Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander - Bundesministerium ...

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23.01.2013 Aufrufe

Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 242 Datenlage nicht eindeutig sagen. Aussagen eines Vaters wie „Ich bin hier bloß zu Gast“ (V2, zog) lassen aber vermuten, dass dies der Selbstwahrnehmung des Vaters als integrierter Teil aller familiären Abläufe und Belange nicht dienlich ist. Juristischer Hintergrund Diese Eltern sehen von Sorgeerklärungen aus taktischen Gründen ab, um sich finanzielle Vorteile zu sichern, die alleinerziehenden gegenüber gemeinsam erziehenden Eltern gewährt werden. Die Verteilung des Sorgerechts spielt jedoch in Wahrheit für die wenigsten Vergünstigungen eine Rolle. Tatsächlich können Eltern je nach Familien- oder Wohnsituation bei den Kosten für die Kindertagesbetreuung finanziell unterschiedlich gestellt sein. Hier hat der Bundesgesetzgeber in § 90 Abs. 1 S. 2 SGB VIII vorgegeben, dass die Kostenbeiträge zu staffeln sind, soweit das Landesrecht nichts anderes bestimmt. Haben also das Land, die Kommune oder auch ein freier Träger einer Kindertageseinrichtung festgelegt, dass nur bei alleinigem Sorgerecht die Kosten niedriger sind, würde die Begründung der geS zu höheren Kosten führen. Eine solche Konstellation kann sich insbesondere in Brandenburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ergeben. Hier stellen die Kindertagesstättengesetze (KitaG) für die Erhebung von Beiträgen für die Kindertagesbetreuung explizit auf die (Personen-)Sorgeberechtigten ab: § 17 Abs. 1 KitaG Brandenburg, § 20 Abs. 1 KitaG Niedersachsen, § 25 Abs. 3 KitaG Schleswig- Holstein, so dass in der konkreten Umsetzung auf kommunaler Ebene die nichtsorgeberechtigten Väter bei der Berechnung des Beitrags teilweise nicht berücksichtigt werden – zumindest, wenn sie nicht mit dem Kind zusammenleben. Für die Ermittlung eines Anspruchs nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) spielt das Sorgerecht ebenso wenig eine Rolle wie die Frage des Zusammen- oder Getrenntlebens der unverheirateten jungen Eltern, wenn sie selbst die Bezieher der Leistungen sind. Auch für den Fall, dass die Ausbildung ihrer Kinder gefördert wird, ist das Sorgerecht unbeachtlich, weil es gem. § 11 Abs. 2 BAföG nur auf das Einkommen bzw. Vermögen des Auszubildenden, seiner Eltern und seines Ehegatten ankommt. Relevant für den Bezug von ALG-II-Leistungen nach dem SGB II sind alle Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft, also der erwerbsfähige Hilfebedürftige sowie seine im Haushalt lebenden Eltern und „eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen“, was u. a. dann vermutet wird, wenn die Partner mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (§ 7 Abs. 3, 3a SGB II). Leben die Eltern jedoch nicht in einem Haushalt zusammen, gehören sie

Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 243 nicht derselben Bedarfsgemeinschaft an. Das Sorgerecht hat keinen Einfluss auf diese Einteilung. Einzig für Leistungen aufgrund Mehrbedarfs spielt die Frage, ob die Mutter alleinerziehend ist, eine Rolle (§ 21 Abs. 3 SGB II). Aber auch hier steht die geS dem Anspruch nicht entgegen, wenn der Vater faktisch nicht gemeinsam mit der Mutter für Pflege und Erziehung des Kindes sorgt. 8.5.2 „Erklärer“ Der folgende Abschnitt befasst sich mit der Frage, warum eine Gruppe von Paaren, die mit der der „Nicht-Erklärer“ vergleichbar ist, mithin zusammen lebt und ein gemeinsames Kind hat, übereinstimmende Sorgeerklärungen abgibt. Was unterscheidet diese Paare von den „Nicht-Erklärern“ und was sind die subjektiven Gründe und Haltungen zum gemeinsamen Sorgerecht? Es lassen sich auch hier vier vergleichsweise zielgerichtete Begründungsmuster identifizieren. Eine Katastrophe, wie der Tod der Mutter bei der Geburt oder ein Unfall wird als zentrale Begründung für ein gemeinsames Sorgerecht betrachtet. Tendenziell geben die Paare in dieser Subgruppe an, sich auch mit Fragen der Trennung auseinanderzusetzen. Für diesen Fall soll die geS den Vater absichern. Es lassen in dieser Gruppe Paare finden, die gleichberechtigte Rollenauffassungen von Paaren als Begründung für die Abgabe übereinstimmender Sorgeerklärungen anführen. In diesem Zusammenhang steht auch die Begründung, dass der Mann sich als Vater „bewährt“ hat und daher auch das Sorgerecht erhalten kann. In einem Fall sollte das Sorgerecht den Vater gezielt an die Familie binden. 8.5.2.1 Tod der Mutter als handlungsleitendes Deutungsmuster Bei den zusammenlebenden Eltern mit geS tauchen Befürchtungen über den Tod der Mutter bei der Geburt des Kindes als dominante Begründungen für die geS auf. Diese Begründung lässt sich in ebenso dominanter Form bei den getrennten Paaren mit geS finden. Im Zusammenhang damit steht, dass die Sorgeerklärungen meist schon vor der Geburt des Kindes abgegeben wurden. Die Gründe dafür liegen ganz vornehmlich in der Angst begründet, die Mutter könne bei der Geburt des Kindes sterben. 171 Man möchte durch die geS die Zugehörigkeit des Kindes zum Vater absichern, um zu verhindern, dass der Vater im Todesfall der Mutter erst um sein 171 In Deutschland sterben laut einer in der Süddeutschen Zeitung zitierten Studie rund sieben von 100.000 Frauen an den Folgen der Schwangerschaft oder Geburt, also 0,007 %. (www.sueddeutsche.de/wissen/289/508434/text/)

