit den unterschiedlichsten<br />
Schattierungen. Nach Abschluss der einen<br />
Ausgabe warten alle schon gespannt darauf,<br />
was die kommenden Monate bringen werden und<br />
freuen sich, wenn das nächste Werk langsam<br />
Gestalt annimmt.<br />
Diese neunte Ausgabe von TROTTOIR hat<br />
folgende Inhalte zu bieten:<br />
Lucas Gerstgrasser erzählt Euch ab Seite 12<br />
über die Eindrücke, die er während einem<br />
Auslandsemester in Schweden gesammelt hat.<br />
Nur eine Autostunde von Wien entfernt liegt die<br />
slowakische Hauptstadt Bratislava. Ab Seite<br />
18 könnt Ihr über Skate-Sessions einer etwas<br />
anderen Art lesen.<br />
Privat geht es weiter im Interview mit Mario<br />
Wirnsberger ab Seite 28.<br />
Zu guter Letzt habe ich meinen längeren<br />
Aufenthalt in Lyon gedanklich und bildlich<br />
zusammengefasst - mehr dazu ab Seite 38.<br />
Euch allen einen guten Start in diesen hoffentlich<br />
regenarmen Sommer!<br />
<strong>Philipp</strong> <strong>Schuster</strong><br />
18<br />
38<br />
Impressum<br />
Trottoir_Ein Magazin für Skateboard- und Straßenkultur_Herausgeber/Redaktion <strong>Philipp</strong> <strong>Schuster</strong>_Photos <strong>Philipp</strong> <strong>Schuster</strong> (außer anders angegeben)_Weitere<br />
Beiträge Michi Wagner, Lucas Gerstgrasser, Mathias Hadwiger, Mario Schöll_Druck DVP Druck-Verlags-Produktions GmbH, Zamenhofstrasse 43-45, 4020 Linz, Österreich_Redaktions-<br />
und Verlagsadresse Czapkagasse 5 1030 Wien Österreich_Tel.: +43 664 7500 0950_E-Mail: info@philippschuster.com_Namentlich gekennzeichnete<br />
Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Die Autoren haften für ihre Beiträge. Die Inserenten haften für die Inhalte ihrer<br />
Anzeigen_Cover Mario Wirnsberger_flip to fakie Photo <strong>Philipp</strong> <strong>Schuster</strong>
In der Früh von Vogelgezwitscher geweckt zu<br />
werden, dann mit einem Kaffee in der Hand<br />
bloßfüßig im Garten zu stehen, dabei eine<br />
wunderbare Aussicht genießen und schließlich<br />
von einem Downhill durch den Wienerwald in<br />
die Arbeit gebracht zu werden: das ist für mich<br />
ein Morgen in Hütteldorf. Die ruhige idyllische<br />
und einzigartige Umgebung bringt eine ganz<br />
eigene Stimmung mit sich - man kann ohne jeden<br />
Lärm, ohne viel Belästigung durch Passanten<br />
und Verkehr in Ruhe durch dieses Dorf cruisen.<br />
Hütteldorf verkörpert für mich den absoluten<br />
Dorfcharakter mit jenem kleinen Greißler, bei dem<br />
man sich schon als Kind seine Wurstsemmel<br />
gekauft hat und mit den gemütlichen alten<br />
Beisln, in denen man Opas Freunde bei einer<br />
Stehachterl-Runde trifft. Da lässt sich das Leben<br />
noch wirklich genießen. Die Abende verbringe ich<br />
gerne auf einer der nahe gelegenen Wiesen und<br />
beobachte den Sternenhimmel oder ich grille mit<br />
einigen Freunden im Garten. Die Menschen dort<br />
freuen sich des Lebens am Rande Wiens und<br />
wissen das auch zu schätzen.<br />
Für die geschichtlich Interessierten unter uns<br />
wäre Hütteldorf auch ein sehr interessantes<br />
Ausflugsziel. Da findet man zum Beispiel die von<br />
dem berühmten Wiener Jugendstilarchitekten<br />
10<br />
Mein Wiener Eck<br />
mit Michi Wagner<br />
Text Michi Wagner Photos <strong>Philipp</strong> <strong>Schuster</strong><br />
Otto Wagner erbaute Fuchs-Villa. Auch findet<br />
man da das Technische Museum, das Wienflussbecken,<br />
die Jubiläumswarte und natürlich das<br />
Hanappi-Stadion von Rapid Wien. Der 14. Bezirk<br />
liegt nur 20 Minuten von der Innenstadt entfernt<br />
- man hat das Stadt- und Landleben ganz nah<br />
beieinander, im Gegensatz zu so vielen anderen<br />
Städten. Der Wienerwald ist für mich eine der<br />
schönsten Ecken Wiens. Ich liebe es, dort mit<br />
meinen Hund durch die Wälder zu streifen und<br />
die Stadt bei Sonnenuntergang zu beobachten.<br />
Die Ruhe, die verschiedenen Gerüche und die<br />
unberührte Natur - das alles ist einfach einzigartig<br />
und ein schöner Ausgleich zum Stadtleben.<br />
Man kann dort noch richtig abschalten und<br />
aus der Realität flüchten. Gerade die steilen<br />
Straßen im Wienerwaldviertel bieten sich sehr<br />
gut zum Skaten an. Da der höchste Punkt des<br />
14ten 504m hoch ist, ergeben sich viele schöne<br />
Surf-Strecken und jeder echte Skater weiß was<br />
es bedeutet, einfach vor seine Haustür zu gehen<br />
und einen Cruise zu machen. Außerdem gibt es<br />
viele abwechslungsreiche Spots.<br />
Für mich ist Hütteldorf die absolute Lebensfreude:<br />
Raus aus der pulsierenden Stadt, rein<br />
in die schöne Natur - hier gibt es noch viel zu<br />
entdecken!
