VÖS-Magazin Ausgabe 4/2011 - Schweine.at
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02Z030068, P.b.b.<br />
Verlagspostamt 1200 Wien, DVR-Nr.0956015<br />
www.schweine.<strong>at</strong> <strong>Magazin</strong><br />
Fach- & Mitteilungsbl<strong>at</strong>t des Verbandes<br />
Österreichischer <strong>Schweine</strong>bauern<br />
<strong>Ausgabe</strong> Österreich 4/<strong>2011</strong><br />
2012 sollten <strong>Schweine</strong><br />
wieder mehr Glück bringen!
<strong>Magazin</strong><br />
Kein Jahr<br />
wie jedes andere<br />
3 Inhalt<br />
Versöhnlicher<br />
Jahresausklang<br />
Ferkelschutzkorb-<br />
Diskussion<br />
IMPRESSUM<br />
Mineralstoffmischungen<br />
Forschung für die<br />
Landwirtschaft<br />
Gruppenhaltung<br />
Flüssig oder trocken<br />
Mit Problemen, wie Markt- und Abs<strong>at</strong>zkrisen, Schwankungen<br />
der Futter- und Betriebsmittelpreise können<br />
die bäuerlichen Unternehmerbetriebe mehr oder weniger<br />
gut umgehen. > Seite 4<br />
Ein turbulentes und was den <strong>Schweine</strong>preisverlauf<br />
anlangt eher untypisches Jahr <strong>2011</strong> neigt sich zu Ende.<br />
> Seite 6<br />
Die Diskussion muss im Sinne der Bäuerinnen und Bauern<br />
ein rasches Ende haben. > Seite 9<br />
Mais ist in Österreich das Futtermittel Nummer Eins im<br />
<strong>Schweine</strong>trog ... > Seite 14<br />
Im Rahmen dieser <strong>VÖS</strong>-Mitgliederversammlung wurde<br />
das Projekt RTD2Farm präsentiert. > Seite 20<br />
Dieses Projekt untersucht das Verhalten tragender Sauen<br />
in Gruppenhaltung > Seite 25<br />
Wenn alte Ställe erneuert oder neue Mastställe gebaut<br />
werden, dann stehen viele Mäster vor der Entscheidung,<br />
das richtige Futtersystem zu wählen. > Seite 30<br />
Herausgeber u. Verleger: Verband Österreichischer <strong>Schweine</strong>bauern (<strong>VÖS</strong>), Dresdnerstr. 89/ 5. Stock, 1200 Wien, Tel. 01/33417 21 DW31, E-Mail: office@schweine.<strong>at</strong><br />
IBAN-Nr. AT 71 3200 0000 0384 2333, BIC-Nr.: RLNWATWW<br />
Für den Inhalt verantwortlich: Ing. Georg Mayringer, <strong>VÖS</strong>-Geschäftsführer<br />
Schwerpunkte<br />
Redaktion: Mag. Heinz u. Susanne Ebner GmbH, Sandwirtgasse 9/6, 1060 Wien, Tel.+ Fax: 01/96 7 16 36, E-Mail: ebner@fresco.<strong>at</strong><br />
Ständige Autoren: Dr. Peter Knapp, Dr. Johann Schlederer, DI Johann Stinglmayr, Hans Peter Bäck, Ing. Franz Strasser<br />
Anzeigen: Regina Söncksen, Dresdnerstr. 89/ 5. Stock, 1200 Wien, Tel. 01/334 17 21 DW31<br />
Druck: Leykam Druck GmbH&CoKG, Bickfordstr.21, 7201 Neudörfl<br />
Titelfoto: <strong>VÖS</strong> Mit freundlicher Unterstützung von<br />
Tel: 02269/2501 Tel.: 03453/40600 Tel.: (Mast) 0732/6902 – 1329 (Ferkel) 07242/47441
Walter Lederhilger<br />
<strong>VÖS</strong>-ObmannStv.<br />
Die Behauptung, dass den Zuchtsauen durch<br />
den Ferkelschutzkorb system<strong>at</strong>isch Qualen,<br />
Leiden und Schmerzen zugefügt werden, ist<br />
fachlich nicht begründbar und entbehrt jeder<br />
wissenschaftlicher Grundlage.<br />
Der <strong>VÖS</strong> h<strong>at</strong> in jeder Phase der Gespräche und<br />
Verhandlungen Fakten und str<strong>at</strong>egische Argumente<br />
eingebracht und nach Lösungen<br />
gesucht. Vor allem ein Vorwurf des Gesundheitsministers<br />
ist inakzeptabel. Nämlich die<br />
Behauptung, die Landwirtschaft hätte nie ein<br />
Verhandlungsangebot gemacht. Bereits am 22.<br />
Juni <strong>2011</strong> wurde ein abgestimmter Kompromissvorschlag<br />
dem Gesundheitsministerium<br />
vorgelegt.<br />
Das Angebot: Für künftige Um- und Neubauten<br />
nach dem Jahr 2013 soll das Deckzentrum<br />
in Gruppenhaltung ausgeführt werden, wobei<br />
die Fixierung im Schutzkorb maximal 10 Tage<br />
möglich sein soll. Bei durchschnittlich 2,3<br />
Würfen im Jahr bedeutet das für die Zuchtsauen<br />
über 60 Tage mehr Bewegungsmöglichkeit.<br />
Während in der EU- Richtlinie 158 Tage<br />
im Jahr der Schutzkorb erlaubt ist, (Deckzentrum<br />
und Abferkelbucht) sind es im <strong>VÖS</strong>- Vorschlag<br />
90 -98 Tage. Das ist ein weitreichendes<br />
Foto: <strong>VÖS</strong><br />
Kein Jahr wie jedes andere<br />
Das Jahr <strong>2011</strong> ist für die österr. <strong>Schweine</strong>halter kein Jahr wie jedes andere. Mit Problemen, wie<br />
Markt- und Abs<strong>at</strong>zkrisen, Schwankungen der Futter- und Betriebsmittelpreise können die bäuerlichen<br />
Unternehmerbetriebe mehr oder weniger gut umgehen. Die vom Zaun gebrochene Tierschutzdiskussion<br />
h<strong>at</strong> eine andere Dimension mit weitreichenden Folgen und gleicht einem Frontalangriff<br />
auf den bäuerlichen Berufstand.<br />
Angebot, mit dem Österreich nach Schweden<br />
die zweitstrengsten <strong>Schweine</strong>haltungsbestimmungen<br />
in der EU hätte.<br />
Verbot ohne Altern<strong>at</strong>iven<br />
Das Gesundheitsministerium und fragwürdige<br />
Organis<strong>at</strong>ionen, wie der VGT, fordern aber de facto<br />
ein Verbot des Ferkelschutzkorbes. Das ist deshalb<br />
abzulehnen, weil es keine altern<strong>at</strong>iv ausgereiften<br />
Systeme der freien Abferkelung gibt, die<br />
in einem europäischen Markt wettbewerbsfähig<br />
einsetzbar wären. Der wissenschaftliche Versuch<br />
in Gießhübel liefert den Beweis: Erdrückungsverluste<br />
bis zu 1,8 Ferkel je Sau/Jahr sprechen für<br />
sich. Bei einem Zuchtsauenbestand in Österreich<br />
von rund 285.000 Stück würden ca. 500.000 Ferkel<br />
mehr den Tod finden. Bei jeder Abwägung<br />
tierschutzrelevanter Fragen muss der Schutz des<br />
Lebens Vorrang haben.<br />
In vielen Ländern der EU wird über bessere und<br />
tierfreundlichere Haltungsformen diskutiert.<br />
Vernünftige Ergebnisse kann es jedoch nur<br />
geben, wenn neue Stallsysteme praxistauglich<br />
und wettbewerbsfähig sind. Eine Verordnungsän-<br />
derung, in der die freie Abferkelung verpflichtend<br />
umzusetzen ist, würde ähnliche Entwicklungen<br />
wie in Schweden herbeiführen. In nur 15<br />
Jahren haben 90% der Betriebe zugesperrt – die<br />
Eigenversorgung ist auf 75% gefallen und wird<br />
weiter sinken. Im Bereich der Abferkelbucht<br />
bedarf es noch intensiver Entwicklungs- und Forschungsarbeit<br />
mit folgender Zielsetzung:<br />
Wie kann ein besserer Tierschutz für die Muttersauen<br />
erreicht und gleichzeitig die Ferkelverluste<br />
minimiert werden.<br />
Alle Aspekte müssen<br />
berücksichtigt werden<br />
Alle Fragen der Tierethologie, der Personensicherheit<br />
und Betreuungsmöglichkeiten, der<br />
Kosten- und Praxistauglichkeit müssen ausgewogen<br />
beleuchtet werden.<br />
Einen vernünftigen Umgang mit dieser Them<strong>at</strong>ik<br />
h<strong>at</strong> man in Dänemark gefunden. Dort h<strong>at</strong><br />
sich die Branche mit dem zuständigen Ministerium<br />
auf ein 10jähriges Entwicklungskonzept<br />
geeinigt. Auf freiwilliger Basis und mit finanziellem<br />
Anreiz will man tierfreundlichere Hal-<br />
Leitartikel<br />
4
tungssysteme in der Praxis testen und mit wissenschaftlicher<br />
Begleitung weiterentwickeln.<br />
Der Ausgang ist völlig offen - die Ergebnisse<br />
dieser Feldstudie sollen dann Grundlage für weitere<br />
Diskussionen und gesetzliche Anpassungen<br />
sein.<br />
In Österreich kann es nur eine ähnliche Vorgangsweise<br />
geben, alles andere würde eine<br />
gesamte Branche gefährden und den Bäuerinnen/Bauern<br />
die Zukunftschancen rauben.<br />
Eigentlich müsste eine hohe Selbstversorgung<br />
mit Lebensmitteln als str<strong>at</strong>egisches Ziel außer<br />
Streit stehen. Damit werden die Nahversorgung<br />
und viele Arbeitsplätze sichergestellt und eine<br />
regionale Wertschöpfung weit über die Landwirtschaft<br />
hinaus erreicht.<br />
Mehr Öffentlichkeitsarbeit<br />
Viele Medienberichte zeigen aber auch, dass wir<br />
noch mehr als bisher Öffentlichkeitsarbeit und<br />
Meinungsbildung betreiben müssen. Es ist heutzutage<br />
schick geworden, über Tierschutz oder<br />
Fleischverzicht zu diskutieren. Dabei ernähren<br />
sich aktuell nur 4% der Bevölkerung vegetarisch,<br />
96% essen Fleisch. In der medialen<br />
Berichterst<strong>at</strong>tung entsteht oftmals der Eindruck,<br />
es sei umgekehrt.<br />
Die Politik, Interessensvertretungen, Verbände<br />
aber auch alle Bäuerinnen/Bauern müssen jede<br />
Gelegenheit nutzen bei falschen Behauptungen<br />
massiv zu widersprechen und mit vernünftigen<br />
Argumenten und Inform<strong>at</strong>ionen Überzeugungsarbeit<br />
leisten. Vor allem Aktionen wie „Schule<br />
am Bauernhof“ oder unser Schulfilmprojekt<br />
müssen noch intensiver beworben werden.<br />
GAP-Reform<br />
Weitreichende Auswirkungen könnten auch die<br />
Änderungsvorschläge der GAP-Reform nach<br />
2013 für tierhaltende Betriebe haben. Um die<br />
5 Leitartikel<br />
im europäischen Vergleich kleinen Strukturen<br />
zu erhalten sind folgende Forderungen für die<br />
<strong>Schweine</strong>bauern wichtig:<br />
Greening in der 1. Säule:<br />
Im Vorschlag der EU-Kommission soll die Grundprämie<br />
an Umweltmaßnahmen geknüpft werden.<br />
Die für Veredlungsbetriebe möglichen Maßnahmen<br />
dürfen nicht zur Gänze in die erste<br />
Säule verschoben werden. Es dürfen dadurch<br />
nicht sämtliche Optionen für eine sinnvolle<br />
ÖPUL-Teilnahme entzogen werden.<br />
7% Flächenstilllegung geplant:<br />
Völlig unverständlich und ein falsches Signal<br />
sind die Vorschläge in diesem Bereich. In einer<br />
Phase, wo bereits geringe Änderungen der<br />
Gesamterntemengen zu weitaus größeren Preisschwankungen<br />
führen, ist dieser Vorschlag entschieden<br />
abzulehnen und h<strong>at</strong> nichts mit einer<br />
ökologisch ausgerichteten Kreislaufwirtschaft<br />
zu tun.<br />
Schwerpunkt Investitionsförderung:<br />
Eine gut dotierte Investitionsförderung sichert<br />
nachhaltig jene Betriebe, die aktiv Landwirtschaft<br />
betreiben. Das Ziel, die Eigenversorgung<br />
unter allen Umständen aufrecht zu erhalten h<strong>at</strong><br />
Priorität. Es darf zu keinen Versorgungsengpässen<br />
bei unseren Qualitäts- und Herkunftsprogrammen<br />
kommen<br />
Es steht derzeit vieles auf dem Spiel und es ist<br />
von enormer Bedeutung, die Weichen in die<br />
richtige Stellung zu bringen.<br />
Der <strong>VÖS</strong> arbeitet mit Nachdruck an praxistauglichen<br />
Lösungen. Ich danke an dieser Stelle<br />
allen Verbänden in den Bundesländern, der<br />
Landwirtschaftskammer Österreichs, dem Landwirtschaftsministerium,<br />
der Österreichischen<br />
Tierärztekammer und dem Österreichischen<br />
Bauernbund für die konstruktive und intensive<br />
Zusammenarbeit.<br />
Wir wünschen<br />
Ihnen und<br />
Ihren Familien<br />
frohe Weihnachten<br />
und ein<br />
erfolgreiches<br />
neues Jahr!<br />
Georg Mayringer<br />
<strong>VÖS</strong>-Geschäftsführer<br />
Aktionismus darf nicht<br />
fehlende Argumente ersetzen<br />
Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) h<strong>at</strong><br />
in den letzten Wochen immer wieder verzweifelte<br />
Versuche gestartet, in der<br />
Deb<strong>at</strong>te zum Ferkelschutzkorb auf sich<br />
aufmerksam zu machen.<br />
Nach der Blockade des Landwirtschaftsministeriums<br />
im September h<strong>at</strong> der VGT im<br />
November abermals versucht durch spektakuläres<br />
‚Erklettern‘ des Landwirtschaftsministeriums,<br />
in der seit Mon<strong>at</strong>en andauernden<br />
Diskussion zum Ferkelschutzkorb medial<br />
Boden zu gewinnen. Scheinbar setzt der VGT<br />
lieber auf billigen Aktionismus anst<strong>at</strong>t sich<br />
mit Fakten auseinanderzusetzen. Denn ohne<br />
Ferkelschutzkorb würden jährlich rund<br />
500.000 kleine Ferkel qualvoll erdrückt.<br />
Während die <strong>Schweine</strong>bauern auf eine tragfähige<br />
Lösung im Sinne des Tierschutzes<br />
pochen, betreibt der VGT weiterhin Blockadepolitik.<br />
Zudem h<strong>at</strong> eine handvoll Aktivisten<br />
immer wieder öffentliche Auftritte von<br />
Landwirtschaftsminister Berlakovich gestört<br />
und versucht ihn dadurch gezielt zu verunglimpfen.<br />
So etwas ist ‚Stalking‘ und demokr<strong>at</strong>iepolitisch<br />
bedenklich!<br />
Wir brauchen eine nachhaltige und fachlich<br />
tragbare Lösung mit der wir auch weiterhin<br />
die Versorgung mit heimischem <strong>Schweine</strong>fleisch<br />
sicherstellen können. Dies ist auch<br />
im Sinne der Konsumenten. 98,45 Prozent<br />
der Konsumenten ist es „sehr wichtig“ oder<br />
„wichtig“, dass ihr <strong>Schweine</strong>fleisch weiterhin<br />
aus Österreich stammt, h<strong>at</strong> eine Umfrage<br />
der Niederösterreichischen Bäuerinnen<br />
gezeigt. Billiger Aktionismus ist hier fehl<br />
am Pl<strong>at</strong>z!
