August 2006 Nummer 2 - Matte
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- 16 -<br />
Wie ich lernte, das Wasser zu lieben<br />
Wie die Zeit doch eilt. Wie das<br />
Hochwasser gekommen und<br />
wieder abgeflossen ist, ist auch<br />
die Zeit verflossen. Einfach so,<br />
und ohne unser dazutun. Das<br />
Wasser kommt irgendwann<br />
einmal zurück, die Zeit nicht.<br />
Was Zeit genau ist, darüber<br />
zerbrechen sich Philosophen<br />
und Naturwissenschaftler seit<br />
Jahrtausenden den Kopf. Es<br />
gibt bis heute keine befriedigende<br />
Erklärung. Einer hat vor<br />
100 Jahren immerhin bemerkt,<br />
dass die Zeit nichts Konstantes<br />
ist und nicht immer und überall<br />
gleich schnell läuft. Er hiess<br />
Albert Einstein, und was er herausgefunden hat, ist tausendmal<br />
in unzähligen Experimenten bestätigt worden.<br />
Aber so wirklich hilft uns das ja auch nicht weiter. Hat<br />
es überhaupt einen Sinn, darüber nachzudenken, wenn<br />
man 50 Jahre lang nicht darüber nachgedacht hat und<br />
trotzdem älter geworden ist?<br />
Und dann liest man plötzlich in einer intelligenten Zeitschrift<br />
einen Artikel eines intelligenten Forschers, der<br />
einem sagt, dass das Gehirn des Menschen nicht altert,<br />
sondern bis ans Lebensende aufnahmefähig bleibt. Mehr<br />
noch: Ältere Gehirne können bestimmte Dinge sogar rascher<br />
auffassen als junge, vor allem dann, wenn sich das<br />
Gehirn mit der Materie schon mehrmals beschäftigt hat.<br />
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans also besser?<br />
Das muntert doch auf – und was würde für diesen Selbstversuch<br />
zum lockeren Lernen nicht besser taugen, als das<br />
Thema Wasser, das immerhin wie ein Tinnitus seit einem<br />
Jahr in meinem Kopf herumgeistert.<br />
Und so habe ich mich seit dem Hochwasser intensiv<br />
mit Wasser auseinander gesetzt. Mit Hochwasser, mit<br />
Süsswasser, mit Salzwasser und mit gebranntem Wasser.<br />
Und allgemein mit Wasser in den drei Zuständen «flüssig»,<br />
«fest» und «gasförmig». Das Thema lernt sich leicht,<br />
und es ist ebenso faszinierend wie das Thema Zeit. Wasser<br />
ist der ungeheuerlichste und abnormalste Soff, den<br />
es auf dieser Welt gibt. Es ist der einzige Stoff, der sich<br />
bei tiefen Temperaturen ausdehnt. Deshalb gefrieren im<br />
Winter die Seen von oben nach unten, aber nie bis zum<br />
Grund. Deshalb platzt eine prall gefüllte Wasserflasche<br />
im Tiefkühler. Und deshalb schwimmt das Eis im Longdrink<br />
immer obenauf. Wasser kann Wärme 3250 Mal<br />
besser speichern als Luft, und fünfmal besser als Steine<br />
und Metall. Und noch was Erstaunliches: Wird ein ein-<br />
<strong>Matte</strong>-Zytig 2/<strong>2006</strong><br />
ziges Gramm flüssiges Wasser zu Eis gefroren, werden<br />
255 Liter Luft um ein Grad Celsius erwärmt.<br />
Das alles – und noch viel mehr – habe ich seit dem Hochwasser<br />
über Wasser gelernt. Ich weiss jetzt, dass sich im<br />
Mittelmeer in jedem Kilogramm Wasser 37 Gramm Salz<br />
befindet, in der Ostsee aber nur 15 Gramm. Ich weiss,<br />
wie bei uns Nebel und weshalb im Meer welche Wellen<br />
entstehen, kenne den Hagel, bin mit verrückten Einsichten<br />
über Wolken, Schnee und Schneeflocken auf du<br />
und du. Der Stoff ist mir echt ans Herz gewachsen. So<br />
habe ich das Wasser lieben gelernt.<br />
Und diese Liebe könnte nur eines trüben: Das nächste,<br />
verdammte Hochwasser in der <strong>Matte</strong>. Wann es wieder<br />
kommt? Darüber konnte mir bis heute niemand Bescheid<br />
sagen.<br />
Woody Wüthrich<br />
Fair gehandelte Filzteppiche<br />
aus Kirgistan am Nydeggstalden<br />
Am Freitag, 25. <strong>August</strong> eröffnet am Nydeggstalden 30<br />
der Galerieladen ANARA, spezialisiert auf Textilkunst<br />
von der Seidenstrasse. Angeboten werden unter anderem<br />
Shyrdak-Filzteppiche, die in Handarbeit von Frauenkooperativen<br />
in Kirgistan hergestellt werden. ANARA<br />
ist Mitglied bei Label STEP: Handel und Herstellung<br />
dieser Teppiche erfolgen nach den Prinzipien des fairen<br />
Handels. Gleichzeitig mit der Eröffnung findet die Vernissage<br />
einer Keramikausstellung der Künstlerin<br />
Ana Lüdi statt. Eröffnung und Vernissage:<br />
Freitag, 25. <strong>August</strong> <strong>2006</strong>, 17 – 21 Uhr<br />
Ausstellung bis und mit Samstag, 9. September <strong>2006</strong><br />
Öffnungszeiten: Di. bis Fr. 13.30 – 19 Uhr,<br />
Sa. 10 – 13 Uhr. Mehr Infos:<br />
www.anara.org, www.label-step.org