The Sweden Experience<br />
Photos Florian Holzer, Lucas Gerstgrasser Text Lucas Gerstgrasser<br />
Zu Beginn wollte ich einen richtig schönen,<br />
flüssigen Bericht über meine Sweden-<br />
Experience schreiben, es wurde mir<br />
allerdings schnell klar, dass dies nicht möglich<br />
ist: so viel ist passiert, so viel habe ich erlebt, so<br />
viel hat sich verändert.<br />
Aus diesem Grund versuche ich alles etwas<br />
snapshotartig zusammenzufassen. Wer die volle<br />
Story hören will, redet mich am besten einfach<br />
beim Skaten darauf an!<br />
Arrival<br />
Angekommen bin ich in Västerås Mitte<br />
Jänner. Flo, der mit mir schon zuvor in Graz<br />
studiert hatte, war meine einzige österreichische<br />
Verstärkung. Schnell erfuhr ich, dass dies der<br />
kälteste Winter seit 30 Jahren war. Um elf Uhr<br />
wurde es hell, gegen vier ging die Sonne schon<br />
wieder unter.<br />
Auf Eisplatten und geschätzten 20 cm Schnee<br />
musste ich so gut wie jeden Tag bei minus 25<br />
Grad um 7:30h mit dem Rad losfahren, um<br />
rechtzeitig zu Kursbeginn in Eskilstuna zu sein.<br />
Meine Lippen sprangen durch die trockene Kälte<br />
auf, meine Finger waren kaum mehr zu spüren.<br />
Die Eingewöhnungsphase in Västerås war mehr<br />
als brutal.<br />
Der Illustrationskurs war sehr zeitaufwendig<br />
und so musste ich bereits am ersten Donnerstag<br />
auf der Uni schlafen, um eine Deadline am<br />
Freitag einhalten zu können.<br />
People<br />
Schweden ist ein Land, in dem nicht alles<br />
vorausgesetzt wird, ein Land in dem jeder<br />
machen kann, was er will, ein Land, in dem dir<br />
mit einem Lächeln unter die Arme gegriffen wird.<br />
Es ist nicht interessant, woher du kommst - es<br />
ist nicht wichtig, wer du bist.<br />
Da Filme und Serien nicht aus dem Englischen<br />
übersetzt werden, spricht so gut wie jeder<br />
Schwede perfektes English. Für Schwedisch-<br />
Anfänger ist dies eine riesige Hilfe.<br />
Es ist leicht, mit Schweden ins Gespräch zu<br />
kommen, für wahre Freundschaft muss man sich<br />
allerdings ziemlich ins Zeug legen.<br />
Live for the moment<br />
Inzwischen ist Sommer, die Tage sind lang und<br />
hell, es wird kaum noch dunkel. Wir sitzen im<br />
Auto bei strahlendem Sonnenschein, weit und<br />
breit nur Wälder und Wiesen, die Fenster sind<br />
offen und aus dem Radio tönen mit voller Lautstärke<br />
die “Black Lips”. In unseren Gesichtern<br />
ist ein leichtes Lächeln, während wir ab und zu<br />
eine Strophe mitsingen. Es gab Momente, da<br />
fühlte ich mich so frei und glücklich. Ich hätte<br />
laut aufschreien können.<br />
Mein Auslandssemester in Västerås war wahrscheinlich<br />
die beste Entscheidung, die ich jemals<br />
getroffen habe. Dieses Semester ist viel zu<br />
schnell vergangen - wie ein perfekter Tag.<br />
In Schweden habe ich Menschen aus aller Welt<br />
kennengelernt. Ich kam und kannte niemanden,<br />
ich fahre nach Hause und habe Freunde aus<br />
aller Welt und dazu auch noch eine ganze Menge<br />
neuer Erfahrungen.<br />
Irgendwie kommt es mir gar nicht so vor, als<br />
würde ich nach Österreich zurückkommen, es ist<br />
vielmehr so, als würde Österreich in mein Leben<br />
zurückkehren – wie ein alter Kater, der entlaufen<br />
war. Und ich hebe ihn hoch wie einen Pokal,<br />
schließe ihn in die Arme und sage: „Gut, dass du<br />
wieder da bist.“<br />
13
Daniel Spiegel<br />
bs blunt - nose manual - fakie flip<br />
Daniels neuer Skateshop ist jetzt online!<br />
Ihr habt dadurch die Möglichkeit, Stuff<br />
der untenstehenden, europäischen Marken<br />
zu bestellen. also ab ins Internet auf<br />
www.mirror-distribution.at<br />
seq by: Hendrik Biemer<br />
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Rider: Julia Brückler ©NASSIOM<br />
Since 2004, Baby!<br />
SKATEBOX, A-1060 Vienna, Mariahilfer Straße 45, ph + fax: 0043/1/586 85 83, info@skatebox.com
BRATISLAVA<br />
Ein Wiener Vorort<br />
Text Mathias Hadwiger Photos <strong>Philipp</strong> <strong>Schuster</strong>, Alex Gugitscher<br />