„<strong>Gemeinsames</strong> <strong>Sorgerecht</strong> <strong>nicht</strong> <strong>miteinander</strong> verheirateter Eltern“ – Endbericht 11/2010 Seite 242<br />

Datenlage <strong>nicht</strong> eindeutig sagen. Aussagen eines Vaters wie „Ich bin hier bloß zu<br />

Gast“ (V2, zog) lassen aber vermuten, dass dies der Selbstwahrnehmung des Vaters<br />

als integrierter Teil aller familiären Abläufe und Belange <strong>nicht</strong> dienlich ist.<br />

Juristischer Hintergrund<br />

Diese Eltern sehen von Sorgeerklärungen aus taktischen Gründen ab, um sich<br />

finanzielle Vorteile zu sichern, die alleinerziehenden gegenüber gemeinsam<br />

erziehenden Eltern gewährt werden. Die Verteilung des <strong>Sorgerecht</strong>s spielt jedoch in<br />

Wahrheit für die wenigsten Vergünstigungen eine Rolle. Tatsächlich können Eltern je<br />

nach Familien- oder Wohnsituation bei den Kosten für die Kindertagesbetreuung<br />

finanziell unterschiedlich gestellt sein. Hier hat der Bundesgesetzgeber in § 90 Abs. 1<br />

S. 2 SGB VIII vorgegeben, dass die Kostenbeiträge zu staffeln sind, soweit das<br />

Landesrecht <strong>nicht</strong>s anderes bestimmt. Haben also das Land, die Kommune oder<br />

auch ein freier Träger einer Kindertageseinrichtung festgelegt, dass nur bei<br />

alleinigem <strong>Sorgerecht</strong> die Kosten niedriger sind, würde die Begründung der geS zu<br />

höheren Kosten führen. Eine solche Konstellation kann sich insbesondere in<br />

Brandenburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ergeben. Hier stellen die<br />

Kindertagesstättengesetze (KitaG) für die Erhebung von Beiträgen für die<br />

Kindertagesbetreuung explizit auf die (Personen-)Sorgeberechtigten ab: § 17 Abs. 1<br />

KitaG Brandenburg, § 20 Abs. 1 KitaG Niedersachsen, § 25 Abs. 3 KitaG Schleswig-<br />

Holstein, so dass in der konkreten Umsetzung auf kommunaler Ebene die<br />

<strong>nicht</strong>sorgeberechtigten Väter bei der Berechnung des Beitrags teilweise <strong>nicht</strong><br />

berücksichtigt werden – zumindest, wenn sie <strong>nicht</strong> mit dem Kind zusammenleben.<br />

Für die Ermittlung eines Anspruchs nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz<br />

(BAföG) spielt das <strong>Sorgerecht</strong> ebenso wenig eine Rolle wie die Frage des<br />

Zusammen- oder Getrenntlebens der unverheirateten jungen Eltern, wenn sie selbst<br />

die Bezieher der Leistungen sind. Auch für den Fall, dass die Ausbildung ihrer Kinder<br />

gefördert wird, ist das <strong>Sorgerecht</strong> unbeachtlich, weil es gem. § 11 Abs. 2 BAföG nur<br />

auf das Einkommen bzw. Vermögen des Auszubildenden, seiner Eltern und seines<br />

Ehegatten ankommt.<br />

Relevant für den Bezug von ALG-II-Leistungen nach dem SGB II sind alle Mitglieder<br />

einer Bedarfsgemeinschaft, also der erwerbsfähige Hilfebedürftige sowie seine im<br />

Haushalt lebenden Eltern und „eine Person, die mit dem erwerbsfähigen<br />

Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach<br />

verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung<br />

füreinander zu tragen und füreinander einzustehen“, was u. a. dann vermutet wird,<br />

wenn die Partner mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (§ 7 Abs. 3, 3a<br />

SGB II). Leben die Eltern jedoch <strong>nicht</strong> in einem Haushalt zusammen, gehören sie

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