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Mitteilungen aus dem Entomologischen Verein Krefeld, Vol. 1 (2008 ...

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<strong>Mitteilungen</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Entomologischen</strong> <strong>Verein</strong> <strong>Krefeld</strong>, <strong>Vol</strong>. 1 (<strong>2008</strong>), 1-5.<br />

© Entomologischer <strong>Verein</strong> <strong>Krefeld</strong> e.V. - ISSN 1865-9365<br />

Sorg, M., Schwan, H. & W. Stenmans<br />

eprint<br />

Die Schlupfwespe Neotypus melanocephalus (Gmelin, 1790) in Nordrhein-Westfalen und das<br />

Monitoring der Ameisenbläulinge (Phengaris spp.)


<strong>Mitteilungen</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Entomologischen</strong> <strong>Verein</strong>s <strong>Krefeld</strong><br />

<strong>Vol</strong>. 1 (<strong>2008</strong>), pp. 1–5<br />

c○ Entomologischer <strong>Verein</strong> <strong>Krefeld</strong><br />

ISSN 1865-9365<br />

Die Schlupfwespe Neotypus melanocephalus (Gmelin, 1790) in Nordrhein-Westfalen<br />

und das Monitoring der Ameisenbläulinge (Phengaris spp.)<br />

Sorg, M., Schwan, H. & W. Stenmans<br />

Belege für die Vorkommen der Ameisenbläulings-Schlupfwespe Neotypus melanocephalus<br />

(Gmelin in Linnaeus, 1790) [Hymenoptera: Ichneumonidae] in Nordrhein-Westfalen werden<br />

mit Schwerpunkt auf die historischen Fundmeldungen am Niederrhein vorgestellt. Die Wiederfunde<br />

der Art im Rhein-Sieg-Kreis und insbesondere die strengen Schutzziele für die Ameisenbläulinge<br />

(Phengaris spp.) [Lepidoptera: Lycaenidae] geben Anlaß für eine Diskussion<br />

der Präsenz der Schlupfwespen im Kontext zum Monitoring der Wirtsarten.<br />

Lebensweise und Wirtsbindung<br />

Die Ameisenbläulings-Schlupfwespe Neotypus melanocephalus<br />

(Gmelin in Linnaeus, 1790) ist Teil eines „Nahrungsnetzes“,<br />

zu <strong>dem</strong> die Arten Großer Wiesenknopf (Sanguisorba<br />

officinalis), die Wiesenknopf-Ameisenbläulinge<br />

(Phengaris n<strong>aus</strong>ithous, P. teleius) und die Knotenameisen<br />

(Myrmica rubra, M. scabrinodis) gehören. (vgl. Anton<br />

(2005), Tartally (2005), Thomas et al. (1992)). Derzeit<br />

sind uns keine Hinweise bekannt, die für diese Schlupfwespenart<br />

auf einen anderen Wirt als die Wiesenknopf-<br />

Ameisenbläulinge (Phengaris (Maculinea) spp.) hinweisen.<br />

Insofern sind Nachweise der Schlupfwespe Neotypus melanocephalus<br />

kartierungsrelevant für die Erfassung und Bewertung<br />

sowie das Monitoring von Populationen der Vorkommen<br />

der Wiesenknopf-Ameisenbläulinge (Phengaris (Maculinea)<br />

spp.) (vgl. Shaw & Hochberg (2001)). Der Zeitraum<br />

für Nachweise der Schlupfwespe Neotypus melanocephalus<br />

dürfte zumindest von Mitte Juli bis Ende August liegen.<br />

Die Weibchen der Schlupfwespe Neotypus melanocephalus<br />

patrollieren auffällig an den Blütenständen des Großen<br />

Wiesenknopfes (Sanguisorba officinalis). Nach Ulbricht<br />

(1909) sowie den Etiketten der unten genannten Belegsammlung<br />

liegen die Flugzeiten in der Region Niederrhein alle im<br />

August, bei den historischen Daten zwischen <strong>dem</strong> 2. und 28.<br />