Dr. Johann Schlederer<br />
Koordin<strong>at</strong>or Ö-Börse<br />
Der freundliche Herbst leistete noch einen<br />
guten Beitrag zum durchschnittlichen Jahresergebnis,<br />
welches laut unserer Prognose das<br />
Ergebnis von 2008 erreichen sollte. So wie es<br />
derzeit aussieht, dürfte der durchschnittliche<br />
Basispreis <strong>2011</strong> bei 1,37 Euro zu liegen kommen<br />
und damit nur geringfügig von 1,39 aus<br />
dem Jahr 2008 abweichen.<br />
Gegenüber 2010 wäre das ein Plus von 13 Cent<br />
und damit ein Erlös-Plus von ca. 10%. Völlig<br />
anders stellt sich aber das Ergebnis bei der<br />
Rentabilität, gemessen am Deckungsbeitrag<br />
<strong>Schweine</strong>mast, dar. Während man letztes Jahr<br />
mit 17 Euro je Mastschwein knapp am Durchschnittsergebnis<br />
der letzten 10 Jahre (18<br />
Euro) herankam, zeichnet sich für heuer bei<br />
diesem Parameter mit 15 Euro eine unbefriedigende<br />
Entwicklung ab. Grund dafür sind die<br />
deutlich gestiegenen Kosten im Bereich der<br />
Futtermittel, von 53 Euro auf 72 Euro, was<br />
einer Erhöhung um 35% entspricht.<br />
Appetit Asiens sorgt für<br />
versöhnlichen Jahresausklang<br />
Ein turbulentes und was den <strong>Schweine</strong>preisverlauf anlangt eher untypisches Jahr<br />
<strong>2011</strong> neigt sich zu Ende. Dioxinskandal, PLH und vielversprechende Preise im ersten<br />
Halbjahr, ein verregneter und damit unter den Erwartungen gebliebener Sommer,<br />
sowie ein überaus positiver Preisverlauf im Herbst waren die Charakteristika des<br />
Schlachtschweinemarktes <strong>2011</strong>.<br />
Der zweite große Posten in der Betriebsmittelkalkul<strong>at</strong>ion<br />
des Mästers sind die Ferkelkosten.<br />
Während 2010 die Kosten für ein Durchschnittsferkel<br />
69 Euro betrugen, zeichnet sich<br />
für <strong>2011</strong> ein Wert ab, der bei ca. 68 Euro liegen<br />
dürfte. Ferkel gehörten damit <strong>2011</strong> nicht<br />
zu den Kostentreibern, was sich 2012 wahrscheinlich<br />
ändern dürfte.<br />
China boomt – Exporte brummen<br />
China, die größte Volkswirtschaft Asiens, tritt<br />
in der EU nicht nur als Käufer von Finanzprodukten<br />
oder Autoindustrien, etc. auf, sondern<br />
auch als <strong>Schweine</strong>fleischeinkäufer.<br />
Zum Vorteil der europäischen <strong>Schweine</strong>bauern<br />
ist die Bevölkerung des gelben Riesen zunehmend<br />
hungrig nach europäischem <strong>Schweine</strong>fleisch.<br />
Wenn die Volkswirtschaft boomt, dann steigt<br />
Mit bloßen Händen wühlen Chinesen in der Fleischvitrine im Supermarkt nach dem<br />
passenden Stück <strong>Schweine</strong>fleisch – Hygiene pur?!?<br />
der Wohlstand und mit dem Wohlstand steigt<br />
die Kaufkraft und mit der Kaufkraft steigt der<br />
Appetit auf tierisches Eiweiß.<br />
Obwohl ca. 50% der Weltschweineproduktion<br />
in China erzeugt wird, scheint das <strong>Schweine</strong>fleisch<br />
der 1,3 Milliarden Leute umfassenden<br />
Volkswirtschaft eher knapp zu sein, d. h.,<br />
<strong>Schweine</strong>fleischimporte steigen zunehmend.<br />
Während in den letzten Jahren ausschließlich<br />
sogenannte Nebenprodukte, wie Ohren, Innereien,<br />
Pfoten, Schwänze, etc. nach China<br />
exportiert wurden, gelang es heuer auch echte<br />
Fleischlieferungen, d. h. Teilstücke von<br />
Schlachtkörpern Richtung Peking zu schicken.<br />
In Summe h<strong>at</strong> die EU heuer bereits ein China-<br />
Exportplus im Ausmaß von 3% der EU-Produktion,<br />
was der eineinhalbfachen Produktionsmenge<br />
Österreichs entspricht.<br />
Hong Kong ist<br />
teure Einfuhrschleuse<br />
Äußerst positiv in diesem Zusammenhang<br />
zeigte sich die Exportzulassung von Deutschland<br />
seitens Peking. Während Länder, die keine<br />
Zulassung zum direkten Export nach China<br />
haben, wie z. B. Österreich, ihre Lieferungen<br />
über Hong Kong nach China einschleusen<br />
müssen und dabei erheblichen, finanziellen<br />
Aufwand einsetzen müssen, läuft für Deutschland<br />
das Geschäft schneller und ertragreicher.<br />
Österreichische Exporteure nach China müssen<br />
trotz jahrelanger Bemühungen und jüngstem<br />
Besuch des chinesischen Sta<strong>at</strong>spräsidenten Hu<br />
Jintao in Wien und Salzburg hohe Zölle in<br />
Kauf nehmen.<br />
Daher mein dringender Aufruf an die verantwortlichen<br />
Veterinäre im Gesundheitsministerium<br />
endlich einen positiven Abschluss mit<br />
den Chinesen zu Stande zu bringen.<br />
Markt<br />
6
Viel Zukunft aber auch<br />
viele Herausforderungen<br />
Diese Überschrift könnte auch eine SMS-taugliche Ergebniszusammenfassung<br />
der kürzlich in Bonn abgehaltenen Weltschweinefleischkonferenz sein. Etwas<br />
ausführlicher schildern die folgenden Zeilen, warum Zukunfts- und Welternährungsforscher<br />
durchaus rosige Zeiten für den <strong>Schweine</strong>sektor prognostizieren.<br />
Insgesamt wird dem <strong>Schweine</strong>fleisch eine herausragende<br />
Bedeutung bei der zukünftigen<br />
Ernährung der Weltbevölkerung zugemessen.<br />
2050 sollen 9 Milliarden Leute s<strong>at</strong>t werden.<br />
Während Europa und USA nurmehr geringfügige<br />
Wachstumsr<strong>at</strong>en verzeichnen werden, ist<br />
mit stark steigender Nachfrage in Asien und<br />
wahrscheinlich auch in Afrika zu rechnen.<br />
Steigende Futtermittelpreise werden höhere<br />
<strong>Schweine</strong>fleischpreise nach sich ziehen. Ein<br />
harter Wettbewerb wird weiter bestehen. Konzentr<strong>at</strong>ionsentwicklungen<br />
entlang der Wertschöpfungskette<br />
sind weltweit stark im Steigen.<br />
Ständig steigende Tierschutz- und<br />
Umweltstandards werden auch weltweit als<br />
Kostentreiber gesehen.<br />
Konsum von <strong>Schweine</strong>fleisch<br />
steigt weltweit<br />
Der globale Appetit auf <strong>Schweine</strong>fleisch ist<br />
anhaltend im Steigen. Bis 2020 erwartet man<br />
bei der weltweiten Nachfrage nach <strong>Schweine</strong>fleisch<br />
einen Anstieg um 20% bis 25% auf 127<br />
Millionen Tonnen, wobei der größte Zuwachs<br />
in den Schwellen- und Entwicklungsländern<br />
erwartet wird. Deren Anteil wird mit 67% bei<br />
der Produktion und mit 69% bei der Konsum<strong>at</strong>ion<br />
eingeschätzt.<br />
Bis 2050 wächst die Weltbevölkerung auf 9<br />
Milliarden an. Dies bedeutet, dass 70% mehr<br />
Lebensmittel erzeugt werden müssen. Durch<br />
Bevölkerungs-, Wohlstands- und Kaufkraftwachstum<br />
kommt es zu diesem Zus<strong>at</strong>zbedarf.<br />
Für <strong>Schweine</strong>fleisch ist demnach zumindest<br />
bis 2025 ein Wachstum von jährlich 1,4% zu<br />
erwarten. Die Frage ist: ist diese enorme Herausforderung<br />
in Form einer nachhaltigen Entwicklung<br />
bewältigbar?<br />
Nachhaltigkeit, ÖKO-Effizienz, Rückverfolgbarkeit,<br />
entlang der Wertschöpfungskette in<br />
der <strong>Schweine</strong>produktion waren Themen, mit<br />
denen sich Dr. Christoph Günther, BASF Animal<br />
Nutrition Europe, befasste.<br />
Nachhaltigkeit an sich definiert er folgendermaßen:<br />
Es ist dies die Bedarfsdeckung ohne<br />
einen Vorgriff auf zukünftige Ressourcen zu<br />
7 Markt<br />
machen. Weiters meinte Dr. Günther, die nachhaltige<br />
Produktion gäbe es zur Zeit nicht, es<br />
gibt vielmehr eine kontinuierliche Verbesserung.<br />
Es wäre auch falsch, grün oder bio per se<br />
als nachhaltig zu sehen. Dr. Günther sieht als<br />
Lösungsans<strong>at</strong>z eine ganzheitliche Analyse der<br />
sogenannten Hot Spots, wie zum Beispiel<br />
Regenwald, Gentechnik, Kinderarbeit, Tierschutz,<br />
etc.<br />
Unvorhersehbare und<br />
ständig wachsende Einflüsse<br />
Richard Brown, Direktor vonGIRA Gre<strong>at</strong> Britain,<br />
sieht alles permanent in einem dynamischen<br />
Wechselbad. Beispielsweise muss Brasilien<br />
zurzeit mit einem Währungsnachteil<br />
leben. Russland ist zum Beispiel seit der jüngsten<br />
Ernte wieder am Weltweizenmarkt voll da.<br />
Auch USA und Kanada haben eine sehr gute<br />
Ernte eingefahren. Trotzdem dürften die Preise<br />
bis zumindest zur nächsten Ernte auf<br />
hohem Niveau bleiben.<br />
Krankheiten und Seuchen, wie zum Beispiel<br />
zurzeit die <strong>Schweine</strong>pest in Russland, oder die<br />
Maul- und Klauenseuche in Südkorea, wo drei<br />
bis vier Millionen Mastschweine gekeult wurden,<br />
beeinflussen den Markt. Oder verwandte<br />
Märkte, wie zum Beispiel der Rindermarkt, der<br />
zurzeit auf hohem Niveau sehr stabil läuft.<br />
Hier wiederum sind es primär die südamerikanischen<br />
Rancher, die jetzt lieber Soja und<br />
Getreide anbauen, als Rinder auf die Weide zu<br />
schicken. Unterstützt wird der gute Rindermarkt<br />
auch von der starken Nachfrage aus der<br />
Türkei. Trotzdem ist der <strong>Schweine</strong>preis <strong>2011</strong><br />
nicht im erwarteten Ausmaß gestiegen. Gut<br />
laufen die Exporte nach Asien. Dies dürfte<br />
auch weiter so sein. Tendenziell steigen längerfristig<br />
die Fleischpreise. Längerfristig legt<br />
auch die Produktion weiter zu. Die Rahmenbedingungen<br />
insgesamt deuten darauf hin,<br />
dass zukünftig Händler und Verbraucher<br />
höhere Preise akzeptieren werden müssen.<br />
Dr. Johann Schlederer<br />
Koordin<strong>at</strong>or Ö-Börse<br />
Weitere Expertenmeinungen<br />
von der World Pork Conference<br />
<strong>2011</strong><br />
• Wir sehen einer Ära mit einer Verknappung<br />
von Agrargütern entgegen.<br />
• Hauptgründe dafür sind das ökonomische<br />
Wachstum und das damit verbundene, sich<br />
ändernde Ernährungsverhalten in den<br />
Schwellenländern, die Bio-Treibstoff-Politik,<br />
sowie die rekordknappen Lager.<br />
• Höhere Preise und zunehmende Vol<strong>at</strong>ilität<br />
werden zum neuen Standard.<br />
• Die landwirtschaftliche Industrie, inklusive<br />
der <strong>Schweine</strong>halter, sowie Fleischverarbeiter,<br />
müssen sich dieser neuen Realität<br />
anpassen.<br />
• Für den <strong>Schweine</strong>fleischsektor ist zurzeit<br />
die Hauptfrage, ob sich die Entwicklungen<br />
von 2008/2009 (Futterpreise) in den Jahren<br />
<strong>2011</strong>/2012 wiederholen werden.<br />
• Rabobank erwartet für 2012 gute und stabile<br />
Preise, basierend auf einer stagnierenden<br />
Produktion in Europa und USA, sowie ein<br />
kontinuierliches Wirtschaftswachstum in<br />
den Schwellenländern.<br />
• Die <strong>Schweine</strong>fleischproduktion wird bis<br />
2020 um ca. 25% wachsen, im Vergleich zu<br />
Rindfleisch mit 13%, bzw. Geflügelfleisch<br />
mit 31% (OECD-st<strong>at</strong>istics).<br />
• Die <strong>Schweine</strong>fleischproduktion wird einer<br />
weiteren Konzentr<strong>at</strong>ion unterliegen. Die<br />
schweinefleischproduzierenden Länder und<br />
die schweinefleischproduzierenden Regionen,<br />
sowie die Herdengröße und die<br />
Produktionseffizienz werden in den<br />
Know-how-Gebieten wachsen.<br />
• Die Wettbewerbsfähigkeit wird neben den<br />
Kosten zunehmend auch von der Produktqualität<br />
und von der Prozessqualität abhängig<br />
sein.<br />
• Die Verbraucher und die Gesellschaft<br />
(NGO`s) werden zunehmend zu kritischen<br />
Marktteilnehmern - und zwar weltweit.
Hans-Peter Bäck<br />
Koordin<strong>at</strong>or Ferkelausschuss<br />
Oft wird das heurige Jahr mit dem Jahr 2008<br />
verglichen, wo eine ähnliche Situ<strong>at</strong>ion auf dem<br />
Rohstoffmarkt zu verzeichnen war. Es gibt<br />
allerdings einige deutliche Unterschiede, die<br />
vor allem in Marktstörungen aus dem Ausland<br />
wie zum Beispiel der Dioxinskandal und die<br />
unbefriedigende Entwicklung der Schlachtschweinepreise<br />
im Sommer liegen. Begleitet<br />
wurde diese äußerst angespannte Situ<strong>at</strong>ion von<br />
der unsäglichen, verzerrten und scheinbar nicht<br />
mit Sachargumenten zu bewältigenden medialen<br />
Diskussion über die <strong>Schweine</strong>haltung.<br />
In den ersten Mon<strong>at</strong>en des Jahres kam es nach<br />
der Bewältigung des Dioxinskandals bis in den<br />
Mai hinein zu einem Preisauftrieb bei den Mastschweinen<br />
der das Niveau der Ferkelpreise deutlich<br />
über das Niveau von 2008 hob. Da h<strong>at</strong>te<br />
man noch die Hoffnung dass das rel<strong>at</strong>iv hohe<br />
Mastschweinepreisniveau den Ferkelmarkt über<br />
den Sommer hinweg stützen könnte.<br />
Die Kalenderwoche 19<br />
(9. bis 15. Mai)<br />
Diese Woche stellt die Zäsur des heurigen Jahres<br />
dar. Das Niveau der Schlachtschweinenotierung<br />
verlor innerhalb von 3 Wochen 12 Cent<br />
und machte jede Hoffnung auf einen wirklich<br />
zufriedenstellenden Sommer zunichte. Schlagartig<br />
war jede Phantasie aus dem Markt. Wurde<br />
vorher noch überlegt die teilweise bestehende<br />
Ich wünsche mir<br />
ein gutes neues Jahr!<br />
Diese Überschrift mag vielleicht etwas seltsam klingen, trifft aber genau die Hoffnungen<br />
und Erwartungen der ferkelproduzierenden Betriebe. Das abgelaufene Jahr<br />
muss in vielerlei Hinsicht als eines der schwierigsten und belastendsten für alle<br />
Marktbeteiligten bezeichnet werden.<br />
Futterknappheit mit Fertigfutter bis zur neuen<br />
Ernte zu überbrücken, sank diese Motiv<strong>at</strong>ion<br />
sofort. Der daraus resultierende Druck auf den<br />
Ferkelmarkt führte zu einem Notierungsminus<br />
von 35 Cent innerhalb von 4 Wochen.<br />
Die Organisierte Produktion steht<br />
Ab diesem Zeitpunkt ging es für die Vermarktungsverantwortlichen<br />
in der organisierten Produktion<br />
hauptsächlich darum, für die Mitglieder<br />
die Abs<strong>at</strong>zsicherheit so gut wie möglich zu<br />
gewährleisten. Und trotz aller Schwierigkeiten<br />
und den teilweisen Rückstellungen ist es dennoch<br />
gelungen - obwohl es sprichwörtlich beim<br />
Dach hineingeregnet h<strong>at</strong> - zu verhindern, dass<br />
dieses nicht zusammenbricht.<br />
Geholfen h<strong>at</strong> dabei auch der bundesländerinterne<br />
Zusammenhalt, wo gemeinsam versucht wurde,<br />
Mengenspitzen intern auszugleichen. Es h<strong>at</strong><br />
sich auch bezahlt gemacht, dass der <strong>VÖS</strong> und die<br />
Teilorganis<strong>at</strong>ionen immer den Österreichbezug<br />
und die Verankerung beziehungsweise Absicherung<br />
im AMA Gütesiegel vorangetrieben und<br />
gelebt haben. Es macht sich auch bezahlt, dass<br />
die Ferkelproduktion ein korrekter, langjähriger<br />
Partner der Mastbetriebe ist und es t<strong>at</strong> gut, dass<br />
die schwierige Situ<strong>at</strong>ion der Ferkelerzeuger auch<br />
seitens der Mäster registriert wurde und es auch<br />
zu Unterstützung von dieser Seite kam. Dafür<br />
möchte ich mich ausdrücklich bedanken.<br />
Tabelle: Die Entwicklung der Ferkelpreise der letzten 6 Jahre. D<strong>at</strong>en: Bäck<br />
Ausblick<br />
Zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Artikels<br />
ist der „heiße Sommer“ überstanden und<br />
sowohl die Abs<strong>at</strong>z- als auch die Preislage h<strong>at</strong><br />
sich stark verbessert. Zeit zum Atemholen<br />
bleibt aber kaum, da die <strong>Schweine</strong>produktion<br />
sich weiter im Blickpunkt vielfältigster, oft<br />
eigennütziger, der Sache nicht dienender,<br />
Interessen befindet und so ein breites Betätigungsfeld<br />
bietet.<br />
Es darf aber nicht vergessen werden, dass das<br />
Jahr 2013 immer näher rückt und auf so manchen<br />
Betrieben noch Adaptierungen vorzunehmen<br />
sind. Seitens des <strong>VÖS</strong> und der Teilorganis<strong>at</strong>ionen<br />
werden viele Anstrengungen<br />
unternommen um Ihnen die Rahmenbedingungen<br />
so praxistauglich wie nur möglich zu<br />
gestalten.<br />
Wir werden uns selbstverständlich auch<br />
weiterhin für einen gerechten Pl<strong>at</strong>z der<br />
<strong>Schweine</strong>produktion in der Öffentlichkeit einsetzen.<br />
Die Landwirtschaft trägt maßgeblich<br />
dazu bei, den vielzitierten ländlichen Raum<br />
abzusichern und den Familien ein Auskommen<br />
zu geben. Dahinter steckt viel und harte<br />
Arbeit, die sich als solche auch eine gerechte<br />
Darstellung verdient.<br />
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und mir<br />
ein gutes neues Jahr.<br />
Ferkelmarkt<br />
8
Foto: <strong>VÖS</strong><br />
Ferkelschutzkorb-Diskussion<br />
muss ein Ende finden!<br />
Die Diskussion muss im Sinne der Bäuerinnen und Bauern ein rasches Ende haben.<br />
Seit nunmehr über einem Jahr wird in Österreich die Diskussion über die Ferkelschutzkörbe<br />
geführt. Zahlreiche Gesprächs- und Verhandlungsrunden wurden in dieser<br />
Zeit abgehalten. Jene mit Beteiligung durch den <strong>VÖS</strong> sind in nebenstehender<br />
Tabelle angeführt.<br />
Diskussionen sind an und für sich nichts<br />
Schlechtes und in Demokr<strong>at</strong>ien ein wichtiges<br />
Instrumentarium um Interessen voranzutreiben.<br />
Dauern sie zu lange und weicht die Sachlichkeit<br />
