Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander - Bundesministerium ...
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„Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 300 Juristischer Hintergrund Im Aufenthaltsrecht ist u. a. ein Aufenthalt aus familiären Gründen vorgesehen. § 28 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) regelt den Familiennachzug zu Deutschen und legt in Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 fest, dass dem ausländischen Elternteil eines deutschen Kindes eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der Personensorge zu erteilen ist. Insofern kann die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Vater erleichtert einen Aufenthaltstitel verschaffen, der ihm allein durch die Anerkennung der Vaterschaft noch nicht zustünde. Der Fall, dass bei einem ausländischen Vater die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge von großer Bedeutung ist, da sich dadurch ein befristeter oder unsicherer Aufenthaltsstatus in einen sicheren verwandeln kann, wird von fast allen Urkundspersonen geschildert. Nach bisherigem Stand der Auswertung scheint die Häufigkeit dieser Fälle regional unterschiedlich zu sein. In einigen Stadtbezirken sind diese Fälle Einzelfälle, in anderen kommen sie aber regelmäßig vor. Weitere Aussagen der Beamten deuten darauf hin, dass Mütter hier meist dem Willen der Männer entsprechen – wahrscheinlich aus einer Vielzahl von Gründen, die den Urkundspersonen verschlossen bleiben. Berichtet wird in den Interviews von Einzelfällen, in denen Väter – etwa aus Angst vor Abschiebung – Kinder anerkennen und auch Sorgeerklärungen mit den Müttern für Kinder abgeben, die nicht ihre leiblichen Kinder sind. Die genauen Umstände und Hintergründe dieser Fälle können die Urkundspersonen natürlich nicht durchdringen. Es ist daher nicht klar, ob es sich in diesen Fällen auch um echte Partnerschaften handelt, oder ob diese Sorgeerklärungen nur dazu dienen, eine Abschiebung zu verhindern. „Falsche“ Väter gibt es aber auch in anderen Konstellationen, z. B. dass deutsche Männer Kinder ihrer ausländischen Freundin anerkennen, um deren Abschiebung zu verhindern. Der Fall, dass bei einem ausländischen Vater die gemeinsame Sorgeerklärung von großer Bedeutung ist, da sich dadurch ein befristeter oder unsicherer Aufenthaltsstatus in einen sicheren verwandeln kann, wird von fast allen Urkundspersonen geschildert. Nach bisherigem Stand der Auswertung scheint die Häufigkeit dieser Fälle regional unterschiedlich zu sein. In einigen Stadtbezirken sind diese Fälle Einzelfälle, in anderen kommen sie aber regelmäßig vor. „Das geht ja eher in Richtung dieser Vaterschaftsanfechtungsgeschichten jetzt, wo (…) ausländische Männer, auch wenn sie es gar nicht sind, Väter werden von deutschen Kindern, um hierbleiben zu können, die das anerkennen wollen, obwohl
„Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 301 sie es gar nicht sind, bloß deutsche Mütter sind. Oder umgekehrt. Ausländische Frauen hierbleiben wollen, weil sie Mutter eines deutschen Kindes sind, weil sie einen deutschen Vater dazu gefunden haben. Das sind eher die Sachen, wo unsere Behörde für Inneres jetzt bei 150 Fällen oder so Anfechtung betreibt jetzt. (…) Das geht jetzt los. Wo dann tatsächlich mit einem Gutachten bewiesen werden muss: Ist er das oder hat er das unterschrieben, um sich Vorteile zu verschaffen in Richtung Bleiberecht und damit eben Sozialleistung erschlichen“ (Großstadt, West, w). Manche Väter, egal welcher Nationalität, erkennen nichtleibliche Kinder einer Partnerin an, um den leiblichen Vater auszugrenzen. Hier hat eine Mutter z. B. einen neuen Lebenspartner, mit dem sie vielleicht auch ein Kind hat. Der Vater des ersten Kindes wird als störend empfunden und als für die neue Familie bedrohlich. Meist ist das Verhältnis völlig zerrüttet, hochstrittig und eine Kommunikation unmöglich. Um dem Vater des ersten Kindes alle Rechte auf Mitsprache und Einblick in die neue Familie abzusprechen, erkennt der neue Partner das Kind als leibliches an und gibt u. U. auch gemeinsam mit der Mutter übereinstimmende Sorgeerklärungen ab. Dies ist natürlich nur dann möglich, wenn der leibliche Vater noch nicht der rechtliche ist (z. B. durch Anerkennung). „Die haben einen richtigen Hass auf die Leute. Auf diesen Mann. Und sind in einer neuen Beziehung und wollen sich das nicht irgendwie (…) wollen da keinen Störenfried reinbringen. (…) Das ist der Grund. (…)“ (Kleinstadt West, w). Die Urkundsperson kann solche Umstände meist nur erahnen, da die Eltern bei der Belehrung und Beurkundung derartige Sachverhalte selbstverständlich verschweigen. Die Wahrheit kommt ans Licht, wenn die Paare sich erneut trennen und der „falsche“ Vater dann, dank der Vaterschaftsanerkennung, unterhaltspflichtig ist. 9.2.3.5 Sorgerecht als Druckmittel Alle Urkundspersonen können sich an Fälle erinnern, in denen sie das Gefühl hatten, dass Mütter unter Druck gesetzt wurden, damit sie eine Sorgeerklärung abgeben. Diese Fälle werden meist in Zusammenhang mit ausländischen Vätern und der Frage des Bleiberechts gebracht. Es handelt sich um Einzelfälle: „Ich bin neutraler Urkundsbeamter. (…) Der muss nur den Willen, den Willen der Beteiligten erforschen und natürlich, wenn die Mutter mir sagt: Ja, ich will es eigentlich gar nicht. Aber der will nicht abgeschoben werden, dann ist das Ding auch mit erledigt. Aber diese Aussagen haben Sie von den Müttern (…) fast nie“ (Großstadt West, m). Dieses Zitat weist erneut auf das Dilemma hin, in dem sich die Beamten befinden. Es ist einerseits ihr gesetzlicher Auftrag, den Willen der Mutter zu erforschen und sicherzustellen, dass nicht gegen ihren Willen erklärt wird, andererseits ist diese Willenserforschung in einer Belehrungs- und Aufklärungssituation kaum möglich.
