Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander - Bundesministerium ...
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„Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 324 sich um die Stärkung der Väterrechte. Darin wird eine Chance für die Eltern gesehen, sich gegenseitig zu entlasten und zu unterstützen und sich so dem Ziel einer gleichberechtigten Elternschaft zu nähern. Berater/innen betonen aber auch die Pflichten der Sorge, die gleich verteilt und im Alltag wahrgenommen werden müssen, da ansonsten Konfliktpotenzial entsteht. Die geS wird von den Befragten nicht als Königsweg gesehen und eine Entscheidung für die geS wird im Einzelfall abgewogen. Dies gilt vor allem, wenn durch die geS ein alleinerziehender Elternteil in seiner Entscheidungsfähigkeit stärker be- als entlastet würde. Missverständnisse gibt es von Seiten der Eltern meist hinsichtlich des Unterschieds zwischen Sorge- und Umgangsrecht. Eltern, meist Väter, befürchten, ohne Sorgerecht auch kein Umgangsrecht zu haben: „Also viele Eltern oder vorrangig die Väter verstehen eben darunter, wenn sie nicht im Sorgerecht sind, haben sie auch kein Recht auf Umgang. Also und das verstehen sie nicht, wenn sie nicht im Sorgerecht sind, trotzdem ein Recht auf Information zu ihrem Kind haben“ (Kleinstadt Ost, w). Auch ASD-Berater/innen fokussieren bei der Erklärung der Unterschiede zwischen Umgangs- und Sorgerecht, das Recht, Entscheidungen zu treffen, und vernachlässigen teilweise den Aspekt der alltäglichen Sorge für das Kind: „Umgangsrecht ganz klar, das Recht des Kindes, Recht auf Umgang mit dem getrennt lebenden Elternteil auf Beziehung und so weiter und so fort. Und Sorgerecht, das sind ja diese Entscheidungen“ (Kleinstadt West, w). Die Reduktion auf Umgang einerseits und Entscheidungen andererseits, unter Vernachlässigung des alltäglichen Sorgens und Kümmerns um ein Kind, kann zur Folge haben, dass Mütter die Erfahrung machen, Väter wollten nur die Rechte aber nicht die Pflichten. „Ja, sicherlich hat es auch damit zu tun, dass du dann Rechte hast. Ich sag, du hast aber genauso gut Pflichten“ (M18, gog). 9.3.5 Praxis: Typische Fälle des ASD Die Berater/innen wurden gebeten, konkrete Fälle aus ihrem Arbeitsalltag, die mit dem Thema Sorgerecht in Verbindung stehen, zu schildern. Im Folgenden werden die geschilderten Fälle thematisch zusammengefasst und hinsichtlich des kindbezogenen Verhaltens der Eltern kategorisiert. Einzelne Fälle werden exemplarisch wiedergegeben, um dem Leser/der Leserin einen Einblick in die Beratungspraxis und ein Gefühl dafür zu vermitteln, wie sich der oben beschriebene Beratungsansatz in der Praxis niederschlägt. Die Unterschiede zwischen dem beruflichen Alltag der Befragten in den neuen und den alten Bundesländern werden ausgewiesen. Es lassen sich drei Muster elterlichen kindbezogenen Verhaltens unterscheiden.
„Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 325 9.3.5.1 Neue Eigeninitiative und ihre Grenzen Zunächst muss angemerkt werden, dass nicht miteinander verheiratete Eltern, die erfolgreich miteinander über das Kind kommunizieren und ihre Verantwortungsbereiche selbstständig aushandeln, kaum zur Beratung erscheinen, die Befragten daher wenig über derart gelagerte Fälle berichten können. Hinsichtlich gelungener Arbeitsteilung, mit der sowohl Mütter als auch Väter zufrieden sind, konstatieren die Berater/innen, dass Väter sich in den letzten Jahren verändert hätten und sie die „Erziehung und Versorgung“ der Kinder wahrnehmen könnten und dies auch aktiv täten. Eine Beraterin hebt vor allem die Eigeninitiative der Väter hervor, die sie als neue väterliche Eigenschaft identifiziert und unterstützt. „Die Leute sind sensibler geworden. Also das sehe ich auch und ich finde, das // ich kann es nicht in Zahlen fassen, aber ich finde auch, dass Väter so richtig im Kommen sind und sich auch fordern lassen wollen. (…) Väter haben mittlerweile auch so Ideen, wie sie halt Erziehung und Versorgung wahrnehmen können. Und das finde ich gut 189 “ (Kleinstadt West, w). Um die Erziehungskompetenz der Väter zu unterstreichen, berichtet eine Expertin von einer Mutter, die zwei Kinder von zwei Vätern hatte, als sie bei einem Autounfall ums Leben kam. Von einem Vater war sie geschieden, dieser hatte das Sorgerecht. Der andere Vater hatte kein Sorgerecht. Beide Väter nahmen nach dem Tod der Mutter jeweils ihr Kind zu sich, zogen in benachbarte Wohnungen und pflegen regelmäßigen Umgang miteinander, um die Geschwisterbeziehung der Kinder aufrecht zu erhalten. „Also ich hab auch zwei Väter, wo die Frau gestorben ist, die das richtig toll machen“ (Kleinstadt West, w). Gemäß § 1680 BGB hat die Sorgerechtsregelung keinen Einfluss darauf, ob ein Vater im Todesfall der Mutter sein Kind zu sich nehmen darf oder nicht. Der Vater werde immer als wichtige Bezugsperson und als Ressource für das Kind begriffen. Juristischer Hintergrund Stirbt ein Elternteil, ist bei vorheriger gemeinsamer elterlicher Sorge der andere Elternteil weiterhin, dann aber allein zur Sorge befugt (§ 1680 Abs. 1 BGB). War der verstorbene Elternteil vor seinem Tod allein zur elterlichen Sorge befugt, hat das Familiengericht vor der Anordnung einer Vormundschaft vorrangig zu prüfen, ob dem noch lebenden Elternteil die elterliche Sorge übertragen werden kann (§ 1680 Abs. 2 BGB). 189 „Das finde ich gut“ weist erneut auf eine Vermischung von persönlicher Einstellung und professioneller Einschätzung hin.