Am südwestlichen Rande der Slowakei<br />
liegt das politische, wirtschaftliche und<br />
kulturelle Zentrum des Landes: Bratislava.<br />
Seit dem EU-Beitritt der Slowakei im Jahre<br />
2004 sind Wien und Bratislava die beiden<br />
EU- Hauptstädte mit der geringsten Entfernung<br />
voneinander – nur 60 km! Somit ist Bratislava ein<br />
sich lohnendes Ziel, das für Tagesausflüge oder<br />
Wochenendtrips geradezu prädestiniert ist!<br />
Anfahrtsmöglichkeiten gibt es zur Genüge! Ob<br />
man nun die “Luxusvariante” wählt, den Twin<br />
City Liner, und direkt vom Schwedenplatz mit<br />
dem Schiff nach Bratislava schippert, oder sich<br />
doch mit Bus, Zug oder Auto auf den Weg macht,<br />
bleibt jedem selbst überlassen.<br />
18<br />
Die Hauptstadt der Slowakei ist bekannt für<br />
die wunderschöne Altstadt „Staré Mesto“ mit<br />
ihren historischen Gebäuden und imposanten<br />
Palais, mit zahlreichen Museen, beeindruckender<br />
Architektur und der grünen Umgebung. Das sind<br />
natürlich Beweggründe für kulturinteressierte<br />
Menschen, sich für einen längeren Aufenthalt in<br />
dieser Stadt zu entscheiden.<br />
Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass diese<br />
Vorzüge für den typischen Skateboarder von<br />
großer Relevanz sind. Das Augenmerk des<br />
„Skateboardtouristen“ richtet sich wohl eher<br />
auf das nächstbeste Stufenset, Ledge oder<br />
Rail und ist somit doch sehr konträr zu dem<br />
des normalen Touristen.<br />
Mathäus ZINGERLE smithgrind
Philo LUGER pupeckigrind revert
Ungeachtet dessen, dass 1989 mit dem Fall<br />
des Eisernen Vorhangs das Ende des Ostblocks<br />
einher gegangen ist und dieser somit seit über<br />
20 Jahren nicht mehr existiert, wird dieser Begriff<br />
„Ostblock“ immer noch oft und gerne benutzt.<br />
Dass dieses Schlagwort negativ behaftet ist,<br />
muss ich erst gar nicht erwähnen. Nur zu gerne<br />
würde ich behaupten können, dass dieses<br />
Klischee seit langem überholt ist. Nachdem<br />
allerdings die prächtige Altstadt für uns keine<br />
Rolle spielte und wir uns ausschließlich<br />
außerhalb des Zentrums bewegt haben, hat<br />
sich das Klischee „Ostblock“ für uns voll und<br />
ganz bestätigt.<br />
So bekamen wir hauptsächlich durch die<br />
kommunistische Ära geprägte unansehnliche<br />
Plattenbausiedlungen und ebenso triste<br />
Industrieanlagen zu Gesicht, die weit in die<br />
städtischen Viertel der Stadt vordringen. Einerseits<br />
sind die Eindrücke sehr schockierend, da<br />
es nahezu unerklärlich ist, wie unweit von der<br />
eigenen Heimat solche Zustände herrschen<br />
können, andererseits ist es doch genau diese<br />
sehr monotone und oftmals bedrückende<br />
Architektur, die das herausfordernde Umfeld für<br />
erstklassige Skate-Sessions bietet. Abgesehen<br />
von einer großen Anzahl von Spots sind es vor<br />
allem die in Bratislava ansässigen Locals, die mit<br />
viel Kreativität und Engagement atemberaubende<br />
Skatespots gezaubert haben.<br />
Flo ERKINGER polejam
Marco VARRESE boardslide
Überhaupt ist zu sagen, dass der Großteil der<br />
Bevölkerung Bratislavas uns Skateboardern sehr<br />
tolerant gegenüber steht. Bis auf wenige Plätze<br />
gibt es kaum Stress und selbst dort kann man<br />
sich meistens mit der richtigen „Überredungskunst“<br />
eine Freikarte verschaffen. So geschehen<br />
einigen Bekannten im Sommer letzten Jahres auf<br />
einem Friedhof und Kriegerdenkmal zu Ehren<br />
der Sowjetsoldaten. Dies ist ein Marmorplatz von<br />
riesigem Ausmaß, an dem es beinahe unmöglich<br />
ist, sich mit dem Brett auszutoben, außer man<br />
stimmt den aufbrausenden Wachmann mit einer<br />
Flasche Hochprozentigen zufrieden. Jeder muss<br />
für sich entscheiden, ob er das moralisch mit sich<br />
vereinbaren kann.<br />
Den ersten Aufenthalt in Bratislava erlebte nicht<br />
nur ich mit gemischten Gefühlen. Die Nähe zu<br />
Wien und die befremdende Andersartigkeit haben<br />
uns wirklich verblüfft. Trotz des Wirtschaftsaufschwungs<br />