der Polemik, hinterlassen sie oftmals<br />
eine „verbrannte Erde“. In Kriegen versteht<br />
man darunter die Taktik, dass vom Feind alles<br />
zerstört wird, was dem Gegner in irgendeiner<br />
Weise nützen könnte. Diese Taktik führt aber<br />
fast immer dazu, dass man seinen Feind auf<br />
Kosten der Bevölkerung besiegt. Noch ist dieses<br />
Szenario in der heimischen Tierschutzdiskussion<br />
nicht eingetreten, man befindet sich<br />
aber bereits auf genau diesem Weg dorthin.<br />
Mit brachialer Gewalt versuchen selbsternannte<br />
Tierschützer gemeinsam mit der Volksanwaltschaft<br />
und populistischer Parteifunktionäre<br />
eine ganze Landwirtschaftssparte in den<br />
9 Ferkelschutzkorb<br />
Ruin zu treiben. Als Mittel dazu dient die<br />
Änderung der 1. Tierhalteverordnung in einer<br />
Form, die eine wirtschaftliche Sauenhaltung<br />
innerhalb der EU für die österreichischen Bauern<br />
unmöglich macht.<br />
Gesamte Branche ist betroffen<br />
Als erstes wären tausende Bäuerinnen, Bauern<br />
und junge Hofnachfolger betroffen, die ihre<br />
Bauernhöfe schließen müssten. Gleich darauf<br />
trifft es jeden Österreicher, der bis jetzt Wert<br />
auf heimisches und regionales <strong>Schweine</strong>fleisch<br />
gelegt h<strong>at</strong>. Das gibt es dann schlichtweg<br />
nicht mehr, sondern dann halt <strong>Schweine</strong>fleisch<br />
aus Holland, Deutschland oder sonst<br />
irgendwo her. Und wahrscheinlich gar nicht<br />
erst zum Schluss werden hunderte und tau-<br />
DI Johann Stinglmayr<br />
Koordin<strong>at</strong>or Ausschuss<br />
Recht und Politik<br />
sende Arbeitsplätze in der vor- und nachgelagerten<br />
Wirtschaft vernichtet. So spricht alleine<br />
die Stallbau- und Futtermittelbranche in<br />
einer kürzlich verfassten Petition an Minister<br />
Stöger von bis zu 700 heimischen Arbeitsplätzen,<br />
die in diesen heimischen Unternehmen<br />
verloren gehen würden.<br />
Unter dem Vorwand eines verbesserten Tierschutzes<br />
hätten wir dann in Österreich einen<br />
Kahlschlag in der heimischen <strong>Schweine</strong>haltung<br />
und <strong>Schweine</strong>fleischerzeugung.<br />
Allen, die derzeit in der Diskussion noch<br />
immer glauben, man sollte diesen heimischen<br />
Alleingang in Europa wagen, sei eines auf den<br />
Weg mitgegeben. Wenn das beschriebene Szenario<br />
einmal eingetreten ist, lässt es sich<br />
nicht mehr zurückdrehen.<br />
Das mussten auch die Kriegsherren, die die
Taktik der verbrannen Erde gewählt haben,<br />
schmerzlich zur Kenntnis nehmen.<br />
Noch besteht die Möglichkeit, dass dies alles<br />
nicht passieren muss. Deshalb ergeht der dringende<br />
Appell des <strong>VÖS</strong> an die politischen Entscheidungsträger<br />
des Landes rasch eine Einigung<br />
herbeizuführen, die der heimischen Sauenhaltung<br />
auch weiterhin eine hohe Wettbewerbsfähigkeit<br />
innerhalb der EU zulässt. Nur<br />
wenn es weiterhin eine flächendeckende bäuerliche<br />
<strong>Schweine</strong>fleischerzeugung in Österreich<br />
geben kann, ist auch dem Tierschutz<br />
geholfen.<br />
Damit dies möglich wird, h<strong>at</strong> Landwirtschaftsminister<br />
Berlakovich in Abstimmung mit der<br />
Branche einen Schritt gesetzt, der zwar für die<br />
betroffenen Bauern schmerzhaft ist, aber auch<br />
weiterhin die Existenz der Sauenhalter in<br />
hohem Maße gewährleisten kann. Bereits am<br />
22. Juni wurde dieser Vorschlag, der in der<br />
Übersicht auf Seite 11 beschrieben ist, beim<br />
Gesundheitsministerium eingebracht und bei<br />
einer der Verhandlungstermine der beiden<br />
Minister am 26. Juli bekräftigt. Damit zeigt<br />
die Landwirtschaft nicht nur eine hohe Kompromissbereitschaft,<br />
die in politischen Diskussionen<br />
einfach notwendig ist, sondern damit<br />
hätte Österreich eine Tierhalteverordnung auf<br />
den Weg gebracht, die weit über dem Standard<br />
der europäischen Richtlinien liegen würde<br />
und eine echte und ehrliche Verbesserung des<br />
Tierschutzes darstellen könnte. Damit aber<br />
auch im Zeitraum des Abferkelns sowohl für<br />
die Muttersauen, als auch für die Ferkel<br />
zukünftig die bestmögliche Haltungsform<br />
angeboten werden kann, h<strong>at</strong> die Landwirtschaft<br />
in den letzten Tagen einen weiteren<br />
Vorschlag eingebracht, der sich an Entwikklungen<br />
in Dänemark orientiert.<br />
Grafik - Vergleich der Varianten: Aufenthaltsdauer in Tagen je Jahr (2,28 Umtriebe).<br />
Grafik: Stinglmayr<br />
Grafik - Vergleich der Varianten: Aufenthaltsdauer in Tagen je Umtrieb. Grafik: Stinglmayr<br />
Praxistaugliche Lösung fehlt<br />
Da es weltweit keine praxistaugliche Variante<br />
der sog. „Freien Abferkelung“ für die konventionelle<br />
Sauenhaltung gibt und die Versuche<br />
in reinen Forschungseinrichtungen, dazu<br />
allesamt keine Lösungen gebracht haben, soll<br />
ein Projekt gestartet werden, das die Forschung<br />
und Erkenntnisfindung im „Feld“<br />
betreiben soll. Dazu sollen auf freiwilliger<br />
Basis, aber mit großzügiger finanzieller Unterstützung<br />
der öffentlichen Hand, Bauern<br />
gefunden werden die bereit sind, freie Abferkelsysteme<br />
einzubauen und zu betreiben. Diese<br />
Betriebe werden intensiv fachlich betreut<br />
und wissenschaftlich begleitet. So soll man<br />
über einen Zeitraum von ca. 10 Jahren zu<br />
fachlichen Erkenntnissen gelangen, die neue<br />
und den Anforderungen der Sau, der Ferkel<br />
und der betreuenden Personen bestmögliche<br />
entsprechende Haltungsverfahren bringen.<br />
Das Projekt soll von beiden zuständigen Ministerien<br />
beauftragt und betrieben werden. Alle<br />
zuständigen und verantwortlichen Fachdisziplinen<br />
sollen eingebunden werden. Ein<br />
dementsprechender fachlicher Austausch zwischen<br />
ähnlich gelagerten Projekten in der EU<br />
und weltweit soll angestrebt werden. Am Ende<br />
der formulierten Projektlaufzeit legen beide<br />
Ministerien gemeinsam einen Abschlussbericht<br />
vor, der je nach Ergebnis- und Erkenntnislage<br />
einen Einfluss auf die Formulierungen<br />
von zukünftigen Verordnungen haben kann.<br />
Klar muss aber sein, dass bei einem solchen<br />
Forschungsprojekt nicht schon jetzt ein Stichtag<br />
für ein Ende des Ferkelschutzkorbes festgelegt<br />
werden darf.<br />
Rechtssicherheit ist um und auf<br />
Wie gesagt, dies ist nur ein weiterer konstruktiver<br />
Vorschlag der Landwirtschaft, um den<br />
Stillstand in der Branche aufzuheben und die<br />
Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Eine Reaktion<br />
des Gesundheitsministers Dr. Stöger ist<br />
zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Berichtes<br />
noch nicht vorgelegen. Solange es möglich ist,<br />
sollte alles unternommen werden, eine politische<br />
Lösung zusammenzubringen, um den<br />
Gang zum Verfassungsgerichtshof zu vermeiden.<br />
Die Landwirtschaft h<strong>at</strong> sich zwar auch darauf<br />
gut vorbereitet, jedoch ist der Ausgang einer<br />
solchen richterlichen Entscheidung nie mit<br />
Garantie vorauszusagen. Die Hauptsorge einer<br />
solchen Vorgehensweise besteht aber darin,<br />
dass die Rechtsunsicherheit unter den betroffenen<br />
Bauern weiter bestehen bleibt und der<br />
Stillstand in der Sauenhaltung prolongiert<br />
werden würde.<br />
Ferkelschutzkorb<br />
10
16. Dez. 2010 Bekanntwerden der Missstandsfeststellung<br />
07. Jän. <strong>2011</strong> Besprechung mit LR Hiegelsberger zum Thema<br />
08. Jän. <strong>2011</strong> Wien, Teilnahme an der Bürgeranwaltssendung<br />
im ORF<br />
12. Jän. <strong>2011</strong> Lambach, Besprechung mit LR Hiegelsberger<br />
und NR Auer<br />
17. Jän. <strong>2011</strong> Linz, Arbeitsgruppengespräch mit<br />
LR Hiegelsberger, Präs. Herndl und<br />
Vizepräs. Reisecker<br />
17. Jän. <strong>2011</strong> Linz, Besprechung mit Minister Berlakovich<br />
19. Jän. <strong>2011</strong> Wien, Besprechung mit Prof. Troxler<br />
u. Prof. Baumgartner<br />
19. Jän. <strong>2011</strong> Wien, Vortrag zum Thema im Agrarklub<br />
des Parlamentes;<br />
Bespr. mit Volksanwältin Dr. Brinek<br />
24. Jän. <strong>2011</strong> Linz, Vortrag bei der Präsidialsitzung der LK OÖ<br />
26. Jän. <strong>2011</strong> Steinhaus, <strong>VÖS</strong>-Vorstandssitzung zum Thema<br />
Str<strong>at</strong>egieplanung<br />
03. Feb. <strong>2011</strong> Wien, Besprechung mit LK Österreich,<br />
Str<strong>at</strong>egieplanung<br />
08. Feb. <strong>2011</strong> Linz, Besprechung mit NR Donabauer<br />
und Vizepräs. Reisecker<br />
09. Feb. <strong>2011</strong> H<strong>at</strong>zendorf, Steiermark, Besprechung<br />
mit Prof. Troxler<br />
14. Feb. <strong>2011</strong> Wien, <strong>VÖS</strong>-Geschäftsführender Ausschuss<br />
Planung einer außerordentlichen<br />
<strong>VÖS</strong>-Generalversammlung<br />
14. Feb. <strong>2011</strong> Wien, Arbeitsgespräch mit Vertretern der LK Ö,<br />
Landwirtschaftsministerium und Bauernbund<br />
17. Feb. <strong>2011</strong> Wels, Arbeitsgespräch mit einer schweizer<br />
Deleg<strong>at</strong>ion über die Situ<strong>at</strong>ion in der Schweiz<br />
23. Feb. <strong>2011</strong> Melk, Abstimmungsgespräch mit NR Donabauer<br />
24. Feb. <strong>2011</strong> Wien, Verhandlungen mit Volksanwalt Dr. Kostelka<br />
02. März <strong>2011</strong> Wien, Besprechung mit Prof. Troxler<br />
03. März <strong>2011</strong> Minister Stöger veröffentlicht einen Abänderungsentwurf<br />
der 1. THVO -<br />
„Schweizer Modell“ - ohne sich vorher mit<br />
Minister Berlakovich abzustimmen<br />
07. März <strong>2011</strong> Linz, Erstellen einer betriebswirtschaftlichen<br />
Modellkalkul<strong>at</strong>ion zu den Auswirkungen des<br />
Entwurfes, gemeinsam mit DI Hunger, LK OÖ<br />
09. März <strong>2011</strong> Wien, Endplanung der <strong>VÖS</strong>-Generalversammlung<br />
10. März <strong>2011</strong> Wien, Erstellen der Stellungnahme zum Verordnungsentwurf,<br />
gemeinsam mit LK Ö und<br />
LW-Ministerium<br />
23. März <strong>2011</strong> Wieselburg, <strong>VÖS</strong>-Generalversammlung<br />
1200 Bäuerinnen u. Bauern nehmen teil<br />
Minister Stöger nimmt eine Einladung nicht an<br />
30. März <strong>2011</strong> Wien, Finalisierung-Stellungnahme zum Entwurf<br />
29. April <strong>2011</strong> Linz, Vortrag im Tierzuchtausschuss der LK OÖ<br />
2. Mai <strong>2011</strong> Wien, Abschließende Planungen einer Fachveran-<br />
11 Ferkelschutzkorb<br />
Kastenstand - Diskussion<br />
staltung mit intern<strong>at</strong>ionalen Referenten<br />
09. Mai <strong>2011</strong> St. Pölten, Besprechung/österr. Jungbauernschaft<br />
17. Mai <strong>2011</strong> Wien, intern<strong>at</strong>ionale Fachtagung zum Thema<br />
250 Bäuerinnen u. Bauern nehmen teil<br />
19. Mai <strong>2011</strong> Wien, Verhandlungen mit Minister Stöger im<br />
Agrarklub des Parlamentes<br />
27. Mai <strong>2011</strong> Wien, Facharbeitsrunde des <strong>VÖS</strong>, der LK Ö und<br />
des LW-Ministeriums<br />
31. Mai <strong>2011</strong> Wien, Besprechung im Agrarklub des Parlamentes<br />
07. Juni <strong>2011</strong> Wien, Abstimmungsgespräch mit LK Ö,<br />
LW-Ministerium und Bauernbund<br />
07. Juni <strong>2011</strong> Wien, Besprechung und Verhandlung mit<br />
Minister Stöger<br />
08. Juni <strong>2011</strong> Wien, TGD-Arbeitsgruppe Schwein mit<br />
Stellungnahme<br />
08. Juni <strong>2011</strong> Wien, <strong>VÖS</strong>-Geschäftsführender Ausschuss<br />
Planung der weiteren Vorgehensweise<br />
10. Juni <strong>2011</strong> Linz, Pressekonferenz mit LR Hiegelsberger und<br />
LK Präs. Herndl<br />
17. Juni <strong>2011</strong> Wien, <strong>VÖS</strong>-Sitzung<br />
22. Juni <strong>2011</strong> Wien, Besprechung im Gesundheitsministerium,<br />
Beamtenrunde; Kompromissvorschlag seitens der<br />
LW wird eingebracht<br />
1. Juli <strong>2011</strong> Aufzeichnungen für ORF-Report bei<br />
Fam. Birkhahn, NÖ<br />
14. Juli <strong>2011</strong> Wien, Besprechung im Gesundheitsministerium<br />
26. Juli <strong>2011</strong> Wien, Ministerrunde (Berlakovich-Stöger)<br />
und Fachleute; Minister Stöger h<strong>at</strong> ohne Minister<br />
Berlakovich zu informieren Balluch (VGT)<br />
Hartmann (Vier Pfoten) und<br />
Petrovich (Wiener TSV) dazugeladen<br />
9. Aug. <strong>2011</strong> Wien, Troxler (Fachstelle)<br />
26. Aug. <strong>2011</strong> Linz, Pressekonferenz mit LR Hiegelsberger<br />
7. Sept. <strong>2011</strong> Ried, Demonstr<strong>at</strong>ion, 2000 Bauern bei<br />
Bundespräsident Fischer<br />
16. Sept. <strong>2011</strong> Gallneukirchen, Demonstr<strong>at</strong>ion, 300 Bauern<br />
bei Minister Stöger<br />
20. Sept. <strong>2011</strong> Wien, <strong>VÖS</strong> GF<br />
10. Okt. <strong>2011</strong> St. Pölten, Kundgebung, 500 Bauern bei<br />
Volksanwalt Kostelka<br />
12.Okt. <strong>2011</strong> Wien, Besprechung mit Volksanwaltschaft,<br />
Dr. Brinek<br />
17. Okt.<strong>2011</strong> Wien, Besprechung mit Rektor<strong>at</strong> Vetmed<br />
und Troxler<br />
2. Nov. <strong>2011</strong> Wien, Koordinierungsverhandlungen der<br />
Landwirtschaft<br />
3. Nov. <strong>2011</strong> Steiermark, <strong>VÖS</strong>-Generalversammlung<br />
4. Nov. <strong>2011</strong> Wien, Besprechung mit Prof. Troxler<br />
8. Nov. <strong>2011</strong> Wien, Tiergesundheitsdienst-Arbeitsgruppe<br />
Schwein
Lügen haben kurze Beine<br />
Die Deb<strong>at</strong>te um den Kastenstand und den Ferkelschutzkorb lähmt seit neun Mon<strong>at</strong>en die Branche. Die wohl traurigste<br />
Erkenntnis: Nicht nur Tierschützer polemisieren, auch die Politik, die Volksanwaltschaft sowie die Wissenschaft<br />
argumentieren mit Unwahrheiten und verkennen damit ihre Verantwortung. Im Folgenden einige Beispiele,<br />
welche in der <strong>Ausgabe</strong> des „Fortschrittlichen Landwirts“ vom 16. Oktober <strong>2011</strong> aufgezeigt werden.<br />
„Es gibt in sechs europäischen Ländern<br />
ein entsprechendes Verbot! … Was in<br />
anderen sechs europäischen Ländern<br />
möglich ist, muss auch in Österreich<br />
möglich sein.“<br />
Volksanwalt Dr. Peter KOSTELKA am 23. Juli<br />
In der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ wurde in<br />
diesem Zusammenhang vom Verbot der<br />
Kastenstandhaltung gesprochen.<br />
Ein solches Verbot gibt es in Europa lediglich<br />
in drei Ländern, wobei Schweden das einzige<br />
EU-Mitgliedsland aus dieser Gruppe ist. Norwegen<br />
und die Schweiz stützen als Binnenmärkte<br />
ihre <strong>Schweine</strong>produktion, so dass die<br />
höheren Produktionskosten besser umsetzbar<br />
sind. Letztendlich ist die einzelsta<strong>at</strong>liche<br />
Entwicklung dieser wirtschaftlich unabhängigen<br />
Länder aber nicht mit der Entwicklung<br />
eines Mitgliedslandes im großen EU-Binnenmarkt<br />
vergleichbar.<br />
Neben Schweden weichen lediglich zwei weitere<br />
EU-Mitgliedssta<strong>at</strong>en (von 27) in diesem<br />
Zusammenhang etwas von der EU-Richtlinie<br />
ab. Während in Großbritannien die Einzelhaltung<br />
während der Trächtigkeit verboten<br />
ist, dürfen die Sauen in den Niederlanden ab<br />
2013 nur mehr bis zum vierten Tag nach der<br />
Besamung im Kastenstand gehalten werden.<br />
Der Ferkelschutzkorb ist in beiden Ländern<br />
erlaubt.<br />
„Schweden h<strong>at</strong> bereits seit 1988 ein<br />
Kastenstandverbot und verfügt trotzdem<br />
über eine 100%ige Selbstversorgung bei<br />
<strong>Schweine</strong>fleisch.“<br />
VGT-Obmann DDr. Martin BALLUCH<br />
am 17. Mai<br />
Diese Aussage stammt aus der Podiumsdiskussion<br />
einer Veranstaltung zum Thema<br />
„Tierschutz in der Zuchtsauenhaltung“ mit<br />
Martin Balluch. Nach empörten Rufen einiger<br />
informierter Zuhörer ergänzte Balluch:<br />
„Zumindest im Frischfleischsegment.“<br />
Diese Aussage steht stellvertretend für viele<br />
Halbwahrheiten in dieser Deb<strong>at</strong>te.<br />
Richtig ist, dass Schweden trotz Kastenstandverbot<br />
bis zum EU-Beitritt im Jahr<br />
1995 die Selbstversorgung mit <strong>Schweine</strong>fleisch<br />
bei 100% halten konnte. Seit dem<br />
Beitritt zur EU und der damit einhergehen-<br />
den Öffnung des freien Marktes mussten 90%<br />
der <strong>Schweine</strong>halter ihre Produktion einstellen<br />
und die Entwicklung ging in Richtung<br />
Großbetriebe. Um zumindest deren Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu fördern, wird derzeit über<br />
die Einführung einer sta<strong>at</strong>lichen finanziellen<br />
Unterstützung in der Höhe von 125,– Euro<br />
pro Sau und Jahr diskutiert.<br />
In der Diskussion um den Ferkelschutzkorb wird leider mit vielen Unwahrheiten<br />
argumentiert. Foto: <strong>VÖS</strong><br />
Kastenstand<br />
12
Mittlerweile verfügt Schweden über einen<br />
Selbstversorgungsgrad bei <strong>Schweine</strong>fleisch<br />
von 76%. Importiert wird hauptsächlich aus<br />