August. Dies korreliert mit den Funddaten der Falter in den<br />

regionalen Sammlungsbeständen bzw. der späteren Präsenz<br />

der Wirte, den Larvalstadien der Ameisenbläulinge in den<br />

Blütenköpfen.<br />

Systematik und historische Daten<br />

Zur systematischen Einordnung von Neotypus melanocephalus<br />

nach Selfa & Schönitzer (1994): “Hymenoptera,<br />

Ichneumonidae, Ichneumoninae Tribus: Listrodromini Gattung:<br />

Neotypus Förster, 1869; Ethiopian, Holarctic, Oriental<br />

Adresse der Autoren: Dr. Martin Sorg, Heinz Schwan und Werner<br />

Stenmans, c/o Entomologischer <strong>Verein</strong> <strong>Krefeld</strong> e.V., Entomologische<br />

Sammlungen <strong>Krefeld</strong>, Marktstraße 159, 47798 <strong>Krefeld</strong>,<br />

eMail: post@entomologica.de, URL: http://entomologica.de . . .<br />

1<br />

Abbildung 1. Die Ameisenbläulings-Schlupfwespe Neotypus melanocephalus<br />

(Gmelin in Linnaeus, 1790) auf <strong>dem</strong> Blütenkopf des<br />

Großen Wiesenknopfes. Foto: M. Sorg.<br />

(Synonym: Cillimus Tosquinet, 1896). Art: Neotypus melanocephalus<br />

(Gmelin in Linnaeus, 1790): MI (11), PAL, VII-<br />

VIII.”<br />

Derzeit noch nicht umfassend geklärt ist die Frage, ob es<br />

sich um eine – oder mehrere – schwer differenzierbare Arten<br />

der Gattung Neotypus handelt, die regional als spezifische<br />

Parasitoide der verschiedenen Arten der Ameisenbläulinge<br />

auftreten. Die erste systematische Beschreibung der Schlupf-


2 SYSTEMATIK UND HISTORISCHE DATEN<br />

Abbildung 2. Eine Ameisenbläulings-Schlupfwespe Neotypus melanocephalus<br />

(Gmelin in Linnaeus, 1790) <strong>aus</strong> den Belegexemplaren<br />

der Sammlung A. Ulbricht, <strong>Krefeld</strong>. Foto: M. Sorg.<br />

wespengattung Neotypus erfolgte durch den Aachener Entomologen<br />

Arnold Förster (Förster 1869). Etwa 30 Jahre später<br />

begann Albert Ulbricht Schlupfwespen im Umfeld der<br />

Stadt <strong>Krefeld</strong> und in anderen Teilen des Niederrheins zu erfassen.<br />

Teile seiner Arbeitsergebnisse hat Ulbricht in mehreren<br />

Publikationen veröffentlicht. Ulbricht war Mitglied des<br />

<strong>Entomologischen</strong> <strong>Verein</strong>s <strong>Krefeld</strong>, die <strong>aus</strong> seiner Arbeit resultierende<br />

Sammlung mit originalen Belegexemplaren ist<br />

heute noch erhalten (Entomologische Sammlungen <strong>Krefeld</strong>)<br />

und beinhaltet Belegpräparate von Neotypus melanocephalus<br />

(vgl. Abb. 2).<br />

Um eine Übersicht der historische Daten zur Präsenz von<br />

Neotypus melanocephalus (Gmelin) in Nordrhein-Westfalen<br />

zu erhalten wurden die Veröffentlichungen von Ulbricht<br />

(1909) und Aerts (1957) überprüft. Hierzu folgende Zitate<br />

<strong>aus</strong> diesen Bearbeitungen: Ulbricht 1909: Seite 9: “Neotypus<br />

Först. *melanocephalus Gr. Bisher nur auf einer Rheinwiese<br />

bei Niederkassel in ziemlicher Anzahl gefangen - und<br />

zwar fliegen die Weibchen auf den Blütenköpfen von Sanguisorba<br />

officinalis. Die Färbung der Wespe stimmt mit der<br />

Blume aufs täuschendste überein. Die Männchen sind selten.”<br />

Aerts 1957: Seite 148: “Neotypus melanocephalus Gr.:<br />

Kref. Rh., N.; Köln Rh.; Bonn, Maysch., Kirn; 6-8.”<br />

Überprüft wurde ferner die geordnete Hauptsammlung<br />

von A. Ulbricht in <strong>Krefeld</strong>. Hier befinden sich Belege, insgesamt<br />