der Slowakei und insbesondere<br />
Bratislavas sieht man der Stadt die schon längst<br />
vergangene hermetische Abgrenzung dem<br />
Westen gegenüber noch immer deutlich an.<br />
Dennoch: Eine Reise nach Bratislava zahlt sich<br />
für jeden Wiener Skateboarder auf alle Fälle aus!<br />
Abgesehen davon, dass das Preisniveau eklatant<br />
niedriger ist als in Österreich, ist es nun mal die<br />
geringe Entfernung und die Spotvielfalt, die diese<br />
Stadt für uns derart attraktiv macht. Man sollte<br />
sich einfach nur vor Augen halten, wie oft man<br />
in Wien längere Fahrten auf sich nimmt bzw.<br />
nehmen muss, um von A nach B zu kommen.<br />
Dann erscheint einem Bratislava gleich noch<br />
ein Stückchen näher! Ich bin der felsenfesten<br />
Überzeugung, dass es kaum jemanden gibt, für<br />
den sich die einstündige Hin- und Rückreise nicht<br />
ausgezahlt hat.<br />
Braňo MRVÁŇ flip 50-50
28<br />
Mario<br />
WIRNSBERGER<br />
INTERVIEW<br />
Interview / Photos <strong>Philipp</strong> <strong>Schuster</strong><br />
19
Mario, erzähl mal: was ist in Deiner jüngsten<br />
Vergangenheit so passiert?<br />
Im Moment bin ich sehr glücklich und gechillt,<br />
da ich zum ersten Mal in meinem Leben in eine<br />
eigene Wohnung gezogen bin. Es ist endlich mal<br />
keine „Burschen-WG“, sondern das sind meine<br />
eigenen vier Wände, die ich mit meiner Freundin<br />
teile. Wir haben den Umzug gerade erst hinter<br />
uns gebracht und daher bin ich derzeit sehr<br />
entspannt.<br />
Ich bin auch froh, wieder ohne Einschränkungen<br />
Skateboard fahren zu können. Ich war ja einige<br />
Monate verletzt - den Winter über, Gott sei dank.<br />
Wann genau hast Du Dich verletzt und wie ist<br />
es passiert?<br />
Das war voriges Jahr im September. Es war ein<br />
sehr heißer Tag und ich war eh nicht so motiviert<br />
zum Skaten. Ich war aber trotzdem mit dabei und<br />
bin dann beim Einfahren ganz blöd auf die Hand<br />
gefallen. Dabei habe ich mir den Ellenbogen<br />
gebrochen. Es war schon eher eine schwerwiegende<br />
Verletzung, da das Radiusbällchen<br />
ausgebrochen ist, was für den Bewegungs-<br />
apparat ein ziemlich wichtiger Teil ist: alle Dreh-<br />
und Beugebewegungen im Arm hängen davon<br />
ab. Das war auch der Grund, warum es nach<br />
der OP sehr lange gedauert hat, bis alles wieder<br />
normal funktioniert hat.<br />
Wie war es für Dich, das Selbstvertrauen auf<br />
dem Board wieder zu bekommen?<br />
Ich bin deswegen kein ängstlicher Typ auf dem<br />
Skateboard geworden. Es zeigt einem aber doch,<br />
dass es sehr schell gehen kann und dass man<br />
nach so einer Verletzung eine relativ lange Zeit<br />
außer Gefecht ist - man hat also vor gewissen<br />
Dingen mehr Respekt. Ab und zu denkt man<br />
während einem Trick nicht viel nach, springt auf<br />
„Teufel komm raus“ auf ein voll gewachstes Curb<br />
und macht sich im Vorfeld gar keine Gedanken<br />
darüber, was man eigentlich tut. Jetzt versuche<br />
ich mich beim Skaten besser zu konzentrieren,<br />
um solche dummen Situationen zu vermeiden.<br />
30<br />
Meinst Du, es wäre Dir in jüngeren Jahren<br />
leichter gefallen mit einer solchen Verletzung<br />
umzugehen?<br />
Das ist schwer zu sagen, da ich mich noch nie<br />
zuvor so schwer verletzt habe. Ich glaube aber,<br />
dass ich auch vor fünf Jahren sicher dieselben<br />
Konsequenzen daraus gezogen hätte.<br />
Du bist ja schon eine Weile dabei und auch<br />
jemand, der seinen Werdegang auf dem<br />
Skateboard zum großen Teil selbst in die<br />
Hand genommen hat.<br />
Ja, heute manage ich das alles selbst. Ganz<br />
am Anfang haben mich Leute wie <strong>Philipp</strong> Kurz<br />
tatkräftig unterstützt, sodass ich den Sport<br />
gratis leben konnte und für kein Material zahlen<br />
musste. Teilweise habe ich sogar Trips finanziert<br />
bekommen - so wurde mir der Weg geebnet. Die<br />
letzten zwei, drei Jahre über habe ich das selbst<br />
in die Hand genommen.<br />
sw no comply polejam
Du bist ja viel herum gekommen, warst<br />