Dänemark. Man importiert also jene Form der<br />
Tierhaltung, die man im Inland verboten<br />
h<strong>at</strong>.<br />
„Aus der Gesamtschau der Liter<strong>at</strong>ur …<br />
ist zu erwarten, dass die Haltung von ferkelführenden<br />
Sauen ohne Fixierung in<br />
Praxisbetrieben in einem zum herkömmlichen<br />
Kastenstand vergleichbaren Leistungsniveau<br />
betrieben werden kann.“<br />
Univ. Prof. Dr. TROXLER und<br />
Univ. Prof. Dr. WINKLER am 31. Mai<br />
Diese Feststellung stammt aus einer Stellungnahme<br />
der beiden Wissenschaftler an<br />
das Gesundheitsministerium und dürfte<br />
wesentlichen Einfluss auf den Verordnungsentwurf<br />
ausgeübt haben.<br />
Die Volksanwaltschaft beruft sich in einer<br />
Stellungnahme an den Ausschuss für Petition<br />
und Bürgeriniti<strong>at</strong>iven auf diese Feststellung.<br />
Verwunderlich ist, dass im Schlussbericht<br />
zum Forschungsprojekt „Beurteilung<br />
von Abferkelbuchten“, an dem beide Experten<br />
mitgearbeitet haben, folgende Aussagen<br />
zu finden sind: „In Kastenstandsystemen<br />
wurde eine signifikant höhere Aufzuchtleis<br />
tung erzielt als in freien Abferkelbuchten.<br />
… In allen Systemen ohne Fixierung der Sau<br />
wurden mehr Ferkel erdrückt als in den<br />
Systemen mit fixierter Sau.“<br />
„Gerade in Dänemark, wo ab 2014 eine<br />
absolute Einschränkung umgesetzt wird,<br />
…“<br />
Volksanwalt Dr. Peter KOSTELKA am 23. Juli<br />
Auch diese Aussage stammt aus der Sendung<br />
„Bürgeranwalt“. Unsere Recherchearbeiten<br />
ergaben folgendes Bild:<br />
Im Frühjahr <strong>2011</strong> veröffentlichte eine<br />
Arbeitsgruppe des zuständigen Justizministeriums<br />
in Dänemark einen Bericht mit der<br />
Empfehlung, wonach es in den kommenden<br />
zehn Jahren zu einer freiwilligen Umstellung<br />
(man hofft auf 10% der Produktion) auf freie<br />
Abferkelung kommen soll.<br />
Die Arbeitsgruppe empfiehlt, die Erfahrungen<br />
aus dieser Phase in eine laufende Evaluierung<br />
einfließen zu lassen und danach über<br />
ein mögliches Verbot (mit Übergangsfristen)<br />
zu entscheiden.<br />
13 Kastenstand<br />
Dieser Bericht der Arbeitsgruppe ist das neueste<br />
schriftliche Dokument zu diesem Thema.<br />
Sowohl die Interessensvertretung der<br />
<strong>Schweine</strong>haltung in Dänemark (Danske Svineproducenter)<br />
sowie das „Danish Agriculture<br />
& Food Council“ wissen nichts von einem<br />
möglichen Verbot ab 2014.<br />
Wir fragen die Volksanwaltschaft, woher diese<br />
Inform<strong>at</strong>ion stammt und bekommen folgende<br />
Antwort: „Die uns vorliegenden Inform<strong>at</strong>ionen<br />
bezüglich Dänemark haben wir …<br />
von Vertretern des dänischen <strong>Schweine</strong>züchterverbandes<br />
erhalten. Diese haben<br />
betont, dass sie aus Regierungskreisen informiert<br />
wurden, dass eine deutliche Einschränkung<br />
der Kastenstandhaltung bis 2014 im<br />
Parlament beschlossen werden soll …“<br />
Dieser Beschluss liegt nach eingehenden<br />
Recherchen mit Sicherheit nicht vor.<br />
Abgesehen davon ist eine mündliche Inform<strong>at</strong>ion<br />
über Dritte als Argument für ein<br />
Kastenstandverbot in Österreich doch zu<br />
hinterfragen, zumal damit bäuerliche Existenzen<br />
aufs Spiel gesetzt werden!<br />
„Bis jetzt h<strong>at</strong> das Landwirtschaftsministerium<br />
keinen Gegenvorschlag zu meinem<br />
Verordnungsentwurf vorgelegt.“<br />
Gesundheitsminister Alois STÖGER<br />
am 16. September<br />
Der Verordnungsentwurf des Gesundheitsministers<br />
beinhaltet eine Reduktion der Aufenthaltsdauer<br />
im Kastenstand auf ca. 25<br />
Tage pro Jahr. Abferkelbuchten müssen so<br />
gestaltet sein, dass sich Sauen frei bewegen<br />
können. Zusätzlich wird die Einzelhaltung<br />
vor und nach der Besamung auf insgesamt<br />
zehn Tage reduziert.<br />
Entgegen der Behauptung des Gesundheitsministers<br />
legte die Landwirtschaft ein<br />
Gegenangebot vor. Am 22. Juni wurde dieses<br />
überreicht. Der Vorschlag sieht eine Reduktion<br />
der „Kastenstandtage“ von 157 auf 98<br />
Tage pro Jahr vor.<br />
Das Gesundheitsministerium kritisiert daran,<br />
dass die Abferkelbucht in diesem Vorschlag<br />
nicht ausreichend berücksichtigt worden<br />
sei.<br />
Am 16. September erklärte Stöger bei einer<br />
Protestkundgebung vor Landwirten in Gallneukirchen<br />
(OÖ), dass es bis zu diesem Zeitpunkt<br />
zu keinem Gegenvorschlag der Landwirtschaft<br />
gekommen sei. Auch gegenüber<br />
Volksanwalt Dr. Peter Kostelka argumentier-<br />
te Stöger in einem Brief am 19. August ähnlich.<br />
Warum lässt sich Stöger zu diesen Halbwahrheiten<br />
hinreißen? Verantwortungsvolle<br />
Politik setzt jedenfalls klare und unmissverständliche<br />
Aussagen voraus und darf nicht<br />
nur bis zum eigenen Wählerklientel reichen.<br />
„Gerade in Dänemark, … gibt es Untersuchungen,<br />
wonach bei Nicht-Verwendung<br />
von Kastenständen weniger Ferkel<br />
sterben.“<br />
Volksanwalt Dr. Peter KOSTELKA am 23. Juli<br />
Volksanwalt Kostelka sowie der VGT argumentieren<br />
mit einer Studie der dänischen<br />
Universität Aarhus.<br />
Auf Nachfrage beim „Danish Agriculture &<br />
Food Council“ erfahren wir, dass diese Studie<br />
den Sinn h<strong>at</strong>te, die unterschiedlichen Gründe<br />
für Ferkelsterblichkeit zu untersuchen.<br />
Alleine aufgrund der Versuchszusammenstellung<br />
sei es wissenschaftlich unseriös, daraus<br />
eine Aussage über die Quantität der Ferkelsterblichkeit<br />
unterschiedlicher Haltungssysteme<br />
zu tätigen, so die Antwort.<br />
Ähnliche Argumente sind seit Beginn der<br />
Deb<strong>at</strong>te immer wieder zu hören. Selbst das<br />
Gesundheitsministerium schreibt in den<br />
Erläuterungen zum Verordnungsentwurf:<br />
„Einer Schweizer Studie (FAT-Berichte Nr.<br />
656/2006) folgend, ist die Reproduktionsleistung<br />
bei Fixierung allerdings nicht signifikant<br />
höher als bei Systemen mit freier Bewegungsmöglichkeit.“<br />
Univ. Prof. Dr. Steffen<br />
Hoy (Universität Gießen) fasste im Frühjahr<br />
<strong>2011</strong> alle weltweit wissenschaftlich anerkannten<br />
Studien zu diesem Thema zusammen.<br />
Von 24 Vergleichsuntersuchungen zeigten<br />
21 Studien höhere Ferkelverluste bei der<br />
freien Abferkelung.<br />
Die Autoren der vom Gesundheitsministerium<br />
herangezogenen Studie geben an, dass<br />
eine nicht näher definierte Anzahl an Betrieben<br />
von der Auswertung ausgeschlossen worden<br />
sei. Es ist daher befremdend, wenn eine<br />
kontrovers diskutierte Studie, deren Ergebnis<br />
nicht mit dem Großteil ähnlicher Untersuchungen<br />
übereinstimmt, als Argument für<br />
eine Verordnung herangezogen wird.<br />
Roman GOLDBERGER<br />
„Fortschrittlicher Landwirt“<br />
Rainbach
Ing. Rudolf Schmied<br />
LK-<strong>Schweine</strong>ber<strong>at</strong>ung Stmk.<br />
Für die <strong>Schweine</strong>mäster stellt sich die Frage,<br />
wie soll die Mastmineralstoffmischung ausgest<strong>at</strong>tet<br />
sein, um mit hohen Feuchtmaisan-<br />
teilen beste Mast- und Schlachtleistungen zu<br />
erzielen.<br />
Fleischreiche Mastschweine<br />
optimal füttern<br />
Der österreichische <strong>Schweine</strong>markt verlangt<br />
deutlich fleischreichere <strong>Schweine</strong> als in anderen<br />
EU-Ländern, wie beispielsweise Holland,<br />
Dänemark oder Deutschland.<br />
Nur heimische Genetik, die hervorragend auf<br />
diese Markterfordernisse ausgerichtet ist,<br />
kann in Verbindung mit einer optimierten<br />
Fütterung diesen Ansprüchen gerecht werden.<br />
Höhere Magerfleischanteile (MFA) von über 60<br />
% und tägliche Zunahmen (TZ) von über 800 g<br />
verlangen auch eine eiweißbetontere Fütterung<br />
und möglichst ausgeglichene Aminosäurenverhältnisse<br />
in den heimischen Mastr<strong>at</strong>ionen.<br />
Um dieses Ziel zu erreichen empfehlen<br />
Welche Mineralstoffmischungen<br />
für Feuchtmaisr<strong>at</strong>ionen?<br />
Mais ist in Österreich das Futtermittel Nummer eins im <strong>Schweine</strong>trog. In der Steiermark<br />
und in anderen Bundesländern wird insbesondere Feuchtmais in Form von<br />
Ganzkornmaissilage oder Maiskornsilage als Hauptfutterträger zusammen mit<br />
Sojaextraktionsschrot und Mineralstoffmischung verfüttert. Weizen, Gerste oder<br />
heimische Eiweißaltern<strong>at</strong>iven werden nur zum Teil in die R<strong>at</strong>ionen eingemischt.<br />
wir – abgeleitet von den Bedarfsempfehlungen<br />
der GfE 2006 (Gesellschaft für Ernährung) –<br />
eine zum Teil höhere Ausst<strong>at</strong>tung (siehe<br />
Tabelle 1). Besonders schnell wachsende<br />
<strong>Schweine</strong> in Verbindung mit Ad-libitum-Fütterung<br />
(z.B. Kurztrog-Sensor, Autom<strong>at</strong>enmast)<br />
benötigen pro kg Futter eine höhere Konzentr<strong>at</strong>ion<br />
an Aminosäuren als <strong>Schweine</strong> mit<br />
deutlich längerer Mastdauer. Wer hier spart<br />
kommt rasch an die Grenzen und verliert<br />
wertvolle MFA und TZ. Die Futterverwertung<br />
verbessert sich mit der Höhe der TZ, diese ist<br />
insbesondere in Zeiten hoher Futterkosten<br />
entscheidend.<br />
Nährstoffgehalte des Maises<br />
Um die Frage nach der optimalen Mineralstoffausst<strong>at</strong>tung<br />
zu beantworten, muss zuerst einmal<br />
die Nährstoffzusammensetzung des Maises<br />
betrachtet werden. Die LK-<strong>Schweine</strong>ber<strong>at</strong>ung<br />
Steiermark (SBS) und auch die LK-Steiermark<br />
führen bereits seit 2001 Nährstoffanalysen<br />
durch, um diese Frage näher zu beleuchten.<br />
Grafik 1: Maisuntersuchungen LK-<strong>Schweine</strong>Ber<strong>at</strong>ung Steiermark 2001-<strong>2011</strong>.<br />
Quelle: GfE 2006 und eigene Erfahrungen<br />
Die Schwankungen beim Energiegehalt sind<br />
beim Mais rel<strong>at</strong>iv gering. Der Feuchtmais h<strong>at</strong>,<br />
je nach t<strong>at</strong>sächlichem Rohfasergehalt (Spindelanteil),<br />
einen etwas niedrigeren Energiegehalt<br />
als Körnermais.<br />
Mais h<strong>at</strong> verglichen mit Weizen oder Gerste<br />
einen rel<strong>at</strong>iv niedrigen Rohproteingehalt (XP).<br />
Dieser kann sowohl von Sorte zu Sorte als<br />
auch von Jahr zu Jahr schwanken.<br />
Die Ergebnisse der Jahre 2001 – <strong>2011</strong> (Grafik<br />
1) zeigen einen sehr unterschiedlichen Verlauf<br />
bei den Rohproteingehalten in den einzelnen<br />
Jahren. Insbesondere die letzten fünf Jahre<br />
zeigen einen abnehmenden XP-Gehalt. Dies<br />
h<strong>at</strong> mit verschiedenen Anbaubedingungen,<br />
Kulturführungsmaßnahmen, Düngung, Witterung<br />
und mit unterschiedlichen Ertragsniveaus<br />
zu tun. In den letzten Jahren waren die<br />
Erträge in der Steiermark rel<strong>at</strong>iv gut. Hohe<br />
Erträge führen anscheinend zu einer „Verdünnung“<br />
der enthaltenden Nährstoffe.<br />
Auch die aktuelle Mais-Nährstoffuntersuchungsaktion<br />
<strong>2011</strong> der SBS und Styriabrid, bei<br />
Futtermittel<br />
14
welcher bisher mehr als 100 Maisproben untersucht<br />
wurden, zeigt die enormen Rohproteinschwankungen<br />
auf. Der Rohproteingehalt lag<br />
im Durchschnitt aller Maisproben bei rund 75<br />
g (88 % T), wobei dieser zwischen 61 und 87<br />
g schwankte. Der langjährige Durchschnitt in<br />
der Steiermark lag zwischen 2001 und 2006<br />
bei rund 84 g Rohprotein, in den letzten fünf<br />
Jahren von 2007 bis <strong>2011</strong> aber nur mehr bei<br />
rund 76 g. Diese möglichen Schwankungen<br />
muss der <strong>Schweine</strong>mäster unbedingt berücksichtigen.<br />
Eine jährliche Nährstoffuntersuchung<br />
des Maises und eine exakte Abstimmung<br />
der R<strong>at</strong>ionen sind unbedingt zu empfehlen.<br />
Auch die Aminosäurengehalte im Rohprotein<br />
haben eine gewisse Schwankungsbreite.<br />
Jedoch sind Aminosäurenuntersuchungen<br />
für den Einzelbetrieb sehr kostspielig. Hier<br />
reichen Durchschnittswerte und eine Abstimmung<br />
je nach Rohproteingehalt.<br />
Bei den Aminosäurenverhältnissen (siehe<br />
Tabelle 1) fällt auf, dass Mais beim Tryptophangehalt<br />
deutlich niedriger liegt als Weizen<br />
oder Gerste.<br />
Dies ist bei der Zugabe von Aminosäuren im<br />
Mineralstoff unbedingt zu beachten. Weiters<br />
liegt der Kalziumgehalt (Ca), aber insbesondere<br />
der Phosphorgehalt (P) beim Mais deutlich<br />
unter dem des Getreides. Dies muss in der<br />
Mineralstoffmischung ebenfalls berücksichtigt<br />
werden. Heimische Firmen haben auf diesen<br />
Umstand reagiert, jedoch werden zum Teil<br />
auch Mineralstoffe aus dem deutschen Raum<br />
importiert, welche beim P deutlich niedriger<br />
liegen, weil dort überwiegend Getreide in der<br />
<strong>Schweine</strong>mast verfüttert wird.<br />
Tabelle 1: Quelle: GfE 2006 und eigene Erfahrungen<br />
Tabelle 2: Quelle: GfE 2006 und eigene Erfahrungen<br />
15 Futtermittel<br />
Aminosäurengehalte<br />
Als Basis für die Berechnungen (siehe Tabelle<br />
2) wurden beim Sojaextraktionsschrot die<br />
Werte der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft<br />
(LfL) verwendet, da anzunehmen<br />
ist, dass der in Österreich verwendete Sojaschrot<br />
in etwa gleich ausgest<strong>at</strong>tet sein wird.<br />
Aus fachlicher Sicht und langjähriger praktischer<br />
Erfahrungen und Auswertungen wird –<br />
abgeleitet von unseren Maisanalysen und den<br />
Empfehlungen der GfE 2006 – bei Mineralstoffmischungen<br />
für überwiegenden Feuchtmaiseins<strong>at</strong>z<br />
(> 75 %) mit einer Einmischr<strong>at</strong>e<br />
von 2,5 – 3,0 % (entspricht bei Trockenr<strong>at</strong>ionen<br />
mit 88 % T: 3,0 – 3,5 %) ein Lysingehalt<br />
von 7 – 8 %, ein Methioningehalt von 2 – 2,5<br />
%, ein Threoningehalt von 1,8 – 2,3 % und ein<br />
Tryptophangehalt von 0,3 – 0,4 % empfohlen.<br />
Nur so ist es möglich ein ideales Aminosäurenverhältnis<br />
zwischen Lysin, Methionin +<br />
Cystin, Threonin und Tryptophan von 1 : 0,60<br />
: 0,65 : 0,18 zu erreichen.<br />
Da am Markt ein reger Wettbewerb unter den<br />
Mineralstoffanbietern herrscht, wird leider<br />
oftmals beim Threonin und vor allem beim<br />
hochpreisigen Tryptophan gespart.<br />
Threonin ist aber entscheidend für die Fleischfülle,<br />
was sich auch durch eine deutliche Erhöhung<br />
bei den Richtwerten der GfE 2006 ablesen<br />
lässt. Tryptophan ist um ein Vielfaches<br />
teurer, als beispielsweise Lysin und spielt vor<br />
allem für das Futteraufnahmeverhalten und<br />
die Ruhe im Stall eine wesentliche Rolle. Tryptophan<br />
(Vorstufe von Serotonin) ist als n<strong>at</strong>ürliches<br />
„Beruhigungsmittel“ bekannt.<br />
Bei reinen Maisr<strong>at</strong>ionen sollte Tryptophan in<br />
stark lysinhältigen Mineralstoffen aber keinesfalls<br />
fehlen. Wer mehr als 10 % Weizen<br />
oder Gerste in die R<strong>at</strong>ion einmischt, kann auf<br />
die Ergänzung von Tryptophan bei Mineralstoffmischungen<br />
mit 7 – 8 % Lysin verzichten.<br />
Eine optimale Ausst<strong>at</strong>tung der wichtigsten<br />
Aminosäuren ist besonders in der eiweißreduzierten<br />
<strong>Schweine</strong>mast laut Aktionsprogramm<br />
Nitr<strong>at</strong> mit max. 17 % Rohprotein in der<br />
Anfangsmast bis 70 kg Lebendgewicht und<br />
max. 15,5 % in der Endmast besonders wichtig.<br />
Je höher das Wachstumspotential ist,<br />
desto besser muss die Aminosäurenausst<strong>at</strong>tung<br />
sein, um optimale MFA und tägliche<br />
Zunahmen zu erreichen. Bei manchen Betrieben<br />
mit hohen Tierleistungen reichen 15,5 %<br />
Rohprotein ab 70 kg Lebendgewicht gar nicht<br />
mehr aus, um die möglichen Potentiale voll<br />
ausschöpfen zu können.<br />
Deshalb empfehlen wir bei sehr guten Mastund<br />
Schlachtleistungen ein MJ : Lysinverhältnis<br />
von 1 : 0,82 in der Anfangsmast (30 – 60<br />
kg LG), 1 : 0,77 in der Mittelmast (60 – 90 kg<br />
LG) und 1 : 0,73 in der Endmast (ab 90 kg LG).<br />
Da die Betriebe in Österreich überwiegend<br />
kleiner strukturiert sind, wird meist nur eine<br />
Mineralstoffmischung für die gesamte Mastperiode<br />
gefüttert.<br />
Mineralstoffmischungen für die Endmast mit<br />
beispielsweise nur 6 % Lysin, 1,5 % Methionin<br />
und 1 % Threonin sind grundsätzlich möglich,<br />
man muss beim Rohproteingehalt aber deutlich<br />
über 16 % bleiben (mehr Sojaschrot einsetzen),<br />
was kostenmäßig meist keinen Vorteil<br />
bringt bzw. der Betrieb aus der eiweißreduzierten<br />
Fütterung heraus fällt.<br />
Tabelle 3: Mineralstoffempfehlungen für<br />
Mastr<strong>at</strong>ionen mit ca. 75% Feuchtmaisanteil.<br />
Quelle: Eigene Berechnungen
Mengenelemente<br />
Als Kalziumträger wird in Mastmineralstoffen<br />
hauptsächlich Calciumcarbon<strong>at</strong> (Kohlensaurer<br />
Kalk) verwendet. Hier h<strong>at</strong> die GfE 2006 den<br />
Richtwert von Kalzium (Ca) auf 6 g pro kg<br />