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„<strong>Gemeinsames</strong> <strong>Sorgerecht</strong> <strong>nicht</strong> <strong>miteinander</strong> verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 325<br />
9.3.5.1 Neue Eigeninitiative und ihre Grenzen<br />
Zunächst muss angemerkt werden, dass <strong>nicht</strong> <strong>miteinander</strong> verheiratete Eltern, die<br />
erfolgreich <strong>miteinander</strong> über das Kind kommunizieren und ihre<br />
Verantwortungsbereiche selbstständig aushandeln, kaum zur Beratung erscheinen,<br />
die Befragten daher wenig über derart gelagerte Fälle berichten können. Hinsichtlich<br />
gelungener Arbeitsteilung, mit der sowohl Mütter als auch Väter zufrieden sind,<br />
konstatieren die Berater/innen, dass Väter sich in den letzten Jahren verändert<br />
hätten und sie die „Erziehung und Versorgung“ der Kinder wahrnehmen könnten und<br />
dies auch aktiv täten. Eine Beraterin hebt vor allem die Eigeninitiative der Väter<br />
hervor, die sie als neue väterliche Eigenschaft identifiziert und unterstützt.<br />
„Die Leute sind sensibler geworden. Also das sehe ich auch und ich finde, das // ich<br />
kann es <strong>nicht</strong> in Zahlen fassen, aber ich finde auch, dass Väter so richtig im Kommen<br />
sind und sich auch fordern lassen wollen. (…) Väter haben mittlerweile auch so<br />
Ideen, wie sie halt Erziehung und Versorgung wahrnehmen können. Und das finde<br />
ich gut 189 “ (Kleinstadt West, w).<br />
Um die Erziehungskompetenz der Väter zu unterstreichen, berichtet eine Expertin<br />
von einer Mutter, die zwei Kinder von zwei Vätern hatte, als sie bei einem Autounfall<br />
ums Leben kam. Von einem Vater war sie geschieden, dieser hatte das <strong>Sorgerecht</strong>.<br />
Der andere Vater hatte kein <strong>Sorgerecht</strong>. Beide Väter nahmen nach dem Tod der<br />
Mutter jeweils ihr Kind zu sich, zogen in benachbarte Wohnungen und pflegen<br />
regelmäßigen Umgang <strong>miteinander</strong>, um die Geschwisterbeziehung der Kinder<br />
aufrecht zu erhalten.<br />
„Also ich hab auch zwei Väter, wo die Frau gestorben ist, die das richtig toll machen“<br />
(Kleinstadt West, w).<br />
Gemäß § 1680 BGB hat die <strong>Sorgerecht</strong>sregelung keinen Einfluss darauf, ob ein<br />
Vater im Todesfall der Mutter sein Kind zu sich nehmen darf oder <strong>nicht</strong>. Der Vater<br />
werde immer als wichtige Bezugsperson und als Ressource für das Kind begriffen.<br />
Juristischer Hintergrund<br />
Stirbt ein Elternteil, ist bei vorheriger gemeinsamer elterlicher Sorge der andere<br />
Elternteil weiterhin, dann aber allein zur Sorge befugt (§ 1680 Abs. 1 BGB). War der<br />
verstorbene Elternteil vor seinem Tod allein zur elterlichen Sorge befugt, hat das<br />
Familiengericht vor der Anordnung einer Vormundschaft vorrangig zu prüfen, ob dem<br />
noch lebenden Elternteil die elterliche Sorge übertragen werden kann (§ 1680 Abs. 2<br />
BGB).<br />
189 „Das finde ich gut“ weist erneut auf eine Vermischung von persönlicher Einstellung und<br />
professioneller Einschätzung hin.