schon oft auf Tour und hast auch einige Zeit<br />
in Barcelona gelebt. Meinst Du, dass es im<br />
Ausland leichter ist mit Skateboarding etwas<br />
zu erreichen?<br />
Auf dem österreichischen Markt wird sicher<br />
nie so viel passieren wie auf dem deutschen,<br />
dem französischen oder dem spanischen. In den<br />
größeren Nachbarländern ist es sicher einfacher,<br />
richtig dabei zu sein und bei den ganz großen<br />
Sponsoren mitzumischen.<br />
Hat Dir Deine Zeit im Ausland sponsor-<br />
technisch etwas gebracht?<br />
Als ich in Barcelona war, wurde ich von Nomad<br />
Skateboards angesprochen, ob ich nicht für sie<br />
fahren möchte. Solange ich in Spanien war, hat<br />
das auch super funktioniert. Als ich jedoch wieder<br />
nach Österreich zurückgekommen bin, ist es ein<br />
bisschen zäher geworden: Der österreichische<br />
Vertreiber von Nomad hat die Marke nicht<br />
wirklich weitergebracht und die hiesigen Skate-<br />
Szene hat diesen bunten Hip-Hop Style nicht<br />
angenommen. So ist das Ganze in die Brüche<br />
gegangen - ich hatte für Nomad in Wien keinen<br />
Zweck mehr. Wäre ich in Spanien geblieben,<br />
wäre das sicher ganz anders gelaufen.<br />
bs 5-0 bs out
sw blunt sw heelflip<br />
Stand es jemals zur Debatte, dass Du selbst<br />
den Vertrieb in die Hand nimmst, um den<br />
Brand entsprechend pushen zu können?<br />
Tatsächlich wurde ich seinerzeit gefragt, ob ich<br />
Nomad in Österreich machen möchte. Ich habe<br />
aber von vornherein gesagt, dass ich da keine<br />
Lust darauf habe - ich wollte Skateboarder und<br />
Teamfahrer bleiben und nichts mit dem Business<br />
zu tun haben. Ich hätte viel Geld in die Hand<br />
nehmen und enormen persönlichen Einsatz<br />
bringen müssen - das wäre mir neben meinen<br />
beiden anderen Jobs zu viel geworden.<br />
Zur gleichen Zeit hat mich Andi Fugger gefragt,<br />
ob ich nicht seinen neuen Board-Brand „YUX!“<br />
pushen möchte. Nach Rücksprache mit allen<br />
Beteiligten gab es eine freundschaftliche<br />
Trennung von Nomad.<br />
Ist es für Dich denkbar, irgendwann selbst<br />
hinter den Kulissen der Skateboard-Industrie<br />
tätig zu sein?<br />
Auf lange Sicht hin kann ich mir das durchaus<br />
vorstellen! Als ambitionierter Skateboarder<br />
stehen mir einige Türen im Business offen. In<br />
welche Richtung es gehen wird, kann ich heute<br />
noch nicht sagen, es würde mich aber eher in<br />
Richtung Vertrieb oder Handel ziehen. Es würde<br />
mir aber auch taugen, eine Weile als Team-<br />
Manager zu arbeiten.<br />
Wo siehst Du aktuell Deine Verantwortung<br />
und Deinen Aufgabenbereich bei „YUX!“?<br />
In erster Linie sehe ich mich als aktiven Teamrider.<br />
Neben dieser Rolle ist es aber selbst-<br />
verständlich, dass ich meinen Freund Andi<br />
tatkräftig unterstütze. Ich helfe ihm, wo ich kann -<br />
das ist ein gutes Gefühl.<br />
Was sind die ersten Eindrücke, die Du von<br />
einem so jungen Brand mitgenommen hast?<br />
Realistisch gesehen ist es verdammt schwer, in<br />
Österreich auf dem Markt mitzumischen, sich von<br />
der ersten Minute an den großen amerikanischen<br />
Brands gegenüber durchzusetzen und etwas<br />
aufzubauen. Da sind wir natürlich voll dabei und<br />
man muss schauen, dass man von Beginn an<br />
gut wirtschaftet, um sich zum Beispiel ein Team<br />
leisen zu können und damit szenenpräsent zu<br />
sein. Als kleiner Brand hat man den Vorteil,<br />
spezifisch auf die lokale Szene einzugehen zu<br />
können. Der Andi arbeitet schon seit einem Jahr<br />
daran, diesen Vorteil zu nutzen und da etwas<br />
weiterzubringen. Es ist natürlich schwierig für<br />
“YUX!”, dem Mainstream Richtung Ami-Brands<br />
Parole zu bieten. Wir sind trotzdem guter<br />
Hoffnung und werden 100% dafür geben.<br />
Zu guter Letzt würde mich noch interessieren,<br />
wie Du zu Deiner alten Heimat in Kärnten<br />
stehst. Vermisst Du in der Stadt etwas?<br />
Derweil fühle ich mich hier in Wien sehr wohl -<br />
mir geht hier eigentlich gar nichts ab. Ab und<br />