Futter (88 % T) gesenkt. Da Ca kein Kostenfaktor<br />
ist, haben die meisten Firmen bislang<br />
das Ca in den Mineralstoffmischungen nicht<br />
abgesenkt. Es herrscht auch die Sorge, dass<br />
das Fundament der Mastschweine nachteilig<br />
reagieren könnte.<br />
Wer mehr als 7 g Ca in der Anfangsmastr<strong>at</strong>ion<br />
und mindestens 6 g Ca in der Endmastr<strong>at</strong>ion<br />
(88% T) haben möchte, muss einen Mineralstoff<br />
mit einem Ca-Gehalt von ca. 18 – 20 % –<br />
je nach Einmischr<strong>at</strong>e – verwenden.<br />
Zu hohe Ca-Gehalte können aber die Aufnahme<br />
von Spurenelementen und auch die Wirksamkeit<br />
von Phytase im Tierkörper beeinträchtigen.<br />
Die GfE h<strong>at</strong> die Richtwerte beim Phosphor im<br />
Wesentlichen bestätigt.<br />
Jedoch wird aktuell nur noch mit verdaulichem<br />
Phosphor in Verbindung mit Phytaseeins<strong>at</strong>z<br />
gerechnet, was die Möglichkeit eröffnet,<br />
den Bruttophosphorgehalt in den Mineralstoffmischungen<br />
abzusenken. Bei Maisr<strong>at</strong>ionen<br />
empfehlen wir einen Bruttophosphorgehalt<br />
in den Mineralstoffmischungen von mindestens<br />
3 % bis max. 4 %. Phytase ist ein<br />
Enzym, dass die P-Verdaulichkeit von Grundfuttermittel<br />
(Mais, Getreide, Soja,…) erhöht.<br />
Je nach Phytaseprodukt empfehlen wir 500<br />
bis 750 FTU (Phytaseeinheiten) im fertigen<br />
Futter (88 %T). Um dies zu erreichen müssen<br />
in den Mineralstoffmischungen bei beispielsweise<br />
3 % Einmischr<strong>at</strong>e rund 16.700 bzw.<br />
25.000 FTU enthalten sein. Da die Bauern<br />
meist zwei- oder dreiphasig füttern und in der<br />
Mittel- bzw. Endmast die Mineralstoffeinmischr<strong>at</strong>e<br />
reduzieren, ist die Phytasemenge auf<br />
diesen Gesichtspunkt auszurichten, da für die<br />
Wirksamkeit eine Mindestdosis empfohlen<br />
wird. Phytase ist ein lebendes Enzym und nur<br />
begrenzt lagerfähig, daher rechnen die Firmen<br />
meist Sicherheitszuschläge dazu.<br />
Beim Rohstoff P sollte man auf Monocalciumphosph<strong>at</strong><br />
st<strong>at</strong>t Dicalciumphosph<strong>at</strong> setzen, da<br />
dessen Verdaulichkeit höher und die Verträglichkeit<br />
im Verdauungstrakt (Pufferwirkung)<br />
wesentlich besser ist. Monocalciumphosph<strong>at</strong><br />
ist aber teurer.<br />
Beim N<strong>at</strong>rium sind Werte von 4,5 – 5 % im<br />
Mineralstoff sinnvoll, um in der fertigen<br />
R<strong>at</strong>ion einen Gehalt von rund 1,5 g zu erhalten.<br />
Als Hauptträger dient in den meisten Fällen<br />
Viehsalz (N<strong>at</strong>riumchlorid).<br />
Spurenelemente<br />
Spurenelemente sind wie Mengenelemente im<br />
Futter unbedingt notwendig. Dazu zählen beispielsweise<br />
Eisen, Jod, Kupfer, Mangan, Selen<br />
und Zink.<br />
Bei Kupfer (Cu), Selen (Se) und Zink (Zn) gibt<br />
es gesetzliche Höchstgrenzen für Mastschweine.<br />
Bei Cu ist ein Höchstgehalt von maximal 25<br />
mg, bei Zn 150 mg und bei Se ein Gehalt von<br />
0,5 mg im fertigen Futter (88 % T) einzuhalten.<br />
Um keine Überschreitungen zu riskieren und<br />
unnötige Ausscheidungen beim Tier zu vermeiden,<br />
muss auch der n<strong>at</strong>ive (n<strong>at</strong>ürliche)<br />
Gehalt von Spurenelementen in den Grundfuttermitteln<br />
mit gerechnet werden.<br />
Im Schnitt kann man mit n<strong>at</strong>iven Gehalten<br />
von rund 50 mg Zink, 10 mg Kupfer und 0,1<br />
mg Selen in den Grundfuttermitteln rechnen.<br />
Daher dürfen, je nach Einmischr<strong>at</strong>e, maximal<br />
2900 mg Zink, 450 mg Kupfer und 10 – 12 mg<br />
Selen im Mineralstoff beigefügt werden. Mit<br />
besser verfügbaren organischen Spurenelementen<br />
könnte man den Gehalt in den Mineralstoffen<br />
reduzieren. Diese werden in der<br />
<strong>Schweine</strong>mast aus Preisgründen bisher aber<br />
selten verwendet.<br />
Vitamine<br />
Die drei wichtigsten Vitamine in Mineralstoffmischungen<br />
sind neben anderen die Vitamine<br />
A, D und E.<br />
Ein Kilo Mais (88 % T) enthält rund 20 – 22 g<br />
mehrfach ungesättigte Fettsäuren - sogenannte<br />
Polyensäuren.<br />
Bei R<strong>at</strong>ionen mit rund 75 % Feuchtmaisanteil<br />
liegt der Polyensäuregehalt bei rund 16 – 17 g<br />
pro kg Futter. Deshalb sollte der Vitamin E-<br />
Gehalt deutlich über 100 mg pro kg Futter (88<br />
% T) liegen, weil Vitamin E bei Fleischwaren<br />
als Antioxidantium wirkt. Wir haben mit<br />
einem Basisgehalt von rund 5000 mg Vitamin<br />
E in den Mineralstoffmischungen gute Erfahrungen<br />
gemacht.<br />
Wenn am Betrieb besondere Stresssitu<strong>at</strong>ionen<br />
im Mastbestand auftreten (z.B. in Folge von<br />
Futterqualitätsproblemen oder tiergesundheitlichen<br />
Problemen,…) kann es durchaus Sinn<br />
machen, den Vitamin E-Gehalt kurzzeitig auf<br />
200 bis maximal 300 mg pro kg Futter zu steigern.<br />
Diese Steigerung ist durch Erhöhung des<br />
Vitamin E-Gehaltes in den Mineralstoffmischungen<br />
auf 6000 bis 8000 mg möglich bzw.<br />
man kann auch stoßweise Vitamin E in Form<br />
von Ergänzungsfuttermitteln anbieten. Bei<br />
Ergänzungsfuttermitteln ist darauf zu achten,<br />
dass bei manchen Ergänzern das Spurenelement<br />
Selen in Kombin<strong>at</strong>ion mit Vitamin E enthalten<br />
ist. Im fertigen Futter dürfen aus futtermittelrechtlichen<br />
Gründen max. 0,5 mg<br />
Selen enthalten sein. Überdosierungen können<br />
bei <strong>Schweine</strong>n schwere gesundheitliche<br />
Schäden bis hin zu Ausfällen verursachen.<br />
Daher sollte man Vitamin E –Ergänzer ohne<br />
Selen verwenden.<br />
Der Richtwert für Vitamin D wurde von der GfE<br />
2006 auf 500 IE (Intern<strong>at</strong>ionale Einheiten) pro<br />
kg Mastfutter (88 % T) reduziert. In der Praxis<br />
vertrauen die meisten Futtermittelfirmen<br />
nach wie vor auf 1500 bis 2000 IE. Der gesetzlich<br />
vorgeschriebene Wert von 2000 IE pro kg<br />
Futter darf aber keinesfalls überschritten werden.<br />
So darf eine Mineralstoffmischung bei 3 –<br />
3,5 % Einmischr<strong>at</strong>e (88 % T) einen maximalen<br />
Gehalt von 55.000 IE Vitamin D aufweisen.<br />
Beim Vitamin A wurde die Richtwerteempfehlung<br />
der GfE 2006 auf 5000 bis 7000 IE abgesenkt.<br />
Auch hier ist ein gesetzlicher Gehalt<br />
von 13.500 IE pro kg Alleinfutter (88 % T)<br />
einzuhalten. Damit es zu keinen Überschreitungen<br />
kommt, sind daher in den Mastmineralstoffen<br />
Gehalte von maximal 380.000 IE je<br />
nach Einmischr<strong>at</strong>e möglich.<br />
Zus<strong>at</strong>zstoffe<br />
Zus<strong>at</strong>zstoffe wie zum Beispiel Futtersäuren,<br />
Probiotika, Prebiotika, Kräuterprodukte,<br />
ätherische Öle, Enzyme und dergleichen werden<br />
von den Firmen eingesetzt, um die Fresslust<br />
und die Verdauung zu unterstützen und<br />
damit die Leistung der Mastschweine zu steigern.<br />
Es gibt eine Vielzahl von zugelassenen Produkten.<br />
Jede Firma h<strong>at</strong> ihre eigenen Produktlinien.<br />
Wichtig erscheint mir, sich nicht nur<br />
auf solche Produkte zu verlassen, sondern<br />
darauf zu achten, dass die Grundausst<strong>at</strong>tung<br />
eines Mastmineralstoffes möglichst ausgewogen<br />
ist. Weiters ist die Qualität der eingesetzten<br />
Grundfuttermittel wie Mais, Getreide und<br />
Eiweißfuttermittel sowohl aus der Sicht der<br />
Nährstoffqualität, als auch aus der Sicht der<br />
Futterhygiene und Gesundheit (z.B. Mykotoxine,<br />
Keimzahlen,…) optimal auszurichten.<br />
Kennzeichnung<br />
Leider sieht das Futtermittelrecht nicht vor,<br />
dass alle Inhaltsstoffe am Sackanhänger oder<br />
Lieferschein zu deklarieren sind. Bei Mineralstoffen<br />
wäre es dem Kunden gegenüber fairer,<br />
zumindest alle beigefügten Aminosäuren<br />
exakt zu deklarieren, damit man sich ein<br />
abgerundetes Bild über die Wertigkeit des<br />
Mineralstoffes machen kann. Firmen mit kundenorientierter<br />
Kennzeichnung führen dies<br />
bereits freiwillig durch, um die Transparenz<br />
ihrer Produkte zu erhöhen.<br />
Futtermittel 16
„Triple A“- Kennzeichnung von <strong>Schweine</strong>schlachtkörpern<br />
über das System „sus“<br />
Das System „sus“ sichert nähere Angaben zu <strong>Schweine</strong>fleisch ab. Im Fall der „Triple A“ - Kennzeichnung wird<br />
bestätigt, dass die Tiere in Österreich geboren, gemästet und geschlachtet wurden.<br />
Für die Absicherung des Geburts- und Mastlandes<br />
dienen dem Klassifizierer die Tätowierung<br />
der <strong>Schweine</strong> und die Angaben am sus -<br />
Viehverkehrsschein.<br />
Element 1: Tätowierung<br />
Die Tätowierung ist eine heikle und schwierige<br />
Aufgabe, die dem Mäster viel Geduld und<br />
Fingerspitzengefühl abverlangt. Für die Rückverfolgbarkeit<br />
der Schlachtkörper ist eine<br />
vollständige Tätowierung besonders wichtig.<br />
Nach der Tierkennzeichnungsverordnung ist<br />
die Kennzeichnung mindestens 30 Tage vor<br />
der Schlachtung durchzuführen. Es ist eine<br />
für die <strong>Schweine</strong> möglichst stressfreie Durchführung<br />
der Tätowierung anzustreben, für die<br />
es je nach Aufstallungssystem verschiedene,<br />
betriebsspezifische Varianten gibt. Das Ziel ist<br />
jedenfalls, eine gut lesbare Tätowierung zu<br />
erhalten (siehe Bild 1).<br />
Teilweise sind aber die Tätowierungen unvollständig<br />
oder unlesbar und deshalb können<br />
die Tiere am Schlachtbetrieb nicht sicher<br />
einem Betrieb zugeordnet werden. (Solche<br />
Schlachtkörper können z.B. auch nicht im<br />
„AMA-Gütesiegelprogramm“ vermarktet werden).<br />
Für eine korrekte Tätowierung ist auch auf die<br />
Bild 1: Wichtig - eine deutlich lesbare Tätowierung. Foto: AMA<br />
17 AMA<br />
richtige Zusammensetzung des Tätowier-Stempels<br />
zu achten (siehe Bild 2):<br />
In der ersten Zeile „AT“, anschließend den<br />
Bundesländercode und mindestens drei, aber<br />
höchstens vier Ziffern der LFBIS – Nummer.<br />
Zum Zeitpunkt der Stempelung muss diese<br />
Zeile mindestens eine Höhe von 10 mm<br />
haben.<br />
Die zweite Zeile mit den restlichen Ziffern<br />
der LFBIS – Nummer und (optionalen) Logos.<br />
Die Mindesthöhe beträgt bei der zweiten Zeile<br />
20 mm.<br />
Die einzelnen Elemente des Stempels sollen<br />
nicht abgenutzt sein. Es ist auch genügend<br />
Farbe zu verwenden (öfters in das Stempelkissen<br />
tauchen).<br />
Element 2: Viehverkehrsschein<br />
Es ist gefordert, die von der AMA-Marketing<br />
erstellten sus - Viehverkehrsscheine zu verwenden<br />
und alle benötigten Angaben zu<br />
machen:<br />
• die LFBIS-Nr. am Viehverkehrsschein soll<br />
gut lesbar sein<br />
• die Stück-Anzahl der verbrachten Tiere ist<br />
anzugeben<br />
• das Feld „Geburt der Ferkel – Land“ und<br />
• das Feld „Mast der <strong>Schweine</strong> - Land“ ist<br />
auszufüllen<br />
„Triple A“<br />
Für die „Triple A“ Kennzeichnung müssen<br />
die Tiere in Österreich geboren, gemästet<br />
und geschlachtet sein.<br />
Dementsprechend ist in den relevanten Feldern<br />
„AT“ anzugeben.<br />
Das Genusstauglichkeitskennzeichen des<br />
Fleischuntersuchungstierarztes sichert die<br />
Schlachtung in einem österreichischen<br />
Schlachtbetrieb ab.<br />
Sind alle diese Bedingungen erfüllt, steht<br />
einer „Triple A“-Kennzeichnung am<br />
Schlachthof nichts mehr im Wege.<br />
Bild 2: Für die korrekte Tätowierung ist auf die richtige<br />
Zusammensetzung des Tätowier-Stempels zu achten. Foto: AMA
Massive Werbeaktivitäten für<br />
Fleisch und AMA-Gütesiegel<br />
In diesen Wochen wird seitens der AMA nochmals voller Werbedruck für Fleisch, Wurst, Speck und Schinken<br />
gemacht.<br />
Neben dem generischen Ans<strong>at</strong>z („Fleisch<br />
bringts“ wird auch massiv das AMA-Gütesiegel<br />
als wertvolle Orientierungshilfe beim Einkauf<br />
beworben.<br />
Mit Merkur, Lidl & CO ...<br />
Mit dem Einstieg von Merkur vor rund einem<br />
Jahr begann ein sehr erfreulicher Entwicklungsschub<br />
für das AMA-Gütesiegel. Diesem<br />
Beispiel folgte der Discounter Lidl - und weitere<br />
Lebensmittelketten stehen davor ins Gütsiegelboot<br />
einzusteigen.<br />
Mehr als 30 Lizenznehmer aus der Fleischwa-<br />
renindustrie zeugen für das rege Interesse am<br />
AMA-Gütesiegel für Fleischerzeugnisse.<br />
Aktuell liegen die Marktanteile bereits bei der<br />
15 Prozent-Marke.<br />
Es kommen derzeit also mehr als 30.000 t<br />
Schinken, Speck und Wurstwaren mit dem<br />
AMA-Gütesiegel pro Jahr auf den Markt. Dementsprechend<br />
ist die Voraussetzung für eine<br />
verstärkte Bewerbung als wichtige Orientierungshilfe<br />
beim Einkauf gegeben.<br />
Neue „Fleisch bringt´s“-<br />
Kampagne bringt´s<br />
Die erfolgreiche Citylight-Kampagne vom Sommer wurde Oktober<br />
und November wiederholt und deckte auch den Bereich<br />
„<strong>Schweine</strong>fleisch“ mit dem Sujet „Saftige Koteletts“ ab.<br />
Foto: AMA<br />
Nachdem im Sommer mit Erfolg rund eine hal-<br />
be Million Euro in eine breit angelegte Werbekampagne<br />
geflossen sind, konnte aufgrund<br />
einer einmalig günstigen Budgetsitu<strong>at</strong>ion im<br />
Herbst eine weitere Kampagne-Welle gebucht<br />
werden.<br />
Um den Werbedruck weiter zu erhöhen, erfolgte<br />
gemeinsam mit dem Milchbereich eine<br />
Wiederholung der Citylight-Kampagne im Oktober<br />
und November. Zusätzlich rundete eine<br />
4. Welle “Fleisch bringts“ Fernsehwerbung mit<br />
dem brandneuen Spot „Reifenpanne“ und mit<br />
neuen AMA-Gütesiegel Allongen das Maßnahmenpaket<br />
ab.<br />
Die verstärkten Werbeaktivitäten wurden mit dem neuen Fernsehspot<br />
„Reifenpanne“ abgerundet. Foto: AMA<br />
AMA<br />
18
Neue Grenzwerte zum Ausschluss<br />
von „Schrumpfschnitzel“<br />
Die Grenze für die erste pH-Wertmessung bei <strong>Schweine</strong>schlachtkörpern zum Ausschluss des Fleischfehlers<br />
„Schrumpfschnitzel“ (PSE Fleisch) wurde angehoben, um die Qualität zu verbessern.<br />
Qualitätsorientierte Konsumenten von <strong>Schweine</strong>fleisch<br />
erwarten, die entsprechende Qualität<br />
zu bekommen, die versprochen wird.<br />
Genetische– und produktionsbestimmende<br />
Eigenschaften (z.B. Fütterung, Mastendgewicht,<br />
Alter,..) beeinflussen die Fleischqualität<br />
genauso wie die Behandlung der Tiere<br />
beim Transport. Am Schlachthof ist sowohl<br />
der Umgang mit den lebenden Tieren (zB.<br />
Betäubung), als auch die Behandlung der<br />
Schlachtkörper (z.B. Entblutung, Kühlung)<br />
von Bedeutung.<br />
Im AMA-Gütesiegelprogramm wird die Fleischqualität<br />
unter anderem anhand des pH-Wert-<br />
Verlaufes nach der Schlachtung beurteilt.<br />
Dadurch soll PSE-Fleisch (hell, weich, wässrig)<br />
erkannt und aus der Vermarktung im Gütesiegelprogramm<br />
ausgeschlossen werden.<br />
Durch steigende Schlachtgeschwindigkeiten<br />
und der damit verbundenen schnelleren<br />
Schlachtbandgeschwindigkeit, erfolgt in der<br />
Praxis die erste Messung des pH-Wertes nach<br />
der Schlachtung zu einem früheren Zeitpunkt.<br />
Den Abtestungs-Ergebnissen zufolge h<strong>at</strong><br />
die Sommer-Kampagne hervorragend abgeschnitten.<br />
Der wiederholte Eins<strong>at</strong>z der Fleischmotive<br />
verhilft der „Sicher ist sicher!“-<br />
Kampagne zu ausgezeichneten Wirkungswerten.<br />
Bei 27% der Befragten ist der Auftritt der AMA<br />
im Gedächtnis verankert. Im Vergleich dazu<br />
liefert der Durchschnitt n<strong>at</strong>ionaler Plak<strong>at</strong>kampagnen<br />
24% Gesamt-Recall. Mit 17% beantworten<br />
rund 2/3 der Personen mit aktiver Erinnerung<br />
die Frage nach sujetspezifischen Details<br />
richtig. Für die Recognition wird ein Wert von<br />
48% erzielt. Demnach h<strong>at</strong> nahezu jeder Zweite<br />
die Testsujets gesehen und die Fotovorlagen<br />
wiedererkannt. Der Wiedererkennungswert des<br />
Plak<strong>at</strong>durchschnittes erreicht lediglich 36%.<br />
Ein ausgezeichnetes Bild zeichnet sich auch<br />
bei der Anmutungsqualität der Sujets ab. Die<br />
Bewertung der drei Motive fällt mit einem<br />
Mittelwert von 1,92 auf einer 5-stufigen<br />
Notenskala deutlich gefälliger aus, als es der<br />
Langzeitvergleich vorgibt.<br />
19 AMA<br />
Ob das Ausscheiden von PSE-<strong>Schweine</strong>n durch<br />
diese pH-Wert-Messung noch ausreichend<br />
sichergestellt ist, wurde durch zwei von der<br />
AMA-Marketing in Auftrag gegebenen wissenschaftlichen<br />
Studien abgeklärt, eine durch<br />
die Veterinärmedizinische Universität in Wien<br />
und eine durch die Österreichische <strong>Schweine</strong>prüfanstalt<br />
in Streitdorf.<br />
Aufgrund der Ergebnisse beider Studien wurde<br />
im AMA-Gütesiegelfachgremium „Frischfleisch“<br />
beschlossen, den pH1-Wert zur<br />
Sicherstellung der Fleischqualität anzuheben.<br />
Damit wird nicht nur den gesteigerten<br />
Schlachtbandgeschwindigkeiten Rechnung<br />
getragen, sondern auch PSE-Grenzfälle erkannt<br />