13 präparierte Exemplare in der Spezialsammlung<br />

von Albert Ulbricht, Hymenoptera, Ichneumonidae: Neotypus<br />

melanocephalus (Gmelin, 1790). Nachfolgend die Abschrift<br />

der Fundortetiketten; (≡) - trennt jeweils ein Exemplar:<br />

≡ Crefeld Littard, Puhlmann 8.1910<br />

≡ Düsseldorf l.rh. 23.8.03<br />

≡ <strong>Krefeld</strong> Rh. Brink 9.8.21<br />

≡ <strong>Krefeld</strong> Hafen Ulbricht 12.8.<br />

≡ <strong>Krefeld</strong> Lit Puhlmann 8.16.<br />

Abbildung 3. Die Ameisenbläulings-Schlupfwespe Neotypus melanocephalus<br />

(Gmelin in Linnaeus, 1790) auf <strong>dem</strong> Blütenkopf des<br />

Großen Wiesenknopfes. Foto: M. Sorg.<br />

≡ Düsseldorf l.rh. 25.8.9. Sanguisorba<br />

≡ <strong>Krefeld</strong> Hbr. Puhlmann 8.16.<br />

≡ <strong>Krefeld</strong> Lit Puhlmann 8.16.<br />

≡ Düsseldorf l.rh. 28.8.2.<br />

≡ Crefeld Littard Puhlmann 8.1910<br />

≡ Düsseldorf l.rh. Sanguisorb<br />

≡ <strong>Krefeld</strong> Hafen Ulbricht 2.8.<br />

≡ <strong>Krefeld</strong> Hafen Ulbricht 12.8.<br />

Auflösung der Abkürzungen: (a) Düsseldorf l.rh. - Rheinwiesen,<br />

Pappel- und Weidenbestände zwischen Oberkassel<br />

und Mönchenwerth. (b) <strong>Krefeld</strong> N. - Niepkuhlen bei <strong>Krefeld</strong>.<br />

<strong>Krefeld</strong> Rh. - gemeint ist hier das Rheinufer (Rh.) bei<br />

<strong>Krefeld</strong>, zwischen Gellep und Langst, heute z.T. NSG “Die<br />

Spey”. (c) <strong>Krefeld</strong> Littard oder <strong>Krefeld</strong> Lit., ein Gebiet, heute<br />

größtenteils außerhalb der Stadtgrenzen “Die Littard”. (d)<br />

<strong>Krefeld</strong> Hbr., das Hülser Bruch (Hbr.), heute teils Naturschutzgebiet.<br />

Die historischen Fundorte streuen damit sowohl in den<br />

Bereich des Rheinufers bzw. der Rheinauen als auch in die<br />

in einigen Kilometern anschließenden „Altstromrinnen“ und<br />

Senken (Bruchgebiete). Dies betrifft nach o.g. Angaben <strong>aus</strong><br />

Zitaten und der Prüfung von Belegexemplaren von N. melanocephalus<br />

sowohl die Stadt <strong>Krefeld</strong>, als auch den Kreis<br />

Wesel, die Stadt Düsseldorf, Niederkassel, den Rhein-Kreis


GEFÄHRDUNGSSITUATION UND AKTUELLE NACHWEISE 3<br />

Abbildung 4. Oben: Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling<br />

Phengaris n<strong>aus</strong>ithous auf einem Blütenkopf des Großen<br />

Wiesenknopfes (Sanguisorba officinalis). Unten: Biotop der<br />

Ameisenbläulings-Schlupfwespe Neotypus melanocephalus<br />

(Gmelin in Linnaeus, 1790) im Rhein-Sieg-Kreis bei Eitorf. Fotos:<br />

M. Sorg.<br />

Neuss und südlich anschließend die Rheinauen bei Köln und<br />

Bonn. Die Fundorte von Neotypus melanocephalus (Gmelin,<br />

1790) deuten auf ein Vorkommen von Ameisenbläulingen in<br />

einer Populationsstärke und Beständigkeit hin, die <strong>aus</strong>reicht,<br />

um eine Parasitierung mit der genannten Ameisenbläulings-<br />

Schlupfwespe zu gewährleisten. Eine solche Situation war<br />

offensichtlich ehemals auch am Niederrhein an zahlreichen<br />

Lokalitäten gegeben.<br />

Gefährdungssituation und<br />

aktuelle Nachweise<br />

Die Ameisenbläulings-Schlupfwespe (Neotypus melanocephalus<br />

(Gmelin, 1790)) kann für Nordrhein-Westfalen als<br />

vom Aussterben bedroht eingestuft werden. Ihre Wirte, die<br />

Ameisenbläulinge (Phengaris spp. sensu Fric et al. (2007)<br />

1 ) Phengaris (Maculinea) n<strong>aus</strong>ithous und P. teleius sind bereits<br />