zu fahre ich natürlich auf Urlaub nach Kärnten<br />
und genieße im Sommer die frische Luft, den<br />
See und die Natur - als Skateboarder bin ich der<br />
Stadt aber stärker verbunden. Man kann sagen,<br />
dass ich mich hier in Wien heimisch fühle.<br />
35
sw crooks<br />
ferit batir - frontside air • photo: sem rubio<br />
37
LYON<br />
savoir vivre<br />
Text / Photos <strong>Philipp</strong> <strong>Schuster</strong><br />
Auf jeder Reise hat man die Chance, neue Eindrücke zu sammeln. Meist ist<br />
es aber doch so, dass man bei Kurz-Trips lediglich an einer Oberfläche<br />
kratzt, ohne tiefer in die Struktur einer fremden Kultur einzutauchen<br />
und sie verstehen zu lernen. Natürlich ist jedes neue Erlebnis<br />
prägend, dennoch es ist etwas ganz anderes, das Fremdartige<br />
hautnah mitzuerleben und nicht nur als Tourist<br />
aus oberflächlicher Distanz zu betrachten.<br />
38
Ob ich früher nur für ein paar Tage oder<br />
jetzt eben für ein paar Monate in Lyon<br />
war: der unbeschreibliche Charme dieser<br />
Stadt hat mich jedes Mal aufs Neue fasziniert.<br />
Ich habe mich selten in einer fremden Stadt<br />
so wohl gefühlt wie hier: Angefangen von der<br />
Mentalität der Menschen über das entzückende<br />
Stadtbild bis hin zu den reichen kulinarischen<br />
Angeboten - hier werden alle Erwartungen an<br />
eine unverfälschte französische Atmosphäre<br />
restlos erfüllt.<br />
Das Vorurteil vom arroganten und unfreundlichen<br />
Franzosen hat in Lyon keine Gültigkeit.<br />
Man sagt, dass das eher für Paris typische<br />
Eigenschaften sind - in Lyon trifft man an allen<br />
Ecken nette und zuvorkommende Menschen.<br />
Ich habe mit vielen Franzosen gesprochen, die<br />
aus genau diesem Grund der Hauptstadt den<br />
Rücken gekehrt haben, um ein „französischeres“<br />
Leben in Lyon zu beginnen - weg von der<br />
hektischen Metropole, um in diese überaus<br />
40<br />
Sebi BINDER pupeckigrind pop out<br />
kultivierte Umgebung einzutauchen. Tatsächlich<br />
empfindet man das als Ausländer genauso: die<br />
überschaubare Größe und der bodenständige<br />
„esprit“ machen Lyon besonders liebenswert.<br />
Die Menschen hier kennen weder Eile noch<br />
Grant. Es scheint, als würden überall zu allererst<br />
die Regeln der Vernunft gelten. Beim Autofahren<br />
beispielsweise würde man nie in die Situation<br />
kommen, dass ein Lenker stur auf seinem<br />
Vorrang beharrt, obwohl er dadurch einen Stau<br />
im Querverkehr verursacht. Geparkt wird dort,<br />
wo Platz ist und gefahren wird dann, wenn man<br />
niemanden behindert. Auch wenn die Schlange in<br />
der Boulangerie schon bis auf die Straße reicht,<br />
nimmt sich die Bäckerin immer noch etwas Zeit,<br />
um ein paar Worte mit dem Kunden zu wechseln,<br />
bevor sie das nächste Croissant einpackt. Jeder<br />
hat Verständnis dafür und freut sich, auch selbst<br />
ein bisschen plaudern zu können. Das ist eine<br />
Lebensweise, an die man sich als gelernter<br />
Österreicher erst gewöhnen muss. Sie ist aber<br />
keinesfalls mit südländischer zu verwechseln:<br />
Pünktlichkeit und Sauberkeit haben durchaus<br />
einen hohen Stellenwert. Es ist also eine<br />
gesunde Mischung, die eine sympathische<br />
Lockerheit mit einer gewissen Disziplin überaus<br />
charmant vereinigt.<br />
Um eine fremde Kultur wirklich kennenzulernen,<br />
muss man das fremde Leben auch selbst leben.<br />
Obwohl ich immer noch ein Gast war, begann<br />
ich die Stadt als mein bekanntes Territorium zu<br />
betrachten und lernte sie nach und nach lieben.<br />
Es waren die beiläufigen Gespräche mit der Frau<br />
in der Bäckerei, es war der Markt, durch den<br />
ich jeden Tag auf dem Weg zu einem Spot fuhr,<br />
der Nachbar, der jeden Morgen pünktlich um<br />
dreiviertel Neun vor die Türe trat, um sich eine<br />
„Gauloises“ anzuzünden und es war natürlich vor<br />
allem auch der Wechsel der Jahreszeiten, den<br />
ich im Lauf der Monate miterleben konnte - all die<br />
kleinen Dinge, denen man unter normalen<br />