(ca. 2 bis 10% mehr Ausfall je nach Schlachthof)<br />
und somit die Qualität von AMA-Gütesiegelschweinefleisch<br />
wieder sicher gestellt.<br />
Deshalb gilt seit dem 03.10.<strong>2011</strong> ein pH1-<br />
Wert von mindestens 6,1 als Grenze für<br />
die vorläufige AMA-Gütesiegelstempelung<br />
(bisher 6,0). Die Messung darf frühestens<br />
30 Minuten nach der Schlachtung erfolgen.<br />
Im AMA-Gütesiegelprogramm wird die<br />
Fleischqualität u. a. anhand des pH-<br />
Wert-Verlaufes nach der Schlachtung<br />
beurteilt.<br />
Die massiven Werbeaktivitäten zeigen beim Konsumenten ihre Wirkung<br />
Kampagnen wie die abgetestete Sommer-Kampagne „Sicher ist sicher!“ erreichen<br />
nicht nur einen ausgezeichneten Wirkungswert sondern tragen auch mit dazu bei,<br />
dass das AMA-Gütesiegel und das AMA-Biozeichen beim Konsumenten ein sehr<br />
hohes und stabiles Vertrauen erlangt haben.
„Forschung für die Landwirtschaft“<br />
Am 3. November <strong>2011</strong> fand in St. Stefan im Rosental die <strong>VÖS</strong> Mitgliederversammlung st<strong>at</strong>t. Die Veranstaltung<br />
stand unter dem Titel „Forschung für die Landwirtschaft“. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde das Projekt<br />
RTD2Farm präsentiert.<br />
RTD2Farm ist ein auf zwei Jahre vorgesehenes<br />
Projekt. Es wird von der Europäischen Union<br />
über das 7. Rahmenprogramm für Forschung,<br />
Technologie und Demonstr<strong>at</strong>ion finanziert.<br />
Ziele des Projekts sind ein vereinfachter<br />
Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen für<br />
<strong>Schweine</strong>halter und Multiplik<strong>at</strong>oren, eine<br />
Steigerung der Anwendung wissenschaftlicher<br />
Erkenntnisse durch den <strong>Schweine</strong>halter und<br />
eine Verbesserung des Austauschs zwischen<br />
Praxis und Wissenschaft. Wichtigstes Ergebnis<br />
soll die Entwicklung und Einrichtung einer<br />
Wissenspl<strong>at</strong>tform (CEPS - „Centers of Excellence“<br />
in den <strong>Schweine</strong>wissenschaften) sein.<br />
Drei Mitgliedsta<strong>at</strong>en wurden für dieses Projekt<br />
ausgewählt, um die Vielfalt der <strong>Schweine</strong>haltungsformen<br />
in der EU exemplarisch darzustellen:<br />
Belgien weist eine einheitliche<br />
Betriebsstruktur hinsichtlich Betriebsgröße<br />
und Produktionstechnik auf und h<strong>at</strong> einen<br />
hohen Nutzungsgrad von neuem Wissen und<br />
Technologien. Österreich ist durch eine sehr<br />
diverse Betriebsstruktur mit überwiegend<br />
Kleinbetrieben und hohem Betriebsleiterengagement<br />
charakterisiert. Italien steht aufgrund<br />
der starken Diversifizierung in Großbetriebe in<br />
den nördlichen Regionen und in Klein- und<br />
Kleinstbetriebe im südlichen Teil vor besonderen<br />
Herausforderungen beim Technologietransfer.<br />
Am Beginn der Veranstaltung wurde ein Fragebogen<br />
zum Thema Wissens- und Technologietransfer<br />
verteilt. Dieser wurde mit den<br />
anderen Projektteilnehmern akkordiert, um<br />
die Ergebnisse vergleichbar zu machen. Ziel<br />
der Abfrage ist, die Bedürfnisse der Landwirte<br />
und Multiplik<strong>at</strong>oren sowie die Möglichkeiten<br />
des Wissens- und Technologietransfers zu<br />
erheben und zu analysieren.<br />
Im Anschluss an die Präsent<strong>at</strong>ion des Projekts<br />
durch Ing. Georg Mayringer hielten drei Fachexperten<br />
zu relevanten Themen der <strong>Schweine</strong>produktion<br />
ihre Vorträge:<br />
Prof. Dr. J. Kamphues (Institut für Tierernährung,<br />
Tierärztliche Hochschule Hannover)<br />
erörterte in seinem Vortrag „Futter und Fütte-<br />
rung als Schadensursache im <strong>Schweine</strong>bestand“<br />
die potentiellen Einflüsse von Futtermitteln<br />
und Fütterung auf die Gesundheit und<br />
Leistung von <strong>Schweine</strong>n, z.B. die Bedeutung<br />
von bedarfsgerechter Versorgung mit Energie<br />
und essentiellen Nährstoffen bis hin zu Kontaminanten<br />
des Futters.<br />
Beim Thema „Biosecurity – Tiergesundheit<br />
durch Risikominimierung“ zeigte Dr. Rebecca<br />
Langhoff (Veterinärmedizinische Universität<br />
Wien) eine Reihe von präventiven Maßnahmen<br />
auf, die das Risiko der Übertragung von<br />
Krankheiten minimieren.<br />
Als dritter Vortragender sprach Dr. Dirk Hesse<br />
(Ber<strong>at</strong>ungsbüro AgriKontakt) zum Thema<br />
„Tierschutz in der EU, Umsetzung der Sauen<br />
Gruppenhaltung im Sch<strong>at</strong>ten der laufenden<br />
Tierschutzdiskussionen“. Dabei erklärte er die<br />
Rechtslage im Bereich Tierschutz und deren<br />
praktische Umsetzung und zeigte Vor- und<br />
Nachteile einzelner Haltungssysteme auf.<br />
Im Anschluss standen die Vortragenden noch<br />
für eine angeregte Diskussion zur Verfügung.<br />
Im Zeichen dieses Logos wurden interessante<br />
Forschungsprojekte zum Thema<br />
„Forschung für die Landwirtschaft<br />
gestartet. D<strong>at</strong>en: <strong>VÖS</strong><br />
Die <strong>VÖS</strong>-Mitgliederversammlung stand ganz unter dem Titel „Forschung für die Landwirtschaft“.<br />
Foto: <strong>VÖS</strong><br />
Bericht 20
Futter und Fütterung als<br />
Schadensursache im <strong>Schweine</strong>bestand<br />
In vielfältiger Weise können Futtermittel und Fütterung die Gesundheit und Leistung von <strong>Schweine</strong>n beeinflussen<br />
(KAMPHUES 2002). Das Spektrum potentieller Einflüsse reicht von einer Grundvoraussetzung für die<br />
Gesundheit, d. h. einer bedarfsgerechten Versorgung mit Energie und allen essentiellen Nährstoffen über besondere<br />
Inhaltsstoffe einzelner Komponenten bis hin zu Kontaminanten des Futters, die zu einem „Schaden“ führen<br />
können.<br />
Die Futterzusammensetzung/<br />
Futterqualität<br />
Die Futterzusammensetzung erstreckt sich auf<br />
eine Vielzahl von Parametern, die erst in der<br />
Summe die Qualität eines Futters (s. KAM-<br />
PHUES et al. 2007a, 2008) ausmachen;<br />
wesentliche „Kenngrößen“ sind:<br />
• Art und Anteil von Komponenten/Einzelfuttermitteln<br />
in der Mischung bzw. R<strong>at</strong>ion<br />
• Energie- und Nährstoffgehalte bzw.<br />
Rel<strong>at</strong>ionen von Nährstoffen zur Energie<br />
• Schmackhaftigkeit der Einzelkomponenten<br />
bzw. der gesamten Mischung<br />
• „Struktur“ des Futters/Vermahlungsintensität<br />
• Hygienest<strong>at</strong>us des Futters (biologische/<br />
chemische/physikalische Kontaminanten)<br />
21 Fütterung<br />
• sonstige spezifische Wirkungen (u. a. den<br />
Magen-Darm-Trakt betreffend, z. B. Kleie)<br />
Mit der nachfolgenden Aufstellung / Tabelle 1<br />
soll verdeutlicht werden, dass aus Fehlern in<br />
der Futterzusammensetzung allein schon am<br />
Magen-Darm-Trakt ganz unterschiedliche<br />
Reaktionen resultieren können.<br />
Futter und Fütterung betreffen aber eben<br />
nicht nur den Verdauungstrakt (mit entsprechenden<br />
Störungen), sondern das einzelne<br />
Tier insgesamt, die Tiergruppe (in einer Bucht<br />
oder einem Abteil), evtl. sogar den ganzen<br />
Bestand. Auch hierfür seien einzelne Beispiele<br />
(Übersicht 1) genannt.<br />
Tabelle 1: Ursache und Auswirkung - Fehler bei der Fütterung führen zu gesundheitlichen<br />
Konsequenzen. D<strong>at</strong>en: Kamphues
Übersicht 1: Beispiele für mögliche Konsequenzen aus Mängeln am Futter und Fehlern<br />
in der Fütterung im <strong>Schweine</strong>bestand D<strong>at</strong>en: Kamphues<br />
Der fütterungsbedingte<br />
Schadensfall<br />
Für einen möglicherweise fütterungsbedingten<br />
Schadensfall in einem <strong>Schweine</strong>bestand<br />
sprechen in der Regel zunächst nur verschiedene<br />
Indizien wie ein zeitlicher Zusammenhang<br />
zu einem Futterwechsel, gleichartige<br />
Reaktionen vieler Tiere (z.B. Rückgang der<br />
Futteraufnahme) und das Fehlen typischer<br />
Kennzeichen von Infektionen (Ausbreitung im<br />
Bestand, erhöhte Körpertemper<strong>at</strong>ur etc.), d.h.<br />
am Anfang steht allgemein nur ein mehr oder<br />
weniger begründeter Verdacht, der erst noch<br />
bewiesen werden muss.<br />
Nach ursächlicher Klärung geht es schließlich<br />
nicht selten um Regressfragen, d.h. um die<br />
Haftung für den entstandenen Schaden (Tierverluste,<br />
Tierarztkosten, Aufwand für weiterführende<br />
Untersuchungen, entgangener<br />
Gewinn).<br />
Basierend auf Erfahrungen aus der Einsendungspraxis<br />
des hiesigen Institutes und aus<br />
der Tätigkeit als Gutachter in derartigen Schadensfällen<br />
sollen u.a. bestimmte Fehler von<br />
seiten des Landwirtes und des Tierarztes aufgezeigt<br />
werden, die mitunter eine forensische<br />
Klärung, d. h. vor Gericht verzögern, erschweren<br />
oder gar unmöglich machen, so dass im<br />
nachhinein außer dem direkten Schaden<br />
infolge der mangelhaften Futterqualität<br />
zusätzliche Kosten durch Untersuchungen von<br />
Futter und Tieren, Anwalt (Vertretung der Klage),<br />
Gericht und Gutachter dem Tierbesitzer<br />
entstehen. Nachfolgend sollen verschiedene<br />
Aspekte, die für eine spätere gerichtliche Klärung<br />
von Bedeutung sein könnten, herausgestellt<br />
und begründet werden, wobei nach den<br />
Beteiligten unterschieden wird.<br />
Übersicht 2: Beispiele für mögliche Konsequenzen aus Mängeln am Futter und Fehlern in der Fütterung im <strong>Schweine</strong>bestand D<strong>at</strong>en:<br />
Kamphues<br />
Fütterung<br />
22
Vermutet der Landwirt/Tierhalter aufgrund<br />
verschiedener Beobachtungen und Befunde<br />
am Futter und/oder an den Tieren Mängel und<br />
Fehler in der Futterqualität oder -zusammensetzung,<br />
so muss dieser Verdacht dem Lieferanten<br />
unverzüglich mitgeteilt werden, um<br />
ihm die Möglichkeit zu einer frühzeitigen<br />
Reaktion (z.B. Inform<strong>at</strong>ion vor Ort) und Schadensbegrenzung<br />
(z.B. Austausch des Futters)<br />
zu geben. Nicht selten wird bei der Gelegenheit<br />
der sofortige Ers<strong>at</strong>z des Futters angeboten<br />
und das möglicherweise entscheidende<br />
Beweismittel, d.h. das Futter, ohne Rückstellmuster<br />
aus der Hand gegeben. Zumindest sollten<br />
in diesem Fall vom Lieferanten anerkannte,<br />
d.h. schriftlich bestätigte Muster oder vom<br />
amtlichen Probennehmer gewonnene Rückstellmuster<br />
beim Landwirt (oder einer amtlichen<br />
Stelle) verbleiben.<br />
Von gleicher Bedeutung ist in diesem<br />
Zusammenhang die Protokollierung der zeitlichen<br />
Entwicklung des Schadensfalles (Lieferd<strong>at</strong>um,<br />
erstmaliger Eins<strong>at</strong>z des Futters, Störungen<br />
in der Futteraufnahme, Entwicklung<br />
von Leistungsparametern und von Tierverlusten).<br />
Zwingend erforderlich ist des Weiteren<br />
die Deklar<strong>at</strong>ion des inkriminierten Futters.<br />
Die Hauptaufgaben des hinzugezogenen Tierarztes<br />
sind im Falle eines möglicherweise fütterungsbedingten<br />
Schadensfalles die Begründung<br />
bzw. Untermauerung des Verdachtes<br />
durch eine sorgfältige Befunderhebung (und -<br />
beschreibung!) und - leider häufiger vergessen<br />
- der Ausschluss anderer, d.h. nicht-nutritiver<br />
Ursachen, insbesondere von Infektionen<br />
(durch klinische Untersuchungen, Veranlassung<br />
von Sektionen, serologische Untersuchungen<br />
etc.). Vermutet (auch) der Tierarzt<br />
aufgrund seiner Erhebungen eine futtermittelbedingte<br />
Entstehung des Falles, so h<strong>at</strong> er<br />
einen ersten tierärztlichen R<strong>at</strong> zu geben, d.h.<br />
z.B. auf einen sofortigen vorübergehenden<br />
Austausch/Ers<strong>at</strong>z des inkriminierten Futters<br />
zu drängen. Hier stellt sich die Frage, welche<br />
Inform<strong>at</strong>ionen und Möglichkeiten dem Tierarzt<br />
und/oder Tierhalter vor Ort gegeben sind,<br />
um den Verdacht auf einen evtl. nutritiv<br />
bedingten Schadensfall zu klären (s. Übersicht<br />
2).<br />
Die Befundung vor Ort darf sich auch nicht in<br />
einer Sinnprüfung des aktuell im Eins<strong>at</strong>z be -<br />
findlichen Mischfutters (so wichtig diese Maßnahme<br />
allein auch schon ist) erschöpfen, sondern<br />
sie sollte auch die fütterungsassoziierte<br />
Technik und die Wasserversorgung mit einschließen.<br />
Insbesondere ist hier der Hinweis notwendig,<br />
dass in einem möglicherweise fütterungsbedingten<br />
Schadensfall die gedankliche Fokussierung<br />
auf das Futter allein evtl. nicht zum<br />
Ziele führt, weil eben nicht klar ist, ob das<br />
Futter oder/und die Fütterung überhaupt<br />
ursächlich relevant ist/sind. Diese Problem<strong>at</strong>ik<br />
soll nachfolgend (Übersicht 2) näher erläutert<br />
werden, in dem als einzige vorberichtliche<br />
Inform<strong>at</strong>ion zum eingesandten Futter ein Futteraufnahmerück<br />
gang und ein Kümmern abgesetzter<br />
Ferkel vorlag.<br />
Schwierige Fälle erfordern also für eine Klärung<br />
der Ursache eben weit mehr als nur<br />
Erfahrung auf dem Sektor der Futtermittelkunde<br />
und der speziellen Tierernährung, sie<br />
setzen ein umfas sendes p<strong>at</strong>hophysiologisches<br />
Verständnis voraus. Routineuntersuchungen<br />
auf den Energie- und Nährstoffgehalt genügen<br />
häufig eben nicht.<br />
Von eventuell für den Ausgang eines gerichtlichen<br />
Verfahrens entscheidender Bedeutung<br />
sind zusätzliche Erhebungen des Tierarztes im<br />
„Umfeld“: die Überprüfung der Funktionstüchtigkeit<br />
der Selbsttränken kann beispielsweise<br />
ausschlaggebend sein, wenn es um die<br />
Bewertung eines höheren Na-Gehaltes im Futter<br />
geht. Die kurze Protokollierung von Beobachtungen<br />
zum Gesundheitszustand von Tier-<br />
Übersicht 3: Erkennen fütterungsbedingter Schadensfälle – nicht nur an die Untersuchung<br />
des Futters, sondern auch an andere Analysen und Befunde denken!<br />
D<strong>at</strong>en: Kamphues<br />
23 Fütterung<br />
gruppen, die im gleichen Bestand mit einem<br />
anderen Mischfutter versorgt werden, h<strong>at</strong><br />
eventuell für den Ausschluss anderer differentialdiagnostisch<br />
möglicher Ursachen eine<br />
erhebliche Relevanz. Des Weiteren ist die<br />
Beschreibung der tierärztlichen Befunde bei<br />
wiederholt vorgenommenen Bestandbesuchen<br />
(vor, während und nach dem Schadensfall) für<br />
den Gutachter sehr hilfreich, insbesondere zu<br />
Veränderungen an betroffenen Tieren nach<br />
Austausch des Futters (z.B. Reaktion in der<br />
Futteraufnahme, Rückgang der Störungen in<br />
Art und Frequenz, zeitliche Entwicklung der<br />
Leistung). Nicht selten sind Fälle, in denen -<br />
trotz teils massiver Tierverluste- nicht eine<br />
einzige Sektion durchgeführt bzw. veranlasst<br />
wurde, was von beklagter Seite, evtl. sogar<br />
vom Gericht, dann als Indiz für eine nicht fütterungsbedingte<br />
Ursache gewertet wird; ähnliches<br />
gilt für den Verzicht auf ergänzende<br />
parasitologische, mikrobiologische und serologische<br />
Untersuchungen. Warnen sollte man<br />
den betreuenden Tierarzt vor jeder vorschnellen,<br />
schriftlichen Attestierung eines fütterungsbedingten<br />
Schadensfalles, wodurch sich<br />
der Geschädigte direkt zu einer forensischen<br />
Klärung ermutigt fühlt (mit häufig unverständlich<br />
hoher Bemessung des finanziellen<br />
Schadens) und deshalb außergerichtliche, einvernehmliche<br />
Lösung von vornherein ablehnt.<br />
Von beklagter Seite (im Allgemeinen der Futtermittellieferant)<br />
wird häufig die Identität<br />
der Probe angezweifelt, die zur Analyse eingesandt<br />
wurde und entsprechende Abweichungen<br />
zeigt, so dass der Futterprobenentnahme<br />
eine besondere Bedeutung zukommt. Deshalb<br />
sollte die Futterprobe generell entweder im<br />
Beisein des Lieferanten oder durch einen amtlichen<br />
Probennehmer erfolgen. Daneben wird<br />
auf mögliche Qualitätsveränderungen im Futter<br />
nach Anlieferung der Charge abgehoben<br />
und z.B. gefragt, ob das inkriminierte Futter<br />
in ein geräumtes Silo kam, wann dies zum<br />
letzten Mal intensiv gereinigt wurde etc. Deshalb<br />
macht es Sinn, bei Verdacht auf einen<br />
Mangel/Fehler in der Futterqualität entsprechende<br />
Erhebungen zu den Lagerungsbedingungen<br />
vorzunehmen und schriftlich festzuhalten.<br />
Nicht selten werden in der ersten<br />
Erwiderung auf die im Futter festgestellten<br />
Mängel und Abweichungen Kopien aus Fachzeitschriften,<br />
„anerkannten Lehrbüchern“,<br />
von Ausschnitten aus wissenschaftlichen<br />
Publik<strong>at</strong>ionen gebraucht und damit jegliche<br />
Ansprüche auf einen Schadensers<strong>at</strong>z abgelehnt<br />
- teils sogar mit fachlich absolut unhaltbaren<br />
Argumenten (z.B. Zearalenon sei eine<br />
n<strong>at</strong>ürliche Kontamin<strong>at</strong>ion, für die ein Mischfutterhersteller<br />
gar nicht haften könne und<br />
müsse). Des Weiteren werden evtl. firmeneigene<br />
Untersuchungsergebnisse vorgelegt, die<br />
den Beanstandungen widersprechen, evtl.