in mehreren Großlandschaften in Nordrhein-Westfalen<br />

<strong>aus</strong>gestorben (vgl. Sonnenburg (1997), Kiel (2007)). Bezogen<br />

auf diese ehemals auch in Nordrhein-Westfalen weitverbreiteten,<br />

lokal häufigen Ameisenbläulinge (vgl. Dahm et al.<br />

(1930), Stollwerck (1863)) ist der regionale Rückgang gravierend.<br />

Der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Phengaris<br />

(Maculinea) teleius) gilt in der Region Niederrhein als <strong>aus</strong>gestorben.<br />

Die ehemals hier auf zahlreiche Habitate verteilten<br />

Populationen des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings<br />

Phengaris (Maculinea) n<strong>aus</strong>ithous sind in der “Rheinschiene”<br />

der Region Niederrhein bis auf ein Reliktvorkommen<br />

im Latumer Bruch bei <strong>Krefeld</strong> erloschen. Trotz mehrjähriger<br />

Kartierungen [Entomologischer <strong>Verein</strong> <strong>Krefeld</strong>, 2002-<strong>2008</strong>]<br />

konnten keine Ameisenbläulings-Schlupfwespen (Neotypus<br />

melanocephalus) im Latumer Bruch mehr erfasst werden.<br />

Wir müssen daher nach derzeitigem Kenntnisstand annehmen,<br />

daß die Ameisenbläulings-Schlupfwespe in der Region<br />

Niederrhein <strong>aus</strong>gestorben ist. Im Anschluß an die o.g.,<br />

historischen Daten waren uns nach 1950 gar keine weiteren<br />

aktuellen, überprüfbaren Belege von Neotypus melanocephalus<br />

<strong>aus</strong> Nordrhein-Westfalen bekannt. Allerdings stellen Kartierungen<br />

auf Schlupfwespen – auch der besser kenntlichen<br />

Arten – landesweit eine äußerst seltene Ausnahme dar.<br />

Im Rahmen von Begehungen zahlreicher rezenter Habitate<br />

der Ameisenbläulinge in Vorbereitung der Erfassung<br />

der dortigen Ameisenvorkommen (Hymenoptera: Formicidae)<br />

erfolgten überraschend die Beobachtungen von Neotypus<br />

melanocephalus am 28.7. und 30.7.2006 am Rand des<br />

„im Bau befindlichen“ Gewerbegebietes bei Eitorf im Rhein-<br />

Sieg-Kreis. Sowohl der Wirt, die Lycaenide Phengaris (Maculinea)<br />

n<strong>aus</strong>ithous (vgl. Abb. 4), als auch Neotypus melanocephalus<br />

(Abb. 1, 3) konnten hier unmittelbar an Weg- und<br />

Grabenrändern (Abb. 4) in relativ hohen Zahlen festgestellt<br />

werden. Eine „grobe“ Abzählung entlang eines Wegrandes<br />

ergab am 30.7.06 eine Mindestzahl von ca. 35-40 Exemplaren<br />

der Ameisenbläulings-Schlupfwespe. Sie waren damit an<br />

diesem Wegrand am 30.7.06 in höherer Zahl zu beobachten,<br />

als ihr Wirt (P. n<strong>aus</strong>ithous) mit ca. 20-25 Exemplaren.<br />

Für beide Arten stellen die o.g. Angaben – nicht<br />

einmal ansatzweise - eine Erfassung des lokalen Gesamtbestandes<br />

dar. Dieser verteilt sich auf eine Anzahl<br />

von Flächen die teilweise am Rand des Gewerbegebie-<br />

1 Im Rahmen einer Revision (Fric et al. 2007) wird die vorab in<br />

der einschlägigen Literatur uneinheitlich als Glaucopsyche (Untergattung:<br />

Maculinea) n<strong>aus</strong>ithous (Bergsträsser, 1779) oder Maculinea<br />

n<strong>aus</strong>ithous (Bergsträsser, 1779) gefaßte Art (vgl. Pech, 2004)<br />

der Gattung Phengaris Doherty, 1891 zugewiesen. Die Neukombination<br />

erfolgte aufgrund der Priorität des Gattungsnamens Phengaris<br />

Doherty, 1891 gegenüber Maculinea Van Ecke, 1915.