Reisebedingungen gar keine Beachtung schenkt:<br />
die Dinge des Alltags. Erst wenn man die Zeit<br />
hat, diese Dinge ganz bewusst wahrzunehmen,<br />
bekommt man die Möglichkeit, auch tiefer in das<br />
Geschehen einzutauchen und schließlich ein Teil<br />
dieser Gesellschaft zu werden. Man erlebt dann<br />
altbekannte Straßenszenen auf immer neue<br />
Weisen, beobachtet sie interessiert, studiert<br />
sie aufmerksam, erkennt Zusammenhänge und<br />
nimmt dabei beinahe unmerklich eine ganz neue<br />
Lebensart an.<br />
41
Wie sich jeder denken kann, sind in Frankreich<br />
die berühmten kulinarischen Köstlichkeiten ein<br />
Kapitel für sich. Angefangen mit einem einfachen<br />
goldbraun gebackenen Baguette - man kann<br />
sich immer sicher sein, dass es eben erst frisch<br />
aus dem Ofen geholt wurde. Egal wann man bei<br />
einer Bäckerei vorbeischaut, sie ist stets voller<br />
Leute, die ihren kleinen Hunger stillen wollen.<br />
So sieht man zu jeder Tageszeit Franzosen<br />
mit einer Stange Weißbrot unterm Arm. Dieses<br />
altbekannte Bild wird aber erst gegen Abend<br />
komplett, wenn die unverzichtbare Flasche<br />
Rotwein dazukommt.<br />
Der Wein hat hier Tradition: eine Flasche „Vin<br />
rouge“ gehört unbedingt auf jeden auch nur<br />
halbwegs gut gedeckten Tisch. Erstklassige<br />
Weine aus den angrenzenden Weinbaugebieten<br />
„Côte du Rhone“, „Beaujolais“ oder „Bourgogne“<br />
bekommt man in Lyon zu moderaten Preisen. Um<br />
eine französische Jause komplett zu machen,<br />
muss man sich natürlich mit entsprechenden<br />
Käsesorten eindecken. Was in Österreich als<br />
bester französischer Käse und als teurer Luxus<br />
verkauft wird, ist hier billigste Massenware aus<br />
dem Supermarkt. Den besten Käse habe ich mir<br />
freilich fast täglich auf dem Bauernmarkt besorgt.<br />
Ich hatte das Glück, den großen „Marché“ am<br />
„Quai de Saône“ vor der Haustür zu haben. So<br />
konnte ich mir sieben Tage die Woche über<br />
eine Länge von einem halben Kilometer die<br />
erlesensten Delikatessen aus den umliegenden<br />
Departements aussuchen. Nach dem eher<br />
gemächlichem Vormittagsprogramm auf dem<br />
Markt konnte ich mich gleich mit den frischen<br />
Schmankerln für die später folgende Skate-<br />
Session stärken, zum Beispiel mit einer dicken<br />
Scheibe „Jambon Cuit“, einem kleinen Löffel<br />
scharfen Dijon-Senf und ein paar eingelegten<br />
Cornichon dazu.<br />
42<br />
Sam PARTAIX wallie bluntslide
Daniel SPIEGEL sw heelflip
Für alle jene, die sich jetzt fragen, wie ich als<br />
Gourmet diesen Überfluss an Schlemmerei überstanden<br />
habe: Nach meiner Rückkehr nach Wien<br />
hatte ich ein paar Kilo mehr auf den Rippen, mit<br />
denen ich heute noch zu kämpfen habe - und das,<br />
obwohl ich jeden Tag viele Stunden skaten war.<br />
Lyon ist eine Stadt, die man am besten mit<br />
dem Board erkundet. Viele von Euch werden<br />
die große Spotvielfalt von Lyon schon aus den<br />
vielen Skatevideos kennen. Das Zentrum ist<br />
überschaubar und die Gehsteige sind hervorragend<br />
asphaltiert. Nur im Ausnahmefall ist es<br />
besser, die U-Bahn zu nehmen. Es ist eine wahre<br />
Freude, am alltäglichen Straßenleben vorbei<br />
durch die Stadt zu cruisen und auf dem Weg zu<br />
einem Spot noch nebenbei eine Vielzahl kleiner<br />
Spielereien zu entdecken.<br />
Wer dann am Abend genug vom Skaten hat,<br />
kann auf einer Bank am „Quai du Rhône“ die<br />
Abendsonne genießen oder sich auf eine Wiese<br />
im „Parc de la Téte d‘Or“ legen und so einen<br />
langen Tag ausklingen lassen. Wer aber zu<br />
fortgeschrittener Stunde immer noch keine Ruhe<br />
geben kann, rollt zum weltberühmten Mainspot<br />
von Lyon „Hôtel de Ville“ oder zur ganz nahegelegenen<br />
„Miniramp de Foche“, um eine Session<br />
mit den Locals zu fahren, die am Abend fast<br />
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Stephane Zanette fs blunt<br />
ausnahmslos da anzutreffen sind. Dort spielt man<br />
ein L.O.S.E.R. oder macht sich ein Rendezvous<br />
