Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander - Bundesministerium ...
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„Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 330 identifiziert. Dies dient nicht selten dazu, das Kind dem anderen Elternteil zu beeinflussen. Dieses Verhalten findet sich bildungs- und schichtunabhängig. Die Berater/innen sprechen auch von „Feindbilder“n (Kleinstadt West, w), die – meist unbewusst – aufgebaut würden. Für Kinder seien diese Prozesse nicht nachvollziehbar. Ihre eigenen Erlebnisse und Erfahrungen würden von außen nicht wahrgenommen und den antizipierten Erwartungen der Eltern angepasst. „Ja, aber was will man denn auch machen, wenn die Stimmung einfach gegen den Vater ist. Kinder kriegen ja auch immer mehr mit, als wir immer glauben. Also ehm, wenn da ein Feindbild aufgebaut ist, dann wird der Vater das auch nicht in drei begleiteten Umgangskontakten korrigieren können. Und dann passiert ja genau das, dass die Kinder wahrscheinlich erzählt haben, wie doof alles war, aber eigentlich tierischen Spaß hatten. Aber dann ist ein unbefangener Kontakt nicht möglich“ (Kleinstadt West, w). Erneut thematisiert die Beraterin die schwächere Position des Vaters. Dieser habe kaum Möglichkeiten gegen den Willen der Mutter eine positive Beziehung zum Kind aufzubauen. 9.3.5.3 Sorgerecht als Teilaspekt bei Kindeswohlgefährdung Ein großes Problem sehen Berater/innen in beiden Teilen Deutschlands hinsichtlich mehrfach belasteter Familien. Gemeint sind hier auch Familien, die bereits seit Generationen hilfebedürftig seien und kaum Eigenständigkeit und Unabhängigkeit in ihrem Handlungsrepertoire hätten. Im Osten Deutschlands wird die Situation noch dramatischer beschrieben, da die Familien hier auf dem von Strukturschwäche geprägten Land lebten, was die Versorgung mit Hilfeangeboten noch zusätzlich erschwere. Die Kinder hätten weite Schulwege, die Mobilität der Familien sei gering und tägliche Familienhilfe dringend nötig. Besondere „Sorge“ bereiten einer Befragten die Mütter „ohne Intuition“ (Kleinstadt Ost, w) für die Bedürfnisse ihres Kindes. Emotional und detaillierten beschreibt sie die Verhältnisse, in denen manche Kinder aufwachsen. Einige der Mütter seien schon mit den grundlegenden Aufgaben des Eltern-Seins überfordert: „Also die dann halt so Anleitung gibt zum Abendritual. Also wie sie das Kind baden können und wie sie das Kind dann in Ruhe zu Bett bringen können. Welche Rituale man machen kann und so was. Und dass die Brotdose dann eben auszuwaschen ist, damit sie dann eben frisch gepackt werden kann wieder für den nächsten Tag und solche Geschichten“ (Kleinstadt Ost, w). Nach Angaben der Experten/Expertinnen ist gerade in diesen Familien die Gestaltung des Umgangs mit dem Vater „Schwerstarbeit“, da die Mütter oft noch jung seien und es mehrere Väter gäbe, die häufig auch kein Interesse an ihrem Kind
„Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 331 hätten. Eine Beraterin berichtet von einem jungen Mann, der bereits achtfacher Vater sei, ohne sich um eines der Kinder zu kümmern. Es handle sich um einen Vater, der die alleinige Verantwortung für Familie und Familienplanung bei der Frau verorte. „Weil vielleicht der Mann auch zu ihr gesagt hat: Pass mal auf, ich will damit überhaupt nichts zu tun haben, das ist dein Ding, was du hier machst, ne. Hättest ja verhüten können, ne“ (Kleinstadt Ost, w). Die Mütter seien „völlig überfordert“. Die vielen Kinder, die prekäre finanzielle Situation, die wechselnden Partner und die abgelegene Wohnlage führten dazu, dass basale Erziehungs- und Haushaltsaufgaben nicht erledigt würden. Die Experten/Expertinnen führen die teilweise trostlosen Zustände der Familien auch darauf zurück, dass die Eltern selbst häufig in ähnlichen Verhältnissen groß geworden seien, was zur Folge hätte, dass die Organisation des Alltags nicht erlernt wurde. Die Folge sind häusliche und familiäre Zustände, die die Befragten als „sehr, sehr schwierig“ (Kleinstadt Ost, w) beschreiben. Interessant ist der Hinweis darauf, dass die sorgeberechtigten Eltern dem Einschreiten und einer Intervention des Jugendamts teilweise entgegenstehen könnten. Die Eltern selbst seien derart ungefestigt und kindlich („Wie so eine Mutti gehe ich mit dem um.