4 SPEZIFISCHE PARASITOIDE UND MONITORING<br />

Abbildung 5. Nahrungsnetz, verändert nach Anton (2007) mit: a<br />

- der Ameisenbläulings-Schlupfwespe Neotypus melanocephalus,<br />

b - <strong>dem</strong> Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling Phengaris n<strong>aus</strong>ithous,<br />

c - <strong>dem</strong> Teillebensraum für die Eiablage (c1 - Ei von P.<br />

n<strong>aus</strong>ithous) und ersten Larvenstadien in Blütenköpfen von Sanguisorba<br />

officinalis (c2) und d - <strong>dem</strong> Teillebensraum im Übergang zu<br />

den Nestern (d3 - Nestsolarium von M. rubra) der Roten Knotenameise<br />

Myrmica rubra (d2 - M. rubra mit “eigenen” Larven) durch<br />

die Adoption der Larven von P. n<strong>aus</strong>ithous (d1 - Larve von P. n<strong>aus</strong>ithous<br />

auf der Bodenoberfläche vor der Adoption). Die Pfeile verdeutlichen<br />

die Steuergrößen innerhalb dieses Systems. Alle Fotos:<br />

M. Sorg.<br />

tes bei Eitorf liegen, teilweise in dieses hineinreichen.<br />

Diese Vorkommen stellen offensichtlich Fragmente eines<br />

ehemals großflächigeren Bestandes des „Nahrungsnetzes“<br />

Großer Wiesenknopf (S. officinalis), Dunkler Wiesenknopf-<br />

Ameisenbläuling (P. n<strong>aus</strong>ithous), Rote Knotenameise (M.<br />

rubra) und Ameisenbläulings-Schlupfwespe (N. melanocephalus)<br />

dar. Aktuell zeigen sich hier einzelne, im Raum verteilte<br />

Populationen, die an mehreren Stellen von <strong>dem</strong> im Bau<br />

befindlichen Gewerbegebiet tangiert werden. Das heute noch<br />

in Teilen präsente, auf mehrere Teilflächen verteilte Vorkommen<br />

wurde und wird über die Ausführung der Baumaßnahmen<br />

zweifellos nachteilig beeinflußt und muß im Bestand<br />

als stark gefährdet bewertet werden. Es erscheint <strong>aus</strong> naturschutzfachlicher<br />

Sicht dringend geboten, zu der örtlichen Situation<br />

eine realitätsnahe Bewertung vorzunehmen und unmittelbar<br />

geeignete Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen<br />

einzuleiten.<br />

Spezifische Parasitoide und<br />

Monitoring<br />

Die Weibchen der Ameisenbläulings-Schlupfwespen<br />

(Neotypus melanocephalus) sind im Freiland an den Blütenköpfen<br />

des Großen Wiesenknopfes (S. officinalis) eine auffällige<br />

Erscheinung. Sie verbleiben oft längere Zeit auf einem<br />

Blütenkopf, diesen „absuchend“ und dann auch Körperhaltungen<br />

einnehmend, die als Eiablagen interpretiert werden<br />

können. Sie patrollieren zwischen den Blütenköpfen eines<br />

Wiesenknopf-Bestandes, ihr Habitus ist gut kenntlich (Abb.<br />

1, 3, 5a) und abgrenzbar gegenüber gleichfalls die Wiesenknopfblüte<br />

besuchender Stechimmen und Zweiflügler. Eine<br />

Verwechslung im Freiland ist in Nordrhein-Westfalen<br />

„auf Sicht“ bestenfalls mit wenigen Hautflüglerarten überhaupt<br />

möglich. Auch in diesen Fällen ist im Vergleich der<br />

Merkmalskombinationen bereits das Zeichnungsmuster mit<br />

der Rotfärbung des Mesosoma, der Anordnung der weißen<br />

Flecken auf Kopf und Metasoma für Neotypus kennzeichnend.<br />

Zweifellos können die Ameisenbläulings-Schlupfwespen<br />

bei Falterzählungen im Rahmen des Monitorings methodisch<br />

gleichzeitig mit den Ameisenbläulingen erfasst und Individuensummen<br />

nach Bezugsräumen und -zeit gezählt bzw. abgeschätzt<br />

werden.<br />

Eine Integration im Rahmen des Monitorings der Ameisenbläulinge<br />

und eine Aufnahme in die Kartierungsmatrix<br />

der Landesämter (Monitoring gem. FFH-Richtlinie) sollte<br />

<strong>aus</strong> unserer Sicht u.a. <strong>aus</strong> folgenden Gründen vorgenommen<br />

