III. Empirischer Teil - E-Beratungsjournal
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Die von ihnen verwendeten Verfahren der primitiven Heilkunst erinnern an die<br />
modernen Psychotherapieverfahren. Die Reproduktion des Traumas im Rahmen<br />
zeremonieller Prozeduren mobilisiert emotionale Ansprechbarkeit, aber auch<br />
Bewältigungsreserven. Techniken der Reizüberflutung kennt man heute in der<br />
Verhaltenstherapie. Die lange Vorbereitung des Heilers kann mit der intensiven<br />
Ausbildung der Psychotherapeuten verglichen werden. Auch der Äskulapkult in den<br />
Tempeln des alten Griechenland weist Ähnlichkeiten mit Psychotherapie auf. Die<br />
Behandlung bestand darin, dass man sich in den Tempel, noch früher in eine Höhle,<br />
zurückzog, um sich auszuruhen, aber sich auch dem Erleben der auftauchenden<br />
Empfindungen, Phantasien und Visionen auszusetzen. Wichtig dabei war sowohl die<br />
Vorbereitung, die in Reinigung und Gebet bestand, als auch die Existenz eines<br />
definierten Ortes, an dem Heilung stattfinden kann (Ellenberger 1985).<br />
In der modernen Psychotherapie wird die psychotherapeutische Praxis zum<br />
Rückzugstempel, in der Zukunft vielleicht das eigene Wohnzimmer vor dem Laptop mit<br />
Videotelefon.<br />
Mit dem österreichischen Arzt Franz Anton Mesmer (1734-1815) begann sich die<br />
Hypnose von ihrem mystisch-magischen Kontext zu lösen. Nach einem missglückten<br />
Behandlungsversuch in Wien, versuchte Mesmer in Paris seiner Therapie des<br />
Animalischen Magnetismus zum wissenschaftlichen Durchbruch zu verhelfen. Dieser<br />
Versuch scheiterte, und Mesmer wurde die wissenschaftliche Seriosität abgesprochen.<br />
Im späten 18. Jahrhundert begründete der französische Arzt Philippe Pinel mit neuen<br />
Methoden die Tradition der modernen Psychiatrie. Es fand eine Humanisierung der<br />
Behandlung statt. Geisteskranke Patienten wurden zum ersten Mal mit Würde<br />
angesehen. Es fanden erste Versuche statt, mit Gesprächen und Vorschlägen zu<br />
sinnvoller Tätigkeit auf die Patienten einzuwirken.<br />
Österreich, insbesondere Wien, kommt in der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte<br />
moderner Psychotherapie eine besondere Bedeutung zu. Als Anfangspunkt der<br />
modernen wissenschaftlich fundierten Psychotherapie wird der von Joseph Breuer<br />
(1842-1925) und Sigmund Freud (1856-1939) gemeinsam publizierte Fall der Anna O.<br />
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