wird auch die Zuständigkeit oder Kompetenz<br />
der Institution angezweifelt, bei der entsprechende<br />
Abweichungen festgestellt wurden.<br />
Ein häufiges Argument von beklagter Seite ist<br />
der Hinweis, dass genau mit dem gleichen Futter<br />
in vielen anderen Betrieben (teils in nächster<br />
Nähe) keinerlei Störungen aufgetreten<br />
seien. Bei näheren Erhebungen von Seiten des<br />
Gerichts oder Gutachters vor Ort stellt sich<br />
dann aber mitunter heraus, dass Chargengrösse,<br />
Zahl und Größe der Kammern im Transportfahrzeug<br />
u.ä. eine Belieferung mehrerer<br />
Betriebe mit Futter aus dem entsprechenden<br />
Mischfutter gar nicht ermöglichten.<br />
Dem im Verdachtsfall hinzugezogenen betreuenden<br />
Tierarzt kann man nur empfehlen, sich<br />
bei jeder Maßnahme - angefangen von der<br />
Anamnese über die Einsendung von Proben<br />
(des Futters bzw. von den Tieren) bis hin zu<br />
Attestierung von Befunden, Diagnosen und<br />
Erklärungen zur P<strong>at</strong>hogenese - der möglichen<br />
forensischen Bedeutung bewusst zu sein. Nur<br />
unter dieser Voraussetzung sind die tierärztlichen<br />
Bemühungen für den Geschädigten eine<br />
t<strong>at</strong>sächliche Hilfe.<br />
Anlass und Ergebnisse bei<br />
Untersuchungen von Futtermitteln<br />
aus <strong>Schweine</strong>beständen<br />
Die Anlässe für die Einsendung von Futterproben<br />
oder für Anfragen sind sehr vielfältig,<br />
erfreulich ist dabei auf jeden Fall die zunehmend<br />
prophylaktische Ausrichtung. Damit soll<br />
aber nicht der Eindruck erweckt werden, als<br />
hätten altbekannte Bestandsprobleme wie die<br />
Verstopfung und MMA-Erkrankung bei Sauen,<br />
die Colienterotoxämie bzw. –diarrhoe der<br />
abgesetzten Ferkel oder auch die Magenulcera<br />
der Mastschweine (und Sauen) als Anlass für<br />
die Einsendung von Futterproben oder Anfragen<br />
an Bedeutung verloren; es sind nur weitere<br />
mit der Fütterung evtl. zusammenhängende<br />
Probleme hinzugekommen (Aufschlussgrad<br />
von Nebenprodukten aus dem Lebensmittelbereich;<br />
Futterstruktur und –additive und deren<br />
Bedeutung für die Salmonellen-Prävalenz;<br />
Fundament-, Knochen- und Sklelettprobleme<br />
der Sauen zum Ende der Lakt<strong>at</strong>ion).<br />
Mängel im Hygienest<strong>at</strong>us des Futters in Form<br />
eines massiven Bes<strong>at</strong>zes mit Vorr<strong>at</strong>sschädlingen<br />
sind eindeutig rückläufig, ihre Aufdeckung<br />
und Beschreibung sind Routine, entsprechende<br />
Mängel des Futters sind gewissermaßen<br />
auch ein Indik<strong>at</strong>or für das Verständnis<br />
von Futterhygiene seitens des Tierhalters.<br />
Hygienemängel, Fehl- und Entmischungen in<br />
Mischfuttermitteln sind von ihrer Genese her<br />
eigentlich banal, von ihren Auswirkungen her<br />
betrachtet haben sie dennoch in Einzelfällen<br />
einen fast spektakulären Charakter. Oder wie<br />
will man anders das Leiden und Verenden<br />
eines ganzen Mastschweinebestandes (infolge<br />
einer Se-Intoxik<strong>at</strong>ion) innerhalb von zwei<br />
Tagen zutreffender charakterisieren?<br />
Unverkennbar sind auf dem Sektor der Einsendungen<br />
und Anfragen auch gewisse Trends,<br />
phasenweise besonders intensiv nachgefragte<br />
Untersuchungen oder herangetragene Aufgabenstellungen.<br />
Es dauert evtl. auch eine<br />
gewisse Zeit, bis es zum Allgemeinwissen wird,<br />
dass beispielsweise nicht alle unklaren<br />
Bestandsprobleme Folgen von Mykotoxinen<br />
sind, dass z.B. die Tränkwasserverfügbarkeit<br />
häufig kritischer zu sehen ist als der NO3-<br />
Gehalt im Wasser oder dass auch in einem pelletierten<br />
Mischfutter eine Partikelgrößenverteilung<br />
bestimmt werden kann.<br />
Die adäqu<strong>at</strong>e Energie- und Nährstoffversorgung<br />
ist immer wieder Gegenstand/Hintergrund<br />
von Dienstleistungen, insbesondere<br />
wenn es diesbezüglich neue Empfehlungen<br />
gibt (GfE 2006). Über- wie auch Unterversorgungen<br />
sind dabei sowohl als „beabsichtigte<br />
Maßnahme“ wie auch „akzidentelle Schadensfälle“<br />
vertreten. Letztere (z.B. infolge einer<br />
Se-Fehldosierung) werden evtl. sofort klinisch<br />
auffällig, während ein jeglicher Verzicht auf<br />
eine Mineralstoff- und Vitaminergänzung in<br />
den letzten Wochen der Mast zunächst gar<br />
nicht auffällt, bei tierärztlicher Kritik vom<br />
Tierhalter oder Mischfutterhersteller mit dem<br />
Hinweis auf notwendige Kostenminimierung<br />
auch abgetan wird.<br />
Zusammenfassung<br />
Bei retrospektiver kritischer und selbstkritischer<br />
Sicht der Futteruntersuchung und Fütterungsber<strong>at</strong>ung<br />
ist festzustellen, dass es für<br />
bestimmte immer wieder beobachtete Probleme<br />
wie Ohrrand- und Schwanzspitzennekro-<br />
sen/Spreizer/Zitterferkel bisher keinerlei<br />
Beweise für eine ursächliche Beteiligung der<br />
Fütterung i.e.S. gibt, obwohl diesbezüglich<br />
schon ein ganzes Spektrum an ätiologisch<br />
evtl. interessanten Faktoren geprüft wurde.<br />
Man kann die Bearbeitung möglicherweise<br />
fütterungsbedingter Probleme kritisieren und<br />
evtl. auch unter „Kasuistik“ ablegen, muss es<br />
aber nicht. Die Involvierung bei derartigen<br />
„Schadensfällen“ kann nämlich auch als Stimulus<br />
für entsprechende Forschungsaktivitäten<br />
gesehen und genutzt werden. Konzepte<br />
für eine Vermeidung, Minderung von Risiken<br />
und die Korrektur etablierter Praktiken (z.B.<br />
in der Futterlagerung und Mischfutterherstellung)<br />
setzen nämlich ein Wissen um<br />
„Schwachstellen“ voraus, die mit den „Fällen“<br />
ja nur offensichtlich werden. Die hier nur grob<br />
skizzierten Dienstleistungen seitens der Tierernährung<br />
waren in der Vergangenheit primär<br />
auf die ätiologische Klärung ausgerichtet (was<br />
auch zukünftig richtig und wichtig bleibt),<br />
d.h. eine Unterstützung von Tierarzt und Tierhalter.<br />
Es wird aber zunehmend erkennbar, dass aus<br />
der Konfront<strong>at</strong>ion mit Problemen der Praxis<br />
entscheidende Impulse für die Entwicklung<br />
nutritiv/diätetisch wirksamer Konzepte<br />
kamen (und noch kommen müssen; s. Phosphorversorgung),<br />
bzw. das Verständnis für die<br />
Bedeutung der Fütterung im Zusammenhang<br />
mit diversen Problemen in <strong>Schweine</strong>beständen<br />
ganz maßgeblich gefördert wurde.<br />
J. Kamphues<br />
Institut für Tierernährung,<br />
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover<br />
In vielfältiger Weise können Futtermittel und Fütterung die Gesundheit und Leistung<br />
von <strong>Schweine</strong>n beeinflussen. Foto: <strong>VÖS</strong><br />
Fütterung 24
Gruppenhaltung tragender Sauen –<br />
maßgeschneidert für den Betrieb<br />
Werden Sauen in Gruppen gehalten, so haben sie mehr Möglichkeiten sich zu verhalten. Vor der rechtlichen Einführung<br />
der Gruppenhaltung in der EU im Jahre 2001, wurden in Deutschland etwa 40-50% der tragenden Sauen<br />
in Gruppen gehalten. Die Praxis zeigt, dass Spitzenbetriebe mit Gruppenhaltungen genauso gute Ergebnisse<br />
erbringen können wie mit Einzelhaltung. Wichtig für den Erfolg ist, das Sauen, Sauenhalter und Haltungssystem<br />
zusammenpassen.<br />
Gruppenhaltung von Sauen<br />
h<strong>at</strong> eine lange Tradition<br />
Die Gruppenhaltung von Sauen h<strong>at</strong> nicht nur<br />
in Europa, sondern insbesondere in Deutschland,<br />
eine lange Tradition. Aus diesen praktischen<br />
Erfahrungen heraus zeigte sich auch,<br />
dass Gruppenhaltungen nicht nur für die Sauen<br />
sondern auch deren Halter eine große Herausforderung<br />
darstellten. Oft präsentierte sich<br />
die Einzelhaltung nicht nur stressfreier, sondern<br />
auch hygienisch besser. Dies führte dann<br />
neben einer besseren Tiergesundheit meist<br />
auch zu höheren Tierleistungen.<br />
Als die EU im Jahre 2001 die Einführung der<br />
Gruppenhaltung für tragende Sauen rechtlich<br />
eingeführt h<strong>at</strong>, galt in Deutschland bereits<br />
eine Verpflichtung für vier Wochen freie Bewegung<br />
innerhalb eines Reproduktionszyklus.<br />
Aus verschiedenen Gründen h<strong>at</strong> Deutschland<br />
25 Gruppenhaltung<br />
die EU-Regelung nicht wie andere Länder ab<br />
2002 sondern erst ab August 2006 eingeführt.<br />
Deshalb gibt es auch nur in Deutschland eine<br />
Übergangsfrist für eine bestimmte Form der<br />
Gruppenhaltung mit Fress-Liege-Buchten bis<br />
zum Jahre 2018. Generell musste also ab 2002<br />
EU-weit bei allen Um- und Neubauten eine<br />
Gruppenhaltung realisiert werden. Ab<br />
01.01.2013 müssen alle Sauen – auch die in<br />
bestehenden Ställen - in der gesamten EU ab<br />
der sicheren Trächtigkeit (> 4 Wochen nach<br />
Besamung) bis eine Woche vor dem berechneten<br />
Abferkeltermin in Gruppen gehalten werden.<br />
Bei der Umsetzung von EU-Richtlinien in<br />
jeweiliges n<strong>at</strong>ionales Recht, darf die Richtlinie<br />
nicht abgemildert werden, wohl aber darf<br />
jedes Land Verschärfungen vorsehen. So h<strong>at</strong><br />
Dänemark u. a. verschärft, in dem der Laufbereich<br />
hinter den Selbstschutz-Fress-Liege-<br />
Buchten eine Tiefe von mindestens 2,8m<br />
haben muss. Im übrigen Europa sind hier 1,6m<br />
bzw. 2m gefordert. In den Niederlanden musste<br />
bei Neu- und Umbauten ab 2002 die Gruppenhaltung<br />
bereits direkt nach der Besamung<br />
begonnen werden. Derzeit sieht es so aus, als<br />
ob dies die Niederländer ab 2013 für alle noch<br />
nicht umgerüsteten Ställe ebenfalls realisieren<br />
müssen. Die entsprechenden Konzepte sind in<br />
Grafik 01 dargestellt.<br />
Wesentliche rechtliche<br />
Anforderungen<br />
Die für ganz Deutschland gültigen rechtlichen<br />
Regelungen sind in der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung<br />
dargelegt. Für die Gruppenhaltung<br />
von Sauen besonders relevant sind<br />
hier die für die Tiere frei verfügbaren Flächen,
Grafik 1: Aktuelle Konzepte zur Realisierung der Gruppenhaltung von Sauen.<br />
D<strong>at</strong>en: Hesse<br />
Tabelle 2: Wesentliche Vor- und Nachteile verschiedener Gruppenhaltungsverfahren<br />
für tragende Sauen. D<strong>at</strong>en: Hesse<br />
welche sich nach der Gruppengröße unterscheiden.<br />
Des Weiteren gibt es Unterschiede<br />
zwischen Alt- und Jungsauen. Hier sind nicht<br />
nur die Gesamtflächen geregelt, sondern auch<br />
die speziell als Liegebereiche auszubildenden<br />
Flächen, die über einen Schlitzanteil von<br />
maximal 15% verfügen dürfen.<br />
Da Deutschland die EU-Richtlinie vom Jahre<br />
2001 nicht in 2002, sondern erst zum 24.<br />
August 2006 umgesetzt h<strong>at</strong>, gibt es eine<br />
besondere Übergangsfrist. Diese gilt für alle<br />
vor dem 24. August 2006 gebauten Gruppenhaltungen<br />
unter Eins<strong>at</strong>z von Fress-Liege-<br />
Buchten, welche nicht die geforderten Gangbreiten<br />
von 1,6 m bei einreihiger und 2,0 m<br />
bei zweireihiger Aufstallung erfüllen. Hier gilt<br />
eine Übergangfrist bis zum 31.Dezember 2018.<br />
Sowohl für die insgesamt benötigten Flächen<br />
als auch für die Höhe der notwendigen Investitionen<br />
von Bedeutung, ist die Zahl der<br />
Reserveplätze. Laut Verordnung dürfen Sauen,<br />
die während der Gruppenhaltung nicht in der<br />
Gruppe gehalten werden können, auch einzeln<br />
gehalten werden. Dies ist aber nur<br />
erlaubt, wenn sich diese einzeln gehaltenen<br />
Sauen in Ihrer Bucht jederzeit und ungehindert<br />
umdrehen können, was Flächen von 2,5-<br />
3m² pro Tier erfordern dürfte.<br />
Mit Wirkung zum Februar 2010 h<strong>at</strong> das Land<br />
Niedersachsen die sogenannten „Ausführungshinweise“<br />
per Erlass verabschiedet. Diese sind<br />
also eigentlich nur für Niedersachsen rechtgültig.<br />
Allerdings haben schon andere<br />
Bundesländer signalisiert, diese Hinweise als<br />
Basis anzuerkennen. Manche Bundesländer<br />
arbeiten an weiteren „Präzisierungen“. Mit<br />
Bezug zur Gruppenhaltung ist hier wichtig,<br />
das bei Verwendung von Selbstschutz-Fress-<br />
Liege-Buchten in Gruppenhaltungen für Altsauen<br />
in der Breite ein lichtes Maß von 0,7m<br />
und für Jungsauen von 0,65m einzuplanen<br />
ist, wobei mindestens 50% der Buchten für<br />
Altsauen auszulegen sind. Verfügen solche<br />
Buchten über einen hochgelegten Trog (d.h.<br />
mindestens 15cm zwischen Boden und Trog)<br />
so braucht zwischen Trogkante und hinterem<br />
Abschluss der Bucht nur mit einer Länge von<br />
1,8m (ansonsten 2,0m) kalkuliert werden.<br />
Wie in Tabelle 01 dargelegt, ergeben sich<br />
durch die oben beschriebenen D<strong>at</strong>en und<br />
Zusammenhänge deutliche Unterschiede zwischen<br />
den Verfahren im Bereich der notwendigen<br />
Flächen pro Sau. Für den Eins<strong>at</strong>z einer<br />
Abruffütterung werden für die frei verfügbare<br />
Fläche pro Sau die geringsten Flächen benötigt.<br />
Allerdings ist für die Planung auch die<br />
für das Fressen benötigte Fläche mit ein zu<br />
kalkulieren. So ergeben sich für die Abruffütterung<br />
mindestens 1,86m² pro Sau, während<br />
für Kleingruppen und Selbstschutz-Fress-Lie-<br />
Gruppenhaltung<br />
26
ge-Buchten etwa 0,25m² mehr erforderlich<br />
sind. Nun kommen aber für einen optimalen<br />
Betriebsablauf noch die notwendigen Reserveplätze<br />
hinzu. Aufgrund der in Selbstschutz-<br />
Fress-Liege-Buchten vorhandenen Futter- und<br />
Wasserversorgung sowie des nur hier für jedes<br />
Einzeltier wirklich geschützten Liegebereiches<br />
dürfte die Zahl der Sauen, die hier einzeln<br />
gehalten werden müssen, sehr gering sein. Die<br />
Abrufst<strong>at</strong>ion wird im Vergleich unwirtschaftlicher,<br />
sobald mehr wie 10% der Sauen einzeln<br />
auf Reserveplätzen gehalten werden müssen.<br />
Für die Kleingruppe liegt dieser Wert bei etwa<br />
2%.<br />
Im rechtlichen Zusammenhang auch beachtet<br />
werden sollte, dass alle Sauen über manipulierbare<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten verfügen<br />
sollten. Zudem müssen ab 01.01.2013 EUweit<br />
alle <strong>Schweine</strong>ställe über Kühlungsmöglichkeiten<br />
verfügen. Letzteres ist gerade für<br />
den Abferkel- und Besamungsstall nicht nur<br />
rechtlich vorgegeben, sondern auch fachlich<br />
besonders wichtig, da Lufttemper<strong>at</strong>uren von<br />
über ca. 22°C zu Leistungsminderungen führen<br />
können.<br />
Von ganz besonderer Bedeutung sind die<br />
erlaubten Schlitzweiten. Bis zum Jahre 2002<br />
wurden rechtlicherseits Toleranzen erlaubt.<br />
Sowohl die alte deutsche DIN als auch die seit<br />
Beginn des Jahres <strong>2011</strong> in Deutschland gültige<br />
neue EU-DIN zur Herstellung von Betonspaltenböden<br />
erlauben immer noch Toleranzen.<br />
Allerdings werden laut Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung<br />
für Neu- und Umbauten<br />
seit dem Jahre 2002 keine Toleranzen<br />
mehr toleriert. Ab dem 01.01.2013 ist außerdem<br />
die hier gültige Übergangsfrist zu Ende,<br />
d. h. ab 01.01.213 dürfen Sauen in allen Ställen<br />
(auch Altbauten) nur noch auf Betonböden<br />
gehalten werden, deren Schlitzweiten im<br />
Neuzustand höchstens 20mm Schlitzweite<br />
aufweisen. Im Gebrauchsfall dürften Schlitze<br />
allerdings erst dann zu einer Verletzungsgefahr<br />
werden, wenn der Schlitz auf über 4cm<br />
Länge mehr als 20mm Schlitzweite aufweist.<br />
Gruppenhaltungsverfahren<br />
und ihre wesentlichen<br />
Vor- und Nachteile<br />
Verfahren zur Gruppenhaltung tragender Sauen<br />
sind in erster Linie durch das Fütterungsverfahren<br />
geprägt. Es können etwa 18 verschiedene<br />
Techniken unterschieden werden.<br />
Sie lassen sich nach dem Schutz für die Sauen<br />
beim Fressen k<strong>at</strong>egorisieren. Das höchste<br />
Schutzniveau liegt vor, wenn die Sauen sich<br />
sowohl vor Fressbeginn als auch insbesondere<br />
während des Fressens in einem rund um<br />
geschützten Bereich aufhalten können. Das<br />
27 Gruppenhaltung<br />
niedrigste Niveau ergibt sich, wenn noch<br />
nicht einmal Fresspl<strong>at</strong>zteiler installiert sind.<br />
Als die drei wesentlichsten Parameter zur<br />
Bewertung der individuellen Vor- und Nachteile<br />
wurden die notwendige Mindestfläche<br />
sowie das Verletzungsrisiko für die Sau und<br />
die Arbeitssitu<strong>at</strong>ion für den Menschen heran<br />
gezogen.<br />
Die Zusammenhänge zur Errechnung der notwendigen<br />
Mindestflächen wurden bereits oben<br />
erläutert. Es ist im Wesentlichen zu unterscheiden<br />
zwischen den frei verfügbaren Flächen<br />
pro Tier, den für die Fütterung notwendigen<br />
Flächen sowie den durch die für ein<br />
erfolgreich laufendes Verfahren notwendigen<br />
Reserveplätze und Ihrem Flächenanspruch.<br />
Auf den ersten Blick haben hier elektronische<br />
Fütterungssysteme wie die Abruffütterung<br />
oder der Brei-Nuckel die Nase vorn, da mit<br />
ihnen auch Gruppen von über 40 Tieren adäqu<strong>at</strong><br />
versorgt werden können, und so etwa<br />
10% Flächeneinsparung realisiert werden können.<br />
Kleingruppen und Selbstschutz-Fress-<br />
Liege-Buchten benötigen mindestens 0,25m²<br />
pro Sau mehr. Wird die Kleingruppe mit einer<br />
Bodenfütterung kombiniert, liegt sie etwa in<br />
der Mitte. Entscheidend kann der Anteil der<br />
notwendigen Reserveplätze sein. Werden bei<br />
der Abruffütterung mehr als 10% Reserveplätze<br />
benötigt, verliert sie ihre Vorzüglichkeit.<br />
Die Kleingruppe entwickelt sich im Vergleich<br />
zu den Selbstschutz-Fress-Liege-Buchten<br />
schlechter, wenn mehr als 2% Reserveplätze<br />
erforderlich sind.<br />
Rangkämpfe erzeugen Stress und können<br />
somit auch Minderleistungen zur Folge haben,<br />
auch können sie zu nicht unerheblichen Klauenverletzungen<br />
führen. Verletzungen – auch<br />
Schrammen - können Eintrittspforten für<br />
Krankheitserreger sein. Gerade für hohe Ferkelzahlen<br />
sind voll funktionsfähige Zitzen<br />
von besonderer Bedeutung. Hier können<br />
Selbstschutz-Fress-Liege-Buchten ihre Vorteile<br />
voll zur Geltung bringen. Dieser Vorteil dürfte<br />
umso größer sein, je mehr – wie derzeit in den<br />
Niederlanden – die Gruppenhaltung bereits ab<br />
der Besamung begonnen werden soll. Letztlich<br />
großen Einfluss kann n<strong>at</strong>ürlich auch die<br />
Nervosität und Aggressivität in der Sauenherde<br />
haben, hier dürfte auch die Genetik, aber<br />
in erster Linie der Umgang mit dem Tier entscheidend<br />
sein.<br />
Wird die pro Tier notwendige Arbeitszeit<br />
betrachtet, h<strong>at</strong> die Zeit zum Anlernen der<br />
Sauen an die Fütterungstechnik Bedeutung.<br />
Hier können elektronische Fütterungssysteme,<br />
wie z. B. Abruffütterungen Nachteile<br />
haben, wobei dies stark durch den Umgang<br />
des Tierhalters mit der Sau beeinflusst werden<br />
kann. Die Sicherheit für den arbeitenden Menschen<br />
kann eigentlich nicht hoch genug eingeschätzt<br />
werden. Neben dem Verletzungsrisiko<br />
durch die Technik steht hier vor allem die<br />
Verletzungsgefahr durch die Tiere im Mittelpunkt.<br />
Je weniger Aufenthaltszeit in einer<br />
Gruppe, desto geringer das Risiko.<br />
Mit Blick auf mögliche zukünftige gesetzliche<br />
Entwicklungen kann ein Argument sein, in<br />
wie weit Gruppenhaltungsverfahren geeignet<br />
sind, bereits ab dem 3-4 Tag nach der Besamung<br />
in die Gruppe zu gehen. Zu Vorderst ist<br />
hier das Risiko zu sehen, das Sauen in Folge<br />
von Stress Embryonen verlieren. Dieses Risiko<br />
dürfte in Kleingruppen mit und ohne Fresspl<strong>at</strong>zteiler<br />
am größten sein. In vielen Fällen<br />
wird die Frage inwieweit Betriebshelfer das<br />
Management übernehmen können, eine entscheidende<br />
Rolle spielen. Dies gilt nicht nur<br />
für Zeiten der Fortbildung oder des Ausfalls<br />
des Tierhalters, sondern auch für Urlaubszeiten,<br />
die immer wichtiger werden. Hier sind<br />
Verfahren ohne elektronische und tierindividuelle<br />
Fütterung zumeist günstiger zu beurteilen.<br />
Fazit<br />
• Schon immer haben in Deutschland etwa die<br />
Hälfte der Betriebe ihre Sauen in Gruppen<br />
gehalten. Die Praxis zeigt, dass mit der<br />
Gruppenhaltung Spitzenleistungen zu<br />
erzielen sind.<br />
Tabelle 1: Mindestflächen pro Sau in Abhängigkeit verschiedener Haltungsverfahren.<br />
D<strong>at</strong>en: Hesse
• Ab dem 01.01.2013 müssen in der gesamten<br />
EU alle tragenden Sauen in Gruppen gehalten<br />
werden. Manche Länder, wie z. B.<br />
Dänemark und die Niederlande haben bei<br />
der Übertragung in n<strong>at</strong>ionales Recht Verschärfungen<br />
eingebaut, die eine deutliche<br />
Wirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit<br />
haben.<br />
• In Deutschland dürfen Gruppenhaltungen<br />
mit Selbstschutz-Fress-Liege-Buchten, die<br />
vor dem 24.08.2006 gebaut wurden, und<br />
nicht die vorgeschriebenen Gangbreiten<br />
aufweisen, übergangsweise noch bis zum<br />
31.12.2018 weiter betrieben werden.<br />
• Für alle deutschen Betriebe ist die Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnungmaßgeblich.<br />
In Niedersachsen wurden ergänzend<br />
sogenannte „Ausführungshinweise“<br />
erlassen.<br />
• Für die Kalkul<strong>at</strong>ion der notwendigen Mindestfläche<br />
sind die frei verfügbare Fläche<br />
pro Tier, die Fläche für die Fütterung sowie<br />
die Fläche für die Reserveplätze zu berücksichtigen.<br />
Mit Fokus auf die für die Tiere<br />
notwendigen freien Flächen h<strong>at</strong> die Abruffütterung<br />
deutliche Vorteile. Werden jedoch<br />
– je nach Managementqualität – mehr als<br />
10% Reserveplätze benötigt, gewinnt der<br />
Eins<strong>at</strong>z von Selbstschutz-Fress-Liege-Buchten<br />
den Vorzug.<br />
• Ab 01.01.2013 müssen EU-weit alle <strong>Schweine</strong>ställe<br />
mit Kühlungsmöglichkeiten ausgerüstet<br />
sein. Für Sauenherden die höchste<br />
Leistungen erzielen sollen, ist dies auch aus<br />
fachlicher Sicht sehr sinnvoll.<br />
• Ab 01.01.2013 gilt für die Schlitzweiten in<br />
allen <strong>Schweine</strong>ställen in Deutschland eine<br />
Null-Toleranz, d. h. alle Betonböden zur<br />
Haltung von Sauen dürfen dann über<br />
Schlitzweiten von maximal 20 mm verfügen.<br />
Dies gilt für den Neubauzustand. Sind<br />
Bild 01: Bei Eins<strong>at</strong>z von Abrufst<strong>at</strong>ionen ist wichtig, dass<br />
genügend Pl<strong>at</strong>z vor dem Eingang ist, und möglichst alle Sauen<br />
aus dem Liegebereich den Eingang sehen können. Foto: Hesse<br />
im Laufe des Gebrauches an einzelnen Stellen<br />
Ausbrüche festzustellen, so sind diese<br />
erst als gesundheitsrelevant einzuschätzen,<br />
wenn sie eine Länge von mehr als 4 cm aufweisen.<br />
• Zur Haltung von tragenden Sauen in Gruppen<br />
sind etwa 18 verschiedenen Techniken<br />
bekannt. Sie lassen sich nach dem Grad des<br />
Schutzes der Sauen beim Fressen k<strong>at</strong>egorisieren.<br />
• Zur Bewertung der Vor- und Nachteile der<br />
verschiedenen Techniken sind vor allem die<br />
notwendige Fläche, das Verletzungsrisiko<br />
für die Sau sowie arbeitswirtschaftliche<br />
Belange heranzuziehen.<br />
• Mit Blick auf die notwendigen Mindestflächen<br />
schneiden Abruffütterung – je<br />
nachdem wie viel Reserveplätze kalkuliert<br />
werden – zumeist am günstigsten ab.<br />
• Insbesondere wenn es darum geht das<br />
Verletzungsrisiko für die Sauen möglichst<br />
niedrig zu halten, haben Selbstschutz-<br />
Fress-Liege-Buchten die größten Vorteile.<br />
Hier sollte, insbesondere bei Betrieben mit<br />
sehr hohen Leistungen auf die Gesäugegesundheit<br />
geachtet werden.<br />
• In punkto Arbeitszeit und –sicherheit<br />
schneiden vor allem Kleingruppen und vor<br />
allem solche mit Selbstschutz-Fress-Liege-<br />
Buchten am besten ab.<br />
• In den Niederlanden ist eine Gruppenhaltung<br />
ab der Besamung bereits Pflicht.<br />
In einem solchen<br />
Fall sind sicherlich<br />
solche Verfahren zu<br />
bevorzugen, die<br />
während der Einnistung<br />
der<br />
Embryonen die geringstenStressrisiken<br />
haben, wie<br />
z. B. Selbstschutz-Fress-Liege-Buchten.<br />
• Steht die Frage im Mittelpunkt, inwieweit<br />
die Tierhaltung auch mit Betriebshelfern<br />
erfolgreich gemanagt werden kann, gewinnen<br />
Verfahren die nicht auf elektronischer<br />
und tierindividueller Fütterung basieren an<br />
Bedeutung.<br />
Bis zum 01.01.2013 müssen in ganz Europa<br />
alle tragenden Sauen in Gruppen gehalten<br />
werden. In den einzelnen Ländern der EU sind<br />
die entsprechenden Richtlinien unterschiedlich<br />
scharf umgesetzt worden. Insbesondere<br />
Dänemark und die Niederlande sind hier<br />
besonders betroffen. Neben klarer D<strong>at</strong>en, wie<br />
z. B. den notwendigen Mindestflächen, sind<br />
auch „weichere“ Faktoren wie das Verletzungsrisiko<br />
für die Sauen in die Entscheidung<br />
mit einzubeziehen. Im Beitrag wurden dazu<br />
die vorliegenden Erfahrungen zusammengetragen<br />
und dargestellt. Sicher wird es in der<br />
breiten Praxis Betriebe geben, die deutlich<br />
nach oben oder nach unten von den hier<br />
beschriebenen Erfahrungen abweichen. Letztlich<br />
von entscheidender Bedeutung ist, ob es<br />
der Ber<strong>at</strong>ung – möglichst in Zusammenarbeit<br />
mit den Veterinären - gelingt, die vorliegenden<br />
Erfahrungen auf den Einzelbetrieb bezogen,<br />
maßgeschneidert zu übertragen.<br />
Dr. Dirk Hesse; AgriKontakt; Braunschweig<br />
Gruppenhaltung 28
Aktuelle DVD:<br />
„Besamungs-ABC“<br />
Die Fruchtbarkeitsleistung einer Zuchtsau ist der Schlüssel zum Erfolg in der Ferkelproduktion.<br />
Die Besamungsst<strong>at</strong>ionen Steinhaus, Gleisdorf und Hohenwarth<br />
haben in einem Gemeinschaftsprojekt mit dem „Fortschrittlichen Landwirt“ eine<br />
Sondernummer mit DVD zum Thema Fruchtbarkeit und Besamung herausgegeben.<br />
Die Sauenplanerauswertungen zeigen große Unterschiede<br />
bei den Betriebsleistungen. So liegt<br />
z.B. beim VLV OÖ die Umrauschquote bei den<br />
25% besten Betrieben bei 8% und bei 23% im<br />
unteren Leistungsviertel. Zu viele Leertage sind<br />
die Folge. Die überdurchschnittlichen Betriebe<br />
haben mit 13 Tagen im Vergleich um 20 Leertage<br />
weniger als die unterdurchschnittlichen mit 33<br />
Tagen. Das optimale Besamungsmanagement<br />
macht den wesentlichen Unterschied von 7(!)<br />
Ferkeln pro Sau und Jahr zwischen den Leistungsvierteln(untere<br />
25%: 18 obere 25%: 25<br />
Ferkel). Ein entscheidender Punkt für die<br />
Wirtschaftlichkeit und somit Grund genug<br />
sich näher mit den Themen Besamungszeitpunkt,<br />
Spermaqualität, Haltungstechnik und<br />
Fütterung im Deckzentrum sowie Jungsaueneingliederung<br />
intensiv zu beschäftigen.<br />
Themen<br />
Das neue Sonderheft „Besamungs-ABC“ bietet<br />
wertvolle Inform<strong>at</strong>ionen und Hilfe rund um<br />
die Besamung und zu folgenden Fragen:<br />
29 Besamung<br />
• Wie erfolgt die optimale Jungsaueneingliederung?<br />
• Welche Anforderungen werden an den<br />
Quarantänestall gestellt?<br />
• Wie soll die Futterr<strong>at</strong>ion für Jungsauen<br />
gestaltet sein?<br />
• Welcher Eber passt zu welcher Sau?<br />
• Welche Anforderungen stellen Sauen an den<br />
Deckstall?<br />
• Welche Möglichkeiten zur hormonellen<br />
Unterstützung der Sau zur Besamung sind<br />
sinnvoll?<br />
• Wann und wie erfolgt die optimale<br />
Besamung?<br />
• Wie sollen Sauenplanerd<strong>at</strong>en effizient<br />
analysiert werden?<br />
• Wie sollen Sauen während der Trächtigkeit<br />
gefüttert werden?<br />
Zudem gewähren die Besamungsst<strong>at</strong>ionen Steinhaus<br />
(OÖ), Gleisdorf (STMK) und Hohenwarth<br />
(NÖ) Einblick in die tägliche Arbeit der Spermaproduktion<br />
von der Absamung bis zum Versand.<br />
Eine gute Gelegenheit also „hinter die Kulissen“<br />
der St<strong>at</strong>ionen zu blicken.<br />
Beim Drehen des Inform<strong>at</strong>ionsvideos wurde immer auf alle Details geachtet.<br />
Foto: Der fortschrittliche Landwirt<br />
Praktische Details auf Video<br />
Die verschiedenen Videos veranschaulichen auf<br />
einfache und praktische Weise, welche Maßnahmen<br />
bei der Jungsaueneingliederung, bei der<br />
Besamung oder bei der Fütterung zu einer höheren<br />
Fruchtbarkeitsleistung führen. Egal ob Besamungszeitpunkt<br />
oder Besamungshygiene, egal<br />
ob Jungsauenkondition oder die Vorstellung<br />
eines optimalen Deckzentrums, auf die Details<br />
kommt es an. Zusätzlich gibt der ca. 40-seitige<br />
Sonderband die Möglichkeit, die vorgestellten<br />
Themen in Ruhe nachzulesen.<br />
Bestellung<br />
Dr. Peter Knapp<br />
Koordin<strong>at</strong>or <strong>VÖS</strong>-Zuchtausschuss<br />
Die Sondernummer „Besamungs-ABC“ incl.<br />
DVD ist erhältlich bei den Besamungsst<strong>at</strong>ionen<br />
Steinhaus (www.szv.<strong>at</strong>,) Gleisdorf<br />
(www.schweinebesamung-gleisdorf.<strong>at</strong>)<br />
Hohenwarth (www.besamung-hohenwarth.<strong>at</strong>)<br />
sowie beim Landwirt Leserservice<br />
(www.landwirt.com).