werden:<br />

• Habitate der Ameisenbläulinge mit Vorkommen der<br />

Ameisenbläulings-Schlupfwespen kennzeichnen die „vollständigere<br />

- in diesem Sinne natürlichere“ Ausprägung des<br />

Nahrungsnetzes (Wirtspflanze, Wirtsameise(n), Ameisenbläuling(e),<br />

spezifischer Parasitoid - vgl. Abb. 5) vergleichbar<br />

zu ähnlichen Situationen mit anderen, beteiligten Arten<br />

(vgl. Sullivan & Völkl, 1999; Walker & Jones, 2001).<br />

• Eine in langfristiger Dynamik „stabile“ Metapopulation<br />

inklusive der Parasitoide belegt „hochwertige“ Habitate <strong>aus</strong><br />

Sicht des Artenschutzes.<br />

• Falterzählungen ohne Berücksichtgung der Präsenz der<br />

- methodisch erfassbaren – Parasitoide verzerren die vergleichenden<br />

Bezüge zu Standorten an denen der Parasitoid (N.<br />

melanocephalus) bereits <strong>aus</strong>gestorben ist. Ein Standort, an<br />

<strong>dem</strong> z.B. neben 20 Ameisenbläulingen auch 40 Parasitoide<br />

im Tagesdurchschnitt gezählt werden, sollte u.a. hinsichtlich<br />

des Reproduktionspotentials anders bewertet werden, als ein<br />

Standort an <strong>dem</strong> „nur“ 20 Ameisenbläulinge erfasst werden.<br />

• Der spezifische Parasitoid ist darauf „spezialisiert“,<br />

befallene Blütenköpfe erfolgreich zu finden. Bereiche<br />

bzw. Teilflächen, in denen vermehrt Ameisenbläulings-<br />

Schlupfwespen beobachtet werden, können ein wichtiger


LITERATUR 5<br />

Hinweis auf die bevorzugten Reproduktionsorte der Ameisenbläulinge<br />

sein.<br />

• Die Gesamtzählung (Ameisenbläulinge + Parasitoide)<br />

ergibt einen Bezug zu den Größenordnungen der Belastungsfaktoren,<br />

denen lokal die Neststaaten der Wirtsameisen durch<br />

Bläulingslarven <strong>aus</strong>gesetzt sind (Thomas & Wardlaw, 1992.<br />

• Die Präsenz der Parasitoide bedeutet für eine lokale Population<br />

der Ameisenbläulinge einen zusätzlichen, natürlichen<br />

Regulationsfaktor, der Mortalitätsrate und Populationsdynamik<br />

graduell beeinflußt (Anton, 2007).<br />

• Die spezifischen Parasitoide sind hinsichtlich des Artenschutzes<br />

i.d.R. zumindest in derselben Kategorie zu führen,<br />

wie ihre regional „häufigste“ Wirtsart.<br />

Insbesondere den Regulationsfaktoren innerhalb des Nahrungsnetzes<br />

um die Ameisenbläulinge (Phengaris spp.) sollte<br />

im Rahmen des Biotop- und Artenschutzes eine zunehmende<br />

Beachtung geschenkt werden. Die Basis und grundlegende<br />

Steuergröße (vgl. Abb. 5) bilden hier mit maßgeblichem<br />

Einfluß (bottom-up) die Anspruchsprofile und hier<strong>aus</strong><br />

resultierende Nestdichten der Wirtsameisen (vgl. Elmes &<br />

Thomas (1998), Seifert (1986), Seppä & Walin (1996)). Ferner<br />

die Präsenz der Wirtspflanzen im gleichen Biotopkomplex<br />

und bei geeignetem Nutzungsregime (Mahd, Beweidung).<br />

Letzlich aber auch die Regulation über Predatoren<br />

und Parasitoide, v.a. der Einfluß (top-down) über den spezifischen<br />

Parasitoid Neotypus melanocephalus (Abb. 5).<br />

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