für den darauf folgenden Tag aus. So nimmt das<br />
Leben seinen gewohnten Lauf.<br />
Ich habe meine Zeit in Lyon genutzt um viel zu<br />
skaten, viel zu reisen und mich von der wunderbaren<br />
Kultur bezaubern zu lassen. Vor allem<br />
aber habe ich in „la douce France“ eines gelernt:<br />
„savoir vivre“ - die klassische Kunst, das Leben<br />
in vollen Zügen zu genießen.<br />
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Photos <strong>Philipp</strong> <strong>Schuster</strong><br />
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Es ist kurz vor 21 Uhr. Wir waren den<br />
ganzen Nachmittag am Bowl in Hütteldorf<br />
skaten. Es wird Zeit, die Session zu<br />
beenden. Ich rauche noch eine und denke mir:<br />
nach diesem Tschick fahr ich dann heim, nehme<br />
eine heiße Dusche, lege mich schlafen und am<br />
nächsten Tag geht es ab nach Flachauwinkl zu<br />
einer Demo und auf einige Partys.<br />
Doch wie das Leben so oft spielt - es sollte<br />
ganz anders kommen.<br />
Meine letzte Zigarette im Mundwinkel sitze ich<br />
da und wer kommt auf mich zu: unser BMXer aus<br />
Hütteldorf, der Bernd. Mich packt die Idee, ich<br />
könnte doch mal mit dem BMX ein paar Runden<br />
im Bowl drehen. Gesagt, getan. Ich drehe meine<br />
ersten zwei Runden und es kommt zu einem<br />
leichten Sturz, aber es passiert nichts.<br />
Im Gedanken in der letzten Runde gebe ich<br />
nochmal so richtig Gas, erster Bogen geschafft,<br />
zweiter Bogen, ach du Scheiße - das geht sich<br />
nicht aus: mein rechtes Bein rutscht vom Pedal,<br />
wird durch die Geschwindigkeit und den Druck<br />
durchgebogen. Mich durchfährt ein Schmerz,<br />
wie ich ihn noch niemals zuvor verspürt habe.<br />
Ich schlage auf dem harten Beton auf und greife<br />
sofort nach meinem Knie, mein Atem stockt und<br />
ich bin wie benommen. Meinen Körper winde und<br />
wälzte ich über den kalten Beton, in der Hoffnung<br />
den Schmerz zu lindern, doch nichts hilft. In<br />
diesem Moment des Sturzes schaltete ein Hebel<br />
in meinem Kopf um und ich sagte zu mir: “Mario,<br />
das war‘s mit dem Demo und mit dem Sommer.<br />
Das ist mal gelaufen!”<br />
56<br />
Die letzte Runde<br />
Text Mario Schöll Photo <strong>Philipp</strong> <strong>Schuster</strong><br />
Schlussendlich landete ich an diesem Abend in<br />
der Unfallchirurgie des Wihelminenspitals. Ich<br />
erhielt eine Schiene, meine Krücken und noch<br />
eine Spritze und wurde in die Arme meines<br />
Vaters entlassen, der natürlich hoch erfreut<br />
war, mich am Donnerstag um 23 Uhr aus dem<br />
Krankenhaus holen zu können. Doch dank seiner<br />
Beziehungen hatte ich gleich am nächsten Tag<br />
einen Termin für MRT und damit begann das<br />
lange Warten auf das Ergebnis und das Zittern,<br />
was nun alles kaputt sei im Knie.<br />
So verging das Wochenende und es kam der<br />
Montag. Der Tag an dem ich erfahren sollte, was<br />
in meinem Knie los ist. Mit zittrigen Nerven und<br />
schwitzenden Händen wartete ich auf meinen<br />
Vater. Dann war es so weit: er kam die Treppe<br />
herauf mit einem schwarzen Sackerl in der einen<br />
Hand und einem weißen Blatt in der anderen<br />
Hand, sah mich an und sagte: “Gut ist der<br />
Befund nicht!” Ich nahm den Zettel aus seiner<br />
Hand und begann hastig zu lesen. Nach einigen<br />
Minuten und mit der Hilfe von Google fand ich<br />
heraus, dass das Jahr 2010 für mich gelaufen war.<br />
Nun begann das Warten auf die OP. Jetzt war<br />
Verhandlungsgeschick gefordert, denn die Ärzte<br />
wollten doch einige Zeit abwarten, bevor sie mich<br />
operieren - so ist das normale Prozedere. Doch<br />
nach einigen Besuchen in der Knieambulanz<br />
konnte ich den Arzt von zwei Monaten Wartezeit<br />
auf ein Monat herunterhandeln, was mir schon<br />
den ersten Lichtblick für den Sommer gab.<br />
Mit dieser Operation beginnt mein Leidensweg<br />
zurück aufs Skateboard.
ARTO SAARI . SAMMY WINTER . JAKE JOHNSON . STEVE FORSTNER<br />
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