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Forum<br />
Respekt und Kritik<br />
Nach dem „Nein“ des CDU-Parteitages zur Präimplantationsdiagnostik (PID)<br />
Das knappe Nein des CDU-<br />
Bundesparteitags zur umstrittenenPräimplantationsdiagnostik<br />
(PID) hat Zustimmung<br />
und Kritik ausgelöst – und ist<br />
nur ein Schritt in der langen<br />
Debatte über ein umstrittenes<br />
Thema.<br />
Abgeordnete der FDP und der<br />
Grünen äußerten Respekt für die<br />
engagierte Debatte. Dagegen kritisierte<br />
der Parlamentarische Geschäftsführer<br />
der SPD-Fraktion,<br />
Thomas Oppermann, die Entscheidung<br />
als „rückwärtsgewandt“.<br />
Sie werde dem Leid junger Eltern<br />
in schwierigen Grenzsituationen<br />
nicht gerecht und werfe Wertungswidersprüche<br />
auf.<br />
Die FDP-Gesundheitsexpertin Ulrike<br />
Flach würdigte zwar das Niveau<br />
der Parteitagsdebatte, kündigte<br />
aber an, umgehende Gleichgesinnte<br />
für einen Gesetzentwurf<br />
zur PID-Zulassung zu suchen.<br />
Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel hatte sich beim CDU-<br />
Parteitag klar für ein PID-Verbot<br />
ausgesprochen. Gleichzeitig kündigte<br />
sie aber an, dass der Bundestag<br />
ohne Fraktionszwang über<br />
diese Methode entscheiden werde.<br />
Auf der Seite der PID-Gegner<br />
steht auch Bundesforschungsministerin<br />
Annette Schavan. Prominente<br />
Befürworter der PID in<br />
der Union sind Bundesfinanzminister<br />
Wolfgang Schäuble, Arbeitsministerin<br />
Ursula von der<br />
Leyen und Familienministerin<br />
Kristina Schröder.<br />
Die katholische Kirche hat sich<br />
eindeutig gegen PID ausgesprochen.<br />
Der Vorsitzende der Deutschen<br />
Bischofskonferenz, Erzbischof<br />
Robert Zollitsch, hat den uneingeschränkten<br />
Schutz der Menschenwürde<br />
in allen Phasen des Lebens<br />
gefordert. Die Menschenwürde<br />
gelte ab der Verschmelzung<br />
von Samen und Eizelle und<br />
20 <strong>BKU</strong>-Journal 4 2010<br />
könne „nicht abgestuft werden“, betonte<br />
der Freiburger Erzbischof.<br />
Der Münchner Kardinal Reinhard<br />
Marx warnte vor einer Illusion:<br />
PID werde „verteidigt als Ausdruck<br />
der Freiheit. Es ist aber<br />
auch ein Anschlag auf die Freiheit<br />
des Embryos“, sagte er. Über die<br />
Menschenwürde des Embryos<br />
werde von dritter Seite bestimmt.<br />
Das Zentralkomitee der deutschen<br />
Katholiken hat in seiner jüngsten<br />
Vollversammlung den Bundestag<br />
aufgefordert, umgehend ein Verbot<br />
der PID zu beschließen.<br />
Die <strong>BKU</strong>-Vorsitzende Marie-<br />
Luise Dött, MdB, hat sich mehrfach<br />
und eindeutig gegen die PID ausgesprochen:<br />
„Ich habe Verständnis<br />
für Eltern, die genetisch vorbelastet<br />
sind und Risikoschwangerschaften<br />
vermeiden wollen“, sagte<br />
sie. „Ich befürchte aber, dass wir<br />
uns hier auf einer schiefen Ebene<br />
bewegen, bei der sich der Mensch<br />
zunehmend zum Herrn über Leben<br />
und Tod macht. Es steht uns nicht<br />
zu, zwischen lebenswertem und<br />
nicht lebenswertem Leben zu unterscheiden.“<br />
Wenn die PID erlaubt<br />
werde, sei zu befürchten, dass bald<br />
auch andere Kriterien bei der Auswahl<br />
der einzupflanzenden Embryonen<br />
eine Rolle spielen werden.<br />
„Zur Auswahl von Wunschkindern<br />
ist es dann nicht mehr weit“,<br />
sagte Dött.<br />
Weniger eindeutig ist die Haltung<br />
des neuen Präses der Evangelischen<br />
Kirche in Deutschland,<br />
Nikolaus Schneider. In der „Bild am<br />
Sonntag“ stellte er das bisherige<br />
PID-Verbot infrage. Er sei „hinund<br />
hergerissen“ und sei froh,<br />
wenn man die schweren Fragen<br />
noch einmal neu diskutiere: „in<br />
Verantwortung für die Eltern, die<br />
Leben weitergeben wollen, und<br />
im Hören auf Gott, den Liebhaber<br />
des Lebens“. Der Rat der Evangelischen<br />
Kirche in Deutschland hatte<br />
sich 2003 für ein PID-Verbot<br />
ausgesprochen.<br />
Bei der PID werden im Reagenzglas<br />
erzeugte Embryonen auf<br />
Gendefekte untersucht und im<br />
Fall von Schäden vernichtet. Im<br />
Juli hatte der Bundesgerichtshof<br />
geurteilt, dass dies nach aktueller<br />
Rechtslage straffrei bleibt.<br />
Eine eindrucksvolle Klarstellung<br />
brachte Stefan Dietrich in der<br />
FAZ: „Selektion – der Begriff der<br />
unauflöslich mit der PID verbunden<br />
ist, bleibt Selektion“, schrieb er.<br />
„Das kann auch nicht dadurch<br />
überdeckt werden, dass die Befürworter<br />
dieser Methode nicht mehr<br />
von lebensunwertem Leben und<br />
nicht einmal von Behinderungen<br />
sprechen, sondern nur von ,schweren<br />
erblichen Vorbelastungen‘, die<br />
das Aussortieren einer Zelle in<br />
der Petrischale rechtfertigen sollen”.<br />
Unt/KNA