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„<strong>Gemeinsames</strong> <strong>Sorgerecht</strong> <strong>nicht</strong> <strong>miteinander</strong> verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 301<br />
sie es gar <strong>nicht</strong> sind, bloß deutsche Mütter sind. Oder umgekehrt. Ausländische<br />
Frauen hierbleiben wollen, weil sie Mutter eines deutschen Kindes sind, weil sie<br />
einen deutschen Vater dazu gefunden haben. Das sind eher die Sachen, wo unsere<br />
Behörde für Inneres jetzt bei 150 Fällen oder so Anfechtung betreibt jetzt. (…) Das<br />
geht jetzt los. Wo dann tatsächlich mit einem Gutachten bewiesen werden muss: Ist<br />
er das oder hat er das unterschrieben, um sich Vorteile zu verschaffen in Richtung<br />
Bleiberecht und damit eben Sozialleistung erschlichen“ (Großstadt, West, w).<br />
Manche Väter, egal welcher Nationalität, erkennen <strong>nicht</strong>leibliche Kinder einer<br />
Partnerin an, um den leiblichen Vater auszugrenzen. Hier hat eine Mutter z. B. einen<br />
neuen Lebenspartner, mit dem sie vielleicht auch ein Kind hat. Der Vater des ersten<br />
Kindes wird als störend empfunden und als für die neue Familie bedrohlich. Meist ist<br />
das Verhältnis völlig zerrüttet, hochstrittig und eine Kommunikation unmöglich. Um<br />
dem Vater des ersten Kindes alle Rechte auf Mitsprache und Einblick in die neue<br />
Familie abzusprechen, erkennt der neue Partner das Kind als leibliches an und gibt<br />
u. U. auch gemeinsam mit der Mutter übereinstimmende Sorgeerklärungen ab. Dies<br />
ist natürlich nur dann möglich, wenn der leibliche Vater noch <strong>nicht</strong> der rechtliche ist<br />
(z. B. durch Anerkennung).<br />
„Die haben einen richtigen Hass auf die Leute. Auf diesen Mann. Und sind in einer<br />
neuen Beziehung und wollen sich das <strong>nicht</strong> irgendwie (…) wollen da keinen<br />
Störenfried reinbringen. (…) Das ist der Grund. (…)“ (Kleinstadt West, w).<br />
Die Urkundsperson kann solche Umstände meist nur erahnen, da die Eltern bei der<br />
Belehrung und Beurkundung derartige Sachverhalte selbstverständlich<br />
verschweigen. Die Wahrheit kommt ans Licht, wenn die Paare sich erneut trennen<br />
und der „falsche“ Vater dann, dank der Vaterschaftsanerkennung, unterhaltspflichtig<br />
ist.<br />
9.2.3.5 <strong>Sorgerecht</strong> als Druckmittel<br />
Alle Urkundspersonen können sich an Fälle erinnern, in denen sie das Gefühl hatten,<br />
dass Mütter unter Druck gesetzt wurden, damit sie eine Sorgeerklärung abgeben.<br />
Diese Fälle werden meist in Zusammenhang mit ausländischen Vätern und der<br />
Frage des Bleiberechts gebracht. Es handelt sich um Einzelfälle:<br />
„Ich bin neutraler Urkundsbeamter. (…) Der muss nur den Willen, den Willen der<br />
Beteiligten erforschen und natürlich, wenn die Mutter mir sagt: Ja, ich will es<br />
eigentlich gar <strong>nicht</strong>. Aber der will <strong>nicht</strong> abgeschoben werden, dann ist das Ding auch<br />
mit erledigt. Aber diese Aussagen haben Sie von den Müttern (…) fast nie“<br />
(Großstadt West, m).<br />
Dieses Zitat weist erneut auf das Dilemma hin, in dem sich die Beamten befinden. Es<br />
ist einerseits ihr gesetzlicher Auftrag, den Willen der Mutter zu erforschen und<br />
sicherzustellen, dass <strong>nicht</strong> gegen ihren Willen erklärt wird, andererseits ist diese<br />
Willenserforschung in einer Belehrungs- und Aufklärungssituation kaum möglich.