Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander - Bundesministerium ...

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23.01.2013 Aufrufe

Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 90 eine gemeinsame Sorgeerklärung verzichtet haben. So liegt nahe, dass gerade dann eine gemeinsame Sorgeerklärung ausbleibt, wenn der Beginn der Familienentwicklung durch Probleme in der Partnerschaft überschattet war. Drittens sollen mit spezifischem Fokus auf nichtehelichen Lebensgemeinschaften die beobachtbaren Variationen im Sorgeerklärungsverhalten aufgeklärt werden, um abschätzen zu können, inwieweit die Nicht-Abgabe einer Sorgeerklärung eher auf Informationslücken der betroffenen Eltern, auf kindeswohlorientierte oder auf andere als kindeswohlorientierte Gründe zurückzuführen ist. Hierbei wird ein Modell zugrunde gelegt, das sowohl Gründen der sorgeberechtigten Mütter als auch der nicht-sorgeberechtigten Väter Rechnung trägt. Darüber hinaus wird berücksichtigt, dass Faktoren wirksam sein können, ohne von den betroffenen Eltern als subjektiver Grund genannt zu werden. Dieses Modell wird an späterer Stelle (siehe Abschnitt 7.1) näher ausgeführt. Von besonderem Interesse ist in dieser Hinsicht die Alltagspraxis der Eltern hinsichtlich der ausgeübten Sorge für das Kind bzw. die Kinder. Diese umfasst sowohl die unterschiedlichen Aspekte der Personensorge, als auch die Vermögenssorge, deren Umsetzung in der Alltagspraxis der Eltern hier differenziert erfasst werden soll. Da davon auszugehen ist, dass die Ausgestaltung der alltäglichen Eltern-Kind-Interaktion insbesondere im Hinblick auf den Vater wesentlich von der Qualität der Beziehung zwischen den Eltern abhängt, wird diesem Faktor – und hier wiederum vor allem der elterlichen Kooperation bei Erziehungs- und Sorgefragen (Coparenting) – besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Insgesamt soll im Hinblick auf diese Merkmale der ausgeübten elterlichen Sorge bzw. Alltagspraxis der Eltern geklärt werden, ob und wie stark sie je nach Sorgerechts- Status variiert. Mit einer qualitativen sowie einer erweiterten standardisierten Befragung der Eltern soll die Studie auch Aufschluss darüber geben, in wie vielen Fällen trotz kooperativer Alltagspraxis der Eltern kein gemeinsames Sorgerecht begründet wird. Umgekehrt soll aber auch ermittelt werden, in welchen Fällen die Eltern die elterliche Sorge nicht (mehr) gemeinsam wahrnehmen, obwohl die gemeinsame elterliche Sorge rechtlich abgesichert ist. Viertens soll möglichen Besonderheiten von, aber auch Ähnlichkeiten zwischen nicht miteinander verheirateten Elternpaaren und Ehepaaren Rechnung getragen werden. Da sich eine asymmetrische Verteilung von Elternpflichten auch bei verheirateten Paaren findet, scheint es sinnvoll, zum Vergleich solche Paare einzubeziehen, die nach Geburt des Kindes geheiratet haben. Damit lassen sich etwaige Besonderheiten der Rollenverteilung und Alltagspraxis der elterlichen Sorge in nichtehelichen Lebensgemeinschaften besser einschätzen. Dabei wird auch die Frage aufgegriffen, aus welchen Gründen sich Eltern nach der Geburt eines Kindes für oder gegen eine Ehe entschließen. Hierbei sollen systematische Unterschiede

Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 91 zwischen beiden Gruppen herausgearbeitet werden, insbesondere im Vergleich von Ehepaaren und nicht miteinander verheirateten Paaren, die keine Sorgeerklärung abgeben. Sollten sich hier hinsichtlich relevanter Merkmale (s. u.) keine Unterschiede abzeichnen, so spräche dies für eine stärkere Verankerung des gemeinsamen Sorgerechts für zusammenlebende nicht verheiratete Paare. Bisherige Befunde anderer Studien legen nahe, dass der Beratungspraxis durch die Jugendämter (und andere beteiligte Institutionen) eine nicht unwesentliche Rolle bei den Entscheidungen der Eltern für oder gegen das gemeinsame Sorgerecht zukommt. Entsprechend soll – als fünftes Ziel der Arbeiten – geklärt werden, welche Einstellungen bei Jugendamts-Mitarbeitern/innen gegenüber dem gemeinsamen Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern vorherrschen, wie mögliche Vorbehalten begründet werden und welche Kriterien die Experten und Expertinnen bei der Beratung der Eltern für oder gegen gemeinsame Sorgeerklärungen zugrunde legen. Schließlich wurden im Rahmen der Forschungsarbeiten auch eine rechtshistorische Analyse der gesetzgeberischen Prämissen und Rechtsentwicklungen in Ost und West, eine Literatur- und Rechtsprechungsanalyse sowie vor allem ein internationaler Vergleich der Sorgerechtsregelung bei nichtehelichen Eltern geleistet (vgl. Kapitel 3). Wesentliche Funktion dieser Expertise ist es, die Befunde der qualitativen und quantitativen Befragungen juristisch einzuordnen und somit die Verwertbarkeit der sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse für die gesetzgeberischen Überlegungen zu verbessern. 4.2 Methodisches Vorgehen Um die gesetzlichen Regelungen zur elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern angemessen evaluieren zu können, bietet sich ein mehrfach gestuftes Vorgehen an, das unterschiedliche methodische Zugänge im Sinne eines triangulierenden Verfahrens verbindet. Die folgende tabellarische Übersicht (siehe Tabelle 2) informiert darüber, welche Fragestellungen mit welchem methodischen Zugang bearbeitet werden. Wie diese Übersicht deutlich macht, verknüpfen die Forschungsarbeiten unterschiedliche Datenquellen und Zugangswege, um die zentral interessierenden Fragen zu beantworten.

„<strong>Gemeinsames</strong> <strong>Sorgerecht</strong> <strong>nicht</strong> <strong>miteinander</strong> verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 91<br />

zwischen beiden Gruppen herausgearbeitet werden, insbesondere im Vergleich von<br />

Ehepaaren und <strong>nicht</strong> <strong>miteinander</strong> verheirateten Paaren, die keine Sorgeerklärung<br />

abgeben. Sollten sich hier hinsichtlich relevanter Merkmale (s. u.) keine Unterschiede<br />

abzeichnen, so spräche dies für eine stärkere Verankerung des gemeinsamen<br />

<strong>Sorgerecht</strong>s für zusammenlebende <strong>nicht</strong> verheiratete Paare.<br />

Bisherige Befunde anderer Studien legen nahe, dass der Beratungspraxis durch die<br />

Jugendämter (und andere beteiligte Institutionen) eine <strong>nicht</strong> unwesentliche Rolle bei<br />

den Entscheidungen der Eltern für oder gegen das gemeinsame <strong>Sorgerecht</strong><br />

zukommt. Entsprechend soll – als fünftes Ziel der Arbeiten – geklärt werden, welche<br />

Einstellungen bei Jugendamts-Mitarbeitern/innen gegenüber dem gemeinsamen<br />

<strong>Sorgerecht</strong> <strong>nicht</strong> <strong>miteinander</strong> verheirateter Eltern vorherrschen, wie mögliche<br />

Vorbehalten begründet werden und welche Kriterien die Experten und Expertinnen<br />

bei der Beratung der Eltern für oder gegen gemeinsame Sorgeerklärungen zugrunde<br />

legen.<br />

Schließlich wurden im Rahmen der Forschungsarbeiten auch eine rechtshistorische<br />

Analyse der gesetzgeberischen Prämissen und Rechtsentwicklungen in Ost und<br />

West, eine Literatur- und Rechtsprechungsanalyse sowie vor allem ein<br />

internationaler Vergleich der <strong>Sorgerecht</strong>sregelung bei <strong>nicht</strong>ehelichen Eltern geleistet<br />

(vgl. Kapitel 3). Wesentliche Funktion dieser Expertise ist es, die Befunde der<br />

qualitativen und quantitativen Befragungen juristisch einzuordnen und somit die<br />

Verwertbarkeit der sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse für die gesetzgeberischen<br />

Überlegungen zu verbessern.<br />

4.2 Methodisches Vorgehen<br />

Um die gesetzlichen Regelungen zur elterlichen Sorge <strong>nicht</strong> <strong>miteinander</strong><br />

verheirateter Eltern angemessen evaluieren zu können, bietet sich ein mehrfach<br />

gestuftes Vorgehen an, das unterschiedliche methodische Zugänge im Sinne eines<br />

triangulierenden Verfahrens verbindet. Die folgende tabellarische Übersicht (siehe<br />

Tabelle 2) informiert darüber, welche Fragestellungen mit welchem methodischen<br />

Zugang bearbeitet werden. Wie diese Übersicht deutlich macht, verknüpfen die<br />

Forschungsarbeiten unterschiedliche Datenquellen und Zugangswege, um die<br />

zentral interessierenden Fragen zu beantworten.

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