Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander - Bundesministerium ...

Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander - Bundesministerium ... Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander - Bundesministerium ...

23.01.2013 Aufrufe

Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 58 b) Grundgesetz 1949 Inhaltlich und fast wortgleich knüpfte das Grundgesetz von 1949 123 an Art. 121 WRV an, wonach „den unehelichen Kindern die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen (sind), wie den ehelichen“ (Art. 6 Abs. 5 GG). Durch Art. 3 Abs. 2, Art. 117 Abs. 1 GG trat zudem das der Gleichberechtigung von Mann und Frau widersprechende Recht außer Kraft, was vor allem die Beschränkung der Mutter auf die Nebengewalt und ihren Ausschluss von der Vertretung des Kindes betraf (Witteborg 2003, S. 45 m. w. Nachw.). Die elterliche Gewalt und auch die Vertretungsmacht standen nach der Rechtsprechung nun beiden Elternteilen zu, wobei bei Meinungsverschiedenheiten das Vormundschaftsgericht zu entscheiden hatte. 124 c) Entwurf eines Familienrechtsänderungsgesetzes 1953 Der Entwurf zu einem Familienrechtsänderungsgesetz 125 sollte das geltende bürgerliche Recht an den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter anpassen und auf dem Gebiet des Familienrechts die Rechtseinheit durch Aufhebung ergangener Gesetze und Einführung einheitlicher Vorschriften wieder herstellen. Ferner prüfte der Entwurf sämtliche seit 1933 ergangenen familienrechtlichen Vorschriften darauf, ob sie nationalsozialistisches Gedankengut enthielten, die aufgehoben oder an neuzeitliche Rechtsgedanken angepasst werden sollten (Dittmann 1994, S. 17). Vor dem 31.03.1953, dem von der Verfassung zur Beseitigung des gegen Art. 3 Abs. 2 GG verstoßenden Rechts vorgegebenen Stichtags, konnte der Entwurf jedoch nicht mehr verabschiedet werden. d) Gleichberechtigungsgesetz 1958 Am 18.12.1953 beschloss das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts. 126 Dieser Entwurf lehnte sich weitgehend an einen vorherigen Entwurf an, wobei alle Vorschriften, die der Wiederherstellung der Rechtseinheit dienten oder in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Gleichberechtigung standen, entnommen wurden (Dittmann 1994, S. 17). Das Gleichberechtigungsgesetz wurde am 21.06.1957 verkündet und trat am 01.07.1958 in Kraft. 127 Es beinhaltete im Wesentlichen die Angleichung der rechtlichen Stellung der Ehefrau/Mutter an die Stellung des Mannes/Vaters im persönlichen Ehe- und im Kindschaftsrecht (Dittmann 1994, S. 21). Es erfolgte jedoch keine volle Gleichstellung; Vertretungsmacht und Letztentscheidungsrecht blieben weiterhin allein dem Vater zugewiesen (§ 1628 Abs. 123 BGBl. S. 1. 124 Vgl. BGHZ 30, 306; BGHZ 11, 34; BGHZ 20, 313. 125 BT-Drucks. 3802/1. Wahlperiode. 126 BT-Drucks. 3409/2. Wahlperiode. 127 BGBl I, S. 609.

Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 59 1, § 1629 Abs. 1 BGB a. F.); dies widersprach der bis dahin ergangenen Rechtsprechung und wurde 1959 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt: 128 „Die zwischen den Eltern bestehende sittliche Lebensgemeinschaft und ihre gemeinsame, unteilbare Verantwortung gegenüber dem Kinde führen mit dem umfassenden Gleichberechtigungsgebot der Verfassung im Bereich der elterlichen Sorge zu voller Gleichordnung von Vater und Mutter.“ Betreffend eheliche Kinder war nun im Scheidungsfalle über das gesamte Sorgerecht einschließlich Vermögenssorge zu entscheiden (§ 1671 BGB a. F.). Hier durfte das Vormundschaftsgericht von einem gemeinsamen Vorschlag der Eltern nur abweichen, wenn dies im Interesse des Kindes erforderlich war. Im Übrigen entschied das Vormundschaftsgericht. Insgesamt wurden durch das Gleichberechtigungsgesetz die staatlichen Entscheidungsbefugnisse beschränkt und damit die Familie stärker gegenüber dem Staat geschützt. Von der Möglichkeit, auch das Unehelichenrecht neu zu gestalten, machte der Gesetzgeber jedoch keinen Gebrauch. e) Familienrechtsänderungsgesetz 1962 Erst mit dem Familienrechtsänderungsgesetz vom 11.08.1961, 129 das zum 01.01.1962 in Kraft trat, wurden einige Fragen des Unehelichenrechts geregelt: Das uneheliche Kind stand kraft Gesetzes unter Amtsvormundschaft. Für die volljährige Mutter bestand nun erstmals die Möglichkeit, neben der Personensorge für das uneheliche Kind auch die elterliche Gewalt durch Übertragung durch das Vormundschaftsgericht zu erlangen (§ 1707 Abs. 2 BGB a. F.). Auch wurde die Unterhaltspflicht des nichtehelichen Vaters bis zum 18. Lebensjahr des Kindes ausgedehnt (§ 1708 BGB a. F.). Jedoch wurde trotz diverser Anregungen die familienrechtlichen Stellung des unehelichen Kindes nicht grundlegend verbessert (Schlosser, 1963). 130 f) Nichtehelichengesetz 1970 Das Gesetz über die Stellung nichtehelicher Kinder (NEhelG) vom 19.08.1969 131 trat zum 01.07.1970 in Kraft, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Umsetzung des Auftrages aus Art. 6 Abs. 5 GG gefordert hatte. 132 Ziel des Gesetzes war, der nichtehelichen Mutter die größtmögliche Selbstständigkeit zu verschaffen; auch sollte 128 BVerfGE 10, S. 59 ff. 129 Gesetz zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften, BGBl I, S. 1221. 130 Beschlüsse des 44. Deutschen Juristentags FamRZ 1962, 401. 131 BGBl I, S. 1243. 132 BVerfGE 25, 167 ff.

