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Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander - Bundesministerium ...

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„<strong>Gemeinsames</strong> <strong>Sorgerecht</strong> <strong>nicht</strong> <strong>miteinander</strong> verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 318<br />

unterschiedlichen Konnotationen verbunden. Während der Begriff Bürger/in einen<br />

Anspruch und eine rechtliche Position auf Augenhöhe betont, deutet der Begriff<br />

Klient entweder – im rechtlichen Kontext – eine Vertretung oder – im medizinischen<br />

Kontext – eine Pathologisierung an. Die Bezeichnung „Klientel“ kann durch die<br />

Gruppenbildung diskriminierend, in jedem Fall aber verallgemeinernd, wirken, da sie<br />

allen Menschen eines bestimmten Bezirks dieselben Eigenschaften zuschreibt:<br />

„Ich sag jetzt auch mal wieder nur unser H.-Klientel, sag ich jetzt mal. Die machen<br />

sich da eigentlich wenig Gedanken, sollen wir jetzt heiraten? Also diese Frage habe<br />

ich eigentlich noch nie erlebt“ (Großstadt West, m).<br />

In einem Fall wird direkt der Vergleich zwischen „Klientelfamilien“ und<br />

„gutbürgerlichen“ Familien gezogen. Die Befragte weist aber darauf hin, dass auch in<br />

gutbürgerlichen Familien heutzutage vermehrt Kenntnisse über die Gestaltung des<br />

Familienlebens fehlten, und <strong>nicht</strong> nur – wie man vielleicht annehmen würde – in<br />

belasteten Familien 185 . Die Verwendung des Wortes Klient/ Klientel verdeutlicht, dass<br />

es sich hier um Familien und Menschen handelt, denen man weniger Fähigkeiten<br />

und ein anderes Wertesystem zuschreibt. Die „Klientelfamilie“ ist hier die defizitär<br />

gesehene Gruppe der Familien, die in die Beratung kommen.<br />

„Oder wie ist das überhaupt, Familienleben. Gemeinsam essen. Passiert <strong>nicht</strong> mehr<br />

in vielen Familien. Nicht nur in Klientelfamilien. Auch in gut situierten, gutbürgerlichen<br />

Familien“ (Kleinstadt West, w).<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die ASD-Berater/innen eine<br />

problemfokussierte Sicht auf Familien haben. Sie sprechen über sie aus der<br />

Perspektive der Helfenden, Belehrenden und Hilfe-Vermittelnden. Die Hilfe wird zwar<br />

überwiegend als Hilfe zur Selbsthilfe (Empowerment) beschrieben, ist aber dennoch<br />

Hilfe, ohne die die Menschen eben <strong>nicht</strong> „in Eigenverantwortung“ (Kleinstadt Ost, w)<br />

leben könnten. Eine Beraterin spricht von „zwei Jahre Anleitung, Hilfe zur Selbsthilfe“<br />

(Kleinstadt Ost, w).<br />

9.3.4 Thema <strong>Sorgerecht</strong>: Beratungsanspruch und –praxis<br />

Einleitend lässt sich feststellen, dass alle Expertinnen und der Experte in ihrem<br />

beruflichen Alltag das Thema gemeinsame elterliche Sorge als lediglich ein Thema<br />

unter vielen wahrnehmen. Sie sagen, sie seien hauptsächlich mit dem großen und<br />

umfassenden Themenkomplex Trennung und Scheidung konfrontiert, und hier<br />

wiederum zu einem großen Teil mit den Konflikten rund um die Umgangsregelungen.<br />

Dem Thema <strong>Sorgerecht</strong> schreiben sie nur eine untergeordnete Rolle zu.<br />

185 Es ist auch in der wissenschaftlichen Sprache <strong>nicht</strong> eindeutig, wie Familien benannt werden sollen.<br />

Jede Art der Benennung kann stigmatisierend wirken, da ein Merkmal hervorgehoben wird, auf das<br />

eine ganze Familie reduziert wird. Häufig benutzte Begriffe sind: Multiproblemfamilie, Familien in<br />

Risikolagen, belastete Familien, Familien in prekären Lagen, bildungsferne Familien u. v. m. Keine der<br />

Bezeichnungen wird der Komplexität und Spezifik der beschriebenen Familien gänzlich gerecht.

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