Ing. Franz Strasser<br />
Ber<strong>at</strong>er LK-OÖ<br />
Restriktiv oder<br />
ad libitum füttern<br />
Bevor die Entscheidung über die Futtertechnik<br />
fällt, muss sich der Mäster über die Art der<br />
Fütterung im Klaren sein. Hier ist zu klären,<br />
ob alle <strong>Schweine</strong> gleichzeitg fressen sollen<br />
(Fresspl<strong>at</strong>zverhältnis 1:1) oder ob sich mehrer<br />
<strong>Schweine</strong> einen Fresspl<strong>at</strong>z teilen (z.B. Tier-<br />
Fresspl<strong>at</strong>zverhältnis = 1:4). Bis vor ca. 10 Jahren<br />
war die Fütterung am Quertrog in 9er –<br />
14er Boxen die gängigste Methode.<br />
Vorteile der restriktiven Fütterung in<br />
„Klein“-Gruppen<br />
• klare Übersicht über die Tiere in der Box<br />
• <strong>Schweine</strong> stehen bei der Fütterung in Reih<br />
und Glied am Trog<br />
• einfache Krankheitserkennung<br />
Flüssig oder trocken füttern –<br />
wer die Wahl h<strong>at</strong>, h<strong>at</strong> die Qual?<br />
Wenn alte Ställe erneuert oder neue Mastställe gebaut werden, dann stehen viele<br />
Mäster vor der Entscheidung, das richtige Futtersystem zu wählen. Ing. Franz Strasser<br />
h<strong>at</strong> die technischen Möglichkeiten erhoben und zusätzlich drei Mäster über ihre<br />
Kaufentscheidung befragt.<br />
• einfache Futtermengenreduktion in der<br />
Endmast<br />
• einfache Medikament<strong>at</strong>ion und Stempelung<br />
der <strong>Schweine</strong><br />
Nachteile<br />
• viel Aufstallung<br />
• mehr Reinigungsarbeit beim Stallwaschen<br />
• Gefahr von verkoteten Trögen<br />
Mit der Entwicklung der CCM tauglichen Breiautom<strong>at</strong>en<br />
kam die Ad libitum-Fütterung so<br />
richtig in Schwung. Zuletzt schaffte auch die<br />
Sensorfütterung (durch Anpassung der Technik)<br />
den Durchbruch.<br />
Wesentlich zur Akzeptanz in der Praxis h<strong>at</strong> die<br />
Weiterentwicklung der Genetik beigetragen.<br />
Heute sind unsere Ferkel in der Lage bei der<br />
Ad libitum-Fütterung ausreichende Fleischfülle<br />
bei akzeptablem Speckauflager auf den<br />
Schlachthaken zu bringen. Zum Eins<strong>at</strong>z<br />
kommt dieses Fütterungssystem heute ausschließlich<br />
in der Großgruppe.<br />
Vorteile der ad libitum-Fütterung<br />
• für Großgruppe geeignet<br />
• höherer Fleischans<strong>at</strong>z<br />
• genetisches Fleischans<strong>at</strong>zvermögen wird zur<br />
Gänze ausgenützt<br />
• mehr Ruhe im Stall<br />
Nachteile<br />
• etwas höheres Fettauflager (vor allem bei<br />
den Kastr<strong>at</strong>en)<br />
• dadurch um 0,3 bis 0,5 % weniger MFA<br />
• Medikamenteins<strong>at</strong>z schwieriger<br />
• Übersicht ist gewöhnungsbedürftig<br />
Management<br />
30
Großgruppe sowohl mit Flüssigoder<br />
Trockenfütterung möglich!<br />
Ist die Entscheidung für die Großgruppe mit<br />
ad libitum - Fütterung gefallen, so ist abzuklären,<br />
ob das Futter flüssig oder trocken vorgelegt<br />
wird. In vielen Betrieben, bei denen<br />
schon eine Flüssigfütterung vorhanden ist,<br />
wird diese erweitert bzw. dem Stand der Technik<br />
angepasst. In den Boxen werden Kurztröge<br />
eingebaut, bei denen das Fresspl<strong>at</strong>zverhältnis<br />
max. 1:4 beträgt. Dies ist die billigste Variante,<br />
da Teile der bestehenden Technik genutzt<br />
werden können.<br />
Bei kompletten Neubauten ist die Entscheidung<br />
schwieriger. Den Mastschweinen ist es<br />
mit Sicherheit egal, ob die gleiche R<strong>at</strong>ion<br />
trocken oder flüssig vorgelegt wird, wenn die<br />
zusätzliche Befeuchtungsmöglichkeit über<br />
den Tränker möglich ist.<br />
Füttertechnik muss<br />
Maiskornsilage vertragen!<br />
Die Flüssigfütterung in der Mast ist vor Jahrzehnten<br />
deshalb zum Standard geworden, da<br />
damit eine hohe Menge Maiskornsilage angemischt<br />
und vorgelegt werden kann. Darüber<br />
hinaus war Molke auch für viele Betriebe die<br />
Futterbasis. Trockenfutteranlagen mit Rohrketten<br />
können heute problemlos Maiskornsilage-Anteile<br />
von 60% (nach Angaben der Hersteller<br />
sogar bis 80%) befördern.<br />
Bei den CCM-tauglichen Breiautom<strong>at</strong>en gilt<br />
das gleiche. Sogar einfache Spiralschnecken<br />
(z.B. Chortime) können ab einem Durchmesser<br />
von 50 mm zufriedenstellend 50% CCM-<br />
Mischungen transportieren. Die einzigen<br />
hygienischen Fragezeichen bei der Rohrkettenbeförderung<br />
sind die Umlenkrollen und die<br />
Übernahmest<strong>at</strong>ion.<br />
Bei sehr feuchten Mischungen (Gesamtfeuchtigkeit<br />
über 30%) steigt die Gefahr der Ablagerungen,<br />
da das Futter ankleben kann. Solche<br />
Mischungen stellen aber in der Praxis Ausnahmen<br />
dar (bei hohen CCM-Anteilen und<br />
Silagefeuchtigkeiten von nahe 40%).<br />
Futteranlagen<br />
mit Chargenmischer<br />
Dieses System ist sehr vielschichtig einsetzbar<br />
aber technisch aufwendig und zugleich teuer<br />
in der Anschaffung. Großer Vorteil dabei ist,<br />
dass für jede Futterstelle (Trog oder Autom<strong>at</strong>)<br />
das Futter eigens gemischt wird. Diese Anlagen<br />
können somit das Futter individuell an<br />
jede Tiergruppe anpassen.<br />
31<br />
Management<br />
Es eignet sich vor allem für geschlossen<br />
Betriebe, da mit einer Futteranlage Zuchtsauen,<br />
Ferkel und Mastschweine gefüttert werden<br />
können. Am bekanntesten ist dabei vor allem<br />
die Spot-Mix-Fütterung von der Firma Schauer.<br />
Bei diesem System wird das Futter trocken<br />
abgemischt und unmittelbar bei der Futterstelle<br />
angefeuchtet. Bei allen anderen Chargenmischervertreibern<br />
(Firma Hörmann, Stallprofie<br />
und Bräuer) wird trocken angemischt<br />
und über eine Rohrkette ausdosiert. Grundsätzlich<br />
werden alle Futteranlagen mit Chargenmischer<br />
über den Fütterungscomputer<br />
vollautom<strong>at</strong>isch gesteuert.<br />
Flüssigfütterung: altbewährt<br />
und technisch ausgereift<br />
Die Flüssigfütterung h<strong>at</strong> sich in den letzten<br />
Jahren auch weiterentwickelt.<br />
Ozonanlage für Fütterungsbehälter. Foto: Strasser<br />
So sind heute die Anmischbehälter aus Niro,<br />
das Rührwerk langsamlaufend und mit einer<br />
Reinigungsanlage bzw. Säurenebelung, Ozonanlage<br />
od. UV Entkeimung ausgest<strong>at</strong>tet. Eine<br />
Kreiselpumpe zur Beförderung der Suppe ist<br />
Standard. Bei den Leitungsquerschnitten wird<br />
von der traditionellen 63er zu 50er Leitungen<br />
tendiert. Damit wird versucht, die Restmengen<br />
in den Leitungen zu reduzieren.<br />
Die Futterhygiene ist ein großer Schwachpunkt<br />
bei der Flüssigfütterung. Durch verschiedene<br />
Maßnahmen versuchen die Hersteller<br />
dieses Problem in den Griff zu bekommen.<br />
Angeboten werden: Säurenebler, Ozongener<strong>at</strong>oren,<br />
UV–Lichtentkeimung und Restlossysteme<br />
Über die Wirkung scheiden sich die Meinungen<br />
der Experten. Praktiker melden aber<br />
eine Verbesserung der Hygiene nach dem Einbau.<br />
Die zusammengefassten Zahlen aus den Arbeitskreisbetrieben <strong>Schweine</strong>mast sagen<br />
folgendes: Ad libitum gefütterte <strong>Schweine</strong> erzielen um 30 g höhere Tageszunahmen<br />
als r<strong>at</strong>ioniert gefütterte. Die MFA-Differenz belief sich auf 0,5% zu Gunsten der r<strong>at</strong>ionierten<br />
<strong>Schweine</strong>. Der DFL/Mastpl<strong>at</strong>z differiert auf Grund der hohen Umtriebe um €<br />
3,60. Foto: Strasser
Phasenfütterung<br />
muss möglich sein<br />
Die Vorteile der Phasenfütterung (N-reduzierte<br />
Fütterung) liegen klar auf der Hand:<br />
• Reduktion des Nährstoffausstoßes<br />
• damit verbunden die Möglichkeit mehr<br />
<strong>Schweine</strong>/ha zu halten<br />
• ernährungsphysiologische Verbesserung der<br />
Tiergesundheit<br />
• Kosteneinsparung<br />
Bei Investitionen soll man daran denken, dass<br />
die „neue“ Futtertechnik diesen Ansprüchen<br />
gerecht wird. Bei Flüssigfütterungen am Quertrog<br />
wird diese Forderung durch das Anmischen<br />
von 2 Rezepturen und 2-maliges Ausdosieren<br />
erfüllt.<br />
Bei Sensorfütterung am Kurztrog wird die<br />
Phasenfütterung schon komplizierter, ist aber<br />
technisch und praktisch machbar.<br />
Bei der CCM-Trockenfütterung mit Schrägmischer<br />
und Autom<strong>at</strong>en lässt sich eine 2-Phasenfütterung<br />
durchführen. Es muss aber 2x<br />
angemischt und ausdosiert werden.<br />
Fütterungen mit Chargenmischer erfüllen diese<br />
Anforderung autom<strong>at</strong>isch, da sie für jede<br />
Futterstelle die R<strong>at</strong>ion separ<strong>at</strong> abmischen.<br />
Problem Medik<strong>at</strong>ion<br />
Bei allen bisher genannten Futtertechniken<br />
ist eine verschleppungsfreie Ausdosierung von<br />
Medikamenten nicht gewährleistet.<br />
CCM-tauglicher Autom<strong>at</strong> wird in der Praxis<br />
gut angenommen. Foto: Strasser<br />
In Oberösterreich sind in vereinzelten Betrieben<br />
eigene Anlagen zur Medik<strong>at</strong>ion eingebaut.<br />
Diese sind von der ursprünglichen Fütterung<br />
gänzlich getrennt, haben aber durch die<br />
unzureichende Löslichkeit der Präpar<strong>at</strong>e einige<br />
Probleme. Bislang ist die Verabreichung von<br />
Hand (aufgelöst in Wasser oder mit einer Vormischung)<br />
die sicherste Methode. Für die<br />
Zukunft sind alle Technikhersteller gefordert,<br />
praktikable Lösungen dafür zu entwickeln.<br />
Fazit<br />
Im Grund erfüllen heute alle am Markt befindlichen<br />
Fütterungstechniken den Ansprüchen<br />
moderner <strong>Schweine</strong>mast. Der Mäster soll vor<br />
der Investition aber klar und deutlich die Vorund<br />
Nachteile jedes Systems für sich abwägen<br />
und die Lösungsvarianten auf seinem Betrieb<br />
durchspielen.<br />
Was sagen 3 Landwirte dazu<br />
Bettina und Rudi Steininger aus Prambachkirchen<br />
fütterten ihre Mastschweine mit einer<br />
Spotmix Anlage. Die Entscheidung lag klar auf<br />
der Hand, da schon der bestehenden Zuchtsauenbestand<br />
damit gefüttert wurde. Die<br />
Mastschweine werden auf Vollspalten gehalten<br />
und am Kurztrog mit Sensor gefüttert. Das<br />
Beobachten und Überwachen der Großgruppe<br />
ist gewöhnungsbedürftig aber mit etwas<br />
Erfahrung leicht zu bewerkstelligen.<br />
Für den geschlossenen Betrieb war für die<br />
Kaufentscheidung ausschlaggebend:<br />
• vielseitig einsetzbar (eine Anlage für Zucht<br />
+ Mastschweine)<br />
• kompakte Bauweise<br />
• einfache Erweiterungsmöglichkeit<br />
Familie Muckenhuber aus Michaelbach h<strong>at</strong><br />
ihren Maststall modernisiert. Dabei fiel die<br />
Entscheidung auf Vollspaltenboden Breiautom<strong>at</strong>en<br />
und CCM tauglicher Trockenfütterung.<br />
Die Futterkammer wurde über dem <strong>Schweine</strong>stall<br />
angeordnet. Für diese Fütterung sprachen<br />
laut Alois Muckenhuber folgende Argumente:<br />
• einfaches und überschaubares System<br />
• Ruhe im Stall wegen ad libitum Fütterung<br />
• keine Probleme mit der Futterhygiene<br />
• es kann 2-phasig gefüttert werden<br />
• hohe Funktionssicherheit<br />
• niedere laufende Energiekosten<br />
• preiswert<br />
Bei Ingrid und Johann Mayer aus Diersbach<br />
war der Maststall zu erneuern. Es wurden die<br />
Spaltenlager samt Betonspalten und die Aufstallung<br />
ausgetauscht, ein Zentralgang angeschlossen<br />
und die Lüftung und Futterkammer<br />
erneuert. Jetzt werden die <strong>Schweine</strong> in Gruppen<br />
zu je 28 <strong>Schweine</strong> gehalten und am Kurztrog<br />
mit Sensor gefüttert. Bei der Fütterungstechnik<br />
entschieden sie sich für eine konventionelle<br />
Flüssigfütterung aus folgenden Gründen:<br />
• altbewährt<br />
• technisch ausgereift<br />
• preiswert<br />
• einfach zu bedienen<br />
Im Flüssigfütterungsbehälter lagern sich Futterreste ab. Foto: Strasser<br />
Und die umfangreiche Investition h<strong>at</strong> sich<br />
gelohnt: Mit der neuen Technik liegen die<br />
Mast- und Schlachtleistungen im vorderen<br />
Drittel der VLV Betriebe.<br />
Management 32
Die politische Kontroverse um ein mögliches<br />
Verbot von Ferkelschutzkörben in der<br />
<strong>Schweine</strong>zucht hätte den Verlust hunderter<br />
heimischer Arbeitsplätze zur Folge.<br />
Schon heute sind die Tierschutz- und Umweltschutzstandards<br />
in der <strong>Schweine</strong>produktion in<br />
Österreich höher, als in der restlichen EU und<br />
erst recht um Dimensionen höher als außerhalb<br />
der EU. Dadurch sind die Produktionskosten<br />
extrem angestiegen. Jene die noch in Hinblick<br />
auf das Ende der Übergangsfrist bis Ende 2012<br />
auf Gruppenhaltung umstellen sollten, investieren<br />
bestenfalls nur in das Notwendigste.<br />
SAktuell sind ca. 100.000 Sauenplätze in<br />
Gefahr. Geschätzte 30 bis 40% der <strong>Schweine</strong>zuchtbetriebe<br />
könnten dadurch aus der Ferkelproduktion<br />
aussteigen. Neben dem Verlust von<br />
ungefähr 500 bis 700 Arbeitskräften in der<br />
direkt betroffenen Stallbau- und Futtermittelbranche<br />
könnte ein Vielfaches davon als Folge<br />
an Wertschöpfung verloren gehen und „das gute<br />
33<br />
Hunderte heimische Arbeitsplätze durch n<strong>at</strong>ionalen<br />
Alleingang beim Tierschutzgesetz in Gefahr!<br />
Anrainer können bei Genehmigungsverfahren<br />
bei Stallum- und -neubauten mehr und mehr<br />
Probleme verursachen. Die Geruchsbelästigung<br />
ist dabei ein gravierendes Argument.<br />
Mit phytogenen Futtermittelzus<strong>at</strong>zstoffen<br />
kann dieser Faktor minimiert werden.<br />
Von Seiten der Landwirtschaft wird nun intensiv<br />
daran geforscht, die Emissionen aus der Tierproduktion<br />
zu verringern. Ein am LFZ Raumberg-<br />
Gumpenstein durchgeführter Versuch brachte<br />
einen ersten großen Erfolg in diese Richtung. Ein<br />
im Versuch getesteter phytogener Futtermittelzus<strong>at</strong>zstoff<br />
zeigte, dass mit dem eingesetzten Produkt<br />
nicht nur die Ammoniak- und Geruchsemissionen<br />
reduziert, sondern auch die Futterverwertung<br />
und die Mastleistungen verbessert werden<br />
können.<br />
Was sind phytogene Futtermittelzus<strong>at</strong>zstoffe?<br />
Phytogene Futtermittelzus<strong>at</strong>zstoffe sind Substanzen,<br />
welche die sensorischen Eigenschaften des<br />
Futters und/oder die Leistung landwirtschaftlicher<br />
Nutztiere fördern können. Auf Grund ihrer<br />
einzigartigen Zusammensetzung (vorwiegend<br />
ätherische Öle) können phytogene Futtermittelzus<strong>at</strong>zstoffe<br />
einen Rückgang der Ammoniak- und<br />
Geruchsemissionen bewirken, was durch eine<br />
erhöhte Eiweiß- bzw. Aminosäurenverdaulichkeit<br />
Werbung<br />
österreichische Schnitzel“ in Gefahr ger<strong>at</strong>en.<br />
Die Eigenversorgung könnte nicht mehr aufrechterhalten<br />
werden und damit stehen den<br />
Fleischimporten für den Lebensmittelhandel Tür<br />
und Tor offen. Auf Initi<strong>at</strong>ive von Schauer Agrotronic<br />
GmbH wurde eine branchenweite Petition<br />
gegen die geplante Änderung der Tierschutznovelle<br />
dem Agrarsprecher der SPÖ Herrn Franz<br />
Hochegger, stellvertretend<br />
für Herr<br />
BM Alois Stöger,<br />
anlässlich eines<br />
Firmenbesuches<br />
und einer darauffolgendenDiskussion<br />
zu diesem<br />
Thema übergeben.<br />
Damit verbunden<br />
wurde die deutli-<br />
che Bitte bekräftigt,<br />
diesen österreichischenAllein-<br />
gang bei der Umsetzung von Tierschutzrichtlinien<br />
zu stoppen, um für die österreichischen<br />
Bauern und die unmittelbar betroffenen Branchen,<br />
die Arbeitsplätze zu erhalten und für den<br />
österreichischen Konsumenten das AMA Gütesiegel<br />
und die damit garantierte österreichische<br />
Herkunft des „Schnitzels aus Österreich“ weiter<br />
gewährleisten zu können.<br />
In Vertretung für die unterstützenden Firmen überreichte Hr. Ing.<br />
Mag. Thumfart, Schauer Agrotronic, die Petition an Hr. Franz Hochegger,<br />
Agrarsprecher SPÖ OÖ. Foto: Biomin<br />
Phytogene Futtermittelzus<strong>at</strong>zstoffe minimieren<br />
Ammoniak- und Geruchsemissionen<br />
erklärt werden kann. Darüber hinaus wurde festgestellt,<br />
dass diese Substanzen einen positiven<br />
Einfluss auf die Futteraufnahme, Zuwachsleistung<br />
und die Futterverwertung haben.<br />
Der Versuch dauerte ca. 56 Tage und umfasste<br />
zwei Gruppen. Beide Gruppen wurden in baulich<br />
identisch gestalteten Ställen gehalten, die mit<br />
elektronischen Sensoren zur Messung von Ammoniak<br />
und anderen Gasen in der Stallluft ausgest<strong>at</strong>tet<br />
waren. Die Beide Gruppen wurden auf<br />
Vollspaltenböden mit identischer Fütterung sowie<br />
Lüftung gehalten. Das Futter der Versuchsgruppe<br />
unterschied sich lediglich durch den enthaltenen<br />
phytogenen Futtermittelzus<strong>at</strong>zstoff.<br />
Ergebnis<br />
Die durch den Eins<strong>at</strong>z des phytogenen Futterzus<strong>at</strong>zes<br />
„Biomin® P.E.P. MGE“ gemessene reduzierte<br />
Ammoniakreduktion beträgt über die Mastperiode<br />
24,4 %. Die olfaktorischen Untersuchungen<br />
zeigen eine Geruchsreduktion von 29 %. Weiters<br />
konnte die Futterverwertung um 4,3% und die<br />
Mastleistungen um 3,4% verbessert werden.<br />
Ammoniak nicht nur<br />
für die Umwelt problem<strong>at</strong>isch<br />
Experimentelle Untersuchungen haben gezeigt,<br />
dass Ammoniak für den Organismus in entspre-<br />
chenden Konzentr<strong>at</strong>ionen ein starkes Zell- bzw.<br />
Atemgift darstellt. Die Infektabwehr bei <strong>Schweine</strong>n<br />
wird durch Ammoniakkonzentr<strong>at</strong>ionen von<br />
50 ppm (0,005 Vol. %) signifikant geschwächt.<br />
Bereits ab einem Ammoniakgehalt von 20 ppm<br />
(0,002 Vol. %) werden klinische Symptome wie<br />
Reizhusten und gerötete Schleimhäute (Lidbindehäute,<br />
Nase) festgestellt.<br />
Besonders in der Winterzeit kann es durch den<br />
geringeren Luftaustausch sehr schnell zu schädlichen<br />
Ammoniakgehalten in der Stallluft kommen.<br />
Die Kontrollgruppe lag an mehr als 65% der Versuchstage<br />
über dem Wert von 20ppm, in der Versuchsgruppe<br />
mit phytobiotischem Futtermittelzus<strong>at</strong>z<br />
konnte die Anzahl dieser Tage mehr als<br />
halbiert werden.<br />
Fazit<br />
Der phytogene Futtermittelzus<strong>at</strong>zstoff aus dem<br />
Versuch „Biomin® P.E.P. MGE“ ist somit geeignet<br />
die Mastleistung zu verbessern und die Ammoniak<br />
und Geruchsemissionen samt den daraus resultierenden<br />
Immissionen aus der <strong>Schweine</strong>haltung<br />
deutlich zu verringern und erleichtert somit<br />
Genehmigungsverfahren bei Stallum- und neubauten.
E I N L A D U N G zur<br />
S C H W E I N E F A C H T A G U N G<br />
Der VERBAND NÖ. SCHWEINEZÜCHTER<br />
und die ERZEUGERGEMEINSCHAFT GUT STREITDORF<br />
sowie die Partnerorganis<strong>at</strong>ionen<br />
BESAMUNGSSTATION HOHENWARTH<br />
und LFI<br />
laden Sie ein zur alljährlichen Fachveranstaltung zu den Themen:<br />
„Moderne Management- u. Fütterungsstr<strong>at</strong>egien zur<br />
dauerhaften Realisierung von Spitzenleistungen“<br />
(Univ. Prof. Dr. Gerhard Schwarting, Hochschule für<br />
Wirtschaft und Umwelt Nürtingen)<br />
„Impfungen im <strong>Schweine</strong>bestand“<br />
(Univ. Prof. Dr. Wolfgang Sipos, VetMedUni Wien)<br />
„Eigentumssicherung für <strong>Schweine</strong>betriebe“<br />
(BzI Karl Zederbauer, NÖ Landeskriminalamt)<br />
Stadtsaal Hollabrunn - 9.1.2012, 13.30 Uhr<br />
Erlauftalhalle Wieselburg - 10.1.2012, 9.00 Uhr<br />
Werbung 34
Goldener Lukullus für verdiente Persönlichkeiten<br />
„Die höchste Auszeichnung, die die AMA vergeben kann, ist der Goldene Lukullus. Damit wollen wir jene Personen, Organis<strong>at</strong>ionen<br />
und Unternehmen auszeichnen, die sich durch ihr außergewöhnliches Engagement im Bereich der landwirtschaftlichen Erzeugung,<br />
Be- und Verarbeitung sowie Vermarktung besondere Verdienste erworben haben“, erklärt Dr. Stephan Mikinovic, Geschäftsführer<br />
der AMA Marketing den Hintergrund dieser Auszeichnung.<br />
Bei der diesjährigen Lukullus Verleihung der AgrarmarktAustria wurden gleich zwei Funktionäre des <strong>VÖS</strong> für ihre Verdienste für<br />
die Fleischwirtschaft ausgezeichnet! Der Obmann der Styriabrid, Josef Polz, und der Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Gut<br />
Streitdorf, Ing. Johann Nolz, durften von Bundesminister Berlakovich den goldenen Lukullus entgegennehmen. Dies ist die höchste<br />
Auszeichnung – sozusagen der Oskar der Fleischwirtschaft. Wir gr<strong>at</strong>ulieren den Ausgezeichneten recht herzlich! Foto: <strong>VÖS</strong><br />
Zuchtschweine-Verkauf<br />
Oberösterreich<br />
<strong>Schweine</strong>zuchtverband OÖ<br />
Ried 13. Dezember <strong>2011</strong><br />
Ried 24. Jänner 2012<br />
Ried 28. Feber 2012<br />
Beginn: 11 Uhr<br />
Ab Hof: Tel.: 07242/27884-41<br />
oder: www.szv.<strong>at</strong><br />
35 Berichte / Termine / Werbung<br />
Steiermark<br />
SZS.-<strong>Schweine</strong>Zucht Steiermark<br />
Geschäftsstelle in Gleisdorf -<br />
Tel.: 03112/5484 oder www.szs.or.<strong>at</strong><br />
Burgenland<br />
Bgld. <strong>Schweine</strong>zucht- u. Ferkelvermarktungs<br />
GmbH. Tel.: 02617/2217<br />
Niederösterreich<br />
VNS - Mon<strong>at</strong>licher Ab-Hof-Verkaufsk<strong>at</strong>alog<br />
kann angefordert werden unter<br />
02269/2218-18 oder unter www.vns.or.<strong>at</strong><br />
Kärnten<br />
Landesverband der Kärntner <strong>Schweine</strong>züchter<br />
- Tel.: 0463/5850-1502<br />
Verkäufe ab Hof unter 0463/5850-1504