„<strong>Gemeinsames</strong> <strong>Sorgerecht</strong> <strong>nicht</strong> <strong>miteinander</strong> verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 59<br />

1, § 1629 Abs. 1 BGB a. F.); dies widersprach der bis dahin ergangenen<br />

Rechtsprechung und wurde 1959 vom Bundesverfassungsgericht für<br />

verfassungswidrig erklärt: 128<br />

„Die zwischen den Eltern bestehende sittliche Lebensgemeinschaft und ihre gemeinsame, unteilbare<br />

Verantwortung gegenüber dem Kinde führen mit dem umfassenden Gleichberechtigungsgebot der<br />

Verfassung im Bereich der elterlichen Sorge zu voller Gleichordnung von Vater und Mutter.“<br />

Betreffend eheliche Kinder war nun im Scheidungsfalle über das gesamte <strong>Sorgerecht</strong><br />

einschließlich Vermögenssorge zu entscheiden (§ 1671 BGB a. F.). Hier durfte das<br />

Vormundschaftsgericht von einem gemeinsamen Vorschlag der Eltern nur<br />

abweichen, wenn dies im Interesse des Kindes erforderlich war. Im Übrigen<br />

entschied das Vormundschaftsgericht.<br />

Insgesamt wurden durch das Gleichberechtigungsgesetz die staatlichen<br />

Entscheidungsbefugnisse beschränkt und damit die Familie stärker gegenüber dem<br />

Staat geschützt. Von der Möglichkeit, auch das Unehelichenrecht neu zu gestalten,<br />

machte der Gesetzgeber jedoch keinen Gebrauch.<br />

e) Familienrechtsänderungsgesetz 1962<br />

Erst mit dem Familienrechtsänderungsgesetz vom 11.08.1961, 129 das zum<br />

01.01.1962 in Kraft trat, wurden einige Fragen des Unehelichenrechts geregelt:<br />

Das uneheliche Kind stand kraft Gesetzes unter Amtsvormundschaft. Für die<br />

volljährige Mutter bestand nun erstmals die Möglichkeit, neben der Personensorge<br />

für das uneheliche Kind auch die elterliche Gewalt durch Übertragung durch das<br />

Vormundschaftsgericht zu erlangen (§ 1707 Abs. 2 BGB a. F.). Auch wurde die<br />

Unterhaltspflicht des <strong>nicht</strong>ehelichen Vaters bis zum 18. Lebensjahr des Kindes<br />

ausgedehnt (§ 1708 BGB a. F.). Jedoch wurde trotz diverser Anregungen die<br />

familienrechtlichen Stellung des unehelichen Kindes <strong>nicht</strong> grundlegend verbessert<br />

(Schlosser, 1963). 130<br />

f) Nichtehelichengesetz 1970<br />

Das Gesetz über die Stellung <strong>nicht</strong>ehelicher Kinder (NEhelG) vom 19.08.1969 131 trat<br />

zum 01.07.1970 in Kraft, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Umsetzung<br />

des Auftrages aus Art. 6 Abs. 5 GG gefordert hatte. 132 Ziel des Gesetzes war, der<br />

<strong>nicht</strong>ehelichen Mutter die größtmögliche Selbstständigkeit zu verschaffen; auch sollte<br />

128 BVerfGE 10, S. 59 ff.<br />

129 Gesetz zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften, BGBl I, S. 1221.<br />

130 Beschlüsse des 44. Deutschen Juristentags FamRZ 1962, 401.<br />

131 BGBl I, S. 1243.<br />

132 BVerfGE 25, 167 ff.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!