“ Kleinstadt Ost, w), dass das elterliche Sorgerecht und damit ihr Mitspracherecht an allen sozialtherapeutischen Maßnahmen, als hinderlich für den Schutz der Kinder gesehen werden. „Ja und dann hab ich die Mutter gefragt, ob sie bereit ist, ihre beiden ältesten Kinder wieder aufzunehmen. Sie ist mit sorgeberechtigt, sie muss ja diese Entscheidung mittragen. Und damit war sie nicht einverstanden, dass die Kinder wieder zu ihr kommen. Sie war aber auch nicht damit einverstanden, dass eine Heimerziehung erfolgt. Sie wollte, dass ihre Kinder nach B gehen, weil dort ihre Mutter, also ihre Oma lebt. Und ehm dem hat aber wiederum der Vater nicht zugestimmt. Also waren wir in einer Pattsituation, sodass ich unsere Familienrichterin angerufen habe“ (Kleinstadt Ost, w). In diesem Fall wurden den Eltern letztendlich durch die Familienrichterin bestimmte Teile des Sorgerechts entzogen, was eine Herausnahme der Kinder aus der Familie durch das Jugendamt zum Schutz der Kinder ermöglichte. Da die Eltern aber nach wie vor teilsorgeberechtigt sind, kann ein Verantwortungs-Vakuum, entstehen, in dem sich die Kinder befinden. Dadurch dass beide Eltern zwar sorgeberechtigt aber erziehungsunfähig sind, entstehen Handlungsblockaden. „Beide Eltern sind teilweise noch sorgeberechtigt. Wir sind teilweise sorgeberechtigt. Kinder leben hier, Vater lebt in D, Mutter in B. Schwierig, äußerst schwierige Konstellation“ (Kleinstadt Ost, w). Die Berater/innen relativieren selbst ihren Fokus auf die Familien in Risikolagen, da auch sie nur mit Familien arbeiten, die Hilfe brauchen. Paare, die ihrer Verantwortung als Elternteil gerecht würden, kämen wesentlich seltener zur Beratung
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identifiziert. Dies dient <strong>nicht</strong> selten dazu, das Kind dem anderen Elternteil zu<br />
beeinflussen. Dieses Verhalten findet sich bildungs- und schichtunabhängig. Die<br />
Berater/innen sprechen auch von „Feindbilder“n (Kleinstadt West, w), die – meist<br />
unbewusst – aufgebaut würden. Für Kinder seien diese Prozesse <strong>nicht</strong><br />
nachvollziehbar. Ihre eigenen Erlebnisse und Erfahrungen würden von außen <strong>nicht</strong><br />
wahrgenommen und den antizipierten Erwartungen der Eltern angepasst.<br />
„Ja, aber was will man denn auch machen, wenn die Stimmung einfach gegen den<br />
Vater ist. Kinder kriegen ja auch immer mehr mit, als wir immer glauben. Also ehm,<br />
wenn da ein Feindbild aufgebaut ist, dann wird der Vater das auch <strong>nicht</strong> in drei<br />
begleiteten Umgangskontakten korrigieren können. Und dann passiert ja genau das,<br />
dass die Kinder wahrscheinlich erzählt haben, wie doof alles war, aber eigentlich<br />
tierischen Spaß hatten. Aber dann ist ein unbefangener Kontakt <strong>nicht</strong> möglich“<br />
(Kleinstadt West, w).<br />
Erneut thematisiert die Beraterin die schwächere Position des Vaters. Dieser habe<br />
kaum Möglichkeiten gegen den Willen der Mutter eine positive Beziehung zum Kind<br />
aufzubauen.<br />
9.3.5.3 <strong>Sorgerecht</strong> als Teilaspekt bei Kindeswohlgefährdung<br />
Ein großes Problem sehen Berater/innen in beiden Teilen Deutschlands hinsichtlich<br />
mehrfach belasteter Familien. Gemeint sind hier auch Familien, die bereits seit<br />
Generationen hilfebedürftig seien und kaum Eigenständigkeit und Unabhängigkeit in<br />
ihrem Handlungsrepertoire hätten. Im Osten Deutschlands wird die Situation noch<br />
dramatischer beschrieben, da die Familien hier auf dem von Strukturschwäche<br />
geprägten Land lebten, was die Versorgung mit Hilfeangeboten noch zusätzlich<br />
erschwere. Die Kinder hätten weite Schulwege, die Mobilität der Familien sei gering<br />
und tägliche Familienhilfe dringend nötig.<br />
Besondere „Sorge“ bereiten einer Befragten die Mütter „ohne Intuition“ (Kleinstadt<br />
Ost, w) für die Bedürfnisse ihres Kindes. Emotional und detaillierten beschreibt sie<br />
die Verhältnisse, in denen manche Kinder aufwachsen. Einige der Mütter seien<br />
schon mit den grundlegenden Aufgaben des Eltern-Seins überfordert:<br />
„Also die dann halt so Anleitung gibt zum Abendritual. Also wie sie das Kind baden<br />
können und wie sie das Kind dann in Ruhe zu Bett bringen können. Welche Rituale<br />
man machen kann und so was. Und dass die Brotdose dann eben auszuwaschen ist,<br />
damit sie dann eben frisch gepackt werden kann wieder für den nächsten Tag und<br />
solche Geschichten“ (Kleinstadt Ost, w).<br />
Nach Angaben der Experten/Expertinnen ist gerade in diesen Familien die<br />
Gestaltung des Umgangs mit dem Vater „Schwerstarbeit“, da die Mütter oft noch jung<br />
seien und es mehrere Väter gäbe, die häufig auch kein Interesse an ihrem Kind